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Die Erfindung betrifft eine Steueranordnung zur Lenkung einer Hinterradachse eines Fahrzeugs mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
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In üblicher Bauweise haben Fahrzeuge eine gelenkte Vorderachse und eine Hinterachse, welche keine Lenkfunktion einnimmt. Nachdem Fahrzeuge oftmals für höhere Geschwindigkeiten ausgelegt sind, bei denen der Lenkwinkel der Hinterachse ohnehin sehr gering wäre, sind bei vielen Anwendungen die Hinterachsen ohne Lenkfunktion ausreichend. Insbesondere bei Sonderfahrzeugen, aber auch bei Bussen etc. ist es daher vorteilhaft, wenn die Hinterachse oder die Hinterachsen zusätzlich gelenkt werden, um das Fahrverhalten oder die Manövrierfähigkeit zu verbessern.
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In bisherigen Hinterachslenksystemen wird an der Vorderachse ein Lenkwinkelsensor eingesetzt, welche den Lenkwinkel der Vorderachse misst. Aus dem Lenkwinkel der Vorderachse wird ein Lenksollwert der Hinterachse berechnet, welcher an der Hinterachse über einen Regelkreis eingestellt wird.
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Die Druckschrift
DE 36 23 479 C2 , die wohl den nächstkommenden Stand der Technik bildet, beschreibt eine Lenkeinrichtung für mindestens ein Vorder- und ein Hinterrad, umfassend einen Lenkradwinkelfühler und ein Fahrzeuggeschwindigkeitsfühler, wobei mittels mathematischer Operationen ein Sollwert für den Steuerwinkel der Hinterräder bestimmt wird.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Steueranordnung zur Lenkung einer Hinterachse vorzuschlagen, welche sich durch eine sichere Betriebsweise auszeichnet. Diese Aufgabe wird durch eine Steueranordnung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Bevorzugte oder vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, der nachfolgenden Beschreibung sowie dem beigefügten Figuren.
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Gegenstand der Erfindung ist eine Steueranordnung, welche zur Lenkung mindestens oder genau einer Hinterachse geeignet und/oder ausgebildet ist. Vorzugsweise ist die Lenkung als ein Regelkreis ausgebildet. Die Hinterachse bildet einen Teil eines Fahrzeugs. Das Fahrzeug kann insbesondere als ein Bus, ein Sonderfahrzeug, ein Lastkraftwagen etc. ausgebildet sein. Das Fahrzeug weist mindestens oder genau eine gelenkte Vorderachse und mindestens oder genau eine lenkbare und/oder gelenkte Hinterradachse auf. Es kann auch vorgesehen sein, dass das Fahrzeug mehrere gelenkte oder zusätzlichg nicht-gelenkte Hinterachsen aufweist. Optional bildet das Fahrzeug mit der Steueranordnung einen weiteren Gegenstand der Erfindung.
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Die Steueranordnung weist eine erste Steuereinrichtung auf, wobei die erste Steuereinrichtung eine erste Eingangsschnittstelle zur Übernahme von einem Vorderachslenkwinkeldatum des Fahrzeugs und einem Fahrzeuggeschwindigkeitsdatum des Fahrzeugs aufweist.
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Unter einem Datum wird vorzugsweise ein Wert oder ein Wertesatz verstanden, welcher die jeweilige Größe quantifiziert. Es ist möglich, dass das Datum die jeweilige Größe unmittelbar quantifiziert. Alternativ ist es möglich, dass das Datum ein Relativwert für die Größe ist. So kann es sich bei einem Winkeldatum um einen Winkelwert als unmittelbare Quantifizierung handeln. Alternativ hierzu kann es sich bei dem Winkeldatum um einen Wert handeln, der über eine Abbildungsvorschrift in den Winkelwert umgewandelt werden kann. Das Vorderachslenkwinkeldatum kann somit beispielsweise als ein Winkelwert oder als ein Relativwert ausgebildet sein. Das Fahrzeuggeschwindigkeitsdatum kann als eine Fahrzeuggeschwindigkeit oder als ein Relativwert dazu ausgebildet sein.
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Besonders bevorzugt ist das Vorderachslenkwinkeldatum als ein Lenkradwinkeldatum ausgebildet und beschreibt einen Einschlagwinkel des Lenkrads. Das Lenkradwinkeldatum kann insbesondere als der Lenkradwinkel oder als eine Relativwert davon ausgebildet sein.
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Die erste Steuereinrichtung weist ein Sollwertmodul zur Bestimmung eines ersten Soll-Hinterachslenkwinkeldatums auf. Das erste Soll-Hinterachslenkwinkeldatum beschreibt einen Sollwert für eine Lenkwinkel der Hinterachse. Das Soll-Hinterachslenkwinkeldatum kann als ein Winkelwert oder als ein Relativwert ausgebildet sein. Die Berechnung des ersten Soll-Hinterachslenkwinkeldatums erfolgt auf Basis des Fahrzeuggeschwindigkeitsdatums und des Vorderachslenkwinkeldatums sowie der Fahrzeuggeometrie. Beispielsweise wird das erste Soll-Hinterachslenkwinkeldatum auf Basis der Ackermann-Gleichung unter Berücksichtigung der Fahrzeuggeschwindigkeit berechnet. Das Sollwertmodul ist bevorzugt als ein Softwaremodul ausgebildet.
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Im Rahmen der Erfindung wird vorgeschlagen, dass die Steueranordnung eine zweite Steuereinrichtung aufweist, wobei die zweite Steuereinrichtung eine zweite Eingangsschnittstelle zur Übernahme von dem Vorderachslenkwinkeldatum und dem Fahrzeuggeschwindigkeitsdatum aufweist. Die zweite Steuereinrichtung weist ein Parallelmodul zur Bestimmung eines zweiten Soll-Hinterachslenkwinkeldatums auf Basis des Fahrzeuggeschwindigkeitsdatums und des Vorderachslenkwinkeldatums auf. Das Parallelmodul ist bevorzugt als ein Softwaremodul ausgebildet. Insbesondere werden das erste Soll-Hinterachslenkwinkeldatum und das zweite Soll-Hinterachslenkwinkeldatum in der ersten Steuereinrichtung und in der zweiten Steuereinrichtung unabhängig voneinander berechnet. Durch die parallele Berechnung der zwei Soll-Hinterachslenkwinkeldaten werden diese redundant ermittelt, so dass diese mit einer höheren Sicherheit vorliegen.
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Bei einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung sind die erste und die zweite Steuereinrichtung als separate und/oder unabhängige digitale Datenverarbeitungseinrichtungen ausgebildet. Beispielsweise ist die erste Steuereinrichtung als ein erster Prozessor und die zweite Steuereinrichtung als ein zweiter Prozessor ausgebildet, wobei erster und zweiter Prozessor unterschiedliche elektronische Bauteile bilden. Bei dieser Weiterbildung wird sichergestellt, dass nicht nur die Signalwege parallel verlaufen, sondern dass die Signalwege auf unterschiedlichen Hardware-Pfaden verlaufen, so dass nicht nur eine informationstechnische Redundanz, sondern auch eine hardwaretechnische Redundanz vorliegt.
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Insbesondere weist die Steueranordnung ein Steuergerät auf, wobei das Steuergerät zwei diversitäre Rechnerkerne besitzt, welche die erste und die zweite Steuereinrichtung bilden.
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Insbesondere sicherheitstechnisch betrachtet ist es bevorzugt, dass das Vorderachslenkwinkeldatum und das Fahrzeuggeschwindigkeitsdatum jeweils mindestens oder genau als ASIL-B vorliegen. Insbesondere sind das Vorderachslenkwinkeldatum und das Fahrzeuggeschwindigkeitsdatum im Speziellen sicherheitstechnisch betrachtet voneinander unabhängige Daten. Es ist vorgesehen, dass das erste und das zweite Soll-Hinterachslenkwinkeldatum jeweils als ASIL-B vorliegen.
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ASIL ist eine Abkürzung für Automotive Safety Integrity Level und ist ein Risikoklassifikationsschema, welches in der ISO 26262 definiert ist. Es handelt sich insbesondere um eine Adaption des Safety Integrity Level , welche in der IEC61508 für die Automobilindustrie verwendet wurde. Den unterschiedlichen Risikoklassen werden Level A, B, C, D zugewiesen. Eine Besonderheit des Risikoklassifikationsschemas ist, dass es mittels ASIL-Dekomposition ermöglicht wird, durch die Umsetzung der Sicherheitsanforderung für eine Funktion auf unabhängigen Architektur-Elementen, die jeweilige Umsetzung eines höheren ASIL-Niveaus auf einem niedrigeren ASIL- Niveau zu realisieren. Somit kann eine ASIL-Dekomposition angewendet werden, wenn eine Sicherheitsanforderung redundant auf ausreichend unabhängige Architekturelemente implementiert werden kann. Insbesondere ist es möglich, eine ASIL-D Anforderung durch den Einsatz von zwei unabhängigen Architekturelementen mit ASIL-B zu realisieren.
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Besonders bevorzugt ist es vorgesehen, dass das erste und das zweite Soll-Hinterachslenkwinkeldatum mittels einer Komposition/Dekompostion in ein Soll-Hinterachslenkwinkeldatum mit ASIL-D umsetzbar ist. Dies wird dadurch realisiert, dass die Signalwege und die Hardware redundant ausgeführt sind, um das Soll-Hinterachslenkwinkeldatum zu erzeugen.
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Bei einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung weist das Sollwertmodul und/oder das Parallelmodul gegebenenfalls jeweils ein Beschränkungsmodul zur geschwindigkeitsabhängigen Beschränkung des Soll-Hinterachslenkwinkeldatums auf. Dieser Weiterbildung liegt die Überlegung zugrunde, dass bei niedrigen Geschwindigkeiten größere Hinterachslenkwinkel benötigt werden als bei höheren Geschwindigkeiten, da bei höheren Geschwindigkeiten nur große Kurvenradien gefahren werden können. Durch das Beschränkungsmodul wird erreicht, dass gerade bei den höheren Geschwindigkeiten durch eine Reduktion des maximalen Hinterachslenkwinkels Risiken abgebaut werden können. Hierzu ist es z.B. möglich, eine Kennlinie zu hinterlegen, wobei der maximale Hinterachslenkwinkel in Abhängigkeit der Fahrgeschwindigkeit definiert ist. Die Kennlinie kann fahrsituationsbezogen ausgebildet sein, so dass schlichtweg abgeschätzt wird, welcher Hinterachslenkwinkel bei bestimmten Fahrgeschwindigkeiten möglich/sinnvoll ist. Alternativ hierzu kann die Kennlinie auf fahrdynamischen Werten beruhen. Das Beschränkungsmodul hilft insbesondere, um das Sicherheitsziel „ein ungewolltes Lenken über ein zu definierendes Toleranzfenster ist auszuschließen“ erreichen. Damit sind das erste Soll-Hinterachslenkwinkeldatum als ein beschränktes Soll-Hinterachslenkwinkeldatum und/oder das zweite Soll-Hinterachslenkwinkeldatum als ein beschränktes Soll-Hinterachslenkwinkeldatum ausgebildet.
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Bei einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung weist die Steueranordnung einen CAN-Bus auf, wobei das Vorderachslenkwinkeldatum und das Fahrzeuggeschwindigkeitsdatum über den CAN-Bus an die erste und/oder die zweite Schnittstelle übertragen werden. Über den CAN-Bus werden die Daten in ASIL-B übertragen.
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Bei einer möglichen Ausgestaltung der Erfindung sind die erste und die zweite Schnittstelle als separate Schnittstellen ausgebildet. Es kann jedoch auch vorgesehen sein, dass die Daten zunächst von einer gemeinsamen Schnittstelle von dem CAN-Bus übernommen werden und von dort aus auf die erste und die zweite Schnittstelle verteilt werden.
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Bei einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung weist die Steueranordnung ein EBS-Steuergerät (Electronic Break System / elektronisches Bremsensteuergerät) auf, wobei das EBS-Steuergerät das Vorderachslenkwinkeldatum und das Fahrzeuggeschwindigkeitsdatum an den CAN-Bus überträgt. In dem EBS-Steuergerät liegen diese Daten und/oder Signale in ASIL-D vor. Mit Blick auf das Vorderachslenkwinkeldatum ist es bevorzugt, dass das EBS-Steuergerät mit einem Lenkradwinkelsensor über eine sichere Leitung und/oder über einen private-CAN verbunden. Optional bildet der Lenkradwinkelsensor einen Teil der Steueranordnung. Auf diese Weise liegt das Vorderachslenkwinkeldatum mit ASIL-D vor. Aufgrund einer fehlenden Absicherung auf Datenebene liegen die Daten auf dem CAN-Bus jedoch nur in ASIL-B vor.
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Bei einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung weist die erste Steuereinrichtung ein Kontrollmodul zur Bestimmung eines Hinterachslenkwinkelsignals zur Ansteuerung der Hinterachse auf. Das Kontrollmodul ist insbesondere als ein Softwaremodul realisiert. Das Kontrollmodul ermittelt somit aus dem ersten Soll-Hinterachslenkwinkeldatum das Hinterachslenkwinkelsignal. Optional weist die Hinterachse einen Aktor zur Einstellung eines Hinterachslenkwinkels der Hinterachse auf, wobei der Hinterachslenkwinkel durch Ansteuerung des Aktors mit dem Hinterachslenkwinkelsignal eingestellt wird.
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In einer konkreten Realisierung ist besonders bevorzugt, dass die erste Steuereinrichtung, insbesondere das Kontrollmodul, eine Regeleingangsschnittstelle zur Übernahme eines ersten IST-Hinterachslenkwinkeldatums und eine Regelausgangsschnittstelle zur Ausgabe des Hinterachslenkwinkelsignals aufweist. Das Kontrollmodul weist eine Regelung auf, die aus dem Soll-Hinterachslenkwinkeldatum und dem IST-Hinterachslenkwinkeldatum das Hinterachslenkwinkelsignal erzeugt. Dabei kann es sich um einen P-Regler, PI-Regler, PID-Regler oder einen anderen Regelkreis handeln.
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Die zweite Steuereinrichtung weist dagegen ein Überwachungsmodul zur Überwachung des Ist-Hinterachslenkwinkels auf. Das Überwachungsmodul ist insbesondere als ein Softwaremodul realisiert. Es ist vorgesehen, dass die zweite Steuereinrichtung, insbesondere das Überwachungsmodul, eine Überwachungseingangsschnittstelle zur Übernahme eines zweiten Ist-Hinterachslenkwinkeldatums aufweist, wobei das Überwachungsmodul zur Überwachung das zweite Soll-Hinterachslenkwinkeldatum mit dem zweiten IST-Hinterachslenkwinkeldatum vergleicht. Mit dieser Architektur wird eine redundante Überwachung des aktuellen Werts für die Hinterachslenkung umgesetzt, so dass diese in ASIL-D realisiert ist.
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Bei einer bevorzugten konstruktiven Realisierung weist die Steueranordnung eine Hinterachslenkwinkelmesseinrichtung auf, wobei die Hinterachslenkwinkelmesseinrichtung zwei Sensoreinheiten umfasst. Die Sensoreinheiten arbeiten unabhängig voneinander. Die erste Sensoreinheit stellt das erste Ist-Hinterachslenkwinkelsdatum und die zweite Sensoreinheit das zweite Ist-Hinterachslenkwinkeldatum bereit. Damit wird das Ist-Hinterachslenkwinkeldatum redundant bereitgestellt.
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Bei einer vorteilhaften Weiterentwicklung weist die erste Steuereinrichtung eine erste Safestateausgangsschnittstelle und die zweite Steuereinrichtung eine zweite Safestateausgangsschnittstelle zur Ausgabe eine Safe-State Signals auf. Der Aktor weist dagegen zwei Safestateeingangsschnittstellen auf, wobei die Safestateeingangsschnittstellen unabhängig voneinander den Aktor und damit die Hinterachse in einen sicheren Zustand (safe state) setzen können. Damit wird eine Redundanz und Unabhängigkeit beim Einstellen des Safe State erreicht. Optional bildet der Aktor einen Teil der Steueranordnung.
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Es ist besonders bevorzugt, dass in der Steueranordnung ein erster Signalpfad von der ersten Eingangsschnittstelle zu der Regelausgangsschnittstelle und ein zweiter, davon unabhängiger Signapfad von der zweiten Eingangsschnittstelle zu der zweiten Safestateausgangsschnittstelle verläuft. Insbesondere repräsentiert der erste Signalpfad einen ersten ASIL-B Abschnitt und der zweite Signalpfad einen zweiten ASIL-B Abschnitt, der unabhängig von dem ersten ASIL-B Abschnitt ist, so dass die beiden Abschnitte über Kompostion/Dekomposition einen gemeinsamen ASIL-D Abschnitt bilden.
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Weitere Merkmale, Vorteile und Wirkungen der Erfindung ergeben sich aus der bevorzugten Ausführungsbeispielen der Erfindung sowie den beigefügten Figuren. Diese zeigen:
- 1 eine schematische Draufsicht auf ein Fahrzeug mit der Steueranordnung als ein Ausführungsbeispiel der Erfindung;
- 2 ein schematisches Blockdiagramm eines Steuergeräts für die Steueranordnung in der 1.
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Die 1 zeigt in einer schematischen Blockdarstellung ein Fahrzeug 1 mit einer Steueranordnung 2 als ein Ausführungsbeispiel der Erfindung. Das Fahrzeug 1 weist eine Vorderachse VA sowie mindestens oder genau eine Hinterachse HA auf.
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Die Vorderachse VA ist als eine gelenkte oder lenkbare Vorderachse VA ausgebildet, wobei ein Vorderachslenkwinkel der Vorderachse VA mittels eines Lenkrads 3 von einem Fahrer (nicht dargestellt) eingestellt werden kann. Das Lenkrad 3 ist mechanisch und/oder elektrisch und/oder hydraulisch mit der Vorderachse VA zum Einstellen des Vorderradlenkwinkels gekoppelt.
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Die Hinterachse HA ist als eine gelenkte und/oder lenkbare Hinterachse HA ausgebildet, wobei ein Hinterachslenkwinkel durch einen Aktor 4 eingestellt werden kann.
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Die Steueranordnung 2 hat die Funktion, den Hinterachslenkwinkel der Hinterachse HA dem Vorderachslenkwinkel der Vorderachse VA derart nachzuführen, so dass ein durch das Lenkrad 3 eingegebene Lenkwunsch des Fahrers von dem Fahrzeug 1 umgesetzt wird.
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Das Lenkrad 3 weist einen Lenkradwinkelsensor S1 auf, welcher einen aktuellen Lenkradwinkel des Lenkrads 3 aufnimmt und exklusiv oder nicht-exklusiv an ein EBS-Steuergerät 5 (Electronic Brake System / elektronisches Bremsensteuergerät) übergibt. Die Signalübertragung zwischen dem Lenkradwinkelsensor S1 und dem EBS-Steuergerät 5 erfolgt dabei über eine sichere Kommunikationsleitung, in diesem Ausführungsbeispiel über einen insbesondere privaten CAN-Bus 6. Der aktuelle Lenkradwinkel wird nachfolgend als Vorderachslenkwinkeldatum bezeichnet. Durch die Übertragung des aktuellen Lenkradwinkels bzw. des Vorderachslenkwinkeldatums durch den CAN-Bus 6 liegt das Vorderachslenkwinkeldatum mit ASIL-D in dem EBS-Steuergerät 5 vor.
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Mit der Vorderachse VA ist ein Geschwindigkeitssensor S2 gekoppelt, welcher eine Fahrzeuggeschwindigkeit aufnimmt und an das EBS-Steuergerät 5 weitergibt. Alternativ kann der Geschwindigkeitssensor S2 auch an der Hinterachse HA angeordnet sein. Bei anderen Ausführungsbeispielen wird dem EBS-Steuergerät 5 die Fahrzeuggeschwindigkeit auf andere Weise übergeben. In dem EBS-Steuergerät 5 liegt die Fahrzeuggeschwindigkeit als Fahrzeuggeschwindigkeitsdatum in ASIL-D vor. Dies kann beispielsweise dadurch sichergestellt werden, dass die Fahrzeuggeschwindigkeit bzw. das Fahrzeuggeschwindigkeitsdatum ebenfalls über einen insbesondere privaten CAN-Bus 6 an das EBS-Steuergerät übergeben wird.
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Die Steueranordnung 2 weist ein Steuergerät 7 auf, welche in der 1 als eine zentrale Komponente ausgebildet ist. Alternativ ist das Steuergerät 7 auf mehrere Einzelkomponenten verteilt. Das Steuergerät 7 ist über einen CAN-Bus 8 mit dem EBS-Steuergerät 5 signaltechnisch verbunden. Über den CAN-Bus 8 werden das Vorderachslenkwinkeldatum und das Fahrzeuggeschwindigkeitsdatum an das Steuergerät 7 übertragen. Nachdem der CAN-Bus 8 nicht abgesichert ist, liegen das Vorderachslenkwinkeldatum und das Fahrzeuggeschwindigkeitsdatum in dem Steuergerät 7 mit dem Sicherheitslevel ASIL-B vor.
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Die Sensoranordnung 2 weist eine Hinterachslenkwinkelmesseinrichtung S3 auf, welcher einen Hinterachslenkwinkel der Hinterachse HA aufnimmt und als ein erstes IST-Hinterachslenkwinkeldatum und ein zweites IST-Hinterachslenkwinkelsdatum an das Steuergerät 7 überträgt. Ferner liegt eine datentechnische Verbindung zwischen dem Steuergerät 7 und dem Aktor 4 vor, so das ein Hinterachslenkwinkelsignal von dem Steuergerät 7 zu dem Aktor 4 übertragbar ist, um den Aktor 4 anzusteuern.
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Die 2 zeigt ein schematisches Blockdiagramm des Steuergeräts 7, wobei die Komponenten und die einzelnen Signalflüsse dargestellt sind. Das Steuergerät 7 weist eine erste Steuereinrichtung 9 und eine zweite Steuereinrichtung 10 auf, wobei die beiden Steuereinrichtungen 9,10 als getrennte Prozessoren ausgebildet sind. Beispielsweise sind die beiden Steuereinrichtungen 9,10 als 2 separate elektronische Bauelemente oder Baugruppen ausgebildet. Damit ist bereits eine Redundanz mit Blick auf die Hardware gegeben. Besonders bevorrzugt sind die erste und die zweite Steuereinrichtung 9, 10 diversitär ausgebildet.
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Im oberen Bereich ist das EBS-Steuergerät 5 gezeigt, welches das Vorderachslenkwinkeldatum, welches einen aktuellen Lenkwinkel des Lenkrads 3 repräsentiert, und das Fahrzeuggeschwindigkeitsdatum, welches eine Fahrzeuggeschwindigkeit repräsentiert, datentechnisch hält. Die beiden Daten liegen in dem EBS-Steuergerät 5 in ASIL-D vor. Die beiden Daten werden über den CAN-Bus 8 an das Steuergerät 7 übertragen, so dass diese in dem Steuergerät 7 in ASIL-B vorliegen. Das Steuergerät 7 weist hierfür eine erste Eingangsschnittstelle 11 und eine zweite Eingangsschnittstelle 12 auf, welche datentechnisch mit dem CAN-Bus 8 verbunden sind. Die beiden Eingangsschnittstellen 11,12 können als interne Schnittstellen ausgebildet sein, so dass eine gemeinsame Außenschnittstelle gebildet ist. Alternativ hierzu sind die beiden Eingangsschnittstellen 11,12 jeweils separat mit dem CAN-Bus 8 verbunden. Die beiden Daten werden parallel in die beiden Steuereinrichtungen 9,10 übertragen.
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Die erste Steuereinrichtung 9 weist ein Sollwertmodul 13 auf, welches - wie die nachfolgenden Module auch - als ein Softwaremodul ausgebildet ist. Der Begriff Modul ist vorzugsweise funktional zu verstehen, so dass beispielsweise zwei Module auch in einem gemeinsamen Softwaremodul realisiert sein können. Das Sollwertmodul 13 hat die Funktion, auf Basis des Vorderachslenkwinkeldatums und optional ergänzend des Fahrzeuggeschwindigkeitsdatums ein erstes Soll-Hinterachslenkwinkeldatum zu bestimmen. Die Bestimmung erfolgt beispielsweise durch Auswertung der Ackermann-Gleichung, wobei in Abhängigkeit des Vorderachslenkwinkeldatums ein dazu korrespondierendes Soll-Hinterachslenkwinkeldatum bestimmt wird.
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Das Sollwertmodul 13 weist ein Beschränkungsmodul 14 a auf. Das Beschränkungsmodul 14 a hat die Funktion, einen Maximalwinkel des ersten Soll-Hinterachslenkwinkeldatum geschwindigkeitsabhängig zu begrenzen. Physikalisch hat die Beschränkung den Hintergrund, dass gerade bei höheren Geschwindigkeiten das Fahrzeug größere Kurvenradien fährt, so dass kein großer Hinterachslenkwinkel benötigt wird. Sicherheitstechnisch betrachtet hat die Beschränkung den Hintergrund, dass dadurch das Sicherheitsziel „Ein ungewolltes Lenken über ein zu definiertes Toleranzfenster ist auszuschließen“ erreicht wird. Am Ausgang des Sollwertmoduls 13 steht somit ein beschränktes, erstes Soll-Hinterachslenkwinkeldatum zur Verfügung.
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Die zweite Steuereinrichtung 10 weist ein Parallelmodul 15 auf, welches die Funktion hat, auf Basis des Vorderachslenkwinkeldatums und optional ergänzend des Fahrzeuggeschwindigkeitsdatums ein zweites Soll-Hinterachslenkwinkeldatum zu bestimmen. Die Bestimmung kann analog zu der Bestimmung in dem Sollwertmodul 13 erfolgen. Das Parallelmodul 15 weist ein Beschränkungsmodul 14 b auf, welches analog zu dem Beschränkungsmodul 14 a einen Maximalwinkel des zweiten Soll-Hinterachslenkwinkeldatum beschränkt. Am Ausgang des Parallelmoduls 15 steht somit ein beschränktes, zweites Soll-Hinterachslenkwinkeldatum zur Verfügung.
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Die Beschränkungsmodule 14 a, b beschränken den Maximalwinkel in Abhängigkeit der Geschwindigkeit. So ist es beispielsweise möglich, dass eine Beschränkungsfunktion verwendet wird. Alternativ ist es möglich, dass in unterschiedlichen Bereichen der Geschwindigkeit unterschiedlicher Maximalwinkel oder Maximalwinkelverläufe vorgegeben sind. Beispielsweise kann in einem ersten Bereich ein konstanter Maximalwinkel vorgegeben sein, in einem Zwischenbereich ein linear abfallender Maximalwinkel vorgegeben sein und in einem dritten Bereich ein konstanter Maximalwinkel vorgegeben sein, welche jedoch kleiner ist als der Maximalwinkel des ersten Bereichs.
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Die beiden Soll-Hinterachslenkwinkeldaten gelten aufgrund der Generierung und der getrennten, physikalischen Signalwege als unabhängig und werden jeweils in ASIL-B eingestuft. Damit ist es möglich, mittels Dekomposition aus den beiden Soll-Hinterachslenkwinkeldaten ein ASIL-D Datum zu erzeugen.
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Die erste Steuereinrichtung 9 weist ein Kontrollmodul 16 auf, wobei das Kontrollmodul 16 ausgebildet ist, auf Basis des ersten Soll-Hinterachslenkwinkeldatum ein Hinterachslenkwinkelsignal zur Ansteuerung der Hinterachse HA zu erzeugen. Das Hinterachslenkwinkelsignal wird an den Aktor 4 übergeben, so das dieser die Hinterachse HA entsprechend bewegt bzw. lenkt.
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Genauer betrachtet weist das Steuergerät 7, insbesondere die erste Steuereinrichtung 9, im Speziellen das Kontrollmodul 16 eine Regeleingangsschnittstelle 17 zur Übernahme eines ersten IST-Hinterachslenkwinkeldatums auf, wobei das erste IST-Hinterachslenkwinkeldatum von der Hinterachslenkwinkelmesseinrichtung S3 bereitgestellt ist. Ferner weist das Steuergerät 7, insbesondere die erste Steuereinrichtung 9, im Speziellen das Kontrollmodul 16 eine Regelausgangsschnittstelle 18 zur Ausgabe des Hinterachslenkwinkelsignals auf. Das Hinterachslenkwinkelsignal wird als ASIL-B an den Aktor 4 übergeben.
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Die zweite Steuereinrichtung 10 weist ein Überwachungsmodul 19 auf, wobei das Überwachungsmodul 19 zur Überwachung des IST-Hinterachslenkwinkels ausgebildet ist. Es ist vorgesehen, dass das Steuergerät 7, insbesondere die zweite Steuereinrichtung 10, im Speziellen das Überwachungsmodul 19 eine Überwachungseingangsschnittstelle 20 zur Übernahme eines zweiten IST-Hinterachslenkwinkels aufweist. Das Überwachungsmodul 19 ist ausgebildet, den zweiten IST-Hinterachslenkwinkel mit dem zweiten Soll-Hinterachslenkwinkeldatum zu vergleichen. Damit wird für den Hinterachslenkwinkel eine redundante Überwachungsstruktur aufgebaut.
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Um die Redundanz sicherzustellen, weist die Hinterachslenkwinkelmesseinrichtung S3 eine erste und eine zweite, voneinander unabhängige Sensoreinheit auf, wobei die erste Sensoreinheit das erste IST-Hinterachslenkwinkeldatum und die zweite Sensoreinheit das zweite IST-Hinterachslenkwinkeldatum bereit stellt. Die beiden IST-Hinterachslenkwinkeldaten liegen somit als ASIL-B vor.
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Beide Steuereinrichtungen 9,10 weisen jeweils ein Safestatemodul 21 a, b, welches jeweils ausgebildet ist, die Hinterachse HA in einen sicheren Zustand (safe state) zu überführen. Das Safestatemodul 21 a ist signaltechnisch mit dem Sollwertmodul 13 und dem Kontrollmodul 16 verbunden. Das Safestatemodul 21 b ist signaltechnisch mit dem Parallelmodul 15 und dem Überwachungsmodul 19 verbunden. Die erste Steuereinrichtung 9, insbesondere das Safestatemodul 21 a weist eine erste Safestateausgangsschnittstelle 22 a auf, welche signaltechnisch mit dem Aktor 4 der Hinterachse HA gekoppelt ist. Die zweite Steuereinrichtung 10, insbesondere das Safestatemodul 21 b weist eine zweite Safestateausgangsschnittstelle 22 b auf, welche signaltechnisch mit dem Aktor 4 der Hinterachse HA gekoppelt ist. Die Safestateausgangsschnittstellen 22 a, b weisen jeweils ASIL-B auf und sind unabhängig voneinander. Auch die Signalwege von den Safestateausgangsschnittstellen 22 a, b sind signaltechnisch und/oder physikalisch getrennt, so dass diese unabhängig voneinander verlaufen.
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Der Aktor 4 weist mindestens zwei Stelleinheiten auf, wobei jeweils eine Stelleinheit signaltechnisch mit einer Safestateausgangsschnittstelle 22 a bzw. 22 b verbunden ist. Die Ansteuerung einer einzelnen Stelleinheit durch eine der Safestateausgangsschnittstellen 22a oder 22b führt zu einer Deaktivierung des Aktors 4 in der Gesamtheit, so dass sich die Hinterachse HA in einem sicheren Zustand befindet.
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Der Aktor 4 ist beispielsweise als ein Hydraulikaktor ausgebildet und weist zwei Ventile auf, welche beispielsweise als gegenläufige Proportionalventile ausgebildet sind. Durch Ansteuerung eines der Proportionalventile durch eine der Safestateausgangsschnittstellen 22 a oder 20 b wird der Aktor 4 deaktiviert. Alternativ oder ergänzend wir der Aktor 4 durch Schaltventile deaktiviert.
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In einer Gesamtbetrachtung weist die Steueranordnung 2 einen Soll-Lenkwinkelabschnitt 23 auf, welcher dadurch abgesichert ist, dass das Soll-Hinterachslenkwinkeldatum auf der ersten Steuereinrichtung 9 ermittelt und durch die zweite Steuereinrichtung 10 kontrolliert ist.
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Ferner weist die Steueranordnung 2 einen IST-Lenkwinkelabschnitt 24 auf, welcher dadurch abgesichert ist, dass der IST-Lenkwinkel mit ASIL-D erfasst wird. Hierzu ist die Hinterachslenkwinkelmesseinrichtung redundant ausgebildet und in dem Ausführungsbeispiel als redundante Winkelsensor im Achsschenkel integriert.
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Die Steueranordnung 2 weist einen Überwachungsabschnitt 25 auf, welcher den sicheren Zustand (Safe State) einleitet und/oder überwacht. Der Überwachungsabschnitt 25 ist dadurch abgesichert, dass zum einen ein Freischaltventil des Aktors 4 zu einer Kraftlosschaltung des Aktors 4 führt. Zum anderen kann die Lenkhydraulik des Aktors 4 durch die Ansteuerung der zwei proportionalen Lenkventile und/oder Schaltventile umgesetzt werden.
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Beispielhaft kann die Steueranordnung 2 wie nachfolgend beschrieben realisiert werden:
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Technisches Sicherheitskonzept Beschreibung des technischen Sicherheitskonzepts
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Die Anforderungen von ASIL D aus dem funktionalen Sicherheitskonzept wird mittels Komposition/Dekomposition in zwei ASIL B(D) Kreise erfüllt.
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Die Umsetzung erfolgt über ein durchgängig redundantes Lenksystem - auch als die Steuereanordnung 2 zu bezeichnen. Das Lenksystem basiert auf dem elektronischen Steuergerät 7, das zwei diversitäre Rechnerkerne als Steuereinrichtungen 9,10 besitzt. Zur Absicherung des aktuellen Lenkwinkels ermittelt das Steuergerät 7 den Lenkwinkel der gelenkten Achse HA mittels eines redundanten Winkelsensors, dessen Signalausgänge auf die beiden Rechnerkerne verteilt geführt werden. Dabei ist ein erster Rechnerkern ausgebildet als die erste Steuereinrichtung 9 für die Lenkregelung der Achse (HA) und ein zweiter Rechnerkern ausgebildet als die zweite Steuereinrichtung 10 für die Überwachung der Sollwerte, Istwerte und des Regelprozesses vorgesehen.
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Die Überführung des Lenksystems in den sicheren Zustand ist ebenfalls redundant ausgeführt. Dabei wird die Redundanz auch im Bereich der Hydraulik eingehalten, da das Sicherheitsziel mittels einer hydraulischen Freischaltung der gelenkten Achse und einer hydraulischen Sperrung der Lenkregelung erfolgt.
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Die Dekomposition in die beiden ASIL B(D) Kreise wird im kompletten Bereich der Elektronik (Steuergerät 7 und Winkelsensor als Hinterachslenkwinkelmesseinrichtung) eingehalten. Die Zusammenführung der beiden ASIL B(D) Kreise erfolgt in der Hydraulik (die elektrische Ansteuerung der Hydraulikventile erfolgt noch getrennt), also in dem Aktor 4. Der Lenksollwert für die gelenkte Achse (HA) wird aus dem Lenkradwinkel des Fahrzeugs 1 ermittelt.
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Die Absicherung des Lenksollwerts wird mittels einer Auswertung des Lenkradwinkels auf einem Rechnerkern und einer parallelen Überwachung auf Plausibilität auf dem zweiten Rechnerkern umgesetzt.
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Wiederanlaufkonzept
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Bei Ausfällen, die zum Übergang in den sicheren Zustand führen, wird kein automatischer Wiederanlauf ausgeführt, auch wenn die Ursache für den Ausfall nicht mehr vorliegt. Der Wiederanlauf nach Ausfällen muss über einen Zündungszyklus erfolgen. Beim Zündungszyklus laufen sowohl die Selbsttests im Steuergerät als auch die Tests zur Absicherung des sicheren Zustands (Stellgliedtest) ab. Wenn die Ursache für den Ausfall nicht mehr vorliegt, wird das Lenksystem wieder aktiv. Bei Warnungen mit niedriger Priorität ist der Zündungszyklus nicht erforderlich.
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Absicherung des Soll-Lenkwinkels (Soll-Lenkwinkelabschnitt 23)
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Der Soll-Lenkwinkel wird aus dem Lenkradwinkelsensor S2 des Fahrzeugs 1 abgeleitet. Der Lenkradwinkelsensor S2 steht aber dem Lenksystem auf dem CAN-Bus 8 nicht direkt zur Verfügung, sondern wird über das EBS-Steuergerät 7 gelesen. Beim EBS (Electronic Brake System) handelt es sich um ein ASIL-D fähiges Steuergerät. Die Auswertung des Lenkradwinkelsensors S2 erfolgt im EBS, so dass eine ASIL-D Lenkradwinkelinformation vorliegt. Bei der CAN-Bus Übertragung der Lenkradwinkels vom EBS an das Steuergerät 7 der Lenkung liegt keine Absicherung der Übertragung auf Datenebene vor (Signatur / Zeitstempel), so dass die Lenkradwinkelinformation nur noch mit ASIL B übertragen werden kann.
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Im Steuergerät 7 wird der Lenkradwinkel dann in einen Vorderachswinkel umgerechnet. Die CAN-Bus Nachricht wird auf beiden Rechnerkernen empfangen und die Umrechnung in Vorderachswinkel wird in beiden Rechnerkernen separat vorgenommen.
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Um das Sicherheitsziel „Ein ungewolltes Lenken über ein zu definierendes Toleranzfenster ist auszu-schließen“ zu erreichen, wird der Soll-Lenkwinkel für die gelenkte Achse auf einen geschwindigkeitsabhängigen Maximalwert begrenzt bzw. überwacht. Dies stellt keine Einschränkung für die Fahrdynamik dar, weil bei höheren Fahrgeschwindigkeiten nur kleine Lenkradbewegungen vom Fahrer eingeleitet werden.
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Steuergerät 7 des Lenksystems
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Das Steuergerät 7 des Lenksystems besitzt zwei ASIL B(D) Kreise, die separate diversitäre Rechnerkerne besitzen. Beide Rechnerkerne werten den Lenkradwinkel und die Fahrgeschwindigkeit aus, nutzen aber die Information für unterschiedliche Funktionen bzw. Überwachungen.
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Rechnerkern 1: Berechnet den Soll-Lenkwinkel für die Regelung der gelenkten Achse und wendet weitere Maßnahmen zur Stabilisierung des Fahrverhaltens an (geschwindigkeitsabhängige Soll-Lenkwinkelreduzierung). Rechnerkern 2: Der Rechnerkern 2 führt eine Überwachung und Begrenzung des Soll-Lenkwinkels auf eibe Grenzwertkennlinie. Diese Funktionalität wird in ASIL B(D) umgesetzt.
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Absicherung des Ist-Lenkwinkels (Soll-Lenkwinkelabschnitt 23)
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Im Regelkreis der gelenkten Achse ist neben dem Soll-Lenkwinkel der Ist-Lenkwinkel von besonderer Bedeutung. Im Gegensatz zum Soll-Lenkwinkel, der mit steigender Geschwindigkeit immer weniger Einfluss auf die Lenkung besitzt, wirken sich Fehler in der Erfassung des Ist-Lenkwinkels sofort auf die gelenkte Achse aus.
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Um das Sicherheitsziel „Ein ungewolltes Lenken über ein zu definierendes Toleranzfenster ist auszu-schließen“ zu erreichen, soll die Regelung des Achswinkels der gelenkten Achse sowie die Ansteuerung des Aktuators/Aktors 4 mit ASIL B(D) erfolgen. Daher ist es erforderlich, den Ist-Lenkwinkel mit ASIL-D zu erfassen. Zur Erfassung des Ist-Lenkwinkels ist ein redundanter Winkelsensor im Achsschenkel integriert.
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Winkelsensor
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Der Winkelsensor des Lenksystems stellt redundante Winkelinformationen in Form von zwei analogen Signalausgängen mit invertierter Kennlinie zur Verfügung: Winkelsensor Kanal 1: Ermittelt den Lenkwinkel aus dem Magnetfeld des im Achsschenkel integrierten Magnetträgers (Hall Effekt). Diese Funktionalität wird in ASIL B(D) umgesetzt. Winkelsensor Kanal 2: Ermittelt den Lenkwinkel aus dem Magnetfeld des im Achsschenkel integrierten Magnetträgers (Hall Effekt). Alternativ kann der Lenkwinkel auf Basis eines Potentiometers, Magnetrings etc. erfasst werden. Diese Funktionalität wird in ASIL B(D) umgesetzt.
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Steuergerät des Lenksystems
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Im Steuergerät werden die Signale des Winkelsensors in einen Lenkwinkel der gelenkten Achse umgerechnet und dem Lenkregler zur Verfügung gestellt. Aus dem Regelkreis heraus wird eine weitere Absicherung umgesetzt, die aus einer Überwachung des Regelprozesses abgeleitet wird. Rechnerkern 1 : Führt die Lenkregelung aus, und verwendet die Ausgangssignale des Winkelgebers zur Ermittlung des Ist-Lenkwinkels. In diesem Zuge überwacht er sowohl die eingelesenen Signale des Winkelgebers als auch die aus den Signalen ermittelten Ist-Lenkwinkel. Diese Funktionalität wird in ASIL B(D) umgesetzt. Rechnerkern 2: Führt die Überwachung des Lenkreglers und der Achsbewegung aus. Um sicherzustellen, dass der Ist-Winkel immer in einem definierten Toleranzfenster um den Sollwinkel liegt, werden Überwachungsfunktionen ausgeführt. DieseFunktionalität wird in ASIL B(D) umgesetzt.
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Überwachung des sicheren Zustands (Überwachungsabschnitt 25)
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Beschreibung des Konzepts: Bei Ausfällen wird das Lenksystem in den sicheren Zustand überführt, indem die gelenkte Achse kraftlos geschaltet wird. Die eigentliche Kraftlosschaltung erfolgt hydraulisch mittels Freischaltventil. Die Freischaltung steht nur mit einem ASIL B(D) zur Verfügung, da keine redundante Freischaltung zur Verfügung steht. Um das Sicherheitsziel „Ein ungewolltes Lenken über ein zu definierendes Toleranzfenster ist auszuschließen“ zu erreichen, wird die vorher beschriebene Kraftlosschaltung mit ASIL B(D) zusammen mit einer Sperrung der Lenkhydraulik mittels des proportionalen Lenkventils nach ASIL B(D) eingesetzt. Zusätzlich wird die Freischaltfunktion regelmäßig mittels eines Stellgliedtests auf korrekte Funktion geprüft. Bei Fehlern im Stellgliedtest wird mit ASIL B(D) eine Fehleranzeige an den Fahrer ausgegeben, um zu informieren, dass das Lenksystem nicht mehr sicher ist (es wird nur noch ASIL B erreicht).
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Steuergerät des Lenksystems
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Der Übergang in den sicheren Zustand wird vom Steuergerät des Lenksystems redundant über die beiden Rechnerkerne ausgelöst. Jeder Rechnerkern besitzt eigene Ausgangssignale und kann somit den sicheren Zustand unabhängig vom anderen Rechnerkern einleiten. Zusätzlich wird der Stellgliedtest vom Steuergerät koordiniert. Im Stellgliedtest wird nachgewiesen, dass sich die gelenkte Achse sowohl über Rechnerkern 1 als auch über Rechnerkern 2 kraftlos schalten lässt, sowie dass die Hydraulikkomponenten für die Kraftlosschaltung korrekt funktionieren. Rechnerkern 1: Übergang in den sicheren Zustand auf der high-side Schaltungstechnik von Rechnerkern 1. Diese Funktionalität wird in ASIL B(D) umgesetzt. Rechnerkern 2: Übergang in den sicheren Zustand auf der low-side Schaltungstechnik von Rechnerkern 2. Rechnerkern 1 und 2 führen den Stellgliedtest der Freischaltfunktion durch. Diese Funktionalität wird in ASIL B(D) umgesetzt.
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Proportionalhydraulik mit Freischaltfunktion als Aktor 4
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Die Proportionalhydraulik stellt zwei Hauptfunktionen zur Verfügung. Das Proportionalventil zur proportionalen Ansteuerung des Lenkzylinders sowie das Freischaltventil, das den Lenkzylinder im Fehlerfall kraftlos schaltet und den Nachlauf der gelenkten Achse auslöst. Proportionalhydraulik: Im Normalbetrieb steuert das Proportionalventil den Lenkzylinder mit einer variablen Ölmenge und damit variablen Verstellgeschwindigkeit an. Erfolgt keine elektrische Ansteuerung, stellt sich das Proportionalventil federzentriert in seine Mittelstellung. In der Mittelstellung ist das Proportionalventil aber nicht absolut dicht (nur schieberdicht). Entsprechend dem externen Lastdruck auf die gelenkte Achse stellt sich ein kleines Leckölvolumen ein, das zu einer sehr langsamen Lenkbewegung führen kann. Beim Stellgliedtest wird die Proportionalhydraulik angesteuert, um zu prüfen, ob eine Lenkbewegung bei aktiver Kraftlosschaltung verhindert werden kann. Freischalthydraulik: Im Normalbetrieb ist das Freischaltventil bei aktiver Lenkung immer angesteuert, um die Lenkung zu aktiviert zu halten. Erfolgt keine elektrische Ansteuerung, stellt sich das Freischaltventil federzentriert in seine geöffnete Stellung und löst die Kraftlosschaltung der Achse aus. Bei kraftlos geschalteter Achse hat die Proportionalhydraulik keinen Einfluss auf die gelenkte Achse.Beim Stellgliedtest wird die Freischaltventil nicht angesteuert, um zu prüfen, ob eine Lenkbewegung bei aktiver Kraftlosschaltung verhindert werden kann.
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ASIL Dekomposition - Bewertung der Unabhängigkeit
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Das Ziel der ASIL Dekomposition ist es, Redundanzen anzuwenden, um die Sicherheitsziele hinsichtlich systematischer Fehler zu erfüllen. Mittels einer Dekomposition kann die ursprüngliche Anforderung in redundante Anforderungen mit geringeren ASIL auf ausreichend unabhängige Elemente aufgeteilt werden.
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Steuergerät: Das Sicherheits-Konzept des Steuergeräts beruht auf einer durchgängigen Trennung von zwei unabhängigen Sicherheitspfaden zur Ausführung von Sicherheitsfunktionen vom Sensor bis zum Aktor. Hierzu kommt ein diversitärer Rechnerkern bestehend aus einem 16-bit Mikrocontroller und einem 32-bit Mikrocontroller mit einer 1oo2D Architektur zum Einsatz.
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Das vorliegende ASIL D Sicherheitsziel wird erfüllt, indem sowohl
- - das hydraulische Schaltventil zur Kraftlosschaltung der gelenkten Achse ggf. auf zwei unabhängigen Pfaden mit ASIL B(D) abgeschaltet wird
- - und das hydraulische proportionale Lenkventil zum Sperren der gelenkten Achse mit ASIL B(D) ggf. auf zwei unabhängigen Pfaden abgeschaltet wird.
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Redundanter Winkelsensor: Der Winkelsensor für die Erfassung des Lenkwinkels der gelenkten Achse besitzt einen redundanten Aufbau mit einem redundanten HALL-Chip und redundanten Signalausgängen. Der Winkelsensor des Lenksystems besitzt redundante analoge Signalausgänge mit invertierter Kennlinie.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeug
- 2
- Steueranordnung
- 3
- Lenkrad
- 4
- Aktor
- 5
- EBS-Steuergerät
- 6
- privaten CAN-Bus
- 7
- Steuergerät
- 8
- CAN-Bus
- 9
- erste Steuereinrichtung
- 10
- zweite Steuereinrichtung
- 11
- erste Eingangsschnittstelle
- 12
- zweite Eingangsschnittstelle
- 13
- Sollwertmodul
- 14a,b
- Beschränkungsmodul
- 15
- Parallelmodul
- 16
- Kontrollmodul
- 17
- Regeleingangsschnittstelle
- 18
- Regelausgangsschnittstelle
- 19
- Überwachungsmodul
- 20
- Überwachungseingangsschnittstelle
- 21 a,b
- Safestatemodul
- 22 a,b
- Safestateausgangsschnittstellen
- 23
- Soll-Lenkwinkelabschnitt
- 24
- IST-Lenkwinkelabschnitt
- 25
- Überwachungsabschnitt
- S1
- Lenkradwinkelsensor
- S2
- Geschwindigkeitssensor
- S3
- Hinterachslenkwinkelmesseinrichtung
- VA
- Vorderachse
- HA
- Hinterachse
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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