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Die vorliegende Erfindung betrifft das Gebiet der Automatisierungstechnik.
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Bei einer elektromechanischen Komponente in einem Automatisierungssystem, beispielsweise bei einem Schaltgerät oder einem Sicherheitsschaltgerät, können sich der Zustand und die Arbeitsweise der elektromechanischen Komponente in Abhängigkeit der Umgebungsbedingungen verändern. Ursächlich hierfür sind beispielsweise Temperaturänderungen, Stoßschwingungen, Komponentenverschleiß, Kontaktverschleiß von elektrischen Schaltkontakten oder mechanischer Verschleiß von Ventilen.
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Gegenwärtig werden üblicherweise einzelne Kennwerte in dem Automatisierungssystem erfasst und beispielsweise mittels einer Regelung Abweichungen ausgeglichen oder mit vorgegebenen Kennwerten verglichen. Bei Abweichungen kann eine Korrektur oder bei einer möglichen Gefährdung eine Abschaltung durchgeführt werden. Vorbekannte Zusammenhänge zwischen Kennwerten bzw. Änderungen von Kennwerten und Systemzuständen werden typischerweise als Fehlerbeschreibungen in Speichern abgelegt und zur Auswertung verwendet.
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Das Verhalten von komplexen Automatisierungssystemen mit mehreren Domänen (sog. Multidomänen-Systeme) ist typischerweise dadurch charakterisiert, dass Änderungen einzelner Kennwerte in Abhängigkeit von Zuständen bzw. Änderungen anderer Kennwerte auftreten und somit gegenseitige Wechselwirkungen und Rückwirkungen auftreten. Diese Wechselwirkungen und Rückwirkungen sind oft nicht durch unidirektionale Beschreibungsmatrizen, beispielsweise unter Verwendung von Look-Up-Tables (LUTs), beschreibbar, und daher nicht ausreichend in bisher bekannten Fehlerbeschreibungen abbildbar.
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Eine beispielhafte Rückwirkung ist der Einfluss der Bewegung eines Ankers eines elektromechanischen Relais auf das Drehmoment bzw. die Kraft, in dem bei Änderungen einer Bewegungsgeschwindigkeit eine entsprechende Spannung induziert wird, die zur Beeinflussung eines Spulenstromes und damit zur Beeinflussung eines Drehmoments bzw. einer Kraft führt. Eine Gegenkraft des Ankers hängt u.a. von der Federkraft der Kontaktfeder und damit auch vom Verschleiß der Kontakte über die Lebensdauer oder von der Temperatur der Spule und damit beispielsweise von der Erregung von Nachbarrelais ab. Weitere sich ändernde Kennwerte können beispielsweise die Veränderung einer Kontaktlebensdauer durch ein sich änderndes Prellverhalten von Kontakten sowie eine weiterführende Veränderung in Abhängigkeit von Umgebungsbedingungen oder Ansteuerbedingungen umfassen.
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Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein effizientes Konzept zur Überwachung einer elektromechanischen Komponente eines Automatisierungssystems zu schaffen.
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Diese Aufgabe wird durch die Merkmale der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungsformen sind Gegenstand der abhängigen Patentansprüche, der Beschreibung sowie der Zeichnungen.
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Gemäß einem ersten Aspekt betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Überwachung einer elektromechanischen Komponente eines Automatisierungssystems. Das Verfahren umfasst ein Erfassen einer aktuellen mechanischen Zustandsgröße der elektromechanischen Komponente, ein Erfassen einer aktuellen elektrischen Zustandsgröße der elektromechanischen Komponente, und ein Ermitteln eines Zustandes der elektromechanischen Komponente auf der Basis eines Verhaltensmodells der elektromechanischen Komponente, wobei das Verhaltensmodell einen Einfluss der erfassten aktuellen mechanischen Zustandsgröße auf die erfasste aktuelle elektrische Zustandsgröße berücksichtigt.
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Gemäß einer Ausführungsform ist die elektromechanische Komponente ein elektromagnetischer Schalter, insbesondere ein Relais.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst die aktuelle mechanische Zustandsgröße eine der folgenden mechanischen Zustandsgrößen: eine Prellung eines Kontaktes der elektromechanischen Komponente, eine Prelldauer einer Prellung eines Kontaktes der elektromechanischen Komponente, eine Prellanzahl von Prellungen eines Kontaktes der elektromechanischen Komponente, eine Temperatur eines Elementes der elektromechanischen Komponente, eine Umgebungstemperatur der elektromechanischen Komponente, eine Bewegungsgeschwindigkeit eines Elementes der elektromechanischen Komponente, insbesondere eines Ankers, eine Kontaktkraft oder eine Lösekraft eines Kontaktes der elektromechanischen Komponente.
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Gemäß einer Ausführungsform wird zur Erfassung der aktuellen mechanischen Zustandsgröße eine elektrische Größe der elektromechanischen Komponente, insbesondere ein Laststrom oder eine Änderung eines Laststroms, erfasst.
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Gemäß einer Ausführungsform ist die elektrische Größe ein Strom durch die elektromagnetische Komponente oder eine Spannung der elektromechanischen Komponente.
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Gemäß einer Ausführungsform ist das Verhaltensmodell der elektromechanischen Komponente zugeordnet, wobei das Verhaltensmodell einen Verlauf der elektrischen Zustandsgröße in Abhängigkeit von der mechanischen Zustandsgröße angibt.
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Gemäß einer Ausführungsform wird der Zustand der elektromechanischen Komponente durch Ausführen einer Verhaltenssimulation der elektromechanischen Komponente ermittelt, wobei die Verhaltenssimulation das Verhaltensmodell implementiert.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst das Verfahren ferner ein Anzeigen des ermittelten Zustandes der elektromechanischen Komponente, insbesondere mittels einer Anzeigeeinrichtung.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst das Verfahren ferner ein Erzeugen eines Steuersignals zur Ansteuerung der elektromechanischen Komponente ansprechend auf den ermittelten Zustand der elektromechanischen Komponente, und ein Ansteuern der elektromechanischen Komponente mit dem erzeugten Steuersignal.
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Gemäß einer Ausführungsform werden die aktuelle mechanische Zustandsgröße und die aktuelle elektrische Zustandsgröße durch die elektromechanische Komponente erfasst.
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Gemäß einer Ausführungsform werden die erfasste aktuelle mechanische Zustandsgröße und die erfasste aktuelle elektrische Zustandsgröße von der elektromechanischen Komponente über ein Kommunikationsnetzwerk an eine entfernte Datenverarbeitungseinrichtung übermittelt, wobei der Zustand der elektromechanischen Komponente durch die entfernte Datenverarbeitungseinrichtung erfasst und an die elektromechanische Komponente übermittelt wird.
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Gemäß einem zweiten Aspekt betrifft die Erfindung eine elektromechanische Komponente. Die elektromechanische Komponente umfasst eine Erfassungseinrichtung, welche ausgebildet ist, eine aktuelle mechanische Zustandsgröße der elektromechanischen Komponente und eine aktuelle elektrische Zustandsgröße der elektromechanischen Komponente zu erfassen. Die elektromechanische Komponente umfasst ferner eine Kommunikationsschnittstelle, welche ausgebildet ist, die erfasste aktuelle mechanische Zustandsgröße und die erfasste aktuelle elektrische Zustandsgröße über ein Kommunikationsnetzwerk an eine entfernte Datenverarbeitungseinrichtung zur Ermittlung eines Zustandes der elektromechanischen Komponente auf der Basis eines Verhaltensmodells der elektromechanischen Komponente zu übermitteln, wobei das Verhaltensmodell einen Einfluss der erfassten aktuellen mechanischen Zustandsgröße auf die erfasste aktuelle elektrische Zustandsgröße berücksichtigt. Die Kommunikationsschnittstelle ist ausgebildet, eine Angabe über den ermittelten Zustand über das Kommunikationsnetzwerk zu empfangen.
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Die elektromechanische Komponente ist ausgebildet, das Verfahren durchzuführen. Weitere Merkmale der elektromechanischen Komponente resultieren unmittelbar aus den Merkmalen des Verfahrens.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst die elektromechanische Komponente ferner eine Anzeigeeinrichtung, welche ausgebildet ist, den erfassten Zustand anzuzeigen.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst die elektromechanische Komponente ferner eine Steuereinrichtung, welche ausgebildet ist, ansprechend auf den erfassten Zustand ein Steuersignal zur Steuerung der elektromechanischen Komponente zu erzeugen, und die elektromechanische Komponente mit dem erzeugten Steuersignal anzusteuern.
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Gemäß einem dritten Aspekt betrifft die Erfindung ein Computerprogramm mit einem Programmcode zum Ausführen des Verfahrens. Die elektromechanische Komponente und die entfernte Datenverarbeitungseinrichtung können programmtechnisch eingerichtet sein, um den Programmcode oder Teile des Programmcodes auszuführen.
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Die Erfindung kann in Hardware und/oder Software implementiert werden.
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Weitere Ausführungsformen werden bezugnehmend auf die beiliegenden Figuren näher erläutert. Es zeigen:
- 1 ein schematisches Diagramm eines Verfahrens zur Überwachung einer elektromechanischen Komponente eines Automatisierungssystems;
- 2 ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente;
- 3 ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente und einer Datenverarbeitungseinrichtung;
- 4a ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente;
- Fig. 4a' ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente;
- 4b ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente;
- Fig. 4b' ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente;
- 5a schematische Diagramme von Zeitverläufen von Zustandsgrößen einer elektromechanischen Komponente;
- 5b schematische Diagramme von Zeitverläufen von Zustandsgrößen einer elektromechanischen Komponente;
- 5c schematische Diagramme von Zeitverläufen von Zustandsgrößen einer elektromechanischen Komponente;
- 5d schematische Diagramme von Zeitverläufen von Zustandsgrößen einer elektromechanischen Komponente;
- 5e schematische Diagramme von Zeitverläufen von Zustandsgrößen einer elektromechanischen Komponente;
- 5f schematische Diagramme von Zeitverläufen von Zustandsgrößen einer elektromechanischen Komponente;
- 6a ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente;
- Fig. 6a' ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente;
- 6b ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente; und
- Fig. 6b' ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente.
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1 zeigt ein schematisches Diagramm eines Verfahrens 100 zur Überwachung einer elektromechanischen Komponente eines Automatisierungssystems. Das Verfahren 100 umfasst ein Erfassen 101 einer aktuellen mechanischen Zustandsgröße der elektromechanischen Komponente, ein Erfassen 103 einer aktuellen elektrischen Zustandsgröße der elektromechanischen Komponente, und ein Ermitteln 105 eines Zustandes der elektromechanischen Komponente auf der Basis eines Verhaltensmodells der elektromechanischen Komponente, wobei das Verhaltensmodell einen Einfluss der erfassten aktuellen mechanischen Zustandsgröße auf die erfasste aktuelle elektrische Zustandsgröße berücksichtigt.
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2 zeigt ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente 200. Die elektromechanische Komponente 200 umfasst eine Erfassungseinrichtung 201, welche ausgebildet ist, eine aktuelle mechanische Zustandsgröße der elektromechanischen Komponente 200 und eine aktuelle elektrische Zustandsgröße der elektromechanischen Komponente 200 zu erfassen. Die elektromechanische Komponente 200 umfasst ferner eine Kommunikationsschnittstelle 203, welche ausgebildet ist, die erfasste aktuelle mechanische Zustandsgröße und die erfasste aktuelle elektrische Zustandsgröße über ein Kommunikationsnetzwerk an eine entfernte Datenverarbeitungseinrichtung zur Ermittlung eines Zustandes der elektromechanischen Komponente 200 auf der Basis eines Verhaltensmodells der elektromechanischen Komponente 200 zu übermitteln, wobei das Verhaltensmodell einen Einfluss der erfassten aktuellen mechanischen Zustandsgröße auf die erfasste aktuelle elektrische Zustandsgröße berücksichtigt. Die Kommunikationsschnittstelle 203 ist ausgebildet, eine Angabe über den ermittelten Zustand über das Kommunikationsnetzwerk zu empfangen.
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3 zeigt ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente 200 und einer Datenverarbeitungseinrichtung 301. Die elektromechanische Komponente 200 und die Datenverarbeitungseinrichtung 301 kommunizieren über ein Kommunikationsnetzwerk 303. Die elektromechanische Komponente 200 umfasst eine Erfassungseinrichtung 201, welche ausgebildet ist, eine aktuelle mechanische Zustandsgröße der elektromechanischen Komponente 200 und eine aktuelle elektrische Zustandsgröße der elektromechanischen Komponente 200 zu erfassen. Die elektromechanische Komponente 200 umfasst ferner eine Kommunikationsschnittstelle 203, welche ausgebildet ist, die erfasste aktuelle mechanische Zustandsgröße und die erfasste aktuelle elektrische Zustandsgröße über das Kommunikationsnetzwerk 303 an die entfernte Datenverarbeitungseinrichtung 301 zur Ermittlung eines Zustandes der elektromechanischen Komponente 200 auf der Basis eines Verhaltensmodells der elektromechanischen Komponente 200 zu übermitteln, wobei das Verhaltensmodell einen Einfluss der erfassten aktuellen mechanischen Zustandsgröße auf die erfasste aktuelle elektrische Zustandsgröße berücksichtigt. Die Kommunikationsschnittstelle 203 ist ausgebildet, eine Angabe über den ermittelten Zustand über das Kommunikationsnetzwerk 303 zu empfangen.
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Im Folgenden werden weitere Ausführungsformen des Verfahrens 100 sowie der elektromechanischen Komponente 200 detaillierter beschrieben.
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Das Verfahren 100 ermöglicht eine Analyse und Überwachung der elektromechanischen Komponente 200 unter Verwendung eines Verhaltensmodells, wobei ein Verhaltenssimulator zum Einsatz kommen kann. Die elektromechanische Komponente 200 kann beispielsweise ein Schaltgerät sein. Das Konzept ermöglicht es, mit den aus der realen elektromechanischen Komponente 200 übertragenen Zustandsgrößen, welche Kennwerte sein können, ein Verhalten der elektromechanischen Komponente 200 mittels einer Verhaltenssimulation abzubilden.
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In der Verhaltenssimulation bzw. Systemsimulation werden die in einem Automatisierungssystem vorhandenen Komponenten unterschiedlicher Domänen in Verhaltensmodellen abgebildet und über Zustandsgrößen bzw. Wirkgrößen verknüpft, beispielsweise über einen Strom, eine Kraft, einen Fluss oder einen logischen Zustand. Der Vorteil der Verhaltenssimulation besteht beispielsweise darin, dass die Wirkung und Rückwirkung der Zustandsgrößen berücksichtigt werden können. Damit können beispielsweise Rückwirkungen von mechanischen Systemen auf elektromagnetische und elektrische Systeme abgebildet werden.
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Die Verhaltenssimulation bildet somit einen tatsächlichen sich zum Zeitpunkt der Erfassung der Zustandsgrößen darstellenden Zustand der elektromechanischen Komponente 200 ab. Damit sind beispielsweise Änderungen der mechanischen oder elektrischen Zustandsgrößen erfasst. Gegebenenfalls relevante Änderungen bzw. Entscheidungen können beispielsweise an die reale elektromechanische Komponente 200 übergeben werden.
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Neben der Abbildung in Verhaltensmodellen mit bidirektionalem Fluss der Zustandsgrößen können komplexe Verhaltensmodelle über Metamodelle abgebildet und in die Verhaltenssimulation eingebunden werden. Die Anwendung von Metamodellen ist beispielsweise bei der Darstellung eines Zuverlässigkeitsverhaltens von elektrischen Kontakten in Anhängigkeit von einer Last, eines mechanischen Überhubs, eines Kontaktabstands, einer Kontaktkraft, einer Rückstellkraft, eines zeitabhängigen Prellens oder einer Öffnungsgeschwindigkeit vorteilhaft. Durch die Einbindung von Metamodellen kann ferner eine Ausfallwahrscheinlichkeit zu einem aktuellen Zeitpunkt mittels der gemessenen Zustandsgrößen ermittelt werden und bei einem potentiell gefährlichen Zustand eine Abschaltung des Automatisierungssystems durchgeführt werden.
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Eine Realisierung kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen.
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Option 1:
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Die elektromechanische Komponente 200 ermittelt die Zustandsgrößen beispielsweise mittels Strommessung, Spannungsmessung, Zeitmessung oder Zustandsermittlung, und überträgt diese über das Kommunikationsnetzwerk 303, beispielsweise via Ethernet, Profinet oder USB, an die entfernten Datenverarbeitungseinrichtung 301, auf welcher das Verhaltensmodell mit den erfassten Daten das Verhalten ermittelt. Die Ergebnisse der Verhaltenssimulation werden als Zustand zur Steuerung der elektromechanischen Komponente 200, gegebenenfalls auch zum Abschalten zur Vermeidung kritischer oder potentiell gefährlicher Zustände, übertragen.
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Option 2:
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Die elektromechanische Komponente 200 ermittelt gemäß Option 1 die Zustandsgrößen und überträgt diese an ein paralleles System, welches sich in der elektromechanischen Komponente 200 oder dessen unmittelbarer Umgebung, beispielsweise auf einer Hutschiene direkt benachbart, befindet, auf dem sich das Verhaltensmodell befindet und das die Daten gemäß Option 1 auswertet und die Ergebnisse gemäß Option 1 an die elektromechanische Komponente 200 überträgt.
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Option 3:
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Die elektromechanische Komponente 200 übermittelt gemäß Option 1 oder 2 die Daten auf ein System, auf dem das Verhaltensmodell als ausführbares Objekt läuft und welches die Ergebnisse gemäß Option 1 oder 2 an die elektromechanische Komponente 200 überträgt.
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Das Verhaltens- bzw. Simulationsmodell umfasst typischerweise Objekte aus folgenden Domänen:
- - Elektrische, z.B. elektronische Schaltungen, Sensoren wie Lichtschranken oder Schalter;
- - Magnetische, z.B. Reedkontakte, Sensoren;
- - Elektromagnetische, z.B. Relais, Schütze, Ventile, Hallsensor;
- - Fluide, z.B. Druckventile, Düsen;
- - Thermische Quellen, z.B. Lastwiderstände, Heizungen, Lüfter, Kühler;
- - Softwareobjekte, z.B. Firmware Blöcke, PWM, OSSD; und
- - Metamodelle zur Abbildung stochastischer Zusammenhänge
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4a und Fig. 4a' zeigen ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente 200, welche als elektromagnetisches Schaltgerät ausgebildet ist. Die elektromechanische Komponente 200 umfasst eine Firmware-Komponente 401, eine Elektronik-Komponente 403, eine Elektromechanik-Komponente 405, eine Fluid-Komponente 407, und eine Kommunikationsschnittstelle 203 bzw. Datenschnittstelle 409 zur bidirektionalen Datenübertragung. Das Verhaltensmodell umfasst ein Firmware-Modul 411, ein Elektronik-Modul 413, ein Elektromagnetik-Modul 415, ein Mechanik-Modul 417, und ein Metamodell-Modul 419 zur Ermittlung einer Kontaktzuverlässigkeit.
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4b und Fig. 4b' zeigen ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente 200, welche als elektromagnetisches Schaltgerät ausgebildet ist. Die elektromechanische Komponente 200 umfasst eine Firmware-Komponente 401, eine Elektronik-Komponente 403, eine Elektromechanik-Komponente 405, eine Fluid-Komponente 407, und eine Kommunikationsschnittstelle 203 bzw. Datenschnittstelle 409 zur bidirektionalen Datenübertragung. Das Verhaltensmodell umfasst optional oder zusätzlich ein Objekt 421 zur Ermittlung einer Lichtbogenbrenndauer, ein Objekt 423 zur Ermittlung eines Prellverhaltens von Kontakten, und ein Objekt 425 zur Ermittlung eines Kontaktwiderstandes.
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5a bis 5f zeigen schematische Diagramme von Zeitverläufen von Zustandsgrößen elektromechanischer Komponenten. Im Folgenden werden zwei Ausführungsbeispiele näher erläutert.
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Erstes Ausführungsbeispiel:
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Die Lebensdauer eines Kontaktes eines Relais als elektromechanische Komponente hängt bei Lasten mit hohem Einschaltstrom, beispielsweise bei Schützen oder Motoren, stark vom Prellverhalten beim Einschalten des Kontaktes ab.
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Wenn der Kontakt nicht prellt bzw. die Prellzeit keiner als 0,1 µs ist, so dass sich üblicherweise kein Einschaltlichtbogen bilden kann, ist der Kontaktverschleiß durch Erwärmung durch den Einschaltlichtbogen geringer als bei prellenden Kontakten mit einer Prellzeit von typischerweise mehr als 1 bis 5ms und einer Anzahl der Preller zwischen 2 und 5. Bei Überschreitung von kritischen Werten, beispielsweise der Prellanzahl oder der Prelldauer, kann der Lastkontaktdauerhaft verschweißen und somit die Last eingeschaltet bleiben, was einen potentiell gefährlichen Zustand darstellen kann.
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Die Veränderung des Prellverhaltens kann durch eine Vielzahl von Einflüssen erfolgen, beispielsweise eine Schaltspielzahl am Lastkontakt, einem Einfluss einer Umgebungstemperatur oder eines mechanischen Verschleißes, einem Einfluss einer Ansteuerspannung oder einer Ermüdung von Kontaktfedern.
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In diesem Ausführungsbeispiel wird das Prellverhalten, insbesondere die Prellanzahl oder die Prelldauer, des Lastkontaktes ermittelt. Bei Veränderungen dahingehend, dass sich das Prellverhalten in kritische Werte hinsichtlich der Prellanzahl oder der Prelldauer verändert, werden der elektromechanischen Komponente Information über diese Zustandsänderung bereitgestellt. Daraufhin kann beispielsweise eine Warnung an einen Betreiber erfolgen oder auch eine Abschaltung zu einem geeigneten Zeitpunkt vor einem Ausfall und damit vor einem kritischen Zustand durchgeführt werden.
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Die Ermittlung des Prellverhaltens kann dadurch erfolgen, dass der Laststrom mittels eines Stromsensors, beispielsweise einem Reedkontakt, und/oder die mechanische Rückwirkung des Kontaktprellens auf den Ansteuerstrom der Relaisspule erfasst werden. Bei prellenden Kontakten wird der Laststrom durch den geöffneten Kontakt kurzzeitig abgeschaltet. Bei hohen Lasten kann ein Lichtbogen zwischen den offenen Kontakten entstehen. Die Erfassung der Unterbrechung und/oder Veränderung des Laststromes kann herausfordernd sein, wenn die Lastspannung sehr hoch ist, beispielsweise bei Netzspannung, und sich damit die verbleibende Quellspannung bedingt durch den stehenden Lichtbogen nur sehr wenig ändert.
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Daher kann zusätzlich oder parallel der mechanische Einfluss des prellenden Kontaktes auf den Ansteuerstrom der Spule ermittelt werden. In 5a sind die Erregerspannung der Relaisspule, der Spulenstrom, der Kontaktstrom am Schließer-Kontakt und die Ankerbewegung dargestellt. Diese Zustandsgrößen können messtechnisch erfasst werden. Dabei ist ersichtlich, dass sich die Preller des Schließer-Kontaktes auf den Spulenstrom auswirken. Dieser Einfluss auf den Spulenstrom kann messtechnisch erfasst und ausgewertet werden.
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Eine Möglichkeit der Auswertung ist die 1 bis 2-malige Differenzierung des Spulenstroms, um die Änderung des Spulenstromes zu erfassen, wie beispielsweise in 5b gezeigt ist. Nach erfolgter erster Kontaktgabe sind die Preller als Nullstellen nach 2-facher Differenzierung des Spulenstromes identifizierbar. Über die Anzahl und die Dauer der Nullstellen kann man auf der Ansteuerseite die Anzahl und die Dauer der Kontaktpreller identifizieren.
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Eine weitere mögliche Anwendung ist die Analyse der Ursachen von Kontakt-Prellern und gegebenenfalls einer Korrektur im laufenden Betrieb. Eine Ursache für auftretende Preller kann beispielsweise eine Erwärmung des Relais und eine damit verbunden Erhöhung des Spulenwiderstandes sein. Durch diesen Effekt wird der Spulenstrom zur Erregung des Relais verringert, was gleichzeitig eine Verringerung der Kraft des Magnetsystems und, damit verbunden, eine Erhöhung der Prelldauer bzw. der Anzahl der Preller nach sich ziehen kann.
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Weitere Möglichkeiten sind die Veränderungen der mechanischen Parameter, beispielsweise durch Reibung oder Ermüdung, und damit Veränderungen der kinetischen Verhältnisse bei der Kontaktgabe. Um die Ursachen hierfür zu ermitteln, ist ein Vergleich der ermittelten Zustandsgrößen des Verhaltensmodells unter Variation der Relaisparameter und der gemessenen Zustandsgrößen des realen Objekts möglich. Durch Optimierung der Modellparameter mit dem Ziel einer minimalen Abweichung einer Modell-Charakteristik, beispielsweise des differenzierten Spulenstromes und des gemessenen differenzierten Spulenstroms, können die für das veränderte Verhalten des realen Objektes bestimmenden Parameter und deren Größe ermittelt werden. Basierend auf dieser Kenntnis kann beispielsweise durch eine Veränderung der Ansteuercharakteristik, beispielsweise eines Stromanstiegs, eines Spannungswerts, einer Impulsform, einer Impulsdauer, einer Impulsfrequenz bei einer Puls-Weiten-Modulation (PWM), eine Ansteuerung das Prellverhalten derart beeinflussen, dass die Anzahl oder Dauer der Preller minimiert wird und damit der Zeitpunkt zur Erreichung eines kritischen Zustandes, beispielsweise eines dauerhaft verschweißten Kontaktes, nach hinten verschoben werden kann.
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Zweites Ausführungsbeispiel:
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Zur Reduzierung der Ansteuerleistung von Relais wird oft eine PWM-Ansteuerung gewählt. Diese hat den Vorteil, dass die Relaisspule nach einem Einschalten mit einer getakteten Spannung betrieben werden kann, die ausreichend ist, den Arbeitszustand aufrecht zu erhalten. Da die Relaisparameter streuen können, wird typischerweise die Pulsweite so gewählt, dass auch unter Worst-Case-Bedingungen für alle möglichen Relais dieser Arbeitszustand erhalten bleibt. Da aber nur sehr wenige Relais - bei normalverteilten Prozessen << 0,1% - diese Worst-Case-Bedingungen erfordern, wird die verbleibende überwiegende Mehrheit mit einer höheren als der notwendigen Leistung angesteuert. Diese Leistung führt zu einer Erwärmung und damit zu Herausforderungen, insbesondere bei einer großen Anzahl gleichzeitig angesteuerter Relais.
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Das Konzept besteht darin, die für das jeweilige Relais optimale Ansteuerleistung, beispielsweise mittels eines Puls-Pause-Verhältnisses, zu erfassen und die Ansteuerung minimal derart einzustellen, dass die Arbeitslage immer eingehalten wird.
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Der Ablauf erfolgt beispielsweise folgendermaßen:
- Schritt 1:
- Erregung des Relais im Einschaltzeitraum mit voller Spannung bis zur sicheren Erreichung der Endlage.
- Schritt 2:
- PWM-Tastung der Betriebsspannung und Messung des Spulenstromes.
- Schritt 3:
- Bei beginnender Ankerbewegung - identifizierbar durch einen Anstieg der Spulenspannung - Veränderung des Impulsverhältnisses derart, dass der Anker wieder sicher in der Arbeitslage verbleibt.
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In 5c sind beispielhaft der Verlauf der Ansteuerspannung, des Spulenstromes, die Bewegung des Ankers und die Kontaktkraft unter Normalbedingungen dargestellt. Die Spulenspannung wird nach 45ms auf eine PWM umgeschaltet, die derart ausgelegt ist, dass der Anker in der Arbeitslage verbleibt. 5d zeigt einen beispielhaften Fall, in welchem die PWM nicht ausreichend bemessen ist, sodass nach einer Verzögerungszeit von ca. 62ms der Anker beginnt, sich von der Endlage zu lösen und damit auch die Kontaktkraft reduziert wird. 5e und 5f zeigen einen Zustand, bei dem die Ankerbewegung erkannt wird, indem der Spulenstrom differenziert wird und die Ankerbewegung durch einen positiven Nulldurchgang des differenzierten Ankerstroms erfasst wird. Mit diesem Signal wird die PWM nunmehr so verändert, beispielsweise durch eine Erhöhung eines Duty-Werts, dass der Anker unmittelbar wieder sicher die Endlage erreicht. Die resultierende verbleibende Ankerbewegung ist minimal und die Kontaktkraft am Lastkontakt bleibt praktisch ohne Veränderung, wie in 5e gezeigt ist.
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6a, Fig. 6a', 6b und Fig. 6b' zeigen ein schematisches Diagramm einer elektromechanischen Komponente 200. Das beschriebene Konzept ermöglicht eine Realisierung eines „Digitalen Zwillings“ auf Basis eines physikalischen Verhaltensmodells der elektromechanischen Komponente 200. Das Verhaltensmodell kann mittels eines Systemsimulators implementiert werden.
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Das Verhaltensmodell (1) als Systemabbildung beinhaltet physikalische Modelle aller Komponenten der elektromechanischen Komponente 200, wie beispielsweise:
- (1.1) Elektronik (Ansteuerschaltung Relais, inklusive Schalt-Anforderungsblock);
- (1.2) Elektromagnet (Magnetsystem Relais);
- (1.3) Mechanik (Kontaktfeder, Rückstellfedern Relais);
- (1.4) Schaltkontakt (Modell Kontaktwiderstand, Lichtbogen Schaltkontakt Relais);
- (1.5) Stromsensor (Sensor Laststrom);
- (1.6) Lastspannung;
- (1.7) Last (Widerstand, Induktivität, Kapazität); und
- (1.8) Kennlinienfeld Lebensdauer.
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Dazu können Ergebnisse von Tests und dazugehörige Relaisparameter in einem Ersatzmodell bzw. Metamodell ähnlich einem Kennlinienfeld abgebildet werden. Es kann dabei vorteilhaft sein, für verschiedene Lastarten, beispielsweise Gleichstrom oder Wechselstrom, sowie Ausfallmechanismen, beispielsweise einen nicht öffnenden Kontakt als potentiell gefährlichen Ausfall oder einen nicht schließenden Kontakt, unterschiedliche Modelle zu generieren. Die Erzeugung eines Ersatzmodells erfolgt beispielsweise mittels der Methode des MOP (Metamodel of Optimal Prognosis).
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Das Verhaltensmodell (1) wird in einem Neu- bzw. Urzustand mit Daten aus der Fertigung oder Endprüfung dahingehend initialisiert, dass der Zustand der jeweils zugeordneten Hardware abgebildet wird. Mittels einer Kommunikationsschnittstelle 203 zur Datenübertragung, beispielsweise mittels USB, LAN oder Fire-Wire, werden Zustandsgrößen in Form von Messdaten an das Verhaltensmodell übertragen und in dieses eingelesen.
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Die Zustandsgrößen umfassen beispielsweise:
- (2.1) Kontaktspannung NC-Kontakt;
- (2.2) Betriebsspannung Ansteuerschaltung;
- (2.3) Spulenstrom Relais;
- (2.4) Kontaktspannung NO-Kontakt (Lastkontakt);
- (2.5) Umgebungstemperatur;
- (2.6) Laststrom; und
- (2.7) Lastspannung.
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Nunmehr erfolgt eine Simulation des Verhaltens mit den aktuell gültigen Zustandsgrößen aus der elektromechanischen Komponente 200. Dabei werden beispielsweise innere Relaisparameter aus der Simulation gewonnen, die messtechnisch nicht erfassbar jedoch für das Verhalten (z.B. Ausfall / Lebensdauer) relevant sein können, beispielsweise ein Überhub des Lastkontaktes oder ein Reibweg des Lastkontaktes.
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Darüber hinaus werden die als Signale übertragenen Messwerte durch mathematische Operationen, wie beispielsweise Integraloperationen, Transformationen oder Ableitungen, derart konvertiert, dass die charakteristischen Eigenschaften der Signale beispielsweise durch Koeffizienten dargestellt werden können. Diese können analog zu normalen Parametern dargestellt und verarbeitet werden.
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Die übertragenen Messwerte und die daraus in der Simulation ermittelten Parameter sowie die mit dem Verhaltensmodell in der Simulation ermittelten Parameter werden beispielsweise in zumindest einem Metamodell zur Prognose eines Ausfallsverhaltens, beispielsweise einer verbleibenden Schaltspielzahl, verarbeitet.
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Die Zustandsgrößen bzw. Zustände werden ausgegeben oder visualisiert. Im Falle einer deutlichen Verringerung der zu erwartenden Rest-Lebensdauer oder einer geringen Rest-Lebensdauer kann beispielsweise mittels einer vorbeugenden Wartung ein unerwarteter Ausfall vermieden werden. Im Fall einer verbleibenden hohen Rest-Lebensdauer kann beispielsweise eine geplante Wartung verschoben werden.
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Das Verhaltensmodell kann lokal in Erweiterung der Hardware der elektromechanischen Komponente 200 angeordnet werden. Eine Datenübertragung erfolgt in diesem Fall beispielsweise über einen internen Bus. Für mehrere elektromechanische Komponenten 200 kann das Verhaltensmodell beispielsweise in einer Automatenlinie in einer im lokalen Netz befindlichen Datenverarbeitungseinrichtung oder für eine oder mehrere elektromechanische Komponenten an einem entfernten Ort, beispielsweise in einer Cloud, angeordnet sein.
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In einer weiteren Anwendung erfolgt eine aktive Beeinflussung oder Optimierung der elektromechanischen Komponente 200 durch Veränderungen von einstellbaren Parametern (1.9), wie beispielsweise:
- - einer Betriebsspannung;
- - einem PWM Duty-Wert; oder
- - einer Schaltsequenz bei Redundanz.
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Dazu kann auf der Ebene des Simulationsmodells ein Optimierer (6) die Ergebnisse der Simulation, beispielsweise die Rest-Lebensdauer, unter Variation von Simulationsparametern (1.9), beispielsweise Relaiskennwerten, dahingehend optimieren, dass ein optimaler Parametersatz (1.10) gefunden wird, bei dem beispielsweise eine möglichst hohe Rest-Lebensdauer erreicht wird.
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Alle in Verbindung mit einzelnen Ausführungsformen beschriebenen und gezeigten Merkmale können in unterschiedlicher Kombination in dem erfindungsgemäßen Gegenstand vorgesehen sein, um gleichzeitig deren vorteilhafte Wirkungen zu erzielen.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Verfahren zur Überwachung einer elektromechanischen Komponente
- 101
- Erfassen einer aktuellen mechanischen Zustandsgröße
- 103
- Erfassen einer aktuellen elektrischen Zustandsgröße
- 105
- Ermitteln eines Zustandes der elektromechanischen Komponente
- 200
- Elektromechanische Komponente
- 201
- Erfassungseinrichtung
- 203
- Kommunikationsschnittstelle
- 301
- Datenverarbeitungseinrichtung
- 303
- Kommunikationsnetzwerk
- 401
- Firmware-Komponente
- 403
- Elektronik-Komponente
- 405
- Elektromechanik-Komponente
- 407
- Fluid-Komponente
- 409
- Datenschnittstelle
- 411
- Firmware-Modul
- 413
- Elektronik-Modul
- 415
- Elektromagnetik-Modul
- 417
- Mechanik-Modul
- 419
- Metamodell-Modul
- 421
- Objekt
- 423
- Objekt
- 425
- Objekt