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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Bordnetzes und eine Anordnung zum Durchführen des Verfahrens.
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Stand der Technik
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Unter einem Bordnetz ist im automotiven Einsatz die Gesamtheit aller elektrischen Komponenten in einem Kraftfahrzeug zu verstehen. Somit sind davon sowohl elektrische Verbraucher als auch Versorgungsquellen, wie bspw. Batterien, umfasst. Im Kraftfahrzeug ist darauf zu achten, dass elektrische Energie so verfügbar ist, dass das Kraftfahrzeug jederzeit gestartet werden kann und während des Betriebs eine ausreichende Stromversorgung gegeben ist. Aber auch im abgestellten Zustand sollen elektrische Verbraucher noch für einen angemessenen Zeitraum betreibbar sein, ohne dass ein nachfolgender Start beeinträchtigt wird.
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Ein Fahrzeugbordnetz hat die Aufgabe, die elektrischen Verbraucher mit Energie zu versorgen. Fällt die Energieversorgung aufgrund eines Fehlers oder einer Alterung im Bordnetz bzw. in einer Bordnetzkomponente in heutigen Fahrzeugen aus, so entfallen wichtige Funktionen, wie bspw. die Servolenkung. Da die Lenkfähigkeit des Fahrzeugs nicht beeinträchtigt, sondern nur schwergängig wird, wird der Ausfall des Bordnetzes in heutigen in Serie befindlichen Fahrzeugen allgemein akzeptiert.
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Zu beachten ist, dass aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung von Aggregaten sowie der Einführung von neuen Fahrfunktionen die Anforderung an die Zuverlässigkeit der elektrischen Energieversorgung im Kraftfahrzeug stetig steigt. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass zukünftig bei einem hochautomatischen Fahren fahrfremde Tätigkeiten in begrenztem Maße zulässig sein sollen. Eine sensorische, regelungstechnische, mechanische und energetische Rückfallebene durch den Fahrer ist in diesem Fall nur noch eingeschränkt vorhanden.
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Bei zukünftigen hochautomatisierten Fahrfunktionen, wie bspw. einem Autobahn-Piloten, werden dem Fahrer fahrfremde Tätigkeiten in begrenztem Maße erlaubt. Hieraus resultiert, dass bis zum Beenden der hochautomatisierten Fahrfunktion der menschliche Fahrer die Funktion als sensorische, regelungstechnische, mechanische und energetische Rückfallebene nur noch eingeschränkt wahrnehmen kann oder ggf. für diese nicht mehr zur Verfügung steht. Daher besitzt die elektrische Versorgung beim hochautomatisierten Fahren zur Gewährleistung der sensorischen, regelungstechnischen und aktuatorischen Rückfallebene eine bisher im Kraftfahrzeug nicht gekannte Sicherheitsrelevanz. Fehler im elektrischen Bordnetz müssen daher zuverlässig und möglichst vollständig im Sinne der Produktsicherheit erkannt werden. Das Fahrzeug übernimmt die Funktionen des Fahrers, wie z. B. die Umgebungserkennung, die Trajektorien-Planung und die Trajektorien-Umsetzung, die z. B. auch das Lenken und Bremsen umfassen. Fällt die Energieversorgung der Komponenten aus, ist das Fahrzeug durch die hochautomatisierte Funktion nicht mehr kontrollierbar, da alle vorstehend beschriebenen Funktionen, wie bspw. Umgebungserkennung, Trajektorienplanung und - umsetzung, nicht mehr zur Verfügung stehen. Dadurch ergeben sich aus Sicht der Produktsicherheit sehr hohe Anforderungen an das Fahrzeug-Bordnetz. Dies bedeutet ebenso, dass die Funktion des automatisierten bzw. autonomen Fahrens dem Nutzer nur dann zur Verfügung stehen darf, wenn das Bordnetz in einwandfreiem Zustand ist und in naher Zukunft auch bleibt.
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Ein zweikanaliges Bordnetz wird bspw. in der Druckschrift
WO 2015/135729 A1 beschrieben. Um den Ausfall von Komponenten in diesen Teilnetzen prognostizieren zu können, wurden zuverlässigkeitstechnische Ansätze zur Überwachung von Fahrzeugkomponenten erarbeitet. Dazu werden die Bordnetz-Komponenten während des Betriebs überwacht und deren Schädigung ermittelt. Ein solches Verfahren ist in der Druckschrift
DE 10 2013 203 661 A1 beschrieben.
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In der Druckschrift
DE 10 2011 089 085 A1 ist ein Verfahren zum Leistungsmanagement eines elektrischen Antriebs für ein Hybridfahrzeug beschrieben, bei dem einstellbare Leistungsanforderungen des Antriebs und der Batterie erfasst und diese miteinander verglichen werden. In Abhängigkeit des Ergebnisses dieses Vergleichs werden dann ggf. Verbraucher abgeschaltet.
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Die Druckschrift
DE 10 2013 208 606 A1 beschreibt eine Energiespeichervorrichtung zum Bereitstellen einer Wechselspannung, bei der ein Ladezustand einer Energiespeicherzelle von einer Steuervorrichtung überwacht wird, wobei die Steuervorrichtung den Ladezustand der Energiespeicherzelle auf Basis eines Modells schätzt.
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Offenbarung der Erfindung
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Vor diesem Hintergrund werden ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und eine Anordnung gemäß Anspruch 13 vorgestellt. Weiterhin werden ein Computerprogramm mit den Merkmalen des Anspruchs 14 sowie ein maschinenlesbares Speichermedium nach Anspruch 15 vorgestellt. Ausführungsformen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen und der Beschreibung.
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Gemäß dem vorgestellten Verfahren kann somit ein Bordnetz eines Kraftfahrzeugs modelliert werden. Dabei können ergänzend aktuelle Zustandsgrößen des Bordnetzes erfasst werden. Außerdem können zukünftige Fahrmanöver ermittelt werden. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse kann dann der Zustand des Bordnetzes vorhergesagt werden. Auf diese Weise können das Bordnetz auf System-ebene diagnostiziert und Fehler oder eine Alterung im Energiebordnetz erkannt werden.
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Es ist daher möglich, das Energiebordnetz mit Hilfe von Modellen zu beschreiben und anhand dieser den künftigen Spannungsverlauf vorherzusagen. Diese können im Fahrzeug und onboard gerechnet werden. Weiterhin kann der Spannungsverlauf des Energiebordnetzes an relevanten Stellen gemessen werden und mit der Vorhersage verglichen werden. Treten signifikante Abweichungen auf, kann daraus auf einen Fehler im Energiebordnetz geschlossen werden. Je nach Art der Abweichung soll weiterhin auf die betroffene Komponente geschlossen werden.
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Ein Vorteil des vorgestellten Verfahrens, zumindest in einigen der Ausgestaltungen, besteht darin, kritische Bordnetz-Zustände nicht nur vorherzusagen und Energiemanagement-Maßnahmen zu ergreifen, sondern die Vorhersage mit der Realität abzugleichen und somit gegenüber einem Referenzzustand eine Aussage über den Zustand des Bordnetzes und dessen Komponenten treffen zu können.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und den beiliegenden Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die voranstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Figurenliste
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- 1 zeigt eine Ausführung eines zweikanaligen Bordnetzes.
- 2 zeigt einen Ablauf des beschriebenen Verfahrens.
- 3 zeigt in einem Graphen einen Stromverlauf.
- 4 zeigt in einem Graphen einen Stromverlauf.
- 5 zeigt in einem Blockdiagramm eine Ausführung der vorgestellten Anordnung.
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Ausführungsformen der Erfindung
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsformen in den Zeichnungen schematisch dargestellt und wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnungen ausführlich beschrieben.
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1 zeigt ein zweikanaliges Bordnetz, das insgesamt mit der Bezugsziffer 40 bezeichnet ist. Dieses umfasst ein Basisbordnetz 42, das auch als erster Kanal bezeichnet wird, und einen zweiten Kanal 43. In dem Basisbordnetz 42 sind ein Starter 44, ein Generator 46, eine Batterie B1 48, ein nicht sicherheitskritischer Verbraucher R3 49 und ein sicherheitskritischer Verbraucher R1a 50 vorgesehen. In dem zweiten Kanal 43 sind ein Koppelelement 52, in diesem Fall ein 12V/12V-Gleichspannungswandler, eine zweite Batterie B2 54, ein sicherheitskritischer Verbraucher R1b 56 vorgesehen. Die Verbraucher R1a 50 und R1b 56 sind redundant zueinander und auf die beiden Kanäle 42 und 43 aufgeteilt, so dass bei Ausfall eines der beiden Kanäle 42 bzw. 43 die Funktion erhalten bleibt.
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In 2 ist in einem Diagramm eine mögliche Schrittfolge zur Realisierung der systematischen Erkennung von Bordnetzfehlern und/oder einer Alterung wiedergegeben.
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In einem ersten Schritt 100 wird das Bordnetz modelliert. Voraussetzung hierfür ist die Erstellung und Parametrierung des Bordnetz-Simulationsmodells. Die Parameter umfassen bspw.:
- - Bordnetz-Topologie,
- - Anzahl und Position der Quellen, Senken, Speicher, Koppel-Elemente, Schalter,
- - Nennleistung und elektrisches Verhalten der Energiequellen und Koppel-Elemente,
- - Nennkapazität und Typ der Speicher,
- - Nennleistung und elektrisches Verhalten der zu versorgenden Verbraucher.
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Die Genauigkeit der Bordnetz-Simulationsergebnisse sollte in Ausgestaltung so gut sein, dass die Abweichungen zwischen der Simulation und dem tatsächlichen Systemzustand deutlich kleiner sind als die Abweichungen durch zu erkennende Fehler bzw. Alterungen. Sollen bspw. Fehler erkannt werden, die zu einer Abweichung einer Bordnetz-Größe um 30 % führen, so darf die Abweichung durch Simulations-/Modellierungsfehler maximal 15 % betragen.
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In einem zweiten Schritt 102 werden Bordnetz-Zustandsinformationen erfasst. Es geht dabei darum, aktuelle Zustandsgrößen des Bordnetzes kontinuierlich zu erfassen und zu sammeln. Dazu gehören:
- - Fahrzeugzustand, wie bspw. Fahren, Parken usw.,
- - Zustand des Triebstrangs, wie bspw. Verbrenner ein, Segeln mit Motor aus, Motordrehzahl usw.,
- - Umgebungszustand, wie bspw. Temperatur, ggf. Höhe, Wetter, Luftfeuchte usw.,
- - Generatorstatus, wie bspw. Erregerstrom, Tastverhältnis, Soll- und Ist-Spannung,
- - Statusgrößen der elektrische Speicher: SOC (state of charge), SOH (state of health, Spannung, Strom, Temperatur,
- - Statusgrößen der Koppel- und Schaltelemente, wie bspw. Eingangs/Ausgangsspannung, Eingangs/Ausgangsstrom, ggf. Temperatur, Sollausgangsspannung, Wandlungsrichtung, Degradierung usw.,
- - Einschaltparameter der elektrische Verbraucher, z. B. Aktivierungsgrad, wie Aus/Standby/Teillast/Volllast gegenüber Nennleistung, Klemmenspannung, aufgenommene Leistung.
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Dabei ist es das Ziel, ein möglichst vollständiges und genaues Bild des Gesamtbordnetzes und der einzelnen Teilnetze zu erhalten.
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In einem dritten Schritt
104 erfolgt die Eingabe künftiger Fahrmanöver. Dabei wird von der übergeordneten Fahrzeugebene für verschiedene Zeithorizonte an die Bordnetz-Ebene übertragen, welche Manöver bzw. Verbraucheraktivierungen geplant sind. Diese Eingabe wird in der nachstehenden Tabelle 1 erläutert. Die angegebenen Zeiten sind beispielhaft.
Tabelle 1
Zeithorizont/Manöver | kurzfristig | mittelfristig | langfristig |
(t<2 Sek) | (>2 Sek ... t ... <30 Sek) | (t>30 Sek) |
Start-Stopp im Stillstand | X | X | |
Segeln mit Motor aus | X | X | |
Ein- und Ausschaltvorgänge Komfortverbraucher | X | X | kann |
Ein- und Ausschaltvorgänge sicherheitsrelevante Verbraucher | X | kann | |
hoch-/vollautomatisches Parken | X | X | |
hoch/VollAutomatisches Fahren im Stau | X | X | X |
Hoch/VollAutomatisches Fahren auf der Autobahn | X | X | X |
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Zusätzlich zu den künftigen Fahrmanövern soll der Energiebedarf über der Zeit inklusive Stromanstiegsgeschwindigkeit und Maximalströmen, ggf. in Abhängigkeit der Bordnetz-Spannung, übermittelt werden. Diese Informationen können entweder von der übergeordneten Fahrzeug-System-Ebene oder von den jeweiligen Bordnetz-Komponenten bereitgestellt werden.
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Ein hochvollautomatisches Parken umfasst bspw.:
- - Grundlast, bspw. Licht, Steuergeräte des Antriebsstrangs, Lüftung usw. dauerhaft 500 W für z. B. 40 Sekunden.
- - elektrische Lenkung: Einparkvorgang, Spitzenströme bis 82A, Energiebedarf 500 Ws.
- - elektrische Parkbremse: Maximalstrom 30 A, Dauer 3 Sekunden, elektrische Energie 50 Ws.
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3 zeigt in einem Graphen 140, an dessen Abszisse 142 die Zeit und an dessen Ordinate 144 der Strom aufgetragen ist einen Verlauf 150 und einen Verlauf 152 der Fahrzeuggeschwindigkeit.
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4 zeigt in einem Graphen 160, an dessen Abszisse 162 die Zeit und an dessen Ordinate 164 der Strom aufgetragen ist, einen Verlauf des Stroms bei einer elektrischen Parkbremse.
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In einer alternativen Ausführungsform lernt die Bordnetz-Systemdiagnose, zusätzlich zu gespeicherten Informationen, aus vorangegangenen Fahrten die auftretenden Bordnetz-Lasten in den jeweiligen Fahrmanövern.
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Gemäß 2 wird in einem vierten Schritt 106 auf Grundlage des Modells der Bordnetz-Zustand prädiziert bzw. vorhergesagt. Dabei wird anhand der vorliegenden Informationen zum Zustand der Bordnetz-Komponenten und der auftretenden Lasten im vorausberechneten Zeithorizont der Bordnetz-Zustand prädiziert.
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Das Modell zur Simulation des Energiebordnetzes kann bspw. in einer analogen Schaltungssimulation ausgeführt werden, bei der Bauelemente mit physikalischen Parametern in Differentialgleichungen beschrieben werden können.
- 1) Dabei werden die Bordnetzkomponenten stark vereinfacht modelliert und nur die wichtigsten Phänomene elektrisch bzw. physikalisch abgebildet.
- 2) Weiterhin ist es möglich, die Bordnetzkomponenten in einfachen Verhaltensmodellen darzustellen, bei denen das Komponentenverhalten bspw. in einer Übertragungsfunktion zwischen Eingangs- und Ausgangsgrößen beschrieben ist.
- 3) Alternativkönnen insbesondere komplexe Komponenten in einem Datenmodell abgebildet werden. Dabei werden die Ausgangsgrößen bspw. in einer Kennlinie oder einem Kennfeld abhängig von den Eingangsgrößen abgebildet. Spielt die Vorgeschichte bei der Ermittlung der Ausgangsgröße eine Rolle, können auch Maschinenlernverfahren, wie bspw. Gaußprozesse, angewendet werden, um das Verhalten von Bordnetz-Komponenten zu modellieren.
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Aus dem System der Differentialgleichungen, die das Bordnetz beschreiben, kann dann eine Netzliste erstellt und dem Simulator übergeben werden, mit dem es dann bspw. mit Hilfe numerischer Integration gelöst werden kann.
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Wichtig dabei ist, dass die Simulation in Echtzeit ausgeführt werden kann, um ein zukünftiges Verhalten des Energiebordnetzes vorherzusagen. Hierbei wird es bspw. notwendig sein, die Modelle entsprechend zu vereinfachen, die Rechenleistung zu erhöhen oder aber die Sollschrittweite bzw. Iterationshäufigkeit des Solvers entsprechen anzupassen.
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Dazu gehört in Ausgestaltung die Berechnung:
- - auftretende Bordnetz-Last (Stromverlauf über der Zeit) im jeweiligen Teilnet- bzw. im Gesamtnetz,
- - daraus resultierender Spannungsverlauf an den Speichern, Quellen und Verbrauchern unter Berücksichtigung von Einflüssen des Kabelbaums,
- - daraus resultierendes Verhalten der Bordnetz-Komponenten und deren Regelung bzw. Steuerung (Degradierung, Abschaltung, Erhöhung der Energieabgabe usw.),
- - daraus ergeben sich wiederum für das folgende Zeitintervall der Bordnetzstrom, die Bordnetzspannung usw.
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Aus diesem vierten Schritt 106 ergeben sich mögliche Maßnahmen, nämlich bspw. in einem fünften Schritt 108 die Freigabe bzw. ein Energiemanagementeingriff. Dies kann umfassen:
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Freigabe bzw. Verbot von Fahrzeugfunktionen
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Anhand des vorliegenden prädizierten Bordnetz-Status kann die angefragte Funktion einerseits erlaubt bzw. verboten werden.
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Beispiel: Batterie SOC « Schwellwert -> Modell errechnet „Spannungseinbruch > kritische Schwelle“:
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- i. Automatisches Fahren verboten für die nächsten 30 min,
- ii. Segeln mit Motor aus verboten für die nächsten 10 min.
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Präventives Energiemanagement auf Basis des prognostizierten Spannungsverlaufs
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Insbesondere bei Eingriffen sicherheitsrelevanter Verbraucher mit hoher Bordnetz-Last und Dynamik können kritische Spannungsschwellen unterschritten werden. Ist ein solcher Eingriff zukünftig geplant bzw. sehr wahrscheinlich, wird mittels Simulation das Verhalten des Bordnetzes in diesem Fall analysiert, z. B. für die nächsten 10 Sekunden. Kommt es in der Simulation zum Spannungseinbruch, kann das elektrische Bordnetz auf diese Eingriffe „vorbereitet werden“, indem beispielsweise Komfortlasten abgeschaltet oder Quellen-Ausgangsleistungen angehoben werden. Damit kann verhindert werden, dass bei nicht vermeidbaren, bspw. aus Sicherheitssicht nötigen Lastzuschaltungen die Bordnetz-Spannung unzulässig einbricht.
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Die Energie-Management-Eingriffe (EEM-Maßnahme) erfolgen auf Basis der modellbasiert prognostizierten Bordnetz-Spannung an den jeweiligen Komponenten. Bislang wird entweder auf vorhandene Spannungseinbrüche reagiert oder vermutet, dass aufgrund eines Fahrmanövers ein Spannungseinbruch auftreten könnte und daher präventiv EEM-Maßnahmen getroffen, die ggf. Lasten abschalten, die für die Zeit des sicherheitsrelevanten Fahrmanövers nicht benötigt werden.
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Diagnose von Bordnetz-Komponenten auf Basis des prognostizierten Spannungsverlaufs und gemessener Werte
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Ein weiterer möglicher sechster Schritt 110 sieht einen Vergleich des Ist-Zustands mit dem Soll-Verlauf vor. Dabei kann kontinuierlich oder in zeitlichen Abständen fortwährend der auf Basis der Verbraucherlasten und Quellenzustände berechnete Bordnetz-Zustand mit dem zum gleichen Zeitpunkt gemessenen Bordnetz-Ist-Zustand verglichen werden. Treten dabei signifikante Abweichungen auf, die größer als die Modellgenauigkeit sind, so wird ein Fehler erkannt.
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Beispiele:
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Bei einem ESP-Eingriff bricht die am EPS gemessene Spannung 1 V tiefer ein als prädiziert.
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Fehlermöglichkeit: Batterie fehlende Leistungsabgabe (durch Alterung ist die Leistungsfähigkeit der Batterie gegenüber dem Neuzustand zu stark verringert und die Batterie erfüllt nicht mehr die geforderten Eigenschaften).
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II. Der Ladezustand der Batterie sinkt (stärker) ab, als berechnet (negative Energiebilanz)
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Fehlermöglichkeit 1: Fehlende Leistungsabgabe Energiequelle (z. B Phasenausfall, Degradierung).
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Fehlermöglichkeit 2: Unzulässige Stromaufnahme Verbraucher (z. B. ungewollt aktiv)
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Fehlermöglichkeit 3: Unzureichende Energieaufnahme Batterie (stärker gealtert als von EBS erkannt, Energie der Quelle kann nicht aufgenommen werden)
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Im Einzelnen können Fehler bzw. eine Alterung ggf. daraufhin von Komponentendiagnosen entweder erkannt oder ausgeschlossen werden, woraus wiederum auf andere Fehler bzw. eine Alterung geschlossen werden kann, für die es keine Komponenten-Diagnose gibt.
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In 5 zeigt eine Anordnung 190 zur Durchführung des Verfahrens. Die Darstellung zeigt eine mögliche Partitionierung und die wesentlichen Informationsflüsse im Fahrzeug bei der Durchführung einer Ausführung des beschriebenen Verfahrens. Die Darstellung zeigt eine Fahrzeugebene 200, eine Bordnetzebene 202 und eine Bordnetz-Komponentenebene 204.
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In de Fahrzeugebene 200 befindet sich eine Systemsteuerung 210. In der Bordnetzebene 202 sind ein Energiemanagementsystem 220 einschließlich Bedienstrategie, ein Diagnosegerät 222 zur Durchführung einer systematischen Diagnose und ein Block 224, der die Inhalte der Diagnose durch das Diagnosegerät 222 anzeigt, bspw. Modellierung des Bordnetzes zur Prognose und Analyse des Spannungsverlaufs im Energiebordnetz
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Von der Systemsteuerung 210 erfolgt eine Anfrage von Fahrfunktionen und eine Übergabe eines Lastprofils an das Diagnosegerät 222 (Pfeil 250). Nach allen nachfolgenden Rechenschritten erfolgt von diesem eine Freigabe von AD-Funktionen und eine Übermittlung eines Bordnetz-Status an die Systemsteuerung 210 (Pfeil 252). Die Bordnetz-Komponenten melden ihre Zustandsgrößen, wie bspw. Ansteuerungsgrad, interne Spannungen, Temperaturen, Ströme, Schalterstellungen, State of Charge, State of Health, aktuelle und bisherige Belastung usw., an das Diagnosegerät 222 (Pfeile 254).
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Wie in 5 dargestellt ist, kann die beschriebene Funktion 222 in ein bereits heute vorhandenes Bordnetz-Element, bspw. in ein Koppelelement 52, oder in ein externes Gerät partitioniert werden.
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Das Gerät zur Systemdiagnose enthält bereits vordefinierte Informationen über die Anordnung der einzelnen Bordnetzelemente (Topologie), welche in einem Bordnetzmodell abgebildet ist. Hier sind auch die Bordnetz-Komponenten modelliert. Aus den Zustandsgrößen werden die Modelle parametriert.
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Das Lastprofil und die geplante Fahrfunktion 250 werden dann in 222 simuliert, um zu ermitteln, ob kritische Spannungseinbrüche vorliegen. Ist dies der Fall, wird ggf. ein zweites Mal simuliert, ob Energiemanagementeingriffe die Spannungseinbrüche verhindern können. Ist dies der Fall ist, werden diese über 220 an die Komponenten weitergeleitet. Weiterhin wird über einen Soll-Ist-Vergleich geprüft, ob Komponentendefekte vorliegen, z. B. ob die Batterie unzulässig gealtert und damit zu leistungsschwach ist. Ist dies der Fall, wird dieser Fehler erkannt und ggf. die Fahrfunktion bzw. das Fahrmanöver verboten (Pfeil 252).
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5 zeigt weiterhin eine Komponente A 240, eine Komponente B 242 und eine Komponente C 244. Einen Pfeil 260, der ein Steuern des Bordnetzes verdeutlicht, einen Pfeil 262, der ein Modellieren und ein Parametrieren des Zustands verdeutlicht, einen Pfeil 264, der ein Simulieren eines Fahrmanövers verdeutlicht, und einen Pfeil 266, der eine Prognose des Bordnetzzustands, abgeleitet vom Energiemanagement, von Freigabefunktionen und von einer Fehlererkennung, verdeutlicht.
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Fehler im Bordnetz können erkannt werden und zu einem Übergang in den sicheren Zustand bzw. zu einer Fahrerübergabe führen. Weiterhin können bestimmte Betriebsmodi gesperrt werden, obwohl ein Fehler nicht von einer Einzelkomponente gemeldet wird. Die Freigabe kann betriebsmodus- und topologiespezifisch erfolgen.
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Die Reaktion auf einen Fehler bzw. eine Alterung kann bei einer Parametervariation der Rahmenbedingungen, z. B. sind alle Parameter, wie bspw. Verbraucherlasten usw., konstant, nur der Batterie-SOC variiert, zu unterschiedlichen Reaktionen, d. h. Freigaben bzw. Sperren bzw. Energiemanagementmaßnahmen, führen.
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Das vorgestellte Verfahren und die beschriebene Anordnung können in jedem Fahrzeug, bei dem die Freigabe bestimmter Funktionen in Abhängigkeit des aktuellen Systemzustandes erteilt werden soll, verwendet werden. So ist ein Einsatz in allen Fahrzeugen, in denen das Fahrzeug-Bordnetz hohe Sicherheitsrelevanz besitzt, wie z. B. Fahrzeuge mit Segelbetrieb, Rekuperation oder automatisierte Fahrzeuge, möglich. Des Weiteren ist ein Einsatz bei Fahrzeugen mit elektrischer Bremskraftverstärkung, wie bspw. iBooster, IPB (Integrated Power Brake: integrierte Servobremse), möglich.
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Zu beachten ist, dass in einem ersten Schritt davon ausgegangen wird, dass die Berechnungen im Fahrzeug auf einem Steuergerät ausgeführt werden. Im weiteren, vor allem wenn die Berechnungen und Modelle aufwändiger und detaillierter werden, können diese auch in eine Cloud ausgelagert werden, d. h. von einem Rechner oder Rechenzentrum außerhalb des Fahrzeugs ausgeführt werden. Dies bedingt eine hinreichend schnelle Datenverbindung zu diesem Rechner bzw. Rechenzentrum. Erforderliche Berechnungen können somit entweder fahrzeugintern und/oder fahrzeugextern durchgeführt werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2015/135729 A1 [0006]
- DE 102013203661 A1 [0006]
- DE 102011089085 A1 [0007]
- DE 102013208606 A1 [0008]