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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln des Zustands eines drahtlosen Übertragungskanals zwischen einem Sender und einem Empfänger.
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Bei einem drahtlosen Übertragungskanal zwischen einem Sender und einem Empfänger ist es von besonderer Wichtigkeit zu wissen, ob es sich um eine line of sight (LOS) oder non-line-of-sight (NLOS) Verbindung handelt. Methoden zur LOS-Identifikation werden unter anderem in den folgenden Veröffentlichungen beschrieben:
- [1] Khojaev, Jasurbek, Yongwan Park, and Aamir Saeed Malik. "Survey of NLOS identification and error mitigation problems in UWB-based positioning algorithms for dense environments." annals of telecommunications-annales des telecommunications 65.5–6 (2010): 301–311.
- [2] Hol, Jeroen, et al. "Tightly coupled UWB/IMU pose estimation." (2009)
- [3] Pittet, Sylvian, et al. "UWB and MEMS based indoor navigation." Journal of Navigation 61.03.(2008): 369–384.
- [4] Kumar, Ashok, et al. " LOS/NLOS Channel Identification In WSN."
- [5] Marano, Stefano, et al. "NLOS identification and mitigation for localization based on UWB experimental data." Selected Areas in Communications, IEEE Journal on 28.7 (2010): 1026–1035.
- [6] Venkatesh, S., and R. M. Buehrer. "Non-line-of-sight identification in ultra-wideband systems based on received signal statistics." Microwaves, Antennas & Propagation, IET 1.6 (2007): 1120–1130.
- [7] Li, Jiping, and Shixun Wu. "Non-parametric Non-line-of-Sight Identification and Estimation for Wireless Location." Computer Science & Service System (CSSS), 2012 International Conference on. IEEE, 2012.
- [8] Gezici, Sinan, Hisashi Kobayashi, and H. Vincent Poor. "Nonparametric nonline-of-sight identification." Vehicular Technology Conference, 2003. VTC 2003-Fall. 2003 IEEE 58th. Vol. 4. IEEE, 2003.
- [9] Yu, Kegen, and Y. Jay Guo. "Statistical NLOS identification based on AOA, TOA, and signal strength." Vehicular Technology, IEEE Transactions on 58.1 (2009): 274–286.
- [10] Qi, Yihong, Hirohito Suda, and Takahiro Asai. "Wireless positioning approach using time delay estimates of multipath components." U.S. Patent No. 7,519,136 . 14 Apr. 2009.
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Gemäß der Veröffentlichung [1] können Methoden für die LOS-Identifikation in drei Gruppen klassifiziert werden:
Die erste Gruppe beinhaltet Identifikationsmethoden, die auf Reichweitenschätzungen basieren. Derartige Verfahren führen in zeitlicher Abfolge hintereinander Messungen durch und schätzen anschließend die Varianz der Reichweite, die mit definierten Schwellwerten verglichen wird.
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Die zweite Gruppe betrifft Identifikationsmethoden, die auf Kanalstatistiken basieren. Hierbei wird eine Analyse des empfangenen Signals durchgeführt. Die hauptsächlich zu analysierenden Parameter sind das mittlere Delay, das Excess Delay, die Amplitude und das Signal-Rauschspannungsverhältnis.
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Die dritte Gruppe betrifft Identifikationsmethoden, die auf einer Karte der Umgebung basieren. Hier wird beispielsweise eine Karte eines Gebäudes und zusätzlich die Position des Senders und des Empfängers im Gebäude berücksichtigt. Hierbei werden beispielsweise Objekte berücksichtigt, die das Signal blockieren können (zum Beispiel Wände).
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Verfahren, die aus dem Stand der Technik bekannt sind, benötigen a priori Informationen über die Umgebung (zum Beispiel ein Gebäude), die Kanalstatistiken oder vorgegebene Grenzwerte, die durch einen Benutzer definiert werden müssen.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zum Ermitteln des Zustands eines drahtlosen Übertragungskanals bereitzustellen, das keine a priori Informationen benötigt.
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Die Lösung der Aufgabe erfolgt erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 1.
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Das erfindungsgemäße Verfahren dient dem Ermitteln des Zustands eines drahtlosen Übertragungskanals zwischen einem Sender und einem Empfänger. Hierbei soll insbesondere festgestellt werden, ob die Verbindung zwischen dem Sender und dem Empfänger eine LOS- oder eine NLOS-Verbindung ist.
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Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst die folgenden Schritte:
Ein mobiler Zusatzempfänger wird vom Sender zum Empfänger bewegt. Dies kann automatisiert oder aber auch in einer einfachen Ausführungsform durch eine Person erfolgen, die den mobilen Zusatzempfänger vom Sender zum Empfänger trägt. Es ist bevorzugt, dass der mobile Zusatzempfänger auf direktem Weg vom Sender zum Empfänger bewegt wird. Der mobile Zusatzempfänger kann hierbei identisch zu dem Empfänger ausgebildet sein, an den tatsächlich die Daten vom Sender übermittelt werden sollen.
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Es wird ein Bewegungspfad des mobilen Zusatzempfängers zwischen dem Sender und dem Empfänger ermittelt. Bei einem gerade verlaufenden Bewegungspfad wird eine LOS-Verbindung (Line of Sight) zwischen dem Sender und dem Empfänger angenommen.
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Wenn der ermittelte Bewegungspfad des mobilen Zusatzempfängers nicht gerade verläuft, werden die folgenden Verfahrensschritte durchgeführt:
- a) Der gerade verlaufende Abschnitt des Bewegungspfads wird ermittelt.
- b) Der RSSI-Wert zwischen dem Sender und dem mobilen Zusatzempfänger wird ermittelt, während sich dieser vom Sender zum Empfänger bewegt. Hierbei wird der Verlauf des RSSI-Wertes ausschließlich für den gerade verlaufenden Abschnitt des Bewegungspfades ermittelt.
- c) Ein Model des weiteren Verlaufs des RSSI-Wertes vom Sender bis zum Empfänger für einen hypothetischen weiteren, gerade verlaufenden Bewegungspfad des mobilen Zusatzempfängers bis zum Empfänger wird generiert. Anders ausgedrückt beschreibt dieses Model den hypothetischen weiteren Verlauf des RSSI-Wertes, wenn der Bewegungspfad des mobilen Zusatzempfängers vom Sender bis zum Empfänger komplett geradlinig verlaufen würde. Dieses Modell beschreibt somit eine LOS-Verbindung zwischen dem Sender und dem Empfänger.
- d) Die statistische Verteilung des hypothetischen RSSI-Wertes am Empfänger, der gemäß Verfahrensschritt c) ermittelt wurde, wird bestimmt. Diese wird sich typischerweise wie eine Gauß-verteilte Zufallsvariable verhalten und kann somit vollständig durch ihren Mittelwert und ihre Varianz beschrieben werden. Zur Ermittlung dieser Statistik werden somit die Ergebnisse aus dem gemäß Verfahrensschritt c) generierten Model einschließlich der Restgrößen (residuals) berücksichtigt. Die statistische Verteilung liefert somit eine Gauß-verteilte Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion des RSSI-Werts am Empfänger.
- e) Auf die gleiche Weise wird die statistische Verteilung des tatsächlichen RSSI-Wertes zwischen dem Sender und dem Empfänger am Empfänger ermittelt. Hierbei wird der tatsächlich am Empfänger vorliegende RSSI-Wert berücksichtigt.
- f) Die gemäß Verfahrensschritt e) ermittelte statistische Verteilung wird mit der gemäß Verfahrensschritt d) ermittelten statistischen Verteilung verglichen. Wenn die beiden statistischen Verteilungen innerhalb eines Toleranzbereichs identisch sind, wird eine LOS-Verbindung zwischen dem Sender und dem Empfänger angenommen. Sofern dies nicht der Fall ist, wird eine NLOS-Verbindung angenommen. Der Vergleich wird mittels einer geeigneten statistischen Distanz zwischen den beiden Verteilungen durchgeführt. So kann mit der Jensen-Shanon Divergenz, die wie folgt berechnet wird, ein Maß für die Ähnlichkeit der beiden Verteilungen ermittelt werden: Hier sind Pstatic, Ppredicted und JSD(Pstatic ☐ Ppredicted), die statische Verteilung, zwischen Sender und Empfänger gemäß Verfahrensschritt e), die statistische Verteilung gemäß Verfahrensschritt d) und die Jensen-Shanon Divergenz. Die Funktion log(·) ist der Logarithmus Dualis. Für die Jensen-Shanon Divergenz gilt 0 ≤ JSD(Pstatic ☐ Ppredicted) ≤ 1, wobei die Jensen-Shanon Divergenz 0 für gleiche Verteilungen ist. Somit ist zum Beispiel ein Toleranzwert von 0,05 für die Jensen-Shanon Divergenz geeignet, um die Verteilungen in 7 als LOS und die Verteilungen in 5 als NLOS zu erkennen.
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Es ist bevorzugt, dass der mobile Zusatzempfänger eine IMU-Vorrichtung (Inertial Measurment Unit) aufweist, durch die der Verlauf des Bewegungspfades des mobilen Zusatzempfängers zwischen dem Sender und dem Empfänger ermittelt wird.
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Erfindungsgemäß ist es somit möglich, den Zustand des drahtlosen Übertragungskanals ohne a priori Informationen zu ermitteln. Insbesondere entstehen keine Fehler durch Unterschiede der a priori Informationen und den dann tatsächlich relevanten Daten. Aufgrund der Variabilität von drahtlosen Übertragungskanälen können solche Fehler relativ große Ausmaße annehmen.
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Im Folgenden werden bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung anhand von Figuren erläutert.
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Es zeigen:
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1 ein beispielhaftes Szenario, in dem das erfindungsgemäße Verfahren angewandt werden kann,
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2 ein Blockdiagramm des erfindungsgemäßen Verfahrens,
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3 ein beispielhaftes Histogramm der statistischen Verteilung eines RSSI-Wertes zwischen einem Sender und einem Empfänger,
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4 gemessene RSSI-Werte am mobilen Zusatzempfänger,
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5 ein Vergleich für zwei statistische Verteilungen in einem NLOS-Szenario,
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6 gemessene RSSI-Werte am mobilen Zusatzempfänger in einem LOS-Szenario,
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7 einen Vergleich zweier statistischer Verteilungen in einem LOS-Szenario.
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Gemäß 1 sind innerhalb eines Gebäudes 14 ein Sender 10 und ein Empfänger 12 angeordnet. Es sollen Daten vom Sender 10 zum Empfänger 12 gesendet werden. Zwischen dem Sender 10 und dem Empfänger 12 besteht aufgrund der hierzwischen angeordneten Wände keine LOS-Verbindung. Um dies festzustellen, wird der mobile Zusatzempfänger 14 entlang der gesamten Strecke vom Sender 10 zum Empfänger 12 bewegt. Während dieser Bewegung wird der Verlauf des RSSI-Werts zwischen dem Sender 10 und dem mobilen Zusatzempfänger 14 erfasst. Sobald der mobile Zusatzempfänger 14 den Punkt A erreicht hat, wird er seine Sichtverbindung zum Sender 10 verlieren.
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Im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der Bewegungspfad des mobilen Zusatzempfängers 14 vom Sender 10 zum Empfänger 12 ermittelt, wobei bei einem gerade verlaufenden Bewegungspfad eine LOS-Verbindung zwischen dem Sender 10 und dem Empfänger 12 angenommen wird.
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Wenn der ermittelte Bewegungspfad des mobilen Zusatzempfängers 15 nicht gerade ist, werden die folgenden Verfahrensschritte durchgeführt:
Der gerade verlaufende Abschnitt des Bewegungspfads wird ermittelt. Dies kann beispielsweise unter Verwendung einer IMU-Vorrichtung erfolgen, die am mobilen Zusatzempfänger 14 angebracht ist. Der RSSI-Wert zwischen dem Sender 10 und dem mobilen Zusatzempfänger wird ermittelt, während sich dieser vom Sender 10 zum Empfänger 12 bewegt. Hierbei wird der Verlauf des RSSI-Wertes ausschließlich für den gerade verlaufenden Abschnitt des Bewegungspfades ermittelt.
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Es wird ein Modell des weiteren Verlaufs des RSSI-Wertes vom Sender 10 zum Empfänger 12 für einen hypothetischen weiteren gerade verlaufenden Bewegungspfad des mobilen Zusatzempfängers 14 bis zum Sender 12 generiert. Dies ist in 4 dargestellt. Hierbei werden ausschließlich die RSSI-Werte am mobilen Zusatzempfänger 14 verwendet, die für den gerade verlaufenden Abschnitt des Bewegungspfades gemessen wurden (in 4, links oben als Kreuze dargestellt).
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Es wird eine statistische Verteilung des hypothetischen RSSI-Wertes am Empfänger 12, der gemäß Verfahrensschritt c) ermittelt wurde, bestimmt. Diese ist in 5 und 7 gestrichelt dargestellt.
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Weiterhin wird die statistische Verteilung des tatsächlich gemessenen RSSI-Wertes zwischen dem Sender und dem Empfänger 12 am Empfänger 12 ermittelt. Diese ist in den 5 und 7 als durchgezogene Linie dargestellt. Die beiden ermittelten statistischen Verteilungen werden miteinander verglichen. Wenn die beiden statistischen Verteilungen innerhalb eines Toleranzbereichs identisch sind, wird eine LOS-Verbindung angenommen (s. 7). Andernfalls wir eine NLOS-Verbindung angenommen (s. 5).
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Der Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens kann auch anhand des Blockdiagramms gem. 2 nachvollzogen werden.
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Ein Histogramm eines RSSI-Wertes zwischen einem Sender und einem Empfänger ist in 3 dargestellt.
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6 zeigt den Verlauf des RSSI-Wertes in einem mobilen Zusatzempfänger für ein LOS-Szenario.