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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Sicherheitssystems eines Zweiradfahrzeugs, wobei mittels zumindest eines Inertialsensors eine Bewegung des Zweiradfahrzeugs auf unerwartete Ereignisse überwacht wird, um beim Erfassen eines unerwarteten unnormalen Ereignisses eine Sicherheitsmaßnahme auszulösen.
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Ferner betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens, sowie ein Sicherheitssystem mit der Vorrichtung und ein Zweiradfahrzeug, das das Sicherheitssystem aufweist.
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Stand der Technik
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Verfahren der eingangs genannten Art sind aus dem Stand der Technik bereits bekannt. Um die Sicherheit von Benutzern, also Fahrern und Beifahrern eines Zweiradfahrzeugs zu erhöhen, ist es bekannt, das Zweiradfahrzeug mittels eines oder mehrerer Inertialsensoren auf unerwartete Ereignisse zu überwachen. Die Überwachung wird dabei insbesondere durch Analyse der Signalstärke des oder der Inertialsensoren durchgeführt. Dies bietet sich an, um unnormale Ereignisse zu erfassen, wie beispielsweise einen Unfall oder dergleichen. Sobald ein unerwartetes unnormales Ereignis erfasst wurde, wird ein Signal, wie beispielsweise ein Notruf, eingeleitet, um dem Fahrer oder Beifahrer des Zweiradfahrzeugs Hilfe zu senden. Die bekannten Lösungen haben jedoch den Nachteil, dass unerwartete Ereignisse, die jedoch nicht unnormal sind, wie beispielsweise das Fahren auf einer unebenen Fahrbahn, das Überfahren eines kleinen Hindernisses, wie beispielsweise eines Randsteins oder eines Schlaglochs, ebenfalls als unerwartete Ereignisse erfasst werden. Wichtig ist es daher, bestimmen zu können, ob das Zweiradfahrzeug mit oder ohne Fahrer umgefallen ist, oder ob es tatsächlich von niemandem benutzt wird, sodass eine erfasste Schräglage des Zweiradfahrzeugs nicht auf einen Unfall deutet, sondern Sinn ergibt, wie beispielsweise bei einer Kurvenfahrt.
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Es ist daher wichtig, erkennen zu können, ob ein Fahrer von dem Zweiradfahrzeug abgestiegen ist, oder nicht.
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Offenbarung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 hat den Vorteil, dass dies mittels einer einfachen Analyse eines oder mehrerer Ausgangssignale des Inertialsensors ermittelt wird, sodass die Sicherheitsmaßnahme dann nicht eingeleitet wird, wenn das erfasste unerwartete Ereignis normal ist und darauf hindeutet, dass der Fahrer von dem Zweiradfahrzeug abgestiegen ist. Erfindungsgemäß ist hierzu vorgesehen, dass ein Ausgangssignal des Inertialsensors durch eine Wavelet-Analyse ausgewertet wird, um eine unerwartete aber normale Bewegung, durch die die Sicherheitsmaßnahme nicht ausgelöst wird, zu erkennen. Durch die Wavelet-Analyse werden die Signalanteile, die auf das Absteigen des Fahrers hindeuten, vorteilhaft herausgeformt, sodass sie erkennbar und verwertbar werden. Damit ist ein unnormales unerwartetes Ereignis auf einfache Art und Weise von einem unerwarteten normalen Ereignis unterscheidbar, sodass die Sicherheitsmaßnahme nicht ausgelöst wird, wenn tatsächlich kein Grund dafür vorliegt.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass für die Wavelet-Analyse das Ausgangssignal des Inertialsensors innerhalb eines vorgebbaren Zeitfensters überwacht und eine Durchschnittsamplitude des Ausgangssignals innerhalb des Zeitfensters bestimmt wird. Hierdurch wird das Signal gut auslesbar.
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Weiterhin ist bevorzugt vorgesehen, dass als Inertialsensor ein 3-Achs-Beschleunigungssensor verwendet wird, und dass wenigstens zwei Ausgangssignale des Beschleunigungssensors durch die Wavelet-Analyse ausgewertet werden. Dadurch kann beispielsweise ein Vergleich von Längsbeschleunigungen und Querbeschleunigungen durchgeführt werden, um zu erkennen, ob das unerwartete Ereignis darauf hindeutet, dass der Fahrer von dem Zweiradfahrzeug abgestiegen ist.
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Weiterhin ist bevorzugt vorgesehen, dass eine Wavelet-Kohärenz-Kreuzkorrelation-Analyse zur Auswertung des zumindest eines Ausgangssignals durchgeführt wird. Durch die Kohärenz-Kreuzkorrelation findet ein Signalvergleich statt, durch welchen das Absteige-Ereignis sicher erfassbar ist. Insbesondere wird bei dem Vergleich eine Abweichung zwischen den Signalen ermittelt und mit einem vorgebbaren Grenzwert verglichen. Überschreitet die Abweichung den vorgegebenen Grenzwert, so wird darauf erkannt, dass der Fahrer von dem Zweiradfahrzeug abgestiegen ist.
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Insbesondere ist vorgesehen, dass eine Morlet-Wavelet-Transformation für die Auswertung des oder der Ausgangssignale durchgeführt wird. Hierdurch ist mit geringem Rechenaufwand die vorteilhafte Auswertung des oder der Ausgangssignale gewährleistet.
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Bevorzugt wird als Maßnahme ein Notruf ausgesendet, wenn die Analyse darauf hindeutet, dass es sich nicht um ein unerwartetes normales Ereignis, sondern vielmehr um ein unerwartetes unnormales Ereignis handelt. Dadurch wird in kurzer Zeit dem verunglückten Fahrer Hilfe bereitgestellt.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 7 zeichnet sich durch ein Steuergerät aus, das speziell dazu hergerichtet ist, bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das erfindungsgemäße Verfahren durchzuführen. Dabei werden nur wenige Ressourcen und nur eine geringe Rechenleistung für die Durchführung des Verfahrens verlangt, sodass das Steuergerät kostengünstig und bauraumsparend ausbildbar ist. Insbesondere ist die Funktion von einem an dem Zweiradfahrzeug bereits vorgesehenes Steuergerät ohne besonderen Mehraufwand durchführbar. Dadurch ist das Erkennen eines unerwarteten normalen Ereignisses kostengünstig umsetzbar.
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Das erfindungsgemäße Sicherheitssystem mit den Merkmalen des Anspruchs 8 zeichnet sich durch die erfindungsgemäße Vorrichtung aus. Es ergeben sich hierdurch die bereits genannten Vorteile. Insbesondere weist das Sicherheitssystem neben dem wenigstens einen Inertialsensor, der insbesondere als 3-Achs-Beschleunigungssensor ausgebildet ist, ein Funkmodul auf, mittels dessen der Notruf als Sicherheitsmaßnahme ausgesendet werden kann.
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Das erfindungsgemäße Zweiradfahrzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 9 zeichnet sich durch die erfindungsgemäße Vorrichtung aus. Auch hier ergeben sich die bereits genannten Vorteile.
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Weitere Vorteile und bevorzugte Merkmale und Merkmalskombinationen ergeben sich insbesondere aus dem zuvor Beschriebenen sowie aus den Ansprüchen. Im Folgenden soll die Erfindung anhand der Zeichnung näher erörtert werden. Dazu zeigen
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1 ein Zweiradfahrzeug in einer vereinfachten Darstellung,
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2 ein Verfahren zum Betreiben eines Sicherheitssystems des Zweiradfahrzeugs und
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3 ein Diagramm zur Erläuterung des Verfahrens.
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1 zeigt in einer vereinfachten perspektivischen Darstellung ein Zweiradfahrzeug 1, das vorliegend als Motorrad ausgebildet ist. Das Zweiradfahrzeug 1 weist ein Sicherheitssystem 2 auf, das wenigstens einen Inertialsensor 3, der als 3-Achs-Beschleunigungssensor ausgebildet ist, ein Steuergerät 4, das mit dem Inertialsensor 3 verbunden ist, sowie ein Funkmodul 5, das ebenfalls mit dem Steuergerät 4 verbunden ist.
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Das Steuergerät 4 erfasst die Ausgangssignale des Inertialsensors 3 und überwacht diese auf unerwartete Ereignisse, um bei Bedarf, insbesondere nach einen Unfall, der ein unerwartetes unnormales Ereignis darstellt, das Funkmodul automatisiert anzusteuern, sodass dieses einen Notruf aussendet.
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Um ein unerwartetes unnormales Ereignis von einem unerwarteten normalen beziehungsweise unerwarteten unkritischen Ereignis unterscheiden zu können, bei welchem beispielsweise der Fahrer von dem Zweiradfahrzeug absteigt oder abgestiegen ist, wird das im Folgenden beschriebene Verfahren durchgeführt.
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Durch das im Folgenden beschriebene vorteilhafte Verfahren wird durch die Verwendung von Wavelets bestimmt, ob ein Fahrer das Zweiradfahrzeug verlassen hat. Dies wird durchgeführt, um die Anzahl der fälschlicherweise ausgelösten Sicherheitsmeldungen aufgrund von erfasster unerwarteter Ereignisse zu reduzieren, sodass beispielsweise ein Ereignis, bei welchem das Zweirad umfällt, ohne dass sich ein Fahrer auf dem Fahrzeug befunden hat, ausgeblendet wird beziehungsweise nicht zu dem Auslösen der Sicherheitsmaßnahme führt. Das Verfahren wird in Realzeit durchgeführt und benötigt nur eine geringe Rechenleistung und Ressourcen, sodass es durch bereits vorhandene Systeme durchgeführt werden kann.
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Der Vorteil liegt darin, dass das Verfahren sicher in Realzeit durchführbar ist und aufgrund der geringen Anforderungen an einem Berechnungsalgorithmus eine hohe Überwachungsleistung gewährleistet. Insbesondere ein Sicherheitssystem, welches dieses Verfahren durchführt, kann in Bezug auf seine Leistung, Reaktionsgeschwindigkeit und Kosten deutlich verbessert werden, insbesondere im Vergleich zu Systemen, welche Verfahren durchführen, die auf einer Fourier-Transformation von Ausgangssignalen eines oder mehrerer Inertialsensoren basieren. Letztere benötigen einen deutlich höheren Rechenaufwand und aufgrund der komplexen Berechnungsmethode führen sie zu einer größeren Reaktionszeit.
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Das Steuergerät weist zweckmäßigerweise einen Mikrokontroller auf, mittels dessen das Verfahren durchgeführt wird. Dabei versieht das Verfahren darauf, dass die Ausgangssignale des Inertialsensors durch eine Wavelet-Analyse ausgewertet werden. Durch eine Wavelet-Transformation ist es möglich, eine zeitliche Entwicklung einer Ereignisfrequenzverteilung zu erfassen. Vorliegend wird das Verfahren durch eine komplexe Analyse von Wavelets durchgeführt, die auf der sogenannten Morlet-Wavelet-Analyse beruht, also auf einer Ebenen-Wellen-Modulation.
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Das Verfahren wird vereinfacht in 2 gezeigt. In einem ersten Schritt werden die Beschleunigungssignale g(t) und f(t) erfasst. Im darauffolgenden Schritt S2 erfolgt die Morlet-Wavelet-Transformation der zwei realen Beschleunigungssignale f(t) als Signal ohne ein Absteig-Ereignis, bei welchem ein Fahrer das Zweiradfahrzeug verlässt beziehungsweise von diesem absteigt, und g(t) als ein Signal mit einem Absteigereignis. Die erfasste Beschleunigung wird dabei mit a und die Zeit mit t bezeichnet.
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Im Anschluss wird eine Wavelet-Kreuzkorrelation beziehungsweise Kohärenz-Analyse zwischen den Signalen Wf(a, t) und Wg(a, t) durchgeführt, um das Absteigeereignis zu erfassen.
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3 zeigt dabei beispielhaft den Signalverlauf der Signale Wf(t) und Wg(t), wobei mit einem Pfeil 6 die Stelle markiert ist, an welcher das Absteigeereignis erkennbar ist.
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Die Wavelet-Kohärenz-Kreuzkorrelationsanalyse erlaubt es, die Standart-Fourier-Kreuzkorrelationsanalyse auf die Beschleunigungssignale des Zweiradfahrzeugs zu erweitern, deren Leistungscharakteristik zeitlich nicht konstant sind.
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Die Kreuzanalyse der zwei zerlegten Signale Wf und Wg kann örtliche Ähnlichkeiten beziehungsweise Gemeinsamkeiten in der Zeit und der Amplitude enthüllen. Bereiche in der Zeit-Frequenz-Ebene, wo zwei Zeitereignisse die gleiche Stärke oder ein konsistentes Phasenverhalten zeigen, deuten auf eine Beziehung zwischen den Signalen hin. Für eine gemeinsame stationäre Beschleunigungszeitserie sind die Kreuzanalyse und die damit assoziierte Kohärenzfunktion, die auf der Fourier-Transformation beruht, Schlüsselwerkzeuge beziehungsweise -Funktionen zum Erfassen des Absteigeereignisses. Im grundsätzlichen nicht-stationären Fall, können die Wavelet-basierenden Gegenstücke definiert werden, um Zeit-bestimmte Alternativen zu definieren.
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Der vorgeschlagene Algorithmus arbeitet insbesondere mit den folgenden Parametern: „Dt“ = eine Hälfte eines Zeitintervalls in Sekunden zum Einschätzen eines bestimmten Leistungsspektrums; „t_step“ = ein Zeitschritt in Samples, bei welchem die Kohärenz ausgewertet wird; „fs_d“ = die gewünschte Sampling-Frequenz in Hertz, mittels derer die erfassten Daten komprimiert werden (Downsample). Sind diese nicht spezifiziert, werden die Daten nicht komprimiert; „scale“ = die maximale Auswahl für die Zerlegung des erfassten Ausgangssignals, bestimmt die niedrigsten Frequenzinhalte, wenn diese nicht spezifiziert ist, wird die Skala von 4 (feinste Details) bis 200 (gröbste Auswertung) verwendet.
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Durch das vorgeschlagene Verfahren mit der Wavelet-Kohärenz-Kreuzkorrelationsanalyse wird also ein Signalvergleich durchgeführt, mittels dessen auf einfache Art und Weise das Absteigeereignis (Pfeil 6) erfassbar ist. Durch die Zerlegung beziehungsweise Vereinfachung des Ausgangssignals wird dieses auf die wesentlichen Bestandteile reduziert und die Auswertung vereinfacht. Dadurch kann ein unerwartetes unnormales Ereignis von einem unerwarteten normalen/unkritischen Ereignis, wie dem Absteigen des Fahrers von dem Zweiradfahrzeug, erfasst werden. Für das Sicherheitssystem 2 wird dadurch erreicht, dass ein Notrufsignal dann nicht ausgesendet wird, wenn das unerwartete Ereignis sich als normal herausstellt.