-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Faserverbundbauteils sowie ein Faserverbundbauteil.
-
Aus dem Stand der Technik ist es bekannt, dass Faserverbundbauteile durch ein Faser-Halbzeug sowie ein matrixbildendes Material hergestellt werden, mit dem das Faser-Halbzeug getränkt wird. Das Faser-Halbzeug wird dabei zunächst zugeschnitten und die einzelnen Lagen des Faser-Halbzeugs werden zueinander ausgerichtet. Anschließend wird das matrixbildende Material, insbesondere ein Harz, auf das zurechtgelegte Faser-Halbzeug aufgebraucht, sodass dieses getränkt wird. Das getränkte Faser-Halbzeug wird anschließend in ein Werkzeug eingelegt, in dem das imprägnierte Faser-Halbzeug geformt wird. Hierbei wird das imprägnierte Faser-Halbzeug einem Druck und einer erhöhten Temperatur ausgesetzt, wodurch sich das matrixbildende Material vernetzt. Anschließend wird das Werkzeug geöffnet bzw. entformt, sodass das hergestellte Faserverbundbauteil aus dem Werkzeug entnommen werden kann. Dieser Prozess wird allgemein als Nasspressen bezeichnet. Zudem kann eine Nachbearbeitung des aus dem Werkzeug entnommenen Faserverbundbauteils erfolgen.
-
Auf das imprägnierte Faser-Halbzeug wird im Werkzeug ein Druck aufgebracht, um prozessbedingte Porositäten im Faserverbundbauteil zu kontrollieren bzw. zu verhindern, die unkontrolliert entstehen würden, wenn das imprägnierte Faser-Halbzeug bei Umgebungsdruck aushärten würde.
-
Die beim Nasspressen verwendeten Werkzeuge weisen sogenannte Tauchkanten auf, mit denen das viskose matrixbildende Material im Werkzeug begrenzt bzw. eingesperrt werden kann, sodass das matrixbildende Material nicht aus dem Werkzeug herausläuft. Sollte das matrixbildende Material aus dem Werkzeug herauslaufen, so wäre es nicht möglich, den Druck aufzubauen, der jedoch benötigt wird, um die prozessbedingten Porositäten im Faserverbundbauteil zu verhindern. Mit steigendem Druck und höherer Temperatur sinkt üblicherweise die Viskosität des matrixbildenden Materials, weswegen auch bei hochviskosen Materialien ein Werkzeug mit Tauchkanten verwendet werden muss. Bei einem Werkzeug ohne Tauchkanten können die Porositäten im Faserverbundbauteil demnach nicht kontrolliert bzw. verhindert werden, wodurch das Faserverbundbauteil ein unkontrolliertes Faservolumengehalt aufweisen würde, was letztendlich zu undefinierten mechanischen Eigenschaften führt.
-
Die verwendeten Tauchkantenwerkzeuge sind jedoch teuer und aufwendig herzustellen, da die Tauchkanten stets an das herzustellende Faserverbundbauteil angepasst werden müssen, wodurch sich die Produktionskosten eines Faserverbundbauteils entsprechend erhöhen.
-
Die Aufgabe der Erfindung ist es, ein Faserverbundbauteil kostengünstig und mit hoher Qualität herzustellen.
-
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren zur Herstellung eines Faserverbundbauteils gelöst, wobei ein mit einem matrixbildenden Material getränktes Faser-Halbzeug für eine vorbestimmte Zeitdauer ruhen gelassen wird, bis das matrixbildende Material gelförmig geworden ist, und wobei das getränkte Faser-Halbzeug anschließend in einem Werkzeug druckbeaufschlagt wird.
-
Ferner wird die Aufgabe erfindungsgemäß durch ein Faserverbundbauteil gelöst, das mit einem Verfahren der zuvor genannten Art hergestellt worden ist.
-
Der Grundgedanke der Erfindung ist es, dass das getränkte Faser-Halbzeug so lange ruhen gelassen wird, bis das matrixbildende Material angeliert ist. Das matrixbildende Material hat somit seinen Gelpunkt erreicht, bevor das getränkte Faser-Halbzeug im Werkzeug druckbeaufschlagt wird. Es findet dementsprechend eine Vorvernetzung bzw. Voraushärtung des matrixbildenden Materials statt. Das Angelieren des matrixbildenden Materials stellt sicher, dass das matrixbildende Material im Werkzeug eine deutlich höhere Viskosität aufweist, wodurch dieses schlechter fließt bzw. gar nicht mehr fließt. Somit werden prozessbedingte Porositäten im Faserverbundbauteil reduziert, da das matrixbildende Material nicht mehr fließt. Das Faservolumengehalt lässt sich so besser kontrollieren, was letztendlich zu verbesserten mechanischen Eigenschaften des Faserverbundbauteils führt. Darüber hinaus kann beim Werkzeug auf teure Passungen der Tauchkanten verzichtet werden, da das angelierte matrixbildende Material nicht wegfließen kann. Dementsprechend sind die Kosten zur Herstellung des Faserverbundbauteils deutlich verringert.
-
Das Faser-Halbzeug wird insbesondere außerhalb des Werkzeugs angeliert.
-
Ein Aspekt sieht vor, dass das getränkte Faser-Halbzeug während der vorbestimmten Zeitdauer erwärmt wird. Hierdurch ist es möglich, dass der Angelierprozess beschleunigt und gesteuert werden kann, da die Vorvernetzung bzw. Voraushärtung des matrixbildenden Materials entsprechend beschleunigt wird.
-
Gemäß einer Ausführungsform umfasst das getränkte Faser-Halbzeug ein vorimprägniertes Faser-Halbzeug, insbesondere handelt es sich bei dem getränkten Faser-Halbzeug um ein vorimprägniertes Faser-Halbzeug. Das vorimprägnierte Faser-Halbzeug wird auch als sogenannter Prepreg bezeichnet, dessen Fasern bereits vorgetränkt sind. Demnach muss das Faser-Halbzeug nicht nachträglich mit einem matrixbildenden Material getränkt werden. Generell kann das Prepreg aber auch nachträglich und zusätzlich mit einem matrixbildenden Material getränkt werden.
-
Gemäß einem Aspekt weist das Faser-Halbzeug einen Kern auf, der mit Fasern in einem Wickelprozess umwickelt wird. Der Kern kann nach der Herstellung des Faserverbundbauteils entfernt werden, wodurch ein entsprechender Hohlkörperbereich im Faserverbundbauteil entsteht. Die gewickelten Fasern bilden dann das Faserverbundbauteil aus.
-
Insbesondere sind die Fasern beim Wickeln trocken, vorimprägniert und/oder nass. Dementsprechend handelt es sich um einen Trocken- oder Nasswickelprozess. Die zusätzlich aufgebrachte Menge des matrixbildenden Materials wird an die Art der verwendeten Fasern angepasst. Bei einem Nasswickelprozess weisen die Fasern schon das matrixbildende Material auf, weswegen das Faser-Halbzeug bereits (vor-)getränkt ist, ebenso wie beim Wickelprozess mit vorimprägnierten Fasern. Damit kann weniger bis kein zusätzliches matrixbildendes Material verwendet werden.
-
Das Faser-Halbzeug kann mit einem flüssigen matrixbildenden Material getränkt werden, sofern es keine vorimprägnierten oder nassen Fasern umfasst. Andernfalls kann das vorimprägnierte oder nasse Faser-Halbzeug zusätzlich mit dem matrixbildenden Material getränkt werden.
-
Insbesondere ist das matrixbildende Material eine Mischung aus einem Harz und einem Härter. Sobald das Harz und der Härter miteinander vermischt worden sind, findet bereits eine Vorvernetzung des matrixbildenden Materials bei Raumtemperatur statt.
-
Die Mischung kann dementsprechend für einen vorbestimmten Zeitraum ruhen gelassen werden, bevor das Faser-Halbzeug mit dem matrixbildenden Material getränkt wird. Dieser vorbestimmte Zeitraum wird auch als „Out-Time” beschrieben, der ebenfalls einen Einfluss auf die Aushärtekinetik des matrixbildenden Materials hat.
-
Sofern ein vorimprägniertes Faser-Halbzeug verwendet wird, das bereits mit dem matrixbildenden Material vorgetränkt ist, beginnt der vorbestimmte Zeitraum bzw. die vorbestimmte Zeitdauer dann, wenn das vorimprägnierte Faser-Halbzeug (Prepreg) beispielsweise aus der Kühlung entnommen wird. Dies liegt daran, dass eine Vorvernetzung des matrixbildenden Materials des Prepregs bereits bei Raumtemperatur einsetzt.
-
Ein weiterer Aspekt sieht vor, dass das getränkte Faser-Halbzeug im Werkzeug einer erhöhten Temperatur ausgesetzt wird. Hierdurch wird die Vernetzung des matrixbildenden Materials im Werkzeug weiter vorangetrieben, sodass das Faserverbundbauteil entsteht. Die Vorvernetzung des matrixbildenden Materials aufgrund der vorbestimmten Zeitdauer dient zur Vorvernetzung des matrixbildenden Materials.
-
Weitere Vorteile und Eigenschaften der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung und den Zeichnungen, auf die Bezug genommen wird. In den Zeichnungen zeigen:
-
1 ein schematisch dargestelltes erfindungsgemäßes Faserverbundbauteil, das mit einem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt worden ist, und
-
2 ein Übersichtsdiagramm der Viskosität des matrixbildenden Materials gegenüber der Zeit, wobei das matrixbildende Material für unterschiedliche vorbestimmte Zeiträume ruhen gelassen worden ist.
-
In 1 ist ein Faserverbundbauteil 10 schematisch dargestellt, das aus einem Faser-Halbzeug 12 sowie einem matrixbildenden Material 14 gebildet worden ist, mit dem das Faser-Halbzeug 12 getränkt worden ist.
-
Das getränkte Faser-Halbzeug 12 ist in ein Werkzeug eingelegt worden, um das Faserverbundbauteil 10 herzustellen. Das Werkzeug hat eine obere und eine untere Formhälfte, die zusammengefahren werden können und zwischen sich eine durch das Faserverbundbauteil 10 ausgefüllte Kavität begrenzen. In dem Werkzeug wird das getränkte Faser-Halbzeug 12 einem Druck und einer erhöhten Temperatur ausgesetzt, sodass sich das matrixbildende Material 14 entsprechend vernetzt und keine Porositäten im ausgehärteten matrixbildenden Material 14 auftreten.
-
Das verwendete Werkzeug weist keine Tauchkanten auf, da das matrixbildende Material 14 bereits gelförmig war, bevor das getränkte Faser-Halbzeug 12 in das Werkzeug eingelegt worden ist. Das getränkte Faser-Halbzeug 12 wurde folglich so lange ruhen gelassen, bis der Gelpunkt des matrixbildenden Materials 14 erreicht worden ist, sodass dieses eine entsprechende Vorvernetzung hat. Aufgrund dessen weist das matrixbildende Material 14 eine derart hohe Viskosität auf, dass das matrixbildende Material 14 auch nicht bei dem im Werkzeug herrschenden Druck aus dem Werkzeug fließt und eventuell aus dem Werkzeug austritt.
-
Dies geht unter anderem aus dem in 2 gezeigten Diagramm hervor, in dem drei Viskositätsverläufe über die Zeit für ein matrixbildendes Material 14 gezeigt sind, das auf das Faser-Halbzeug 12 aufgetragen worden ist und bei 121°C für eine bestimmte Zeitdauer ruhen gelassen wurde.
-
Die drei Viskositätsverläufe unterscheiden sich dadurch voneinander, dass das matrixbildende Material 14 vor der Tränkung des Faser-Halbzeugs 12 für unterschiedliche vorbestimmte Zeiträume („Out-time”) ruhen gelassen worden ist. Die dreieckigen Messpunkte entsprechen einem Zeitraum von 49 Tage, die quadratischen Messpunkte einen Zeitraum von 28 Tagen und die kreisförmigen Messpunkte einem Zeitraum von 0 Tagen, also keiner Ruhezeit vor der Tränkung.
-
Unter dem Ruhenlassen für einen vorbestimmten Zeitraum wird demnach verstanden, dass das matrixbildende Material 14, beispielsweise eine Mischung aus einem Harz und einem Härter, für den vorbestimmten Zeitraum ruhen gelassen wurde, bevor es auf das Faser-Halbzeug 12 aufgetragen wurde, um dieses zu tränken. Dies geschieht üblicherweise bei Raumtemperatur.
-
Das Ruhenlassen für eine vorbestimmte Zeitdauer stellt die Zeit dar, für die das getränkte Faser-Halbzeug 12 ruhen gelassen wird, bevor es in das Werkzeug eingebracht wird. Dabei kann das getränkte Faser-Halbzeug 12 zudem auf eine Aushärtetemperatur erwärmt werden, beispielsweise auf 121°C wie dies in 2 gezeigt ist.
-
Demnach sind in 2 für die dreieckigen Messpunkte ein vorbestimmter Zeitraum von 49 Tagen bei Raumtemperatur und eine vorbestimmte Zeitdauer von 110 Minuten bei 121°C dargestellt (also die Zeitspanne des Diagramms). Für die quadratischen Messpunkte sind ein vorbestimmter Zeitraum von 28 Tagen bei Raumtemperatur und eine vorbestimmte Zeitdauer von 110 Minuten bei 121°C dargestellt. Für die kreisförmigen Messpunkte sind demnach ein vorbestimmter Zeitraum von 0 Tagen bei Raumtemperatur und eine vorbestimmte Zeitdauer von 110 Minuten bei 121°C dargestellt.
-
Aus der 2 geht zudem hervor, dass sich die Viskosität des auf das Faser-Halbzeug 12 aufgetragenen, matrixbildenden Materials 14 unabhängig vom vorbestimmten Zeitraum („Out-time”) zunächst verringert. Erst ab einer Zeitdauer von ca. 10 Minuten erhöht sich die Viskosität des matrixbildenden Materials 14. Der absolute Viskositätswert hängt hierbei jedoch vom vorbestimmten Zeitraum ab, also der Zeit, für die das matrixbildende Material 14 ruhen gelassen wurde, bevor das Faser-Halbzeug 12 damit getränkt worden ist.
-
Je länger das matrixbildende Material 14 ruhen gelassen wird, bevor es auf das Faser-Halbzeug 12 aufgebracht wird, desto weniger stark sinkt die Viskosität ab. Zudem erhöht sich die Viskosität des matrixbildenden Materials 14 über die Zeit schneller, wenn es vorab für einen längeren Zeitraum ruhen gelassen wurde, also vor der Tränkung des Faser-Halbzeugs 12. 2 zeigt Materialien 14, die bei Raumtemperatur nicht („Tag 0”), für 28 Tage („Tag 28”) und für 49 Tage („Tag 49”) ruhen gelassen wurden, bevor sie aufgetragen und danach auf 121°C erwärmt wurden.
-
Unabhängig von der sogenannten „Out-time”, also des Zeitraums vor der Tränkung des Faser-Halbzeugs 12, sollte das mit dem matrixbildende Material 14 getränkte Faser-Halbzeug 12 mindestens für eine vorbestimmte Zeitdauer von 10 Minuten ruhen gelassen werden, da ab dieser Zeitdauer das matrixbildende Material 14 beginnt, gelförmig zu werden.
-
Je länger das getränkte Faser-Halbzeug 12 liegengelassen wird, desto stärker steigt die Viskosität des matrixbildenden Materials 14, wodurch eine entsprechende Vorvernetzung bzw. Voraushärtung des matrixbildenden Materials 14 erfolgt. Bei einem bestimmten Viskositätswert ist der Gelpunkt des matrixbildenden Materials 14 erreicht.
-
Erst nachdem das matrixbildende Material 14 seinen Gelpunkt erreicht hat, wird das getränkte Faser-Halbzeug 12 in das Werkzeug gelegt und einem Druck sowie einer erhöhten Temperatur ausgesetzt, um das Faserverbundbauteil 10 auszubilden.
-
Da das matrixbildende Material 14 gelförmig ist, wenn das getränkte Faser-Halbzeug 12 in das Werkzeug gelegt wird, kann beim Werkzeug auf Tauchkanten verzichtet werden, die in der Produktion teuer sind und an das herzustellende Faserverbundbauteil 10 angepasst werden müssen.
-
Hierdurch verringern sich die Kosten für die Herstellung der einzelnen Faserverbundbauteile 10, wobei die Faserverbundbauteile 10 dennoch hohen Qualitätsanforderungen genügen.
-
Bei dem Faser-Halbzeug 12 handelt es sich beispielsweise um ein gewickeltes Faser-Halbzeug, bei dem ein Kern mit Fasern umwickelt worden ist. Die Fasern können beim Wickelprozess trocken, vorimprägniert oder nass gewesen sein, wodurch sich entsprechend andere Anforderungen an das matrixbildende Material 14 stellen, insbesondere an die verwendete Menge.
-
Nachdem das Faserverbundbauteil 10 hergestellt worden ist, wird der eventuell vorhandene Kern entfernt, wodurch eine entsprechende Kavität im Faserverbundbauteil 10 entsteht.