DE102017001365A1 - Isocyanatfreie Polyhydroxyurethane mit oxidischen Aluminiumnanoplättchen - Google Patents

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Abstract

Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verbundmaterial, umfassend ein isocyanatfreies Polyhydroxyurethan und darin weitestgehend agglomeratfrei und homogen dispergierte oxidische Aluminiumnanoplättchen, welche sich im erfindungsgemäßen Verbundmaterial in einer Vorzugsrichtung ausrichten lassen. Ferner betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung des erfindungsgemäßen Verbundmaterials.

Description

  • Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verbundmaterial, umfassend ein isocyanatfreies Polyhydroxyurethan und darin weitestgehend agglomeratfrei und homogen dispergierte oxidische Aluminiumnanoplättchen, welche sich im erfindungsgemäßen Verbundmaterial in einer Vorzugsrichtung ausrichten lassen. Ferner betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung des erfindungsgemäßen Verbundmaterials.
  • Verbundmaterialien, die auch als sogenannte Composite bezeichnet werden, stellen Werkstoffe mit einer gezielt aufgebauten Struktur aus mindestens zwei verschiedenartigen, fest miteinander verbundenen Materialien dar. Bei den das Composit konstituierenden Materialien handelt es sich häufig um eine Kombination aus organischen und anorganischen Stoffen, weswegen Verbundmaterialien gewissermaßen einen hybriden Charakter aufweisen können. Prinzipiell besteht bei der Entwicklung von Verbundmaterialien das Bestreben, die unterschiedlichen Vorteile der einzelnen Werkstoffe im Verbundmaterial zu kombinieren und ihre Nachteile auszuschließen.
  • Wegen ihrer gezielt einstellbaren mechanischen Eigenschaften kommen Verbundmaterialien als Hochleistungswerkstoffe in der Technik zum Einsatz, wobei sie aufgrund zunehmend geringerer Herstellungskosten auch Einzug in den Konsumgüteralltag halten. Beispielhaft sei hier die Verwendung von Verbundmaterialien im Fahrzeugbau genannt.
  • Als Ausgangsstoff vieler Verbundmaterialien spielen polymere Systeme eine wichtige Rolle, darunter insbesondere auch Polyurethane aufgrund ihrer Vielseitigkeit. Durch den Zusatz von anorganischen Füllstoffen lässt sich eine Verstärkung der Polymermatrix im Verbundmaterial herbeiführen, wobei sich hierbei vor allem plättchenförmige Füllstoffe, d.h. solche mit einem großen Aspektverhältnis, als vorteilhaft erwiesen haben.
  • Inspiriert durch das Vorbild der Natur ist zudem versucht worden die plättchenförmigen Füllstoffe im Verbundmaterial auszurichten, um auf diesem Weg perlmuttartige Strukturen, sogenannte „Brick and Mortar“-Strukturen, zu erzeugen. Hierdurch ließen sich die für Perlmutt typischen hohen Steifigkeiten, Festigkeiten und Schadenstoleranzen auch bei Verbundmaterialien auf Kunststoffbasis erreichen (Bioinspiration & Biomimetics 2012, 7, 031001). Zu diesem Zweck sind neben Schichtsilikaten bereits auch andere quasi-zweidimensionale Systeme wie etwa Graphen und Molybdändisulfid näher untersucht worden.
  • Allerdings ist bisher das Erzeugen perlmuttartiger Strukturen lediglich bei wasserlöslichen Polymeren unter Verwendung spezieller Verarbeitungstechniken gelungen. Dabei konnten plättchenförmige anorganische Füllstoffe in einer Vorzugsrichtung innerhalb der Polymermatrix ausgerichtet werden (Nature Communications 2015, 6, 5967).
  • Bei wasserunlöslichen Polymeren, wie etwa Polyurethan, ist es bislang jedoch noch nicht gelungen perlmuttartige Strukturen durch das gezielte Ausrichten von plättchenförmigen Füllstoffen zu erhalten. Dem Fachmann ist bekannt, dass es bei Stoffgemischen aus wasserunlöslichen Polymeren und plättchenförmigen Füllstoffen, bei denen eine Dimension deutlich kleiner als 1 µm ist, zu einer erheblichen Agglomeratbildung kommt, wodurch sowohl die Ausrichtung der Füllstoffe als auch die Verarbeitbarkeit sowie die Materialeigenschaften der Stoffgemische eine massive Beeinträchtigung erfahren.
  • Der vorliegenden Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde ein Verbundmaterial mit plättchenförmigen anorganischen Füllstoffen auf Polyurethanbasis bereitzustellen, wobei ein Ausrichten der plättchenförmigen Füllstoffe innerhalb der Polymermatrix des Verbundmaterials möglich sein soll, um so eine effektive Verstärkung der Polymermatrix zu erreichen.
  • Diese Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen gekennzeichneten Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung gelöst.
  • Insbesondere wird erfindungsgemäß ein Verbundmaterial bereitgestellt, welches 10 bis 99 Massen-% einer Komponente A und 1 bis 90 Massen-% einer Komponente B, welche weitestgehend agglomeratfrei und homogen innerhalb der Komponente A dispergiert ist, umfasst, wobei
    die Komponente A ein lineares, verzweigtes und/oder vernetztes isocyanatfreies Polyhydroxyurethan darstellt, erhalten aus mindestens einem polyfunktionellen cyclischen Carbonat, dessen cyclische Carbonatgruppen fünf-, sechs-, sieben- und/oder achtgliedrig sind, als Komponente A1 und aus mindestens einem polyfunktionellen Amin als Komponente A2,
    wobei die Komponente B oxidische Aluminiumnanoplättchen darstellt, deren gemittelte Dicke 500 nm oder weniger beträgt und deren Aspektverhältnis 3 oder mehr beträgt, und
    wobei das isocyanatfreie Polyhydroxyurethan folgende wiederkehrende Struktureinheit (A) aufweist:
    Figure DE102017001365A1_0001
  • In der vorstehend dargestellten wiederkehrenden Struktureinheit (A) ist X ein linearer, verzweigter und/oder cyclischer, gesättigter oder ungesättigter, aliphatischer und/oder aromatischer, gegebenenfalls heteroatomhaltiger Kohlenwasserstoffrest mit mindestens zwei Kohlenstoffatomen und Y ist ein Wasserstoffatom oder eine Alkylgruppe, mit der Bedingung, dass sich die in der wiederkehrenden Struktureinheit (A) dargestellte Hydroxygruppe an einem Kohlenstoffatom in β-, γ-, δ- oder ε-Position in Bezug auf das Sauerstoffatom der Urethangruppe befindet.
  • Durch das Zusammenwirken der vorstehend genannten Komponenten A und B sind in dem erfindungsgemäßen Verbundmaterial die plättchenförmigen Füllstoffe weitestgehend agglomeratfrei und homogen innerhalb der Polymermatrix dispergiert. Insbesondere lässt sich der plättchenförmige Füllstoff des erfindungsgemäßen Verbundmaterials in einer Vorzugsrichtung ausrichten.
  • Wie vorstehend erwähnt, umfasst das erfindungsgemäße Verbundmaterial ein lineares, verzweigtes und/oder vernetztes isocyanatfreies Polyhydroxyurethan als Komponente A. Gemäß der vorliegenden Erfindung wird dieses aus mindestens einem polyfunktionellen cyclischen Carbonat, dessen cyclische Carbonatgruppen fünf-, sechs-, sieben- und/oder achtgliedrig sind, als Komponente A1 und aus mindestens einem polyfunktionellen Amin als Komponente A2 erhalten.
  • Durch Polyaddition des mindestens einen polyfunktionellen cyclischen Carbonats als Komponente A1 und des mindestens einen polyfunktionellen Amins als Komponente A2 lässt sich gemäß der vorliegenden Erfindung ein polymeres System auf Polyurethanbasis erhalten, wobei in jeder polymeren Wiederholungseinheit in der Nachbarschaft zum Sauerstoffatom der Urethangruppe eine Hydroxygruppe vorhanden ist. Die Hydroxygruppe einer jeden polymeren Wiederholungseinheit entsteht während der Polymerisation durch Ringöffnung einer cyclischen Carbonatgruppe beim nucleophilen Angriff einer Aminogruppe am Carbonyl-Kohlenstoffatom. Aus diesem Grund werden die aus den Komponenten A1 und A2 erhaltenen Polyurethane des erfindungsgemäßen Verbundmaterials auch als Polyhydroxyurethane bezeichnet.
  • In diesem Zusammenhang ist unter dem Begriff „polyfunktionell“ zu verstehen, dass die Anzahl polymerisierbarer funktioneller Gruppen, d.h. cyclischer Carbonatgruppen der Komponente A1 und Aminogruppen der Komponente A2, mindestens zwei beträgt. Sowohl die Komponente A1 als auch die Komponente A2 kann also di-, tri-, tetra-, penta-, hexafunktionell, etc. sein.
  • Dem Fachmann ist bewusst, dass bei mehr als zwei polymerisierbaren funktionellen Gruppen in der Komponente A1 und/oder der Komponente A2 verzweigte Polyhydroxyurethane erhalten werden, wobei auch Vernetzungen möglich sind. Auf diese Weise sind Elastomere und Duroplaste zugänglich. Entsprechend handelt es sich in diesem Fall bei dem erfindungsgemäßen Verbundmaterial um ein Gießharzsystem. Weisen hingegen beide Komponenten A1 und A2 jeweils nur zwei polymerisierbare funktionelle Gruppen auf, werden bei deren Polyaddition lineare Polyhydroxyurethane gebildet. Auf diese Weise sind Thermoplaste zugänglich, weswegen das erfindungsgemäße Verbundmaterial in diesem Fall auch als thermoplastisches System bezeichnet werden kann. Je nach Verwendungszweck wählt der Fachmann den Funktionalisierungsgrad der Komponente A1 und den Funktionalisierungsgrad der Komponente A2 aus, um entweder ein Gießharzsystem oder ein thermoplastisches System als erfindungsgemäßes Verbundmaterial bereitzustellen.
  • Die Komponente A1 ist gemäß der vorliegenden Erfindung nicht auf ein einziges polyfunktionelles cyclisches Carbonat beschränkt. Zur Bereitstellung des erfindungsgemäßen Verbundmaterials können prinzipiell beliebig viele unterschiedliche Monomere als polyfunktionelles cyclisches Carbonat eingesetzt werden. Die Anzahl an polymerisierbaren funktionellen Gruppen der einzelnen Monomere kann dabei auch unterschiedlich sein. In gleicher Weise gilt dies auch für die Komponente A2, welche nicht auf ein einziges polyfunktionelles Amin beschränkt ist. Es können auch hier vielmehr verschiedene Monomere mit einer jeweils unterschiedlichen Anzahl an polymerisierbaren funktionellen Gruppen eingesetzt werden. Entsprechend kann es sich auch bei den aus den Komponenten A1 und A2 erhältlichen isocyanatfreien Polyhydroxyurethanen, d.h. bei der Komponente A, um ein Gemisch handeln. Allerdings ist es gemäß der vorliegenden Erfindung aus prozesstechnischen Gründen bevorzugt, dass das isocyanatfreie Polyhydroxyurethan des erfindungsgemäßen Verbundmaterials lediglich aus einem polyfunktionellen cyclischen Carbonat und einem polyfunktionellen Amin erhalten wird.
  • Die Komponente A1, d.h. das mindestens eine polyfunktionelle cyclische Carbonat, lässt sich typischerweise durch die nachstehende allgemeine Formel (I) darstellen:
    Figure DE102017001365A1_0002
  • R1 ist hierbei ein linearer, verzweigter und/oder cyclischer, gesättigter oder ungesättigter, aliphatischer und/oder aromatischer Kohlenwasserstoffrest, welcher Heteroatome enthalten kann. Bei den Heteroatomen kann es sich beispielsweise um Halogene, Stickstoff, Schwefel und/oder Sauerstoff handeln. Es können somit Imin-, Ether-, Thioether, Ester- und/oder Amidgruppen im Kohlenwasserstoffrest R1 vorhanden sein, ohne jedoch auf die vorstehend genannten funktionellen Gruppen beschränkt zu sein. Der Index i, welcher die Anzahl an polymerisierbaren funktionellen Gruppen widerspiegelt, beträgt mindestens zwei. Vorzugsweise beträgt der Index i von 2 bis 6. Der Index n beeinflusst die Anzahl an Methylengruppen und damit die Ringgröße. Erfindungsgemäß nimmt n Werte von 1 bis 4 an, weswegen die cyclischen Carbonatgruppen fünf-, sechs-, sieben- und/oder achtgliedrig sein können. Vorzugsweise nimmt der Index n einen Wert von 1 an, wodurch fünfgliedrige cyclische Carbonatgruppen erhalten werden.
  • Polyfunktionelle cyclische Carbonate mit fünfgliedrigen cyclischen Carbonatgruppen lassen sich mit vergleichsweise geringem technischen Aufwand aus den analogen Epoxiden durch katalytische Kohlenstoffdioxidfixierung herstellen. Hierbei sind insbesondere glycidyletherbasierte Carbonate auf Basis von Polyolen, wie 1,4-Butandiol, Glycerin, Trimethylolpropan, Pentaerythrit, Sorbitol und weitere Zuckeralkohole zu nennen. In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verbundmaterials ist das mindestens eine polyfunktionelle cyclische Carbonat glycidyletherbasiert und weist somit fünfgliedrige cyclische Carbonatgruppen auf. Die entsprechenden Vorläuferstufen, d.h. die Glycidylether, können beispielsweise durch Umsetzung der vorstehend genannten Polyole mit bio-basiertem Epichlorhydrin (Epicerol, Solvay) gewonnen werden, wobei im Anschluss an die Glycidylierung das cyclische Carbonat durch biologische oder chemische CO2-Fixierung erhalten wird. Auf diese Weise lässt sich der Einsatz von nicht-erneuerbaren Rohstoffen nahezu gänzlich vermeiden.
  • Die Komponente A2, d.h. das mindestens eine polyfunktionelle Amin, lässt sich typischerweise durch die nachstehende allgemeine Formel (II) darstellen:
    Figure DE102017001365A1_0003
  • R2 ist hierbei ein linearer, verzweigter und/oder cyclischer, gesättigter oder ungesättigter, aliphatischer und/oder aromatischer Kohlenwasserstoffrest, welcher Heteroatome enthalten kann. Bei den Heteroatomen kann es sich beispielsweise um Halogene, Stickstoff, Schwefel und/oder Sauerstoff handeln. Es können somit Imin-, Ether-, Thioether, Ester- und/oder Amidgruppen im Kohlenwasserstoffrest R2 vorhanden sein, ohne jedoch auf die vorstehend genannten funktionellen Gruppen beschränkt zu sein. Der Index k, welcher die Anzahl an polymerisierbaren funktionellen Gruppen widerspiegelt, beträgt mindestens zwei, was zugleich der bevorzugte Wert ist. In der vorstehend dargestellten allgemeinen Formel (II) kann ein Wasserstoffatom der Aminogruppe auch durch eine Alkylgruppe substituiert sein, beispielsweise durch eine lineare C1-6-Alkylgruppe. Die Komponente A2 ist folglich nicht auf primäre polyfunktionelle Amine beschränkt. Allerdings ist es gemäß der vorliegenden Erfindung bevorzugt, dass die Aminogruppen des mindestens einen polyfunktionellen Amins nicht weiter substituiert sind.
  • Die zur Bereitstellung des erfindungsgemäßen Verbundmaterials verwendeten polyfunktionellen Amine können sich beispielsweise von Polyethylenglykol oder Polyethylenimin ableiten. Vorzugsweise werden als Komponente A2 difunktionelle, lineare, aliphatische oder heteroatomhaltige Amine eingesetzt. Besonders bevorzugt sind Diamine der Struktur H2N-(CH2)m-NH2, wobei m einen Wert im Bereich von 4 bis 12 annimmt.
  • Bei den aus den Komponenten A1 und A2 erhältlichen Polyhydroxyurethanen handelt es sich demnach um isocyanatfrei hergestellte Polyurethane, sogenannte NIPUs (non-isocyanate polyurethanes), welche in der vorliegenden Anmeldung auch als isocyanatfreie Polyhydroxyurethane bezeichnet werden. Im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Arbeitssicherheit gewinnt der Ersatz von konventionell hergestellten und zum Teil auf hochreaktiven Isocyanaten beruhenden Polyurethanen mehr und mehr an Bedeutung. Ein grundsätzlicher Nachteil von Isocyanaten liegt neben ihrer Synthese aus toxischem Phosgen im Allgemeinen in ihrer ausgeprägten Empfindlichkeit gegenüber Feuchtigkeit. Geringste Wasserspuren führen bereits zu einer Umsetzung der Isocyanate zu instabilen monosubsituierten Carbamidsäuren, welche sich in einer stark exothermen Reaktion unter Volumenzunahme durch Freisetzung von Kohlenstoffdioxid zersetzen. Damit einher geht auch das Auftreten von Blasenbildung innerhalb der Matrix des gebildeten Polyurethans durch den Einschluss des freigesetzten Kohlenstoffdioxids, was mitunter auch zu einem unerwünschten Aufschäumen des Polymers führt. Ein Verzicht auf feuchtigkeitsempfindliche Isocyanate bei der Bereitstellung des erfindungsgemäßen Verbundmaterials ist daher vorteilhaft, da die anderen Komponenten, darunter auch der plättchenförmige Füllstoff, somit keiner aufwendigen vorherigen Trocknung bedürfen. Neben einer erhöhten Arbeitssicherheit lassen sich hierdurch auch Zeit und Kosten einsparen. Nicht zuletzt sind auch die apparativen Anforderungen bei isocyanatfrei hergestellten Polyurethanen geringer.
  • Im Einklang mit den vorstehenden Definitionen der Komponenten A1 und A2 weist das isocyanatfreie Polyhydroxyurethan des erfindungsgemäßen Verbundmaterials folgende wiederkehrende Struktureinheit (A) auf:
    Figure DE102017001365A1_0004
  • Entsprechend den jeweiligen Kohlenwasserstoffresten R1 und R2 in den allgemeinen Formeln (I) und (II) ist X ein linearer, verzweigter und/oder cyclischer, gesättigter oder ungesättigter, aliphatischer und/oder aromatischer, gegebenenfalls heteroatomhaltiger Kohlenwasserstoffrest mit mindestens zwei Kohlenstoffatomen. Y ist ein Wasserstoffatom oder eine Alkylgruppe, wobei in einer bevorzugten Ausführungsform Y ein Wasserstoffatom ist. Da die cyclischen Carbonatgruppen der Komponente A1 fünf-, sechs-, sieben- und/oder achtgliedrig sind, befindet sich die in der wiederkehrenden Struktureinheit (A) dargestellte Hydroxygruppe notwendigerweise an einem Kohlenstoffatom in β-, γ-, δ- oder ε-Position in Bezug auf das Sauerstoffatom der Urethangruppe.
  • Demnach handelt es sich bei der wiederkehrenden Struktureinheit (A), welche auch als Monomereinheit aufgefasst werden kann, nicht um eine Endgruppe, wie sie beispielsweise bei der Verknüpfung von Polyvinylalkohol mit Polyurethan zu Polyvinylalkohol-Polyurethan-Pfropfcopolymeren erhalten werden kann (Polym. Chem. 2016, 7, 6637-6644).
  • Wie vorstehend erwähnt, ist in einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verbundmaterials das mindestens eine polyfunktionelle cyclische Carbonat glycidyletherbasiert, weswegen die cyclischen Carbonatgruppen fünfgliedrig sind. In diesem Fall weist das isocyanatfreie Polyhydroxyurethan mindestens eine der beiden folgenden wiederkehrenden Struktureinheiten (B) und (C) auf, wobei Y vorzugsweise ein Wasserstoffatom ist:
    Figure DE102017001365A1_0005
  • Unabhängig von der Position der Ringöffnung der cyclischen Carbonatgruppen befindet sich in den wiederkehrenden Struktureinheiten (B) und (C) die Hydroxygruppe in β-Position in Bezug auf das Sauerstoffatom der Urethangruppe. Die wiederkehrenden Struktureinheiten (B) und (C) sind genauso wie die wiederkehrende Struktureinheit (A) nicht als polymere Wiederholungseinheiten aufzufassen, die durch Aneinanderreihung das eigentliche isocyanatfreie Polyhydroxyurethan ergeben würden. Dies ist unmittelbar einleuchtend, da sich durch eine bloße Aneinanderreihung der wiederkehrenden Struktureinheiten keine verzweigten und/oder vernetzten Polymere darstellen ließen. Es handelt sich bei den hier dargestellten wiederkehrenden Struktureinheiten vielmehr um den charakteristischen Ausschnitt, welcher die Urethangruppe sowie ihre unmittelbare Umgebung erfasst, wobei der jeweilige charakteristische Ausschnitt sich im Polymer wiederfindet.
  • Wie vorstehend erwähnt, umfasst die Komponente B oxidische Aluminiumnanoplättchen, deren gemittelte Dicke 500 nm oder weniger beträgt und deren Aspektverhältnis 3 oder mehr beträgt. Die Komponente B stellt somit den plättchenförmigen anorganischen Füllstoff, welcher in der Matrix des aus den Komponenten A1 und A2 gebildeten isocyanatfreien Polyhydroxyurethans dispergiert ist, in dem erfindungsgemäßen Verbundmaterial dar.
  • Die oxidischen Aluminiumnanoplättchen sind durch ihre Dicke sowie durch ihr Aspektverhältnis gekennzeichnet. Unter der Dicke wird diejenige Dimension eines jeden oxidischen Aluminiumnanoplättchens verstanden, entlang derer es seine minimale Ausdehnung aufweist. In dem erfindungsgemäßen Verbundmaterial beträgt die über alle oxidischen Aluminiumnanoplättchen gemittelte Dicke 500 nm oder weniger, vorzugsweise 100 nm oder weniger. Hierbei ist dem Fachmann bewusst, dass eine möglichst geringe Dicke bevorzugt ist, da hierdurch die spezifische Oberfläche der oxidischen Aluminiumnanoplättchen weiter erhöht wird.
  • Das erfindungsgemäße Verbundmaterial stellt somit ein Nanocomposit dar. Die Dicke der oxidischen Aluminiumnanoplättchen lässt sich mit Hilfe elektronenmikroskopischer Verfahren, insbesondere mit Hilfe der Rasterelektronenmikroskopie (scanning electron microscopy, SEM) bestimmen. In gleicher Weise kann auch die Größe der oxidischen Aluminiumnanoplättchen bestimmt werden. Der Quotient aus mittlerer Größe und mittlerer Dicke der oxidischen Aluminiumnanoplättchen stellt das Aspektverhältnis dar, welches gelegentlich auch als Formfaktor bezeichnet wird. Im erfindungsgemäßen Verbundmaterial beträgt das Aspektverhältnis der oxidischen Aluminiumnanoplättchen 3 oder mehr, vorzugsweise 6 oder mehr, wobei das Aspektverhältnis nach oben nicht weiter eingeschränkt ist. Da plättchenförmige Füllstoffe im Vergleich zu sphärischen Füllstoffen eine bessere Verstärkungswirkung in der Polymermatrix aufweisen, ist ein vergleichsweise großes Aspektverhältnis naturgemäß vorteilhaft.
  • Gemäß der vorliegenden Erfindung bestehen die oxidischen Aluminiumnanoplättchen aus oxidiertem Aluminium, d.h. aus Aluminiumoxid, Aluminiumhydroxid oder Mischformen hiervon.
  • Vorzugsweise handelt es sich bei den oxidischen Aluminiumnanoplättchen um Einkristalle, da diese eine vergleichsweise definierte Form aufweisen, welche sich vorteilhaft auf die mechanischen Eigenschaften des Verbundmaterials auswirkt.
  • In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verbundmaterials bestehen die oxidischen Aluminiumnanoplättchen aus Aluminiumhydroxid. Im Gegensatz zu Aluminiumoxid, insbesondere Korund, ist Aluminiumhydroxid weniger abrasiv. Bei der Verarbeitung des erfindungsgemäßen Verbundmaterials kommt es beim Einsatz von Aluminiumhydroxiden als Komponente B zu einem deutlich geringeren Anlagenverschleiß. Besonders bevorzugt ist hierbei die Modifikation Gibbsit, welches gelegentlich auch als γ-Al(OH)3 bezeichnet wird. Synonym wird auch der Begriff Hydrargillit verwendet. Mit einer Mohshärte von 2,5 bis 3,5 gehört Gibbsit zu den weichen bis mittelharten Mineralen. Aufgrund dessen ist Gibbsit als plättchenförmiger anorganischer Füllstoff im erfindungsgemäßen Verbundmaterial besonders geeignet, da es diesem eine ausreichende Härte verleiht, ohne dabei zu einem übermäßigen Anlagenverschleiß bei dessen Herstellung und Formgebung zu führen.
  • In einer anderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verbundmaterials bestehen die oxidischen Aluminiumnanoplättchen aus einer Mischform aus Aluminiumoxid und Aluminiumhydroxid. Insbesondere kann es sich hierbei um Böhmit handeln, welches vergleichsweise einfach aus Gibbsit hergestellt werden kann und über ähnliche Eigenschaften verfügt.
  • Wie dem Fachmann bekannt ist, lassen sich oxidische Aluminiumnanoplättchen aus Gibbsit beispielsweise durch eine mehrtägige Hydrothermalsynthese bei 100 °C aus einer Aluminiumnitratlösung herstellen, wobei der eingestellte pH-Wert der Lösung im Bereich von fünf liegen muss, um monodisperse Gibbsit-Plättchen zu erhalten (Journal of Crystal Growth 2006, 292, 136-142). Nach der zehntägigen Kristallisation der Gibbsit-Plättchen mit anschließenden Waschvorgängen zum Entfernen von überschüssigem Al(NO3)3 kann die erhaltene Dispersion gefriergetrocknet werden, um die Bildung von Agglomeraten zu unterbinden. Gibbsit-Füllstoffe aus der gleichen Synthese, die nur durch eine einfache Trocknung im Ofen und anschließendes Vermahlen erhalten werden, führen hingegen zur Bildung von Agglomeraten.
  • In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung sind die oxidischen Aluminiumnanoplättchen organophil modifiziert, wodurch sie an das mindestens eine polyfunktionelle cyclische Carbonat und/oder das mindestens eine polyfunktionelle Amin gebunden sind. Insbesondere kann durch eine organophile Modifizierung mit Aminocarbonsäuren, wie etwa L-Lysin, eine Agglomeratbildung der oxidischen Aluminiumnanoplättchen nahezu vollständig verhindert werden. Im Falle von L-Lysin erfolgt die Anbindung an eine cyclische Carbonatgruppe der Komponente A1 über eine der beiden Aminogruppen der Aminocarbonsäure. Des Weiteren können die oxidischen Aluminiumnanoplättchen auch mit Alkoxysilanen, die bevorzugt Amin- und/oder Carbonatgruppen enthalten, organophil modifiziert werden, wobei dies prinzipiell vor oder nach der Polyaddition der Komponenten A1 und A2 erfolgen kann.
  • In dem erfindungsgemäßen Verbundmaterial beträgt der Massenanteil der Komponente B, ob funktionalisiert oder unfunktionalisiert, von 1 bis 90 Massen-%, während der Massenanteil der Komponente A, erhalten aus den Komponenten A1 und A2, von 10 bis 99 Massen-% beträgt. Bezugspunkt ist dabei jeweils die Gesamtmasse aus den Komponenten A und B, unabhängig von eventuellen weiteren Komponenten in dem Verbundmaterial, wie weiter unten beschrieben. In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung beträgt der Massenanteil der Komponente B von 5 bis 45 Massen-%, während der Massenanteil der Komponente A entsprechend von 55 bis 95 Massen-% beträgt.
  • Das erfindungsgemäße Verbundmaterial kann nach Bedarf noch weitere Komponenten, nachstehend auch als Komponente C zusammengefasst, umfassen, welche beispielsweise die mechanischen Eigenschaften, die Verarbeitbarkeit, die thermooxidative Stabilität, die Reaktionsgeschwindigkeit, den Lichtschutz, die Stabilität gegen Mikroben, etc. verbessern sollen.
  • Beispielsweise kann es sich bei der Komponente C um einen Katalysator handeln, welcher die Reaktionsgeschwindigkeit bei der Polyaddition der beiden Komponenten A1 und A2 erhöht. Für die Bereitstellung des erfindungsgemäßen Verbundmaterials geeignete Katalysatoren sind typischerweise 1,4-Diazabicyclo[2.2.2]octan (DABCO), 1,8-Diazabicyclo[5.4.0]undec-7-en (DBU) und 1,5,7-Triazabicyclo[4.4.0]dec-5-en (TBD). Letzterer ist dabei der im Stand der Technik empfohlene Katalysator, da er eine vergleichsweise hohe Aktivität aufweist.
  • In einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verbundmaterials ist die Komponente C mindestens ein Additiv, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Füllstoffen, Fasern, Weichmachern, Antioxidantien, Lichtschutzmitteln und Mikrobioziden. Dem Fachmann sind entsprechende Füllstoffe, Fasern, Weichmacher, Antioxidantien, Lichtschutzmittel und Mikrobiozide bekannt. Prinzipiell können hier als Additiv all jene Stoffe verwendet werden, wie sie allgemein in der Polymersynthese zum Einsatz kommen.
  • Bei den als Additiv in Frage kommenden Füllstoffen kann es sich etwa um Talk, Holzmehl, Zellstoff und Kohlenstoffmaterialien auf Basis von Graphen handeln. Hierbei ist dem Fachmann klar, dass die Füllstoffe, welche gegebenenfalls als Komponente C in dem erfindungsgemäßen Verbundmaterial enthalten sein können, keine oxidischen Aluminiumnanoplättchen einschließen, da diese bereits durch die Komponente B erfasst werden. Ebenfalls möglich ist der Zusatz anorganischer Fasermaterialien wie Glas- oder Steinwolle oder organischer Fasermaterialien wie beispielsweise Sisal oder Flachs.
  • Wie vorstehend erwähnt, umfasst das erfindungsgemäße Verbundmaterial als Komponente A lineare, verzweigte und/oder vernetzte isocyanatfreie Polyhydroxyurethane. Entsprechend dem Funktionalisierungsgrad der Komponenten A1 und A2 handelt es sich bei dem erfindungsgemäßen Verbundmaterial um ein Gießharzsystem oder um ein thermoplastisches System, welche im Folgenden auch als NIPU-Gießharzsystem bzw. thermoplastisches NIPU-System bezeichnet werden.
  • In einer bevorzugten Ausführungsform ist das erfindungsgemäße Verbundmaterial bei einer Temperatur von weniger als 150 °C gießfähig und formbar. Dem Fachmann ist hierbei bewusst, dass durch die Auswahl der jeweiligen Monomere des mindestens einen polyfunktionellen cyclischen Carbonats und des mindestens einen polyfunktionellen Amins die Gießfähigkeit bzw. Formbarkeit des erfindungsgemäßen Verbundmaterials beeinflusst werden kann.
  • Da es bei den NIPU-Gießharzsystemen im Laufe des Härtens zu einer Vernetzung der Polymermatrix kommt, ist eine nachträgliche Formgebung des Verbundmaterials in diesem Fall nicht mehr möglich. Das Verbundmaterial enthält daher notwendigerweise vor dem Härten bereits alle Komponenten A1, A2 und B sowie gegebenenfalls C. Typischerweise wird bei den Gießharzsystemen das mindestens eine polyfunktionelle cyclische Carbonat zusammen mit den oxidischen Aluminiumnanoplättchen bereitgestellt, wobei das mindestens eine polyfunktionelle Amin bei Raumtemperatur oder bei höherer Temperatur zugegeben wird, um dann den Härtvorgang zu initiieren. Bevorzugt geschieht die Zugabe des mindestens einen polyfunktionellen Amins bei Temperaturen oberhalb von Raumtemperatur. Der Grund hierfür liegt zum einen in den vergleichsweise hohen Schmelzpunkten der polyfunktionellen Amine, zum anderen aber auch in der bei höherer Temperatur geringeren Viskosität, welche die Verarbeitung der Gießharzsysteme begünstigt.
  • Bei den thermoplastischen NIPU-Systemen können hingegen alle Komponenten A1, A2 und B sowie gegebenenfalls C gemeinsam bereitgestellt werden. Alternativ kann die Komponente B auch nach der Polymerisation der Komponenten A1 und A2 durch Schmelzcompoundieren in die daraus entstandene Komponente A eingearbeitet werden.
  • Sowohl in den thermoplastischen Systemen als auch in den Gießharzsystemen kann eine Homogenisierung der Komponenten beispielsweise mit einem Hochleistungsdispergiergerät erreicht werden. Solch eine Homogenisierung trägt dazu bei, dass die oxidischen Aluminiumnanoplättchen im späteren Verbundmaterial homogen dispergiert sind.
  • Wie vorstehend erwähnt, wird das isocyanatfreie Polyhydroxyurethan des erfindungsgemäßen Verbundmaterials durch Polyaddition der beiden Komponenten A1 und A2 erhalten. Dabei reagieren das mindestens eine polyfunktionelle cyclische Carbonat und das mindestens eine polyfunktionelle Amin zu einem linearen, verzweigten und/oder vernetzten isocyanatfreien Polyhydroxyurethan mit der wiederkehrenden Struktureinheit (A). Bei linearen isocyanatfreien Polyhydroxyurethanen liegt die Anzahl an wiederkehrenden Struktureinheiten (A) typischerweise in einem Bereich von 10 bis 100, beispielsweise in einem Bereich von 30 bis 50, ohne jedoch hierauf beschränkt zu sein. Liegen in den isocyanatfreien Polyhydroxyurethanen hingegen Verzweigungen und damit auch Vernetzungen vor, ist die Angabe einer Anzahl an wiederkehrenden Struktureinheiten (A) naturgemäß von geringer Aussagekraft. Dies gilt in gleicher Weise auch für die Angabe von zahlengemittelten Molmassen. Typische Werte für die linearen isocyanatfreien Polyhydroxyurethane liegen hier in einem Bereich von 15 bis 30 kg/mol, beispielsweise in einem Bereich von 19 bis 27 kg/mol. Gemäß der vorliegenden Erfindung werden die Molmassen mittels Gel-Permeations-Chromatographie (GPC) bestimmt (in DMAc, 0,5% LiBr, PMMA-Standard).
  • Die Reaktionsbedingungen, insbesondere die Temperatur und die Härtungsdauer, hängen von den jeweiligen Komponenten A1 und A2 sowie von der Anwesenheit eines Katalysators ab. Beim polyfunktionellen Amin verändern insbesondere sterische sowie induktive Effekte die Reaktivität der Aminogruppen, was unterschiedliche Härtungsdauern bei einer bestimmten Temperatur zur Folge haben kann.
  • Die Formgebung des erfindungsgemäßen Verbundmaterials erfolgt vorzugsweise durch Gießen, Spritzgießen, Extrusion, Coextrusion, Sprühen, Drucken, Beschichten oder additive Fertigung. Dem Fachmann ist hierbei bewusst, dass die Wahl der Formgebung nicht zuletzt davon abhängt, ob es sich bei dem erfindungsgemäßen Verbundmaterial um ein thermoplastisches System oder um ein Gießharzsystem handelt.
  • Im Falle der thermoplastischen NIPU-Systeme lassen sich die Komponenten A1 und A2 bei der Bereitstellung des erfindungsgemäßen Verbundmaterials beispielsweise entweder gelöst oder lösungsmittelfrei durch Reaktionsextrusion polymerisieren. Hierbei kann ein Doppelschnecken-Extruder oder ein Kneter verwendet werden. Die weitere Verarbeitung kann beispielsweise durch Spritzgießen erfolgen, wie dies auch aufgrund der Kosteneffizienz in der Industrie üblich ist. Bevorzugt wird die Schmelze unter hohen Scherkräften in die Form gepresst. Die Scherkräfte lassen sich beispielsweise durch vorangehendes, gezieltes Tempern der Schmelze induzieren, wobei hochschmelzende Kristallite anteilig im Polymer gebildet werden und die Viskosität der Schmelze drastisch erhöht wird. Die hohen Scherkräfte tragen zu einer Ausrichtung der oxidischen Aluminiumnanoplättchen beim Eintritt in das Spritzgusswerkzeug bei. Typische Bedingungen beim Spritzgießen sind eine Temperatur im Bereich von 40 bis 110 °C, ein Druck im Bereich von 8 bis 10 bar sowie eine Dauer im Bereich von 5 bis 15 Sekunden, wobei zuvor typischerweise für eine Dauer im Bereich von 2 bis 4 Stunden getempert wird.
  • Bei den NIPU-Gießharzsystemen kann die Verarbeitung beispielsweise durch effizientes Verrühren und anschließendes Gießen in geeignete Negativformen erfolgen. Hierbei ist die Gelzeit der eingesetzten Systeme entscheidend, da das homogen gemischte Gießharz bis zum Erhalt der endgültigen Form gießbar bleiben muss. Dies kann durch geeignete Wahl der Reaktionsbedingungen oder durch den Einsatz von Aminen mit unterschiedlicher Aminreaktivität gewährleistet werden. In schnell härtenden Systemen sind polyfunktionelle primäre Amine aufgrund ihrer erhöhten Reaktivität gegenüber polyfunktionellen sekundären Aminen bevorzugt.
  • Das erfindungsgemäße Verbundmaterial kann z.B. auch mittels einer Rakel durch Beschichtung auf eine Oberfläche aufgetragen werden. Eine möglichst dünne Beschichtung von weniger als 500 µm ist dabei bevorzugt, um durch Schereinwirkung die oxidischen Aluminiumnanoplättchen in eine Vorzugsrichtung innerhalb der Polymermatrix auszurichten.
  • Liegt ein Gießharzsystem vor, kann das durch Beschichten oder durch Gießen hergestellte Verbundmaterial typischerweise bei einer Temperatur im Bereich von 70 bis 120 °C für eine Dauer im Bereich von 10 bis 20 Stunden ausgehärtet werden, beispielsweise für 14 Stunden bei 80 °C und für vier Stunden bei 100 °C. Wie vorstehend erwähnt, kann die Härtungsdauer durch den Zusatz von Katalysatoren verkürzt werden.
  • Das nach dem Härten erhaltene Verbundmaterial ist direkt gebrauchsfertig. Lösungsmittel und spezielle Verarbeitungsbedingungen, wie der Ausschluss von Luftfeuchtigkeit oder zusätzliches Vortrocknen, sind im Gegensatz zu Polyurethanen auf Isocyanatbasis nicht erforderlich.
  • In der Polymermatrix des erfindungsgemäßen Verbundmaterials befinden sich die oxidischen Aluminiumnanoplättchen. Das erfindungsgemäße Verbundmaterial ist dadurch gekennzeichnet, dass die oxidischen Aluminiumnanoplättchen weitestgehend agglomeratfrei und homogen innerhalb der Matrix des isocyanatfreien Polyhydroxyurethans dispergiert sind.
  • Unter einer weitestgehend agglomeratfreien und homogenen Dispergierung ist gemäß der vorliegenden Erfindung zu verstehen, dass innerhalb des Verbundmaterials noch vergleichsweise kleine Agglomerate der oxidischen Aluminiumnanoplättchen mit einer Größe von bis zu 10 µm vorhanden sein können. Wie vorstehend erwähnt, kann die Agglomeration der oxidischen Aluminiumnanoplättchen durch organophile Modifizierung nahezu vollständig unterbunden werden, so dass selbst solch kleine Agglomerate nicht mehr zutage treten. Weiterhin sind die oxidischen Aluminiumnanoplättchen gleichmäßig in der Matrix des Polyhydroxyurethans verteilt. Es liegt also kein Konzentrationsgradient an oxidischen Aluminiumnanoplättchen innerhalb des Verbundmaterials vor. Dies verleiht dem erfindungsgemäßen Verbundmaterial hervorragende Materialeigenschaften, darunter einen hohen E-Modul und eine hohe Zugfestigkeit.
  • In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung sind die oxidischen Aluminiumnanoplättchen innerhalb der Matrix des Polyhydroxyurethans in einer Vorzugsrichtung ausgerichtet. Hierdurch lassen sich die vorstehend genannten Materialeigenschaften noch weiter verbessern, da die Matrixverstärkung besonders stark ausgeprägt ist. Die Ausrichtung der oxidischen Aluminiumnanoplättchen in eine Vorzugsrichtung wird durch die Schereinwirkung bei der Formgebung induziert, wie sie insbesondere beim Beschichten, beispielsweise mit einer Rakel, oder auch beim Spritzgießen, wie vorstehend beschrieben, gegeben ist. Die aufgrund der Ausrichtung der oxidischen Aluminiumnanoplättchen bedingte Richtungsabhängigkeit der Materialeigenschaften führt beispielsweise zu einer erhöhten Kratzfestigkeit des Verbundmaterials entlang der Beschichtungsrichtung, was mittels Nanoindentierung nachgewiesen werden kann.
  • In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung ist die Komponente A des Verbundmaterials thermoplastisch, d.h. das isocyanatfreie Polyhydroxyurethan ist weder verzweigt noch vernetzt. Basiert das Verbundmaterial auf thermoplastischen NIPU-Systemen, kann die Ausrichtung der Polymerketten des linearen Polyhydroxyurethans während der Formgebung mittels Spritzgießen zu teilkristallinen Bereichen führen, innerhalb derer eine besonders effektive Ausrichtung der oxidischen Aluminiumnanoplättchen möglich ist.
  • In einem weiteren Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung des erfindungsgemäßen Verbundmaterials als Formkörper, Beschichtung, Klebstoff, Folie, Bauteil oder Materialsystem für die Medizintechnik. Grundsätzlich kann das erfindungsgemäße Verbundmaterial überall dort zum Einsatz kommen, wo kunststoffbasierte Werkstoffe mit hohem E-Modul und hoher Zugfestigkeit erforderlich sind. Dies trifft insbesondere auf die Herstellung von strukturgebenden Bauteilen zu, die einer hohen Steifigkeit bedürfen. In gleicher Weise eignet sich das erfindungsgemäße Verbundmaterial aufgrund seiner Härte und Kratzfestigkeit auch hervorragend als Beschichtung, ohne dabei abrasiv zu sein.
  • Die vorliegende Erfindung erlaubt das isocyanatfreie Bereitstellen eines Verbundmaterials auf Polyurethanbasis unter Verwendung polyfunktioneller cyclischer Carbonate und polyfunktioneller Amine ohne toxische Ausgangs- und Zwischenverbindungen. Ferner ist mit der vorliegenden Erfindung die Nutzung erneuerbarer Ressourcen durch kombinierte chemische und biologische CO2-Fixierung möglich.
  • Durch den Einsatz oxidischer Aluminiumnanoplättchen, d.h. plättchenförmiger anorganischer Füllstoffe auf Basis von Aluminiumoxid und Aluminiumhydroxid, insbesondere Gibbsit, kann eine Matrixverstärkung des isocyanatfreien Polyhydroxyurethans im Verbundmaterial ohne Bildung von größeren Agglomeraten erreicht werden. Ferner lassen sich mit der vorliegenden Erfindung die plättchenförmigen Füllstoffe innerhalb der Polymermatrix ausrichten. Durch die verstärkende Wirkung des erfindungsgemäß verwendeten Füllstoffes, insbesondere im Falle seiner Ausrichtung, weist das Verbundmaterial eine erhöhte mechanische Stabilität auf.
  • Gemäß der vorliegenden Erfindung ist es nicht erforderlich die Komponenten bei der Bereitstellung des Verbundmaterials zu trocknen, da die hier eingesetzten polyfunktionellen cyclischen Carbonate nicht feuchtigkeitsempfindlich sind. Dies ist ein entscheidender Vorteil gegenüber konventionell hergestellten Polyurethanen, bei denen die Einarbeitung von Füllstoffen nur unter Wasserausschluss möglich ist. Auch ist hierdurch die Herstellung des erfindungsgemäßen Verbundmaterials mit vergleichsweise geringem apparativem Aufwand möglich.
  • Die Figuren zeigen:
    • 1 zeigt eine SEM-Aufnahme (links) von Gibbsit-Plättchen sowie eine TEM-Aufnahme (rechts) eines einzelnen Gibbsit-Plättchens.
    • 2 zeigt die organophile Modifizierung von Gibbsit-Plättchen mit der Aminocarbonsäure L-Lysin.
    • 3 zeigt SEM-Aufnahmen eines Prüfkörpers aus einem Verbundmaterial mit 10 Massen-% Gibbsit-Plättchen, wobei die Gibbsit-Plättchen im Ofen getrocknet wurden (links) oder gefriergetrocknet wurden (rechts).
    • 4 zeigt SEM-Aufnahmen eines Prüfkörpers aus einem Verbundmaterial mit 40 Massen-% Gibbsit-Plättchen, wobei die Gibbsit-Plättchen keiner Funktionalisierung unterzogen wurden (links) oder mit L-Lysin funktionalisiert wurden (rechts).
    • 5 zeigt SEM-Aufnahmen eines Prüfkörpers aus einem Verbundmaterial mit Aluminiumoxid-Plättchen aus Korund „White Sapphire™“ (links) sowie aus einem Verbundmaterial mit 40 Massen-% Gibbsit-Plättchen, die zuvor mit L-Lysin funktionalisiert wurden (rechts).
    • 6 zeigt SEM-Aufnahmen eines Prüfkörpers aus einem Verbundmaterial mit sphärischen Gibbsit-Partikeln „Hydral 710™“ (links) und „Hymod 9400 SP™“ (rechts).
    • 7 zeigt die verwendete Rakel (links) sowie eine nach dem Aushärten erhaltene Beschichtung (rechts).
    • 8 zeigt SEM-Aufnahmen einer Beschichtung sowie eines Prüfkörpers, beide aus einem Verbundmaterial mit 10 Massen-% Gibbsit-Plättchen. Dargestellt sind die Beschichtung in Zugrichtung der Rakel (links oben), die Aufsicht orthogonal dazu (rechts oben) sowie der Prüfkörper in zwei zueinander orthogonalen Richtungen (links unten und rechts unten).
    • 9 zeigt SEM-Aufnahmen von Thermoplasten aus einem Verbundmaterial mit 10,6 Massen-% Gibbsit-Plättchen (oben) sowie 40 Massen-% Gibbsit-Plättchen (unten), welche durch Spritzgießen erhalten wurden. Dargestellt sind jeweils die Blickrichtung parallel zur Spritzgussrichtung (links) sowie senkrecht dazu (rechts).
    • 10 zeigt eine SEM-Aufnahme von Thermoplasten aus einem Verbundmaterial ohne den Temperungsschritt vor dem Spritzgießen. Dargestellt ist eine Aufsicht orthogonal zur Spritzgussrichtung.
  • Beispiele
  • Die nachstehenden Beispiele dienen der weiteren Erläuterung der vorliegenden Erfindung, ohne jedoch hierauf beschränkt zu sein.
  • Beispiel A1: Herstellung der Gibbsit-Einkristalle
  • Aluminiumnitrat-Nonahydrat (100,06 g) wurde in Wasser (2000,46 g) gelöst und anschließend mit wässriger Ammoniaklösung (10 Massen-%) auf pH 5 titriert. Der pH-Wert wurde mittels einer pH-Elektrode kontrolliert, wobei der pH-Wert zur Herstellung monodisperser Plättchen stets unterhalb von 5,1 liegen musste, da höhere pH-Werte im Allgemeinen zu größeren Plättchen und/oder zu einer uneinheitlichen Morphologie führen. Die Lösung wurde in einem verschlossenen, hitzebeständigen Behälter für eine Dauer von zehn Tagen bei 100 °C im Ofen aufbewahrt. Die so erhaltenen Plättchen wurden durch Zentrifugation entfernt. Durch zweimalige Redispergierung in frischem Wasser (200 mL) und anschließender Zentrifugation der Gibbsit-Plättchen wurde überschüssiges Al(NO3)3 entfernt. Durch erneute Dispergierung in Wasser und anschließende Gefriertrocknung wurde pulverförmiges Gibbsit erhalten.
  • Wie 1 entnommen werden kann, war die Morphologie der Gibbsit-Plättchen einheitlich, wobei die Plättchen eine Größe von bis zu 1 µm aufwiesen.
  • Beispiel A2: Gibbsit-Funktionalisierung mit L-Lysin
  • 150 mL der in Beispiel A1 hergestellten Gibbsit-Dispersion wurden vor der Gefriertrocknung mit L-Lysin (7,2 g, 97 Massen-%) versetzt und für eine Dauer von 24 Stunden unter Rückfluss gerührt. Die Dispersion wurde zentrifugiert und durch erneute Redispergierung in Wasser (125 mL) und Zentrifugation gewaschen. Der Feststoff wurde in wenig Wasser redispergiert und anschließend gefriergetrocknet. Das Produkt wurde als farbloser Feststoff (3,30 g, „Gibbsit+Lysin“) erhalten.
  • Die Anbindung eines L-Lysin-Moleküls an ein Gibbsit-Plättchen ist in 2 dargestellt.
  • Beispiel B: NIPU-Gießharzsysteme zur Herstellung von Prüfkörpern
  • NIPU-Gießharzsysteme mit den vorstehend beschriebenen unfunktionalisierten Gibbsit-Plättchen (A1) bzw. mit den vorstehend beschriebenen mit L-Lysin funktionalisierten Gibbsit-Plättchen (A2) dienten zur Herstellung von Prüfkörpern (B1 bis B4). Weiterhin wurden Versuche mit NIPU-Gießharzsystemen durchgeführt, welche Aluminiumoxid-Plättchen aus Korund enthielten (B5 und B6). Als Vergleich dienten NI-PU-Gießharzsysteme, welche entweder überhaupt keine bzw. nicht die erfindungsgemäßen Füllstoffe enthielten (B6 bis B9), um die Verstärkungswirkung der Gibbsit-Plättchen sowie der Korund-Plättchen zu evaluieren. Das allgemeine Reaktionsschema lautete wie folgt:
    Figure DE102017001365A1_0006
  • Beispiel B1: 10 Massen-% Gibbsit-Plättchen (unfunktionalisiert)
  • Trimethylolpropanglycidylethercarbonat (TMPGC, 17,63 g, Carbonatzahl: 5,63 mmol/g) und die Gibbsit-Plättchen aus Beispiel A1 (2,60 g, 10 Massen-%) wurden verrührt und insgesamt viermal für eine Dauer von vier Minuten mit dem Ultraturrax homogenisiert. Anschließend wurde die Mischung bei vermindertem Druck entgast und auf 80 °C vorgeheizt. Es wurde flüssiges Hexamethylendiamin (HMDA, 5,77 g, vorgewärmt auf 60 °C) zugegeben und das entstandene Gemisch wurde für eine Dauer von 30 Sekunden durch intensives Rühren homogenisiert. Die Mischung wurde in Prüfkörperformen gegossen und für eine Dauer von 14 Stunden bei 80 °C und für eine Dauer von vier Stunden bei 100 °C im Ofen gehärtet.
  • Beispiel B2: 40 Massen-% Gibbsit-Plättchen (unfunktionalisiert)
  • Das Vorgehen in Beispiel B2 war analog zu dem aus Beispiel B1. Allerdings war der Massenanteil der Gibbsit-Plättchen erhöht.
  • Trimethylolpropanglycidylethercarbonat (TMPGC, 11,75 g, Carbonatzahl: 5,63 mmol/g) und die Gibbsit-Plättchen aus Beispiel A1 (10,40 g, 40 Massen-%) wurden verrührt und insgesamt viermal für eine Dauer von vier Minuten mit dem Ultraturrax homogenisiert. Anschließend wurde die Mischung bei vermindertem Druck entgast und auf 80 °C vorgeheizt. Es wurde flüssiges Hexamethylendiamin (HMDA, 3,85 g, vorgewärmt auf 60 °C) zugegeben und das entstandene Gemisch wurde für eine Dauer von 30 Sekunden durch intensives Rühren homogenisiert. Die Mischung wurde in Prüfkörperformen gegossen und für eine Dauer von 14 Stunden bei 80 °C und für eine Dauer von vier Stunden bei 100 °C im Ofen gehärtet.
  • Beispiel B3: 10 Massen-% Gibbsit-Plättchen (funktionalisiert)
  • Das Vorgehen in Beispiel B3 war analog zu dem aus Beispiel B1. Allerdings wurden anstelle der unfunktionalisierten Gibbsit-Plättchen die mit L-Lysin funktionalisierten Gibbsit-Plättchen eingesetzt.
  • Trimethylolpropanglycidylethercarbonat (TMPGC, 17,63 g, Carbonatzahl: 5,63 mmol/g) und die Gibbsit-Plättchen aus Beispiel A2 (2,60 g, 10 Massen-%) wurden verrührt und insgesamt viermal für eine Dauer von vier Minuten mit dem Ultraturrax homogenisiert. Anschließend wurde die Mischung bei vermindertem Druck entgast und auf 80 °C vorgeheizt. Es wurde flüssiges Hexamethylendiamin (HMDA, 5,77 g, vorgewärmt auf 60 °C) zugegeben und das entstandene Gemisch wurde für eine Dauer von 30 Sekunden durch intensives Rühren homogenisiert. Die Mischung wurde in Prüfkörperformen gegossen und für eine Dauer von 14 Stunden bei 80 °C und für eine Dauer von vier Stunden bei 100 °C im Ofen gehärtet.
  • Beispiel B4: 40 Massen-% Gibbsit-Plättchen (funktionalisiert)
  • Das Vorgehen in Beispiel B4 war analog zu dem aus Beispiel B1. Allerdings war der Massenanteil der Gibbsit-Plättchen erhöht und anstelle der unfunktionalisierten Gibbsit-Plättchen wurden die mit L-Lysin funktionalisierten Gibbsit-Plättchen eingesetzt.
  • Trimethylolpropanglycidylethercarbonat (TMPGC, 11,75 g, Carbonatzahl: 5,63 mmol/g) und die Gibbsit-Plättchen aus Beispiel A2 (10,40 g, 40 Massen-%) wurden verrührt und insgesamt viermal für eine Dauer von vier Minuten mit dem Ultraturrax homogenisiert. Anschließend wurde die Mischung bei vermindertem Druck entgast und auf 80 °C vorgeheizt. Es wurde flüssiges Hexamethylendiamin (HMDA, 3,85 g, vorgewärmt auf 60 °C) zugegeben und das entstandene Gemisch wurde für eine Dauer von 30 Sekunden durch intensives Rühren homogenisiert. Die Mischung wurde in Prüfkörperformen gegossen und für eine Dauer von 14 Stunden bei 80 °C und für eine Dauer von vier Stunden bei 100 °C im Ofen gehärtet.
  • Beispiel B5: 10 Massen-% Aluminiumoxid-Plättchen „White Sapphire™“
  • Weiterhin wurde ein NIPU-Gießharzsystem mit industriell hergestellten Aluminiumoxid-Plättchen aus Korund (White Sapphire™, Merck) hergestellt. Die Korund-Plättchen wiesen einen gemittelten Teilchendurchmesser von 16 µm in der Fläche auf, während ihre Dicke im Mittel in einem Bereich von 100 bis 200 nm lag. Somit war das Aspektverhältnis der Korund-Plättchen vergleichsweise hoch. Das Vorgehen in Beispiel B5 war ansonsten analog zu dem aus Beispiel B1.
  • Trimethylolpropanglycidylethercarbonat (TMPGC, 17,63 g, Carbonatzahl: 5,63 mmol/g) und White Sapphire™ (2,60 g, 10 Massen-%) wurden verrührt und insgesamt viermal für eine Dauer von vier Minuten mit dem Ultraturrax homogenisiert. Anschließend wurde die Mischung bei vermindertem Druck entgast und auf 80 °C vorgeheizt. Es wurde flüssiges Hexamethylendiamin (HMDA, 5,77 g, vorgewärmt auf 60 °C) zugegeben und das entstandene Gemisch wurde für eine Dauer von 30 Sekunden durch intensives Rühren homogenisiert. Die Mischung wurde in Prüfkörperformen gegossen und für eine Dauer von 14 Stunden bei 80 °C und für eine Dauer von vier Stunden bei 100 °C im Ofen gehärtet.
  • Beispiel B6: 40 Massen-% Aluminiumoxid-Plättchen „White Sapphire™“
  • Weiterhin wurde ein NIPU-Gießharzsystem hergestellt, bei dem der Massenanteil der Korund-Plättchen erhöht war. Das Vorgehen in Beispiel B6 war ansonsten analog zu dem aus Beispiel B2.
  • Vergleichsbeispiel B7: kein Füllstoff vorhanden
  • Als Vergleich diente ein NIPU-Gießharzsystem ohne Füllstoff. Das Vorgehen in Vergleichsbeispiel B7 war ansonsten analog zu dem aus Beispiel B1.
  • Trimethylolpropanglycidylethercarbonat (TMPGC, 17,63 g, Carbonatzahl: 5,63 mmol/g) wurde bei vermindertem Druck entgast und auf 80 °C vorgeheizt. Es wurde flüssiges Hexamethylendiamin (HMDA, 5,77 g, vorgewärmt auf 60 °C) zugegeben und das entstandene Gemisch wurde für eine Dauer von 30 Sekunden durch intensives Rühren homogenisiert. Die Mischung wurde in Prüfkörperformen gegossen und für eine Dauer von 14 Stunden bei 80 °C und für eine Dauer von vier Stunden bei 100 °C im Ofen gehärtet.
  • Vergleichsbeispiel B8: 10 Massen-% sphärische Gibbsit-Partikel „Hydral 710™“
  • Als Vergleich diente ferner ein NIPU-Gießharzsystem mit industriell hergestellten sphärischen Gibbsit-Partikeln (Hydral 710™, Huber). Die sphärischen Gibbsit-Partikel wiesen einen gemittelten Teilchendurchmesser von 1,0 µm auf, und lagen damit in der gleichen Größenordnung wie die im Beispiel A1 hergestellten Gibbsit-Plättchen. Jedoch war das Aspektverhältnis der sphärischen Gibbsit-Partikel gering, weswegen auch ihre spezifische Oberfläche mit 4,0 m2/g im Vergleich zu den Gibbsit-Plättchen aus Beispiel A1 mit bis zu 23 m2/g vergleichsweise klein war. Das Vorgehen in Vergleichsbeispiel B8 war ansonsten analog zu dem aus Beispiel B1.
  • Trimethylolpropanglycidylethercarbonat (TMPGC, 17,63 g, Carbonatzahl: 5,63 mmol/g) und Hydral 710™ (2,60 g, 10 Massen-%) wurden verrührt und insgesamt viermal für eine Dauer von vier Minuten mit dem Ultraturrax homogenisiert. Anschließend wurde die Mischung bei vermindertem Druck entgast und auf 80 °C vorgeheizt. Es wurde flüssiges Hexamethylendiamin (HMDA, 5,77 g, vorgewärmt auf 60 °C) zugegeben und das entstandene Gemisch wurde für eine Dauer von 30 Sekunden durch intensives Rühren homogenisiert. Die Mischung wurde in Prüfkörperformen gegossen und für eine Dauer von 14 Stunden bei 80 °C und für eine Dauer von vier Stunden bei 100 °C im Ofen gehärtet.
  • Vergleichsbeispiel B9: 10 Massen-% sphärische Gibbsit-Partikel „Hymod 9400 SP™“
  • Als Vergleich diente ferner ein NIPU-Gießharzsystem mit industriell hergestellten sphärischen Gibbsit-Partikeln, deren Oberfläche herstellerseitig mit Vinylsilan funktionalisiert war (Hymod 9400 SP™, Huber). Die funktionalisierten sphärischen Gibbsit-Partikel wiesen einen gemittelten Teilchendurchmesser von 1,1 µm auf. Das Aspektverhältnis war ebenfalls durch die Partikelmorphologie verschlechtert und die spezifische Oberfläche betrug auch hier lediglich 4,0 m2/g. Das Vorgehen in Vergleichsbeispiel B9 war ansonsten analog zu dem aus Beispiel B1.
  • Trimethylolpropanglycidylethercarbonat (TMPGC, 17,63 g, Carbonatzahl: 5,63 mmol/g) und Hymod 9400 SP™ (2,60 g, 10 Massen-%) wurden verrührt und insgesamt viermal für eine Dauer von vier Minuten mit dem Ultraturrax homogenisiert. Anschließend wurde die Mischung bei vermindertem Druck entgast und auf 80 °C vorgeheizt. Es wurde flüssiges Hexamethylendiamin (HMDA, 5,77 g, vorgewärmt auf 60 °C) zugegeben und das entstandene Gemisch wurde für eine Dauer von 30 Sekunden durch intensives Rühren homogenisiert. Die Mischung wurde in Prüfkörperformen gegossen und für eine Dauer von 14 Stunden bei 80 °C und für eine Dauer von vier Stunden bei 100 °C im Ofen gehärtet.
  • Materialeigenschaften und elektronenmikroskopische Charakterisierung
  • Die Prüfkörper aus den Beispielen B1 bis B6 sowie aus den Vergleichsbeispielen B7 bis B9, erhalten durch Härten der entsprechenden NIPU-Gießharzsysteme, wurden in Bezug auf ihre Materialeigenschaften untersucht. Es wurden jeweils der E-Modul, die Zugfestigkeit Fmax, die Bruchdehnung εB und die Glasübergangstemperatur Tg bestimmt. Die erhaltenen Messwerte sind in Tabelle A aufgelistet. Tabelle A
    Beispiel bzw. E-Modul[1] Fmax [1] εB [1] Tg [2]
    Vergleichsbeispiel [MPa] [MPa] [%] [°C]
    B1 3730 ± 190 80 ± 2 2,7 ± 0,4 39
    B2 6400 ± 300 71 ± 9 1,1 ± 0,2 35
    B3 3800 ± 140 84 ± 4 2,6 ±0,1 33
    B4 6000 ± 400 65 ± 19 1,1 ± 0,3 -
    B5 3900 ± 200 80 ± 1 2,59 ± 0,02 35
    B6 6400 ± 500 75 ± 8 1,2 ± 0,1 -
    B7 2680 ± 140 77 ± 4 3,3 ± 0,3 37
    B8 2800 ± 400 70 ± 5 2,6 ± 0,4 -
    B9 3000 ± 200 68 ± 5 2,1 ± 0,6 -
    [1] Gemessen nach Prüfvorschrift ISO 527-1/2_5A, 50 mm/min
    [2] Maximum des Verlustmoduls der dynamisch-mechanischen Analyse (dual cantilever, -50 bis 100 °C, 5 K/min, 1 Hz, 1 % Deformation)
  • Die aus dem erfindungsgemäßen Verbundmaterial gefertigten Prüfkörper wiesen einen vergleichsweise großen E-Modul auf.
  • Weitere Diskussion
  • Bei der Herstellung des Füllstoffes in Beispiel A1 war ein entscheidender Faktor der Einsatz der Gefriertrocknung. Gibbsit, welches nach der Zentrifugation aus der Dispersion nur im Ofen getrocknet wurde, konnte im Anschluss nur mit großen Agglomeraten mit einer Größe von mehr als 50 µm in die Polymermatrix eingearbeitet werden. Mit dem Füllstoff aus Beispiel A1 wurden hingegen nur kleine Agglomerate mit einer Größe von bis zu etwa maximal 10 µm erhalten. 3 stellt die entsprechenden SEM-Aufnahmen gegenüber, wobei links die im Ofen getrockneten Gibbsit-Plättchen und rechts die gefriergetrockneten Gibbsit-Plättchen zu sehen sind.
  • Die Homogenität des Verbundmaterials konnte durch die Funktionalisierung der Gibbsit-Plättchen mit L-Lysin weiter verbessert werden. Dabei wurden auch die kleinen Agglomerate mit einer Größe im Bereich von etwa 10 µm beseitigt, welche nach der Gefriertrocknung noch erhalten blieben. Dies zeigte sich insbesondere bei hohen Massenanteilen an Gibbsit-Plättchen von beispielsweise 40 Massen-% in den Beispielen B2 und B4. Wie 4 zu entnehmen ist, traten ohne die organophile Modifizierung noch kleine Agglomerate in Erscheinung, welche in 4 auf der linken Seite teilweise mit weißen Kreisen gekennzeichnet sind. Auf der rechten Seite sind diese aufgrund der Funktionalisierung der Gibbsit-Plättchen mit L-Lysin nicht mehr zu sehen. Die mechanischen Eigenschaften des Verbundmaterials wurden durch die organphile Modifizierung der Gibbsit-Plättchen nicht beeinflusst.
  • Beim Vergleich mit den „White Sapphire™“ Aluminiumoxid-Plättchen aus Korund zeigte sich in den SEM-Aufnahmen, dass Letztere deutlich größer waren als die Gibbsit-Plättchen, jedoch ein ähnliches Aspektverhältnis aufwiesen, wie 5 zu entnehmen ist. Wie bereits erwähnt, zeigten die Korund-Plättchen im Vergleich zu den Gibbsit-Plättchen ähnliche Materialeigenschaften. Allerdings ist die Verwendung der Gibbsit-Plättchen aufgrund ihrer geringeren Abrasivität vorteilhaft, wodurch der Materialverschleiß bei der Verarbeitung, etwa beim Compoundieren, geringer ist.
  • Die sphärischen Gibbsit-Partikel zeigten hingegen durch die Verschlechterung der Materialeigenschaften auf, dass sich die Steifigkeit in den Verbundmaterialien ohne ein hohes Aspektverhältnis nicht steigern ließ. Ein hohes Aspektverhältnis kann durch eine definierte Kristallisation, wie im Zusammenhang mit Beispiel A1 beschrieben, erreicht werden. 6 zeigt dabei auf, dass die beiden Füllstoffe „Hydral 710™“ und „Hymod 9400 SP™“ eine ähnliche Morphologie aufwiesen, wobei beide eine leichte Agglomeratbildung in der Größenordnung von 3 bis 5 µm zeigten. Diese konnte auch nicht durch die Vinylsilan-Funktionalisierung im Füllstoff „Hymod 9400 SP™“ verhindert werden.
  • Beispiel C: NIPU-Gießharzsysteme zur Herstellung von Beschichtungen
  • NIPU-Gießharzsysteme mit den vorstehend beschriebenen unfunktionalisierten Gibbsit-Plättchen (A1) dienten zur Herstellung von Beschichtungen (C1). Das allgemeine Reaktionsschema lautete auch hier wie folgt:
    Figure DE102017001365A1_0007
  • Beispiel C1: 10 Massen-% Gibbsit-Plättchen (unfunktionalisiert)
  • Trimethylolpropanglycidylethercarbonat (TMPGC, 17,63 g, Carbonatzahl: 5,63 mmol/g) und die Gibbsit-Plättchen aus Beispiel A1 (2,60 g, 10 Massen-%) wurden verrührt und insgesamt viermal für eine Dauer von vier Minuten mit dem Ultraturrax homogenisiert. Anschließend wurde die Mischung bei vermindertem Druck entgast und auf 80 °C vorgeheizt. Es wurde flüssiges Hexamethylendiamin (HMDA, 5,77 g, vorgewärmt auf 60 °C) zugegeben und das entstandene Gemisch wurde für eine Dauer von 30 Sekunden durch intensives Rühren homogenisiert. Die Mischung wurde auf eine kalte Glasplatte gegossen und mit einer Rakel zu einer 0,3 mm dicken Beschichtung gezogen. Anschließend wurde die Beschichtung für eine Dauer von 14 Stunden bei 80 °C und für eine Dauer von vier Stunden bei 100 °C im Ofen gehärtet. Generell waren mit der eingesetzten Rakel Beschichtungen im Bereich von 0,1 bis 1 mm Dicke zugänglich.
  • Der Beschichtungsprozess ist in 7 veranschaulicht. Auf der linken Seite ist die verwendete Rakel zu sehen, wobei der Pfeil links unten den variierbaren Spalt kennzeichnet, der die Gießharzmischung in einer bestimmten Dicke auf die Oberfläche auftrug. Auf der rechten Seite ist zu erkennen, dass beim Härten die Beschichtung in ihrer Form erhalten blieb. Die schwarzen Pfeile oben geben die Zugrichtung an, in der die Rakel über die Oberfläche geführt wurde.
  • Elektronenmikroskopische Charakterisierung
  • Die so erhaltenen Beschichtungen wurden mittels Rasterelektronenmikroskopie untersucht. Anhand von SEM-Aufnahmen konnte gezeigt werden, dass durch die Rakel und die durch sie bewirkte Scherung eine Ausrichtung der Gibbsit-Plättchen erreicht werden konnte. Diese Ausrichtung war beim herkömmlichen Gießvorgang nicht zu beobachten. 8 zeigt hierbei einen Vergleich der erhaltenen Beschichtung mit einem Prüfkörper, welcher ebenfalls aus einem Verbundmaterial mit 10 Massen-% Gibbsit-Plättchen gefertigt war. Bei der links oben dargestellten SEM-Aufnahme der Beschichtung in Zugrichtung der Rakel lassen sich nahezu nur die Kanten der Gibbsit-Plättchen erkennen, während in der Aufsicht orthogonal dazu rechts oben überwiegend die Flächen der Gibbsit-Plättchen zu sehen sind. Dies bestätigt die Ausrichtung der Gibbsit-Plättchen entlang einer Vorzugsrichtung beim Beschichten unter Verwendung einer Rakel. Beim Prüfkörper, welcher durch Gießen in die Prüfkörperform erhalten wurde, zeigte die Untersuchung in zwei Dimensionen hingegen keinen Unterschied in der Anordnung der Gibbsit-Plättchen, was in 8 links unten und rechts unten veranschaulicht ist.
  • Beispiel D: Thermoplastische NIPU-Systeme
  • Eine Ausrichtung der Gibbsit-Plättchen ist der erste Schritt zu perlmuttähnlichen Materialien. Diese Ausrichtung konnte im Folgenden durch den Einsatz von thermoplastischen NIPU-Systemen in einem modifizierten Spritzgussverfahren noch verbessert werden (D1 und D2), wobei in den thermoplastischen NIPU-Systemen die vorstehend beschriebenen unfunktionalisierten Gibbsit-Plättchen (A1) zum Einsatz kamen. Als Vergleich diente hier ein thermoplastisches NIPU-System, welches keinen Füllstoff enthielt (D3).
  • Beispiel D1: 10,6 Massen-% Gibbsit-Plättchen (unfunktionalisiert)
  • Das allgemeine Reaktionsschema lautete wie folgt:
    Figure DE102017001365A1_0008
    1,4-Butandioldiglycidylethercarbonat (BDGC, 11,05505 g) wurde bei 100 °C aufgeschmolzen. Anschließend wurde 1,12-Diaminododecan (DAD, 7,78680 g) zugegeben. Das Reaktionsgemisch wurde bei 100 °C für eine Dauer von 15 Minuten in Bulk gerührt und in einen Doppelschnecken-Compounder überführt. Schließlich wurden die Gibbsit-Plättchen aus Beispiel A1 (2,227 g, 10,6 Massen-%) zugegeben. Das Reaktionsgemisch wurde mit 120 RPM für eine Dauer von 40 Minuten bei 100 °C und für eine Dauer von 25 Minuten bei 110 °C unter Stickstoffatmosphäre durchmischt und anschließend bei 110 °C und 9 bar spritzgegossen.
  • Die Materialeigenschaften des so erhaltenen Thermoplasten waren wie folgt:
  • Tg = 17 °C (DMA, single cantilever, 1 Hz, 0,1 %, 3 K/min, Maximum des Verlustmoduls); TZersetzung = 303 °C (TGA, 10 K/min, Luft); E-Modul = 292 ± 15 MPa, σy = 12 ± 1 MPa, σB = 12 ± 2 MPa, εy = 7,0 ± 0,2 %, εB = 150 ± 30 % (ISO 527-1/2_5A, 50 mm/min); Mn = 25,5 kg/mol, Mw = 54,5 kg/mol, PDI = 2,1 (GPC; DMAc, PMMA Standard).
  • Beispiel D2: 40 Massen-% Gibbsit-Plättchen (unfunktionalisiert)
  • Das allgemeine Reaktionsschema lautete wie folgt:
    Figure DE102017001365A1_0009
    1,4-Butandioldiglycidylethercarbonat (BDGC, 1,9314 g) und 1,12-Diaminododecan (DAD, 2,7980 g) wurden in ein Becherglas eingewogen und bei 120 °C für eine Dauer von fünf Minuten mit einem Spatel homogenisiert. Anschließend wurden die Gibbsit-Plättchen aus Beispiel A1 in drei Portionen (insgesamt 3,155 g, 40 Massen-%) innerhalb von zehn Minuten dem niederviskosen Reaktionsgemisch untergerührt. Nach vollständiger Homogenisierung wurde das Gemisch in einen Doppelschnecken-Compounder überführt, mit 120 RPM für eine Dauer von 110 Minuten bei 100 °C und für eine Dauer von 20 Minuten bei 110 °C unter Stickstoffatmosphäre durchmischt und anschließend spritzgegossen (Raumtemperatur, 0,5 Stunden bei 55 °C, eine Stunde bei 70 °C, eine Stunde bei 75 °C, 9 bar).
  • Die Materialeigenschaften des so erhaltenen Thermoplasten waren wie folgt:
    • Mn = 19,3 kg/mol, Mw = 40,1 kg/mol, PDI = 2,1 (GPC; DMAc, PMMA Standard).
  • Vergleichsbeispiel D3: kein Füllstoff vorhanden
  • Das allgemeine Reaktionsschema lautete wie folgt:
    Figure DE102017001365A1_0010
    1,4-Butandioldiglycidylethercarbonat (BDGC, 11,38902 g) wurde bei 110 °C aufgeschmolzen. Anschließend wurde 1,12-Diaminododecan (DAD, 8,02183 g) zugegeben. Das Reaktionsgemisch wurde bei 100 °C für eine Dauer von 14,5 Minuten in Bulk gerührt und in einen Doppelschnecken-Compounder überführt. Das Reaktionsgemisch wurde mit 120 RPM für eine Dauer von 45 Minuten bei 100 °C und für eine Dauer von 20 Minuten bei 110 °C unter Stickstoffatmosphäre durchmischt und anschließend bei 110 °C und 9 bar spritzgegossen.
  • Die Materialeigenschaften des so erhaltenen Thermoplasten waren wie folgt:
  • Tg = 0 °C (DSC, zweite Aufheizkurve, 10 K/min), Tg = 14 °C (DMA, single cantilever, 1 Hz, 0,1 %, 3 K/min, Maximum des Verlustmoduls); TZersetzung = 303 °C (TGA, 10 K/min, Luft); E-Modul = 220 ± 30 MPa, σy = 11 ± 1 MPa, σB = 17 ± 2 MPa, εy = 8,0 ± 0,3 %, εB = 300 ± 40 % (ISO 527-1/2_5A, 50 mm/min); Mn = 26,7 kg/mol, Mw = 53,9 kg/mol, PDI = 2,0 (GPC; DMAc, PMMA Standard).
  • Bei einem Vergleich der thermoplastischen NIPU-Systeme ließ sich feststellen, dass durch die Gibbsit-Plättchen eine Verbesserung der Materialeigenschaften erzielt werden konnte, insbesondere in Bezug auf den E-Modul.
  • Durch das Spritzgießen der thermoplastischen NIPU-Systeme konnte ferner die Ausrichtung der Gibbsit-Plättchen verbessert werden, sowohl bei 10,6 Massen-% als auch bei 40 Massen-%. Entsprechende SEM-Aufnahmen sind in 9 dargestellt. Die verbesserte Ausrichtung der Gibbsit-Plättchen ist auf Kristallisationsprozesse in der Matrix vor dem Spritzgießen zurückzuführen, welche mittels Tempern erreicht wurde. Wie 10 zu entnehmen ist, war die Ausrichtung der Gibbsit-Plättchen weniger ausgeprägt, wenn auf den Temperungsschritt verzichtet wurde, da es nicht zur vorherigen Bildung von Kristalliten kam.

Claims (10)

  1. Verbundmaterial, umfassend 10 bis 99 Massen-% einer Komponente A und 1 bis 90 Massen-% einer Komponente B, weiche weitestgehend agglomeratfrei und homogen innerhalb der Komponente A dispergiert ist, wobei die Komponente A ein lineares, verzweigtes und/oder vernetztes isocyanatfreies Polyhydroxyurethan darstellt, erhalten aus mindestens einem polyfunktionellen cyclischen Carbonat, dessen cyclische Carbonatgruppen fünf-, sechs-, sieben- und/oder achtgliedrig sind, als Komponente A1 und aus mindestens einem polyfunktionellen Amin als Komponente A2, wobei die Komponente B oxidische Aluminiumnanoplättchen darstellt, deren gemittelte Dicke 500 nm oder weniger beträgt und deren Aspektverhältnis 3 oder mehr beträgt, und wobei das isocyanatfreie Polyhydroxyurethan folgende wiederkehrende Struktureinheit (A) aufweist:
    Figure DE102017001365A1_0011
    X ist ein linearer, verzweigter und/oder cyclischer, gesättigter oder ungesättigter, aliphatischer und/oder aromatischer, gegebenenfalls heteroatomhaltiger Kohlenwasserstoffrest mit mindestens zwei Kohlenstoffatomen und Y ist ein Wasserstoffatom oder eine Alkylgruppe, mit der Bedingung, dass sich die in der wiederkehrenden Struktureinheit (A) dargestellte Hydroxygruppe an einem Kohlenstoffatom in β-, γ-, δ- oder ε-Position in Bezug auf das Sauerstoffatom der Urethangruppe befindet.
  2. Verbundmaterial nach Anspruch 1, wobei das mindestens eine polyfunktionelle cyclische Carbonat glycidyletherbasiert ist und die cyclischen Carbonatgruppen jeweils fünfgliedrig sind und wobei das isocyanatfreie Polyhydroxyurethan mindestens eine der beiden folgenden wiederkehrenden Struktureinheiten (B) und (C) aufweist:
    Figure DE102017001365A1_0012
  3. Verbundmaterial nach Anspruch 1 oder 2, wobei Y ein Wasserstoffatom ist.
  4. Verbundmaterial nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei die gemittelte Dicke der oxidischen Aluminiumnanoplättchen 100 nm oder weniger beträgt.
  5. Verbundmaterial nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei die oxidischen Aluminiumnanoplättchen Einkristalle sind.
  6. Verbundmaterial nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei die oxidischen Aluminiumnanoplättchen aus Gibbsit bestehen.
  7. Verbundmaterial nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei die oxidischen Aluminiumnanoplättchen organophil modifiziert sind und an das mindestens eine polyfunktionelle cyclische Carbonat und/oder das mindestens eine polyfunktionelle Amin gebunden sind.
  8. Verbundmaterial nach einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei die oxidischen Aluminiumnanoplättchen in einer Vorzugsrichtung ausgerichtet sind.
  9. Verbundmaterial nach einem der Ansprüche 1 bis 8, wobei das isocyanatfreie Polyhydroxyurethan thermoplastisch ist.
  10. Verwendung des Verbundmaterials nach einem der Ansprüche 1 bis 9 als Formkörper, Beschichtung, Klebstoff, Folie, Bauteil oder Materialsystem für die Medizintechnik.
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* Cited by examiner, † Cited by third party
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EP3070071A1 (de) 2015-03-16 2016-09-21 Construction Research & Technology GmbH Verfahren zur herstellung aufgerauter anisotroper plättchen in mikrongrösse

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Title
Hannes Blattmann, Marc Lauth, Rolf Mülhaupt: Flexible and Bio-Based Nonisocyanate Polyurethane (NIPU) Foams. In: Macromolecular Materials and Engineering, 301, 2016, 944-952.
Maria Fleischer, Hannes Blattmann, Rolf Mülhaupt: Glycerol-, pentaerythritol- and trimethylolpropane-based polyurethanes and their cellulose carbonate composites prepared via the non-isocyanate route with catalytic carbon dioxide fixation. In: Green Chemistry, 15, 2013, 934-942.
Schmidt et al.: Isocyanate-Free Route to Poly(carbohydrate-urethane) Thermosets and 100% Bio-Based Coatings Derived from Glycerol Feedstock. In: Macromolecules, 49, 2016, 7268-7276.

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