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Die Erfindung betrifft ein Fahrzeug mit wenigstens zwei vorzugsweise einzeln elektromotorisch angetriebenen Rädern, auf denen das Fahrzeug rollen kann, einem Lenker, der im Wesentlichen starr, d. h. mit Ausnahme von Material-Eigenelastizität starr, mit einem Chassis des Fahrzeugs verbunden ist, und einer elektrischen Lenkeinrichtung, die dafür eingerichtet ist, das Fahrzeug in Abhängigkeit von durch Sensoren am Fahrzeug gewonnenen Lenksignalen zu lenken, sowie ein Verfahren zum Lenken eines derartigen Fahrzeugs.
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Ein entsprechendes Fahrzeug ist z. B. als ein Elektro-Stehroller der ersten Generation bekannt. Bei einem derartigen Roller wird die gewünschte Lenkrichtung durch Neigen der Lenkstange nach rechts oder links bestimmt, indem die daraus resultierende Neigung des Rollers mittels Neigungssensoren gemessen und durch unterschiedlich schnelles Drehenlassen der Räder in eine gewünschte Fahrtrichtung umgesetzt.
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Aus der
DE 10 2010 032 976 A1 ist ein Fahrzeug mit wenigstens zwei - vorzugsweise mit drei bis fünf - elektromotorisch angetriebenen Rädern bekannt, das einen Lenker aufweist, der im Wesentlichen starr mit einem Chassis des Fahrzeugs verbunden ist, wobei die Lenkrichtung des Fahrzeugs mittels eines Joysticks vorgegeben werden kann.
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Ein vergleichbares Fahrzeug mit Joysticklenkung ist auch aus der WO 2014 / 142 711 A1 bekannt.
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Eine derartige Joysticksteuerung beinhaltet üblicherweise ein knüppelartiges Element, das um einen gewissen Winkelbereich aus einer Ruheposition heraus in ein oder zwei Dimensionen auslenkbar ist und dabei auf die Rückposition zurückfedernd ausgebildet ist, wobei die Auslenkungen üblicherweise mittels Schaltern in digitale Richtungssignale oder mittels Potentiometern oder mittels anderer Wegaufnehmer (z.B. Hallsensoren) in analoge Auslenkungssignale umgesetzt werden können. Ein derartiger Joystick stellt ein separates Element dar, das schon aufgrund der merklichen Auslenkbarkeit nicht gleichzeitig als Halteelement und/oder Teil des Fahrzeugrahmens eingesetzt werden kann.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein gattungsgemäßes Radfahrzeug auf eine konstruktiv besonders einfache und auch besonders ergonomische Weise lenkbar zu machen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Fahrzeug mit den in Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen sowie durch ein Verfahren mit den in Patentanspruch 5 angegebenen Merkmalen gelöst.
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Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Patentansprüchen angegeben.
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Gemäß der Erfindung sind die Sensoren Kraftsensoren, die dafür eingerichtet sind, von einem Benutzer des Fahrzeugs auf den Lenker ausgeübte Lenkkräfte direkt zu messen und als die Lenksignale an die elektrische Lenkeinrichtung auszugeben.
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Außerdem weist das Fahrzeug mindestens ein drittes Rad auf, das ihm Stabilität sowohl im Stand als auch beim Fahren verleiht.
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Unter einem Lenker wird hier irgendein mit mindestens einer Hand umgreifbares Element verstanden, das ähnlich wie das Lenkrad eines Kraftwagens oder eine entsprechende Querstange eines klassischen einspurigen Zweirades zum Lenken des Fahrzeugs dient, aber anders als Lenkräder oder Zweirad-Lenker nicht drehbar ist.
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Auch bei der Erfindung muss der Fahrer eine gewisse Kraft aufwenden, um das Fahrzeug zu lenken, doch wird diese Kraft nicht in eine makroskopische Bewegung des Lenkers umgesetzt, die mit einer entsprechenden Bewegung der Räder einhergeht, sondern sie wird sensorisch erfasst und dann in eine entsprechende Lenkbewegung umgesetzt. Dabei werden Richtungsänderungen des Fahrzeugs allein durch die ausgeübten Lenkkräfte bestimmt und nicht durch irgendwelche anderen Parameter, insbesondere nicht durch irgendwelche makroskopischen Verlagerungen irgendwelcher Bestandteile des Fahrzeugs durch den Fahrer.
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Mittels der Erfindung kann ein mehrspuriges Fahrzeug ähnlich wie ein Fahrrad oder Motorrad gelenkt werden, nämlich durch Zug und Druck auf den Lenker. Daher erfasst ein Benutzer des erfindungsgemäßen Fahrzeugs intuitiv sofort, wie es gelenkt wird, auch wenn der Lenker nur unmerklich nachgibt, zumal auch bei einem in Fahrt befindlichen einspurigen Zweirad der Lenker nur sehr wenig bewegt wird.
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Diese spezielle Lenkungsergonomie wird durch die Erfindung mit sehr einfachen Mitteln erreicht, ohne einen aufwendigen Lenkkopf zu benötigen.
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Die von einem Fahrer des Fahrzeugs ausgeübte Lenkkraft wird vorzugsweise anhand von entsprechenden elastischen Verformungen des Lenkers aufgrund von Material-Eigenelastizität gemessen. Derartige Kraftsensoren einer Lenkvorrichtung sind zwar von Servolenkungen bekannt, wobei normalerweise die Torsion der Lenkstange gemessen wird. Bei Servolenkungen bestimmt die gemessene Lenkkraft aber nicht den Lenkwinkel, der allein durch den Lenkradwinkel bestimmt wird, sondern die Stärke der unterstützenden Lenkkraft. Und auch bei vollelektrischen Lenkungen von manuell gesteuerten Kraftfahrzeugen wird der Lenkwinkel allein durch den Lenkradwinkel bestimmt.
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Als Kraftsensoren wären für die Erfindung z. B. Torsionssensoren in einer Lenkstange oder dergleichen prinzipiell geeignet, doch werden in einer besonders einfach realisierbaren Ausführungsform der Erfindung Dehnungsmessstreifen zur Messung von elastischen Verformungen des Lenkers selbst verwendet, welche proportional zu der auf den Lenker ausgeübten Kraft sind.
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Dabei sollen der Lenker und die Teile, die ihn mit dem Fahrzeug verbinden, relativ steif sein, also im Rahmen von typischen Eigenelastizitäten von Stahl, Aluminium und anderen Materialien, die üblicherweise für Lenker verwendet werden. Die zu messenden elastischen Verformungen des Lenkers sind dann zwar sehr klein, können aber mittels kostengünstiger Dehnungsmessstreifen sehr leicht gemessen werden.
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In einer bevorzugten Ausführungsform wird der Lenker durch zwei mit dem Fahrzeugchassis verbundene langgestreckte Arme gebildet, deren Enden jeweils einen Lenkergriff tragen, wobei an jedem der beiden Arme mindestens ein Dehnungsmessstreifen angebracht ist, und zwar näher an einem Befestigungspunkt der Arme an dem Chassis als an den Lenkergriffen und außerdem außerhalb der neutralen Faser jedes Arms.
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Die Erfindung ermöglicht es, ganz neuartige Radfahrzeuge zu konstruieren, die auf herkömmliche Weise einfach durch Zug und Druck auf einen Lenker gelenkt werden können, aber viel weniger konstruktiven Aufwand benötigten.
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Insbesondere eignet sich die Erfindung für ein Dreiradfahrzeug mit zwei einzeln elektromotorisch angetriebenen Vorderrädern und einem frei nachlaufenden Hinterrad, welche Räder jeweils über eine Radaufhängung mit einer gemeinsamen Nabe verbunden sind, wobei das Dreiradfahrzeug vorzugsweise ein Mehrzweckfahrzeug in dem Sinne ist, dass es in unterschiedliche Konfigurationen bringbar und auf ganz verschiedene Arten verwendbar ist.
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In einer besonders einfachen Ausführungsform ist die elektrische Lenkeinrichtung ähnlich wie bei einem Elektro-Stehroller gestaltet, das heißt, Richtungsänderungen des Fahrzeugs werden durch unterschiedliche Drehzahlen der angetriebenen Räder entsprechend den gewonnenen Lenksignalen erzeugt. Alternativ könnte die elektrische Lenkeinrichtung aber auch ein oder mehrere elektrisch gelenkte Räder ansteuern, in die vom Fahrer befohlene Richtung zu schwenken.
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Es kann vorteilhaft sein, die Dehnungsmessstreifen zu Beginn jeder Fahrt oder in vorgegebenen Strecken- oder Zeitintervallen zu kalibrieren. Basierend auf den erhaltenen Kalibrierungswerten kann ferner ein Ruhebereich um die Nulllage des Lenkers herum festgelegt werden, in dem die Lenkung wirkungslos ist. Dieser Ruhebereich, der z. B. durch geeignete Schwellenwerte realisiert werden kann, verhindert minimale, ungewollte Lenkvorgänge nahe der Nulllage des Lenkers des Nullpunktes und dient zum Ausgleich von Störungen.
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Es folgt eine Beschreibung von Ausführungsbeispielen anhand der Zeichnungen. Darin zeigen:
- 1 ein Dreirad-Mehrzweckfahrzeug in einer Draufsicht von oben;
- 2 das Dreirad-Mehrzweckfahrzeug von 1 in einer verkleinerten Seitenansicht;
- 3 eine vergrößerte Teilansicht von 2; und
- 4 ein Datenflussdiagramm zur Auswertung der Messwerte.
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Die Lenkvorrichtung wird nachfolgend anhand eines neuartigen Dreirad-Mehrzweckfahrzeugs beschrieben, wie es in 1 und 2 gezeigt ist.
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Dieses Fahrzeug enthält drei bereifte Räder, nämlich zwei mittels integrierter elektrischer Nabenmotoren, vorzugsweise BLDC-Radnabenmotoren, angetriebene Vorderräder 1, 2 sowie ein frei nachlaufendes Hinterrad 3. Diese drei Räder sind durch ein Chassis miteinander verbunden, das in der in den Figuren gezeigten Konfiguration einem Tripod ähnelt und drei einzelne Radaufhängungen 5, 6 und 7 aufweist, die eine zentrale Nabe 8 stützen, mit der die Radaufhängungen 5, 6 und 7 winkelverstellbar verbunden sind.
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An der zentralen Nabe 8 sind außerdem zwei relativ steife Arme 9, 10 winkelverstellbar angebracht, die in der gezeigten Konfiguration in Fahrtrichtung schräg nach vorne ragen und an ihnen Enden jeweils einen Lenkergriff 11, 12 tragen, die sich beide entlang einer gedachten Linie erstrecken, die quer zum Fahrzeug verläuft. Die Arme 9, 10 und die Lenkergriffe 11, 12 bilden zusammen einen Lenker.
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Einer der Lenkergriffe 11, 12 ist als eine Art Gasgriff gestaltet, nämlich als ein bidirektionaler Drehgriff zum Wählen der Drehgeschwindigkeit und Drehrichtung der Nabenmotoren oder zum Wählen der von den Nabenmotoren erzeugten Beschleunigungs- bzw. Bremskräfte.
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An der Radaufhängung 7 des Hinterrades 3 ist ein Fahrersitz 13 höhenverstellbar angebracht. Das Hinterrad 3 kann mit einer Bremse ausgestattet sein, die in bestimmten Drehstellungen des Drehgriffs zusätzliche Bremskraft bereitstellt.
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Durch die beschriebene Art des Aufbaus ist eine Gierbewegung des Fahrzeugs um die Fahrzeughochachse im Mittelpunkt der Verbindung zwischen den Fronträdern möglich, also eine Lenkbewegung, die durch eine stellbare Drehzahldifferenz der Vorderräder 1, 2 realisiert wird. Die Verbindungen der Radaufhängungen 5, 6 und 7 mit der zentralen Nabe 8 sind so ausgeführt, dass sie eine Veränderung der Fahrzeuggeometrie zulassen. Es ergeben sich drei verschiedene Verwendungsarten oder Modi, wobei die Fahrzeugkonfiguration für den Fahrmodus und den Liefermodus in 1 und 2 gezeigt ist:
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In einem Fahrmodus sitzt der Fahrer auf der Sitzfläche des Fahrersitzes 13, wobei seine Füße auf Fußrasten z. B. an der Achse des Hinterrades 3 ruhen können, und steuert das Fahrzeug vergleichbar mit einem Fahrrad oder Motorrad durch Krafteinleitung an den Lenkergriffen 11, 12.
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In einem Liefermodus ist die Fahrtrichtung des Fahrzeugs invertiert im Vergleich zum Fahrmodus. Im Liefermodus dient das Fahrzeug zur Unterstützung beim Transportieren von Gütern, die jetzt auf dem Fahrersitz 13 Platz finden. Der Fahrer selbst schiebt das Fahrzeug gehend vor sich her und kann durch Nutzung der Lenkergriffe 11, 12 die Stärke von unterstützendem Vortrieb bzw. Bremsung beeinflussen
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In einem Sackkarrenmodus ist das Hinterrad 3 zwischen den beiden Vorderrädern 1, 2 arretiert, ohne den Boden zu berühren, und der Fahrersitz 13 ist entlang der Radaufhängungen 5, 6 nach unten geschoben, so dass das Fahrzeug die Form einer Sackkarre annimmt. Hiermit lassen sich sperrige Güter mit elektrischer Unterstützung transportieren.
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Zusätzlich kann vorgesehen sein, dass sich das Fahrzeug platzsparend zusammenklappen lässt und dann wahlweise tragbar oder wie ein Rollenkoffer nachziehbar ist.
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Längsdynamisch wird das Fahrzeug vom Fahrer durch den bidirektionalen Gasgriff gesteuert. Dadurch lässt sich das Fahrzeug sowohl beschleunigen (Drehung des Gasgriffs hin zum Fahrer) als auch verzögern (Drehung des Gasgriffs weg vom Fahrer). Der Gasgriff weist eine definierte Ruhelage auf, welche weder eine Beschleunigung noch eine Verzögerung des Fahrzeugs bewirkt.
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Die Querdynamik, also die Gier- oder Lenkbewegung des Fahrzeugs, lässt sich durch Ziehen bzw. Drücken an den Lenkergriffen 11, 12 steuern. Die dabei ausgeübten Kräfte werden vom Fahrzeug gemessen und in einen Drehzahlunterschied der beiden Vorderräder 1, 2 überführt. Somit gleicht die Steuerungsergonomie jener eines motorisierten einspurigen Zweirades, allerdings mit freiem Nachlauf des Hinterrades 3, welches das Fahrzeug auch im Stand stabilisiert.
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Dazu enthält das Fahrzeug eine elektrische Lenkeinrichtung zum Lenken des Fahrzeugs in Abhängigkeit von durch Kraftsensoren gewonnenen Lenksignalen.
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Die Kraftsensoren sind im Ausführungsbeispiel Dehnungsmessstreifen 14 an den Armen 9, 10 des Lenkers, wie in 3 gezeigt, wobei an jedem der beiden Arme 9, 10 ein Dehnungsmessstreifen 14 angebracht ist, und zwar näher an einem Befestigungspunkt des jeweiligen Arms 9, 10 am Chassis als an den Lenkergriffen 11, 12 und außerdem außerhalb der neutralen Faser jedes Arms, z. B. auf einer Oberfläche des jeweiligen Arms 9, 10.
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Eine auf einen Lenkergriff 11, 12 ausgeübte Kraft, in 3 mit einem Einfachpfeil angezeigt, bewirkt eine elastische Verformung des entsprechenden Arms 9, 10 in einer der Richtungen, die in 3 mit einem Doppelpfeil angezeigt sind, und die elastische Verformung wird von dem Dehnungsmessstreifen 14 erfasst.
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Die Nutzung von Dehnungsmessstreifen zur Steuerung der Fahrzeugquerdynamik ermöglicht ein neuartiges Steuerungseingabekonzept nicht nur für das oben beschriebene Fahrzeug, sondern für beliebige Fahrzeuge mit elektrischer Lenkvorrichtung.
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Bei herkömmlichen mechanischen Ausführungen eines einspurigen Zweirades wird über den Lenker ein Lenkimpuls in die Gabel und somit an das Vorderrad weitergegeben. Hierbei wird das Zweirad in Schräglage versetzt, wodurch eine Kurvenfahrt möglich wird.
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Alternative hybride Lenksysteme wie die servounterstützte Lenkung eines Zweispurfahrzeugs nutzen eine meist elektrische oder hydraulische Unterstützung der Kraftübertragung vom Lenkrad an die Vorderräder, behalten jedoch die direkte mechanische Verbindung bei.
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Im Gegensatz dazu ist bei dem hier vorgestellten Konzept keine direkte mechanische Verbindung von Krafteinleitungspunkt des Fahrers zum Systemausgang, der Einleitung der Lenkbewegung, gegeben. Stattdessen wird die elastische Verformung des Werkstoffes unter Krafteinwirkung, in diesem Fall des Lenkers, gemessen und als Eingangssignal für einen Steuerungsalgorithmus genutzt. Dieser berechnet im Folgenden Ausgabewerte, um die Aktuatoren einer rein elektrisch angesteuerten Lenkung in die gewünschte Position zu stellen oder eine passende Drehzahldifferenz der angetriebenen Räder zu erzeugen, wie in dem vorstehend beschriebenen speziellen Ausführungsbeispiel. Für den Fahrer ist die Bewegung zum Einleiten eines Lenkvorganges identisch zu jener bei einem Fahrrad oder Motorrad.
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Der physische Aufbau kann zwei recht biegesteife Arme umfassen, welche an einem Aufnahmepunkt starr mit dem Chassis des Fahrzeugs verbunden sind, z. B. wie in dem vorstehend beschriebenen Ausführungsbeispiel. Bei einer griffseitigen Krafteinleitung durch den Fahrer wirken der Arm bzw. die Arme als Hebel, die ein Drehmoment auf das Chassis ausüben. Die Krafteinwirkung führt dazu, dass die Arme sich trotz ihrer biegesteifen Ausführung in der Nähe ihrer Befestigung am Chassis elastisch verformen. Mit Hilfe der in diesem Bereich angebrachten Dehnungsmessstreifen können die dabei auftretenden Spannungen bzw. die daraus resultierenden Dehnungen oder Stauchungen gemessen werden.
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Dabei ist zu beachten, dass die Dehnungsmessstreifen mit dem größtmöglichen Abstand zur neutralen Faser, welche bei Armen aus Rohrmaterial normalerweise der Mittellängsachse des Rohres entspricht, so mit dem Arm verbunden werden, dass keine Relativbewegung zwischen den Oberflächen des Arms und des Dehnungsmessstreifens möglich ist. Nur unter dieser Bedingung ist eine ausreichend präzise Messung der Dehnung oder Stauchung des Materials möglich. Bei einer Ausführung der Arme als Rohre ist die Montage der Dehnungsmessstreifen sowohl auf der inneren als auch der äußeren Seite des Rohres möglich. Bei der Montage muss die Orientierung der Dehnungsmessstreifen beachtet werden, damit diese die gewünschte zu messende räumlich eindimensionale Orientierung der wirkenden Kräfte erfassen.
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Im Falle einer Montage der Dehnungsmessstreifen wie in 3, welche im Folgenden als gegeben angenommen wird und eine typische und vorteilhafte Anbringungsart darstellt, können drückende und ziehende Kräfte erfasst werden, die der Fahrer auf den Lenker ausübt.
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Das gemessene Signal, bestehend aus Richtung und Betrag der Kraft, wird analog verstärkt und digital verarbeitet. Die daraus resultierenden Messwerte werden in Steuerbefehle überführt, welche zu einer Rotation um die Hochachse (Gierachse) des Fahrzeugs führen.
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Die digitale Umsetzung der Kraftmesswerte in Steuerbefehle ist in dem modellhaften Datenflussdiagramm in 4 veranschaulicht.
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Zunächst wird das analoge Signal jedes Dehnungsmessstreifens verstärkt und digitalisiert, so dass sein Vorzeichen und Betrag der Transformation, der Richtung und dem Absolutwert der ausgeübten Kraft entsprechen.
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Zu Beginn einer Fahrt kann eine Kalibrierung der Dehnungsmessstreifen vorgenommen werden, um bei nicht vorhandener Krafteinwirkung einen festen Nullpunkt der Messdaten festzulegen. Bei dieser Kalibrierung wird vorausgesetzt, dass keine Krafteinwirkung auf die Lenkarme vorhanden ist und dass die Messwerte der Sensoren als Ruhelage angenommen werden können. Diese Messwerte werden separat für den linken und rechten Arm als Nullpunktverschiebung für das Steuerungsmodell verwendet.
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Die Bestimmung entsprechender Kalibrierungswerte muss jedoch im Allgemeinen nicht vor jeder Fahrt durchgeführt werden. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Dehnungsmessstreifen nach dem Prinzip einer Wheatstone'schen Messbrücke aufgebaut sind, was zum automatischen Temperaturausgleich des Sensors dient. Die Kalibrierung kann somit einmalig nach Fertigstellung der Konstruktion des Fahrzeugs durchgeführt werden.
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Zum Ziel einer höheren Präzision der Messwerte und zur automatischen Kompensation von altersbedingten oder anderweitig bedingten plastischen Verformungen der krafteinleitenden Arme des Fahrzeugs kann die Kalibrierung wie oben beschrieben vor jedem Fahrtbeginn oder nach vorgegebenen Strecken- oder Zeitintervallen vor dem nächsten Fahrtbeginn stattfinden.
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Basierend auf den hierbei festgelegten Kalibrierungswerten wird für die fortan kalibrierten Messwerte ein statischer Ruhebereich festgelegt, um Störungen auszugleichen und dem Nutzer einen wirkungslosen Bereich um die Nulllage zu bieten. Dieser Ruhebereich verhindert minimale, ungewollte Lenkvorgänge nahe des Nullpunktes durch einen Schwellenwert.
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Im Falle, dass die beiden Sensoren Kräfte mit unterschiedlichen Vorzeichen und einem Betrag größer Null messen, der Nutzer somit an einem Arm zieht und den anderen drückt, ähnlich dem Lenken eines Fahrrades, kann die Differenz der Werte genutzt werden, um diese in eine Rotationsgeschwindigkeit des Fahrzeugs um seine Gierachse umzurechnen.
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Die Gierachse des in 1 und 2 gezeigten Fahrzeugs befindet sich mittig zwischen den beiden angetriebenen Vorderrädern 1, 2. Der entsprechende Faktor ist fahrzeug- sowie sensorspezifisch und nutzt die Differenz beider Kraftbeträge. Hierdurch erhält der Fahrer die Möglichkeit, kurzzeitig einen Arm vollständig zu entlasten oder sein Körpergewicht auf beide Arme aufzubringen, ohne dass es zu Steuerungseingriffen kommt.
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Die durch den Algorithmus berechnete Gierrate ist Grundlage für die Steuerung der Fahrzeugquerdynamik. Bei der Ansteuerung der elektrischen Lenkung, gleich ob sie mittels Drehzahldifferenzen oder mit Lenk-Aktuatoren arbeitet, muss dafür gesorgt werden, dass sich die Grundgeschwindigkeit des Fahrzeugs nicht ändert.
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Im Beispiel des in
1 und
2 gezeigten Fahrzeugs ist die Gierrate in Drehzahlsollwerte für die beiden Antriebsräder
1,
2 zu transformieren. Um die Grundgeschwindigkeit des Fahrzeugs beizubehalten, sind die Drehzahlen der beiden Antriebsräder wie folgt anzupassen:
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Die Grundgeschwindigkeit vB in m ∗ s-1 errechnet sich aus dem Radius r in m der Antriebsräder und der Grunddrehzahl nB in U ∗ min-1. Auf Basis dieser Grunddrehzahl sind unter Einbeziehung der Gierrate w in rad * s-1 und dem Abstand der Antriebsräder d in m die Nenndrehzahlen nL für das linke Rad und nR für das rechte Rad zu berechnen.