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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs, das eine zum rekuperativen Verzögern des Kraftfahrzeugs ausgelegte Antriebseinrichtung sowie eine wenigstens einem Rad des Kraftfahrzeugs zugeordnete Betriebsbremseinrichtung aufweist. Die Erfindung betrifft weiterhin ein Kraftfahrzeug.
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Die Antriebseinrichtung dient dem Antreiben des Kraftfahrzeugs, insoweit also dem Bereitstellen eines auf das Antreiben des Kraftfahrzeugs gerichteten Drehmoments. Die Antriebseinrichtung weist hierzu wenigstens ein Antriebsaggregat auf, bevorzugt jedoch mehrere Antriebsaggregate, insbesondere mindestens zwei Antriebsaggregate, welche vorzugsweise unterschiedlichen Typs sind. In letzterem Fall kann die Antriebseinrichtung als Hybridantriebseinrichtung bezeichnet werden. Ein erstes der Antriebsaggregate kann hierbei beispielsweise in Form einer Brennkraftmaschine und weiteres der Antriebsaggregate in Form einer elektrischen Maschine vorliegen. Auch andere Ausgestaltungen der Antriebseinrichtung sind selbstredend realisierbar.
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Das Antriebsaggregat oder die Antriebsaggregate können derart ausgestaltet sein, dass sie das auf das Antreiben des Kraftfahrzeugs gerichtete Drehmoment, welches auch als Antriebsdrehmoment bezeichnet werden kann, zumindest zeitweise gemeinsam bereitstellen. Es kann jedoch auch vorgesehen sein, dass – falls mehrere Antriebsaggregate vorliegen – eines der Antriebsaggregate die zum Betreiben eines anderen der Antriebsaggregate notwendige Energie bereitstellt. Beispielsweise dient in diesem Fall die Brennkraftmaschine zum Antreiben eines Generators, welcher die zum Betreiben der elektrischen Maschine benötigte elektrische Energie bereitstellt.
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Es versteht sich von selbst, dass das Kraftfahrzeug mit Hilfe der Antriebseinrichtung rekuperativ verzögert werden kann. Darunter ist zu verstehen, dass zum Verzögern des Kraftfahrzeugs, also zum Verringern der Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs, mit Hilfe des Antriebsaggregats beziehungsweise eines der Antriebsaggregate ein auf das Verzögern des Kraftfahrzeugs gerichtetes Drehmoment erzeugt wird. Vorzugsweise ist hierzu das Antriebsaggregat beziehungsweise eines der Antriebsaggregate als elektrische Maschine ausgestaltet, welche zum rekuperativen Verzögern herangezogen und hierzu als Generator betrieben wird. Entsprechend kann mit Hilfe der elektrischen Maschine kinetische Energie des Kraftfahrzeugs zu seinem Verzögern in elektrische Energie umgewandelt und nachfolgend vorzugsweise zwischengespeichert werden.
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Alternativ oder zusätzlich kann das Kraftfahrzeug mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung verzögert werden, welche dem wenigstens einen Rad des Kraftfahrzeugs zugeordnet ist. Das bedeutet, dass mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung das Rad und entsprechend das Kraftfahrzeug abgebremst werden können. Vorzugsweise ist die Betriebsbremseinrichtung mehreren Rädern des Kraftfahrzeugs zugeordnet, insbesondere allen Rädern, kann also bremsend auf diese einwirken. Die Betriebsbremseinrichtung weist eine dem Rad zugeordnete Radbremse auf, im Falle der mehreren Räder also mehrere Radbremsen, wobei jedem der bremsbaren Räder eine derartige Radbremse zugeordnet ist. Mit Hilfe der Radbremse beziehungsweise der Betriebsbremseinrichtung kann kinetische Energie des Kraftfahrzeugs zu dessen Verzögern durch Reibung in Wärme umgewandelt werden.
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Weil das rekuperative Verzögern des Kraftfahrzeugs mit Hilfe der Antriebseinrichtung gegenüber dem Bremsen mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung Vorteile aufweist, wird bevorzugt zum Verzögern des Kraftfahrzeugs die Antriebseinrichtung herangezogen. Das bedeutet, dass die Betriebsbremseinrichtung beziehungsweise die Radbremse der Betriebsbremseinrichtung seltener zum Einsatz kommt als bei herkömmlichen Kraftfahrzeugen, welche nicht rekuperativ verzögerbar sind. Weil jedoch die Betriebsbremseinrichtung üblicherweise Bestandteile aufweist, beispielsweise eine Bremsscheibe und/oder einen Bremssattel, welche unter bestimmten Umgebungsbedingungen korrodieren können, kann es durch diesen seltenen Einsatz der Betriebsbremseinrichtung zu unerwünschten Erscheinungen, wie beispielsweise einer Geräuschbildung, einer Bremskraftverringerung, einer optischen Beeinträchtigung und/oder einem erhöhten Austauschbedarf von Verschleißteilen der Betriebsbremseinrichtung kommen.
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Es ist daher Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs vorzuschlagen, welches gegenüber bekannten Verfahren Vorteile aufweist, insbesondere dauerhaft einen zuverlässigen und unauffälligen Betrieb der Betriebsbremseinrichtung ermöglicht.
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Die wird erfindungsgemäß für ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 1 erreicht. Dabei ist vorgesehen, dass durch Integrieren oder Aufsummieren wenigstens eines Betriebsparameters der Betriebsbremseinrichtung über der Zeit oder einer zeitabhängigen Größe eine Bremszustandsgröße und aus der Bremszustandsgröße ein empfohlener Rekuperationsgrad für ein Verzögern des Kraftfahrzeugs ermittelt wird.
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Während des Betriebs des Kraftfahrzeugs soll insoweit der Betriebsparameter der Betriebsbremseinrichtung erfasst und über der Zeit beziehungsweise der zeitabhängigen Größe integriert werden. Hieraus ergibt sich die Bremszustandsgröße, welche den Zustand der Betriebsbremseinrichtung zumindest näherungsweise wiedergibt. Anhand der Bremszustandsgröße kann insoweit eine Aussage über den mutmaßlichen Zustand der Betriebsbremseinrichtung getroffen werden, insbesondere ob bei einem Verzögern des Kraftfahrzeugs mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung unerwünschte Begleiterscheinungen auftreten können oder sogar zu erwarten sind.
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Als zeitabhängige Größe kann grundsätzlich eine beliebige Größe herangezogen werden, beispielsweise eine Betriebsgröße des Kraftfahrzeugs. Die Größe kann beispielsweise in Form der über der Zeit von dem Kraftfahrzeug zurückgelegten Strecke vorliegen, wobei die Strecke von der Zeit abhängig ist. Die Strecke kann beispielsweise die seit Fahrbeginn zurückgelegte Strecke oder die Strecke seit der letzten Wartung der Betriebsbremseinrichtung sein. Es soll darauf hingewiesen werden, dass die Ausführungen für die Zeit und die zeitabhängige Größe im Rahmen dieser Beschreibung jeweils analog auf die jeweils andere Größe anwendbar sind.
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Aus der Bremszustandsgröße soll nachfolgend der empfohlene Rekuperationsgrad ermittelt werden. Der empfohlene Rekuperationsgrad spiegelt wieder, welchen Anteil an der zum Verzögern des Kraftfahrzeugs aufgebrachten Bremskraft beziehungsweise eines Bremsdrehmoments mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung erzeugt werden sollte, um den dauerhaft zuverlässigen Betrieb der Betriebsbremseinrichtung sicherzustellen. Der empfohlene Rekuperationsgrad spiegelt insoweit ein Verhältnis zwischen dem mittels der Antriebseinrichtung bereitgestellten Bremsteildrehmoments und dem mittels der Betriebsbremseinrichtung bereitgestellten Bremsteildrehmoments wieder, wobei sich das gesamte, auf das Verzögern des Kraftfahrzeugs gerichtete Bremsdrehmoment aus dem ersten Bremsteildrehmoment und dem zweiten Bremsteildrehmoment zusammensetzt. Beispielsweise ist das Bremsteildrehmoment der Antriebseinrichtung umso kleiner, je geringer der empfohlene Rekuperationsgrad ist.
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Der empfohlene Rekuperationsgrad für das Verzögern des Kraftfahrzeugs kann dabei für einen einzelnen Bremsvorgang oder über mehrere Bremsvorgänge hinweg ermittelt werden. Für letzteres werden beispielsweise mittlere beziehungsweise gemittelte Werte für die Bremsteildrehmomente erfasst. Beispielsweise ist es vorstellbar, dass der empfohlene Rekuperationsgrad beschreibt, bei welcher Untermenge aus einer Gesamtmenge an Bremsvorgängen das Verzögern zumindest teilweise, insbesondere vollständig, rekuperativ und bei welcher vollständig mittels der Betriebsbremseinrichtung erfolgen soll. Die Untermenge kann dabei – falls alle Bremsvorgänge rekuperativ erfolgen sollen – die Gesamtmenge an Bremsvorgängen umfassen oder nur einen Teil derselben. Beispielsweise wird hierzu der empfohlene Rekuperationsgrad als Anteil an der Gesamtmenge angegeben. Hieraus kann sich beispielsweise ergeben, dass aus einer bestimmten Anzahl an Bremsvorgängen eine bestimmte Teilmenge zumindest teilweise rekuperativ, insbesondere vollständig rekuperativ, oder allein mittels der Betriebsbremseinrichtung erfolgen soll.
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Zusätzlich oder alternativ kann der empfohlene Rekuperationsgrad das Verhältnis der Bremsteildrehmomente zueinander für jeden einzelnen Bremsvorgang wiederspiegeln. Dieses Verhältnis kann entweder für mehrere Bremsvorgänge konstant sein oder aber für einzelne Bremsvorgänge separat ermittelt werden, sodass es für unterschiedliche Bremsvorgänge unterschiedlich gewählt sein kann. Im ersten Fall kann das Verhältnis derart gewählt werden, dass sich bei rekuperativ durchgeführten Bremsvorgängen insgesamt der gewünschte Wert ergibt. Das Verhältnis kann also durchaus angepasst werden, beispielsweise in bestimmten Intervallen. Es kann vorgesehen sein, dass bei einer derartigen Vorgehensweise, bei welcher der empfohlene Rekuperationsgrad das Verhältnis der Bremsteilmomente für einzelne Bremsvorgänge wiederspiegel, jeder Bremsvorgang zumindest teilweise rekuperativ erfolgt. Dies ist jedoch insbesondere vorgesehen, falls das Verhältnis für jeden der Bremsvorgänge separat ermittelt wird.
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Der empfohlene Rekuperationsgrad kann, muss jedoch nicht für ein momentan durchgeführtes Verzögern oder für ein nachfolgend durchzuführendes Verzögern des Kraftfahrzeugs herangezogen werden. Er kann vielmehr in Form einer Empfehlungsgröße vorliegen, welche beispielsweise dem Fahrer des Kraftfahrzeugs angezeigt wird. Dieser kann anschließend manuell einen Vorgaberekuperationsgrad anpassen, welcher tatsächlich für das Verzögern des Kraftfahrzeugs oder zumindest als Sollwert für das Verzögern verwendet wird. Hinsichtlich der Definition des Vorgaberekuperationsgrad wird auf die Ausführungen zu dem empfohlenen Rekuperationsgrad hingewiesen. Diese sind analog heranzuziehen.
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Im Rahmen einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass der Betriebsparameter ein Schädigungsparameter und/oder ein Regenerationsparameter ist. Beispielsweise kann der Betriebsparameter lediglich in Form des Schädigungsparameters oder lediglich in Form des Regenerationsparameters vorliegen. In diesem Fall erfolgt die Integration beziehungsweise Aufsummierung des Betriebsparameters bevorzugt über eine definierte Zeitspanne mit endlicher Dauer, vorzugsweise mit konstanter Dauer. Die Zeitspanne endet vorzugsweise zum momentanen Zeitpunkt und gibt insoweit einen Einfluss des Schädigungsparameters beziehungsweise des Regenerationsparameters auf die Betriebsbremseinrichtung in der Vergangenheit wieder.
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Besonders vorteilhaft ist es jedoch, wenn sich der Betriebsparameter aus dem Schädigungsparameter und dem Regenerationsparameter zusammensetzt. Hierzu werden der Schädigungsparameter und der Regenerationsparameter beispielsweise vor dem Integrieren beziehungsweise Aufsummieren des Betriebsparameters zu diesem zusammengefasst, also miteinander verrechnet. Beispielsweise liegen der Schädigungsparameter und der Regenerationsparameter jeweils als positive Zahl vor. In diesem Fall kann es vorgesehen sein, dass der Betriebsparameter dem Schädigungsparameter abzüglich des Regenerationsparameters oder umgekehrt entspricht. In ersterem Fall wächst die Bremszustandsgröße also an, wenn der Schädigungsparameter größer ist als der Regenerationsparameter beziehungsweise nimmt in umgekehrtem Fall ab.
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Eine bevorzugte weitere Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass der Schädigungsparameter und/oder der Regenerationsparameter anhand wenigstens einer Zustandsgröße des Kraftfahrzeugs ermittelt wird, insbesondere mittels einer Tabelle. Beispielsweise sind der Schädigungsparameter und/oder der Regenerationsparameter in dem Kraftfahrzeug beziehungsweise einem Steuergerät des Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von der Zustandsgröße hinterlegt, sodass für verschiedene Werte der Zustandsgröße verschiedene Werte des Schädigungsparameters beziehungsweise des Regenerationsparameters vorliegen.
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Anhand der wenigstens einen Zustandsgröße wird der Schädigungsparameter beziehungsweise der Regenerationsparameter ermittelt und nachfolgend als Betriebsparameter herangezogen. Beispielsweise sind die Werte des Schädigungsparameters beziehungsweise des Regenerationsparameters in der wenigstens einen Tabelle hinterlegt. Vorzugsweise ist für den Schädigungsparameter und den Regenerationsparameter jeweils eine Tabelle hinterlegt. Diese weist die Zustandsgröße als Eingangsgröße und den Schädigungsparameter beziehungsweise den Regenerationsparameter als Ausgangsgröße auf.
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Eine weitere Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass als Zustandsgröße zumindest eine der folgenden Größen verwendet wird: Zeitdauer seit der letzten Betätigung der Betriebsbremseinrichtung, Zeitdauer einer Betätigung der Betriebsbremseinrichtung, Wärmeeintragsgröße für die Betätigung der Betriebsbremseinrichtung oder über einen bestimmten Zeitraum, Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit, Niederschlagsmenge, Schaltzustand eines Scheibenwischers, Bremsdruck der Betriebsbremseinrichtung, Scheibentemperatur einer Bremsscheibe der Betriebsbremseinrichtung und Belagtemperatur eines Bremsbelags der Betriebsbremseinrichtung.
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Jede der genannten Größen kann alleine als Zustandsgröße dienen. Vorzugsweise werden jedoch mehrere oder alle der genannten Größen zu der Zustandsgröße zusammengefasst. Die Zeitdauer seit der letzten Betätigung der Betriebsbremseinrichtung beschreibt die Länge der Zeitspanne, über welche hinweg die Betriebsbremseinrichtung funktionslos geblieben ist, also nicht zum Verzögern des Kraftfahrzeugs verwendet wurde. Je größer die Zeitdauer, umso größer ist üblicherweise der Schädigungsparameter. Bevorzugt wird die Zeitdauer während eines aktuellen Fahrbetriebs des Kraftfahrzeugs ermittelt, wobei der Beginn des Fahrbetriebs zum Beispiel durch ein Aktivieren einer Zündung der Brennkraftmaschine oder ein äquivalentes Ereignis gekennzeichnet ist. Auch die Zeitdauer der Betätigung der Betriebsbremseinrichtung kann als Zustandsgröße herangezogen werden, wobei dabei üblicherweise die Zeitdauer der letzten Betätigung der Betriebsbremseinrichtung verwendet wird.
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Es kann jedoch auch die Gesamtbetriebszeit der Betriebsbremseinrichtung über einen bestimmten Zeitraum hinweg als die Zeitdauer der Betätigung herangezogen werden. Je größer die Zeitdauer, umso größer ist der Regenerationsparameter. Zusätzlich oder alternativ zu der Zeitdauer der Betätigung kann auch die Wärmeeintragsgröße herangezogen werden. Die Wärmeeintragsgröße beschreibt die Wärmemenge, welche während der Betätigung der Betriebsbremseinrichtung in diese eingetragen wurde. Auch hier kann die letzte Betätigung verwendet werden oder alternativ die Wärmeeintragsgröße für alle Betätigungen innerhalb des bestimmten Zeitraums ermittelt werden. Die Wärmeeintragsgröße wird beispielsweise anhand der Beziehung P = τ1FR(p, μ)v ermittelt werden. Dabei stellt P die Wärmeeintragsgröße, τ1 einen Vorfaktor, FR die Reibkraft, v die Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs und t die Zeit dar. Dabei ist die Reibkraft FR unter anderem eine Funktion des Bremsdrucks p und des Reibwerts μ. Der Reibwert μ kann grundsätzlich auf beliebige Art und Weise ermittelt werden. Beispielsweise wird er abgeschätzt oder gemessen. Bevorzugt wird der Reibwert μ mithilfe eines Kennfelds bestimmt.
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Weil die Reibkraft FR in der Regel nicht bekannt ist, kann eine Abschätzung des Energieeintrags und mithin der Wärmeeintragsgröße über das zeitliche Integral des Produkts aus Bremsdruck und Fahrgeschwindigkeit erfolgen. Hierzu wird die Beziehung P = τ2Apv = τ2FNv herangezogen werden, wobei A eine nominelle Kolbenfläche, insbesondere einer Bremssattels der Betriebsbremseinrichtung, und τ2 wiederum einen Vorfaktor darstellt. Dies bedeutet, dass die Abschätzung schlussendlich über die Aufintegration beziehungsweise Aufsummierung der scheinbaren Leistung, die durch die Normalkraft FN und die Fahrgeschwindigkeit v umgesetzt wird, erfolgt. Diese Leistung kann auch als Blindleistung bezeichnet werden.
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Weiterhin kann als Zustandsgröße die Umgebungstemperatur herangezogen werden. Je geringer die Umgebungstemperatur ist, umso größer ist üblicherweise der Schädigungsparameter. Auch die Luftfeuchtigkeit und/oder die Niederschlagsmenge beeinflussen den Schädigungsparameter. Dieser ist beispielsweise umso größer, je größer die genannten Werte sind. Die Luftfeuchtigkeit und/oder die Niederschlagsmenge können gemessen oder abgeschätzt werden. Letzteres kann beispielsweise anhand des Schaltzustands des Scheibenwischers erfolgen. Der Schaltzustand des Scheibenwischers spiegelt beispielsweise die Geschwindigkeit und/oder die Frequenz wieder, mittels welcher der Scheibenwischer über eine Frontscheibe des Kraftfahrzeugs bewegt wird. Schließlich können der Bremsdruck und/oder die Scheibentemperatur als Zustandsgröße herangezogen werden. Der Regenerationsparameter ist beispielsweise umso größer, je höher die Werte dieser Größen sind.
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Im Rahmen einer besonders bevorzugten Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass bei einem Überschreiten eines ersten Grenzwerts durch die Bremszustandsgröße in eine Regenerationsbetriebsart und bei Unterschreiten eines zweiten Grenzwerts, der kleiner oder gleich dem ersten Grenzwert ist, in eine Normalbetriebsart umgeschaltet wird. Grundsätzlich kann das Kraftfahrzeug also in zwei unterschiedlichen Betriebsarten, nämlich der Regenerationsbetriebsart und der Normalbetriebsart, betrieben werden. In der Normalbetriebsart ist beispielsweise ein möglichst effizientes Betreiben des Kraftfahrzeugs vorgesehen. In der Regenerationsbetriebsart soll dagegen die Betriebsbremseinrichtung regeneriert werden, also die Betriebsbremseinrichtung derart betrieben werden, dass sich die Bremszustandsgröße in Richtung eines besseren Zustands der Betriebsbremseinrichtung verändert.
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Das Umschalten in die Regenerationsbetriebsart, insbesondere aus der Normalbetriebsart, ist bei Überschreiten des ersten Grenzwerts durch die Bremszustandsgröße vorgesehen. Unterschreitet die Bremszustandsgröße dagegen den zweiten Grenzwert, so wird in die Normalbetriebsart umgeschaltet, insbesondere aus der Regenerationsbetriebsart. Der erste Grenzwert und der zweite Grenzwert können übereinstimmend gewählt sein. Vorzugsweise ist jedoch der zweite Grenzwert kleiner als der erste Grenzwert, sodass ein hystereseartiges Verhalten bei dem Umschalten zwischen der Regenerationsbetriebsart und der Normalbetriebsart beziehungsweise umgekehrt realisiert ist.
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Eine bevorzugte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass in der Regenerationsbetriebsart der Sollrekuperationsgrad gleich dem empfohlenen Rekuperationsgrad gesetzt wird. Die Antriebseinrichtung und die Betriebsbremseinrichtung sollen entsprechend gemäß dem empfohlenen Rekuperationsgrad betrieben werden beziehungsweise die zum Verzögern des Kraftfahrzeugs durch sie bereitgestellten Bremsteildrehmomente gemäß dem empfohlenen Rekuperationsgrad festgelegt werden. Ein eventuell von dem Fahrer des Kraftfahrzeugs vorgegebener Vorgaberekuperationsgrad kommt entsprechend in der Regenerationsbetriebsart nicht zum Einsatz, sondern ausschließlich in der Normalbetriebsart.
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Es kann jedoch auch vorgesehen sein, dass der Sollrekuperationsgrad gleich dem kleineren Wert aus Vorgaberekuperationsgrad und empfohlenem Rekuperationsgrad gesetzt wird, sodass also der Rekuperationsgrad, mit dem rekuperiert wird, von dem empfohlenen Rekuperationsgrad nach oben begrenzt, unterhalb von diesem aber von dem Fahrer beeinflussbar ist.
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Eine bevorzugte Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass in der Regenerationsbetriebsart ein Verzögern durch Rekuperieren vollständig unterbunden wird und/oder ein Fahren gegen die Betriebsbremseinrichtung durchgeführt wird. Es kann insoweit vorgesehen sein, dass der empfohlene Rekuperationsgrad derart gewählt wird, dass das Kraftfahrzeug ausschließlich mittels der Betriebsbremseinrichtung verzögert wird, also kein rekuperatives Verzögern unter Verwendung der Antriebseinrichtung durchgeführt wird. Alternativ kann es vorgesehen sein, dass das Fahren gegen die Betriebsbremseinrichtung vorgenommen wird. Hierunter ist zu verstehen, dass mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung ein auf das Verzögern des Kraftfahrzeugs gerichtetes Bremsdrehmoment erzeugt wird, die Antriebseinrichtung jedoch gleichzeitig zum Kompensieren dieses Bremsdrehmoments angesteuert wird. Im Zusammenhang mit dem Ansteuern der Betriebsbremseinrichtung zum Verzögern des Kraftfahrzeugs wird also die Antriebseinrichtung so angesteuert, dass die Verzögerung vollständig kompensiert wird.
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Im Rahmen einer Weiterbildung der Erfindung kann vorgesehen sein, dass der empfohlene Rekuperationsgrad eine Empfehlungsgröße ist, die einem Fahrer des Kraftfahrzeugs angezeigt wird, insbesondere wenn die Empfehlungsgröße um eine vorgegebene Differenz von dem Sollrekuperationsgrad abweicht. Dies kann sowohl in der Normalbetriebsart als auch der Regenerationsbetriebsart durchgeführt werden. Der empfohlene Rekuperationsgrad wird insoweit zunächst lediglich ermittelt, jedoch nicht umgesetzt, beispielsweise durch das Einstellen des Sollrekuperationsgrads auf den empfohlenen Rekuperationsgrad.
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Der empfohlene Rekuperationsgrad beziehungsweise die Empfehlungsgröße können dem. Fahrer des Kraftfahrzeugs angezeigt werden. Das Anzeigen erfolgt vorzugsweise lediglich dann, wenn die Empfehlungsgröße von dem Sollrekuperationsgrad abweicht, insbesondere um die vorgegebene Differenz. Das Anzeigen unterbleibt also, wenn die Empfehlungsgröße ohnehin dem verwendeten Sollrekuperationsgrad entspricht oder lediglich geringfügig von diesem abweicht. In der Normalbetriebsart wird beispielsweise der Sollrekuperationsgrad gleich dem von dem Fahrer vorgegebenen Vorgaberekuperationsgrad gesetzt.
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Schließlich kann im Rahmen einer weiteren Ausführungsform der Erfindung vorgesehen sein, dass der erste Grenzwert und/oder der zweite Grenzwert anhand wenigstens einer der folgenden Größen ermittelt werden/wird: Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit, Niederschlagsmenge, Position des Kraftfahrzeugs, Navigationsparameter des Kraftfahrzeugs und Serviceparameter. Auf die Umgebungstemperatur, die Luftfeuchtigkeit und die Niederschlagsmenge wurde vorstehend bereits hingewiesen. Einzelne oder mehrere der vorstehend bereits beschriebenen Größen können nun zur Ermittlung des ersten Grenzwerts beziehungsweise des zweiten Grenzwerts herangezogen werden. Auch die Position des Kraftfahrzeugs oder aus dieser abgeleitete Klimagrößen können in den ersten Grenzwert beziehungsweise den zweiten Grenzwert einfließen. Die Position des Kraftfahrzeugs kann beispielsweise mit Hilfe satellitengestützter Verfahren ermittelt werden.
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Weiterhin kann der Navigationsparameter verwendet werden. Dieser beschreibt beispielsweise eine vorausliegende geplante Fahrstrecke des Kraftfahrzeugs, insbesondere deren Länge. Zusätzlich oder alternativ wird der Serviceparameter als bei der Ermittlung des jeweiligen Grenzwerts heranzuziehende Größe verwendet. Der Serviceparameter beschreibt beispielsweise die Zeitdauer seit dem letzten Austausch von Verschleißteilen, also beispielsweise der Radbremse oder von Bremsflüssigkeit oder dergleichen. Selbstverständlich kann es jedoch alternativ auch vorgesehen sein, den ersten Grenzwert und/oder den zweiten Grenzwert konstant und unveränderlich festzulegen.
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Weiterhin kann es vorgesehen sein, anhand wenigstens einer der Größen zu ermitteln, ob in der Regenerationsbetriebsart das Verzögern durch Rekuperieren vollständig unterbunden beziehungsweise das Fahren gegen die Betriebsbremseinrichtung durchgeführt werden soll. Dies kann beispielsweise auf der Basis von Routeninformationen, Topologieinformationen und/oder Geschwindigkeitsbegrenzungen vorgenommen werden. Die Routeninformationen geben beispielsweise an, ob ein Abstellen des Kraftfahrzeugs vorausliegt. Ist dies der Fall, so wird die Betriebsbremseinrichtung zumindest zeitweise zum Verzögern des Kraftfahrzeugs angesteuert. Entsprechendes gilt auch, wenn die Topologieinformationen anzeigen, dass das Kraftfahrzeug eine Bergabfahrt durchführt.
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Eine Geschwindigkeitsbegrenzung kann zum Beispiel bedeuten, dass eine Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs vorzunehmen ist. Diese kann mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung erfolgen. Auch kann eine Kopplung an netzwerkbasierte Dienste und/oder andere Informationsquellen vorgesehen sein. Über diese kann beispielsweise auf Wetterdaten und/oder Schwarmdaten, also Daten anderer Kraftfahrzeuge, zugegriffen werden. Anhand ersterer können beispielsweise die Informationen zu Regen, Temperatur, Eis und Schnee plausibilisiert werden oder ein Ausfall von bordeigenen Systemen des Kraftfahrzeugs kompensiert werden. Die Schwarmdaten dienen beispielsweise der Vorhersage plötzlicher Geschwindigkeitsänderungen, um so effiziente Verzögerungen des Kraftfahrzeugs zu ermöglichen. Insbesondere können sie herangezogen werden, um eine notwendige Verzögerung des Kraftfahrzeugs vorherzusagen, zum Beispiel wenn ein voranfahrendes Kraftfahrzeug abbremst.
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Auch die Strategien zur Regeneration der Betriebsbremseinrichtung können variiert werden. Denkbar ist beispielsweise neben dem Abschätzen von effizienten Verzögerungsvorgängen, die dann möglichst komplett mittels der Betriebsbremseinrichtung durchgeführt werden, auch eine situationsbedingte Strategie. Es kann beispielsweise vorgesehen sein, immer dann mit der Betriebsbremseinrichtung zu bremsen, wenn das rekuperative Verzögern nur schwierig umsetzbar ist, insbesondere aus technischen Gründen oder aus Komfortgründen. Dies gilt beispielsweise, wenn die Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs eine bestimmte Fahrgeschwindigkeitsschwelle unterschreitet. In diesem Fall wird bevorzugt ausschließlich mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung verzögert. Ebenfalls kann es vorgesehen sein, genau eine Verzögerung aus einer definierten Anzahl an Verzögerungen ausschließlich mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung durchzuführen.
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Auch eine Vereinfachung des Verfahrens ist möglich. So kann beispielsweise bei einer Inbetriebnahme des Kraftfahrzeugs nach einem Abstellen, die nach einer Fahrt bei Niederschlag erfolgt, eine bestimmte Anzahl der ersten Verzögerungen ausschließlich mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung vorgenommen werden.
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Die Erfindung betrifft weiterhin ein Kraftfahrzeug, insbesondere zur Durchführung des Verfahrens gemäß den vorstehenden Ausführungen, wobei das Kraftfahrzeug eine zum rekuperativen Verzögern des Kraftfahrzeugs ausgelegte Antriebseinrichtung sowie eine wenigstens einem Rad des Kraftfahrzeugs zugeordnete Betriebsbremseinrichtung aufweist. Dabei ist vorgesehen, dass das Kraftfahrzeug dazu ausgebildet ist, durch Integrieren oder Aufsummieren wenigstens eines Betriebsparameters der Betriebsbremseinrichtung über der Zeit oder einer zeitabhängigen Größe eine Bremszustandsgröße und aus der Bremszustandsgröße einen empfohlenen Rekuperationsgrad für ein Verzögern des Kraftfahrzeugs zu ermitteln.
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Auf die Vorteile einer derartigen Vorgehensweise beziehungsweise einer derartigen Ausgestaltung des Kraftfahrzeugs wurde bereits hingewiesen.
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Sowohl das Kraftfahrzeug als auch das Verfahren können gemäß den vorstehenden Ausführungen weitergebildet sein, sodass insoweit auf diese verwiesen wird.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand der in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiele näher erläutert, ohne dass eine Beschränkung der Erfindung erfolgt. Dabei zeigt die einzige
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Figur ein Diagramm, in welchem eine Bremszustandsgröße für eine Betriebsbremseinrichtung eines Kraftfahrzeugs über der Zeit aufgetragen ist.
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Die Figur zeigt ein Diagramm, in welchem ein Verlauf 1 den Verlauf einer Bremszustandsgröße für eine Betriebsbremseinrichtung eines Kraftfahrzeugs über der Zeit t darstellt. Ebenfalls angedeutet sind ein erster Grenzwert 2 sowie ein zweiter Grenzwert 3.
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Die Bremszustandsgröße wird beispielsweise anhand eines Schädigungsparameters und eines Regenerationsparameters ermittelt. Beispielsweise liegt in dem Zeitraum t1 der Schädigungsparameter mit einem ersten Wert vor. Dieser wird über der Zeit t oder einer zeitabhängigen Größe aufintegriert, sodass sich ein ansteigender Verlauf der Bremszustandsgröße ergibt, was einer Degeneration der Betriebsbremseinrichtung entspricht. Der erste Wert des Schädigungsparameters liegt beispielsweise für eine ungebremste Fahrt des Kraftfahrzeugs vor, während welche die Betriebsbremseinrichtung nicht zum Einsatz kommt. Zum Zeitpunkt t = t1 wird beispielsweise das Kraftfahrzeug abgestellt, insbesondere bei Regen. In diesem Fall kann der Schädigungsparameter einen zweiten Wert annehmen, welcher größer ist als der erste Wert. Auch dieser Wert wird über der Zeit oder der zeitabhängigen Größe aufintegriert, sodass sich wiederum eine zunehmende Bremszustandsgröße ergibt.
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In dem Zeitraum t1 < t < t2 überschreitet die Bremszustandsgröße den ersten Grenzwert. Daraufhin wird in eine Regenerationsbetriebsart umgeschaltet. In dieser wird die Betriebsbremseinrichtung derart betrieben, dass eine Verringerung der Bremszustandsgröße erfolgt. Beispielsweise wird hierzu ein Fahren gegen die Betriebsbremseinrichtung vorgenommen, also die Betriebsbremseinrichtung zum Verzögern des Kraftfahrzeugs angesteuert und gleichzeitig ein auf das Antreiben des Kraftfahrzeugs gerichtetes Antriebsdrehmoment derart vergrößert, dass insgesamt eine Verzögerung des Kraftfahrzeugs unterbleibt, also nicht auftritt.
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Die Regenerationsbetriebsart beziehungsweise das Regenerieren der Betriebsbremseinrichtung wird solange durchgeführt, bis die Bremszustandsgröße unter den zweiten Grenzwert 3 gefallen ist. Anschließend wird aus der Regenerationsbetriebsart in eine Normalbetriebsart umgeschaltet. In dieser tritt erneut eine Vergrößerung der Bremszustandsgröße auf, allerdings wird in dem hier dargestellten Zeitraum der zweite Grenzwert 2 nicht mehr erreicht.
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Die Verringerung der Bremszustandsgröße zum Zeitpunkt t = t2 wird beispielsweise anhand des Regenerationsparameters ermittelt. Dieser entspricht beispielsweise einer Wärmeeintragsgröße, welche beschreibt, welche Wärmemenge während des Betreibens der Betriebsbremseinrichtung zum Verzögern des Kraftfahrzeugs anfällt, insbesondere in die Betriebsbremseinrichtung beziehungsweise eine Bremsscheibe der Betriebsbremseinrichtung eingetragen wird.
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Mit der beschriebenen Vorgehensweise kann auf einfache und zuverlässige Art und Weise ermittelt werden, in welchem Zustand die Betriebsbremseinrichtung ist. In Abhängigkeit von der Bremszustandsgröße können nachfolgend geeignete Maßnahmen eingeleitet werden, um den Zustand der Betriebsbremseinrichtung zu verbessern, insbesondere die Betriebsbremseinrichtung zu regenerieren.