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Die Erfindung betrifft ein System zur Satellitennavigation im Flugverkehr.
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Globale Satellitennavigationssysteme (GNSS) wie GPS und Galileo werden durch Erweiterungssysteme, sogenannte Space-Based Augmentation Systems (SBAS), ergänzt, um die Positionsgenauigkeit auf 1 bis 3 Meter zu steigern. Hierzu übermittelt ein geostationärer SBAS-Satellit (GEO) Integritätsdaten über die GNSS-Satelliten sowie ionosphährische Korrekturdaten auf zwei Frequenzen F1 und F2 an den Nutzer. SBAS ist vor allem für den Einsatz von GNSS im Flugverkehr von Bedeutung. Der Empfang von SBAS setzt freie Sicht zu dem GEO-Satelliten voraus. In nördlichen Breiten erscheint der GEO-Satellit jedoch sehr niedrig am Horizont (weniger als 20° Elevation nördlich des 61. Breitengrades), so dass der Empfang besonders in Bergtälern (z.B. bei Landeanflügen) blockiert sein kann (siehe die Darstellung dieser Situation in 1).
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Um den Empfang lokal dennoch zu ermöglichen, sind SBAS-Pseudoliten, d.h. terrestrische Sender, die das SBAS-Signal des GEO-Satelliten an einem günstig exponierten Ort empfangen und erneut abstrahlen, eine mögliche Option. Ein solcher Pseudolit muss jedoch auf denselben Frequenzen senden, die auch von GNSS und dem SBAS-GEO-Satelliten genutzt werden (typischerweise im L-Band auf den Frequenzen L1 und L5), und kann somit die Nutzung dieser Dienste in weitem Umkreis erheblich stören bzw. unmöglich machen.
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Zum Stand der Technik sei verwiesen auf
US 7 310 064 B2 ,
US 6 449 558 B1 , R. Chen, A. Hyttinen, Y. Chen, M. Ström, H. Laitinen, M. Tossaint, S. Martin, "Development of the EGNOS Pseudolite System", Journal of Global Positioning System, Vol. 6, No. 2, S. 119–125, 2007, und C. Montefusco, J. Ventura-Traveset, R. Lucas-Rodriguez, F. Toran, M. Jofre, "Enhancing SBAS performance: the EGNOS pseudolite concept", European Navigation Conference GNSS 2005, Munich, 2005.
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Für den Stand der Technik gilt Folgendes:
- a) Für die Kompatibilität von regulärem GEO-SBAS und SBAS-Pseudolit: das SBAS-Signal am Pseudoliten ist zunächst zu dekodieren, die übermittelten Daten auszulesen und dann vor dem Abstrahlen neu zu kodieren. Dies entspricht einer klassischen "decode and forward"-(DF-)Technik. Ein solcher Sender kann die Daten mit einem Pseudorausch-Spreizcode (PRN), der von dem PRN des GEO verschieden ist, kodieren, und erreicht so eine Kreuzkorrelation nahe Null zwischen regulärem (GEO) SBAS-Signal und dem SBAS-Signal des Pseudoliten, ohne zusätzliches Frequenzspektrum in Anspruch zu nehmen.
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Die DF-Technik macht erhebliche Signalverarbeitung durch den Pseudoliten nötig, ehe das SBAS-Signal erneut abgestrahlt werden kann. Die Operationen "Dekodieren" und "Kodieren" nehmen Zeit in Anspruch. Diese Latenz ist besonders im Hinblick auf die zeitkritischen Integritätsdaten, die SBAS übermittelt, problematisch. Die durch SBAS garantierte maximale Dauer bis zur Anzeige eines Integritätsfehlers (time to alert) beträgt sechs Sekunden. Diese Zeit wird von einem SBAS-Pseudoliten mit DF-Technik in jedem Fall überschritten. Des Weiteren muss der Pseudolit für DF die übermittelten Daten "anfassen", also korrekt dekodieren und kodieren, was also seinerseits ein Integritätsrisiko bedeutet. Ein weiterer Nachteil ist, dass der Nutzer einen gesonderten PRN für den Pseudoliten verwenden muss, der Nutzer also bewusst von Satellit auf Pseudolit umschalten muss.
- b) Das Problem des gestörten GNSS Empfanges ist durch a) allein nicht zu beheben, da GNSS-Signale auf der Erde eine sehr geringe Leistung haben und der Pseudolit vergleichsweise stark sendet. Die Störung der GNSS-Signale wird in Kauf genommen. Stattdessen sollen die Pseudoliten nicht nur SBAS bieten, sondern zusätzlich auch selbst als GNSS-Pseudoliten fungieren und die GNSS-Satelliten ersetzen, obwohl diese sichtbar sind. Um auch Positionierungsdienste, also Nutzung von GNSS, im gestörten Gebiet zu ermöglichen, ist ein ganzer Pseudoliten-Verbund nötig, der eine GNSS Satelliten-Konstellation simuliert. Ein einzelner Pseudolit allein kann nur eine Entfernungsmessung bieten, nicht jedoch Positionierung. Dies bedeutet erheblichen technischen Aufwand und erfordert hochpräzises und genauestens synchronisiertes Senden von GNSS-ähnlichen Signalen von mehreren Standorten aus. Dieser Aufwand steht in keinem Verhältnis zum ursprünglichen Ziel, nämlich die simple Weiterleitung des SBAS-Signals in Gebieten ohne GEO-Satellitenempfang. Hierzu würde ein einzelner Pseudolit genügen.
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Aufgabe der Erfindung ist die Verbesserung der Hochfrequenzkompatibilität von SBAS-Pseudoliten mit Navigationssatelliten.
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Zur Lösung dieser Aufgabe wird ein System zur Satellitennavigation im Flugverkehr vorgeschlagen, wobei das System versehen ist mit
- – mehreren Navigationssatelliten, die Zweifrequenz-Navigationssignale aussenden, welche bei einer ersten Frequenz (F1) eine erste Navigationssignalkomponente (G1) mit einem ersten Spektrum und bei einer von der ersten Frequenz (F1) verschiedenen zweiten Frequenz (F2) eine zweite Navigationssignalkomponente (G2) mit einem zweiten Spektrum aufweisen,
- – einem satellitengestützten Erweiterungssystem, das mehrere Erweiterungssatelliten und mindestens einen ortsfesten Pseudosatelliten auf der Erde aufweist,
- – wobei die Erweiterungssatelliten Zweifrequenz-Erweiterungssignale aussenden, die bei einer ersten, mit der ersten Frequenz (F1) des Zweifrequenz-Navigationssignals identischen Frequenz (F1) eine erste Erweiterungssignalkomponente (S1) mit einem dritten Spektrum und bei einer zweiten, mit der zweiten Frequenz (F2) der Zweifrequenz-Navigationssignale identischen Frequenz (F2) eine zweite Erweiterungssignalkomponente (S2) mit einem vierten Spektrum aufweisen (sämtliche vier Spektren sind typischerweise unterschiedlich),
- – wobei der mindestens eine Pseudolit von mindestens einem der Erweiterungssatelliten Erweiterungssignale empfängt und aussendet,
- – wobei die zweite Signalkomponente (S2) des Erweiterungssignals und die erste Signalkomponente (G1) des Navigationssignals einen kleineren spektralen Separationskoeffizienten aufweist als die erste Signalkomponente (S1) des Erweiterungssignals und die erste Signalkomponente (G1) des Navigationssignals und/oder
- – wobei die erste Signalkomponente (S1) des Erweiterungssignals und die zweite Signalkomponente des Navigationssignals (G2) einen kleineren Separationskoeffizienten als die zweite Signalkomponente (S2) des Erweiterungssignals und die zweite Signalkomponente (G2) des Navigationssignals und
- – wobei der Pseudolit die zweite Signalkomponente (S2) eines empfangenen Zweifrequenz-Erweiterungssignals bei dessen erster Frequenz (F1) und die erste Signalkomponente (S1) des empfangenen Zweifrequenz-Erweiterungssignals bei dessen zweiten Frequenz (F2) aussendet.
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SBAS wird typischerweise in zwei Signal-Komponenten (S1 und S2) auf zwei Frequenzen (F1 und F2) gesendet und empfangen, z.B. auf den Frequenzen L1 = 1575.42 MHz (F1) und L1 = 1176.45 MHz (F2). Die gegebenenfalls vorhandenen GNSS-Signalkomponenten auf F1 und F2 bezeichnen wir indes mit G1 und G2. Erfindungsgemäß wird vorgeschlagen, am Pseudoliten eine wechselseitige Frequenz-Translation für das SBAS-Signal vorzunehmen, so dass die ursprünglich auf F1 modulierte Komponente S1 des SBAS-Signals vom Pseudoliten auf der Trägerfrequenz F2 und die ursprünglich auf F2 modulierte Komponente S2 des SBAS-Signals auf F1 abgestrahlt wird. Dies kann in Kombination mit einer DF-Technik verwendet werden, kann aber auch ohne Dekodierung und Kodierung erfolgen, also durch klassisches "amplify and forward" (AF). Dies wirkt sich positiv auf die Kompatibilität mit GEO-SBAS und mit GNSS aus wie folgt:
- a) In jedem Fall wird die vom Pseudoliten verschuldete Störung des regulären SBAS-GEO-Satelliten aufgehoben, da S1 und S2 unkorreliert sind.
- b) Die Interferenz gegenüber der GNSS Komponente G1 wird reduziert wenn die Nutzkomponenten S2 und G1 einen kleineren spektralen Separationskoeffizienten (SSC) aufweisen als S1 und G1. Die Interferenz gegenüber der GNSS Komponente G2 wird reduziert, wenn S1 und G2 einen kleineren SSC aufweisen als S2 und G2. Der SSC quantifiziert die Ähnlichkeit zweier Leistungsdichtespektren (LDS); je geringer der SSC, desto verschiedener sind die beiden LDS und desto weniger stören sich die zugehörigen Signale gegenseitig. Typischerweise besitzen S1 und G1 ein BPSK(1)-LDS, S2 und G2 hingegen ein BPSK(10)-LDS; somit wird der SSC deutlich reduziert (im Beispiel ca. um 86%). Berechnungen zeigen, dass für dieses Beispiel die Nutzung von GNSS in einer Entfernung zum Pseudoliten von mindestens 150 Metern wieder möglich ist und in einer Entfernung von mindestens zwei Kilometern sogar völlig ungestört ist.
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Die Erfindung bietet eine Möglichkeit, das am Pseudoliten abgestrahlte Signal derart zu remodulieren, dass der SBAS-Dienst des SBAS-GEO-Satelliten ungestört und Satellitennavigations-(GNSS-)Dienste in einem Abstand von mindestens 150 Metern zum Pseudoliten verfügbar bleiben. Hierfür soll die Funktionalität des Pseudoliten jedoch nicht eingeschränkt und kein zusätzliches Frequenzspektrum belegt werden. Erfindungsgemäß werden die zwei Trägerfrequenzen F1, F2 der zwei Signalkomponenten des vom Pseudoliten weiterzuleitenden Erweiterungssignals am Pseudoliten miteinander vertauscht und gegebenenfalls verstärkt ("gegenverstärkt"), d.h. auf der Trägerfrequenz F1 wird die Signalkomponente S2 des Erweiterungssignals moduliert und die Signalkomponente S1 des Erweiterungssignals wird auf der Trägerfrequenz F2 moduliert.
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Die erfindungsgemäße Trägerfrequenzvertauschung von Zweifrequenz-SBAS-Signalen zur besseren Hochfrequenzkompatibilität von SBAS-Pseudoliten mit Navigationssatelliten hat die folgenden Vorteile:
- – Die weitaus simplere Technik AF kann genutzt werden, d.h. das Signal wird nur remoduliert, verstärkt und weitergeleitet. Somit entfällt ein Großteil des Signalverarbeitungsaufwandes und somit der Latenz am Pseudoliten. Das empfangene GEO-Signal muss lediglich in der Frequenz umgesetzt werden.
- – Falls AF eingesetzt wird, benötigt der Nutzer keine gesonderte PRN für den Pseudoliten.
- – Falls AF eingesetzt wird, wird die Integrität der Daten durch den Pseudoliten nicht berührt.
- – Da der negative Einfluss auf GNSS auf ein minimales Gebiet (150 Meter) beschränkt wird, ist der Betrieb eines Pseudoliten-Verbundes als GNSS-Ersatz nicht nötig. Es wird nur ein einziger Pseudolit benötigt, der notwendige Aufbau wird deutlich verschlankt.
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Anhand der Diagramme der 2 und 3 wird der Vorteil der Erfindung hinsichtlich der Hochfrequenzkompatibilität von SBAS-Erweiterungssignalen mit Navigationssatelliten wie z.B. denen von EGNUSS, WAAS und GNSS deutlich. In 2 sind die beiden Leistungsdichtespektren der jeweils ersten Komponenten (d.h. bei der ersten Frequenz F1) des Navigationssignals und des Erweiterungssignals und der jeweils zweiten Komponente (d.h. bei der zweiten Frequenz) zu erkennen. 3 zeigt die Leistungsspektren bei den Frequenzen F1 und F2 nach erfindungsgemäßer Vertauschung der Signalkomponenten des vom Pseudoliten ausgesendeten Erweiterungssignals. 4 zeigt die unvermeidliche Erhöhung der Standardabweichung der Positionsschätzung eines GNSS-Nutzers infolge der Interferenz durch den Pseudoliten als Funktion der Entfernung des Nutzers zum Pseudoliten. Ohne Pseudolit beträgt die Genauigkeit überall fünf Meter (Kurve Nr. 5). Verglichen werden verschiedene AF und DF Strategien jeweils mit Frequenz-Vertauschung (Kurven Nr. 6–9 "L1–L5") und ohne Frequenz-Vertauschung (Kurven Nr. 1–4).