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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und einen Softsensor zum Ermitteln einer Leistung eines ersten Energieerzeugers, der mit einem zweiten Energieerzeuger gekoppelt ist.
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Zeitgemäße Energieerzeugungsanlagen umfassen häufig mehrere mechanisch und/oder elektrisch miteinander gekoppelte Energieerzeuger, die Energie aus anderen Energiearten erzeugen bzw. umwandeln. Beispiele für solche Hybridanlagen sind Gasturbinen, die zur Steigerung ihrer Effizienz in Kombination mit Dampfturbinen betrieben werden, die die Abwärme der Gasturbinen über einen Wärmetauscher nutzen. Weitere Beispiele sind Kraftfahrzeuge mit Hybridantrieb.
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Häufig sind unterschiedliche Energieerzeuger, wie z.B. Gas- und Dampfturbinen mechanisch miteinander gekoppelt, indem sie über eine gemeinsame mechanische Welle auf denselben Generator wirken. Solche Anlagen werden häufig auch als Einwellenanlagen bezeichnet. Anlagen, bei denen verschiedene Energieerzeuger jeweils über einen eigenen Generator verfügen werden dementsprechend auch als Mehrwellenanlagen bezeichnet.
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Im Unterschied zu Mehrwellenanlagen kann bei Einwellenanlagen eine zum Beispiel von einer Gasturbine erzeugte Leistung nicht mehr separat gemessen werden, sobald eine auf dieselbe Welle einwirkende Dampfturbine selbst einen Leistungsbeitrag liefert. Die von der Gasturbine, oder allgemein von einem ersten Energieerzeuger spezifisch erzeugte Leistung ist jedoch ein wichtiger Betriebsparameter, dessen Kenntnis in wesentlicher Weise zu einer optimalen Betriebsführung der Gasturbine beziehungsweise des ersten Energieerzeugers beitragen kann.
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Um die spezifische Leistung z. B. einer Gasturbine im kombinierten Betrieb mit einer Dampfturbine einer Einwellenanlage bestimmen zu können, werden häufig sogenannte Softsensoren eingesetzt, die die spezifische Leistung der Gasturbine mittels eines datengetriebenen Modells aus anderen Betriebsdaten ermitteln. Ein solcher Softsensor kann z.B. mittels eines neuronalen Netzes implementiert werden, das auf Basis von gesammelten Betriebsdaten eine Abbildung von messbaren Betriebs- und Umgebungsparametern auf die von der Gasturbine abgegebene Leistung in einer Trainingsphase lernt. Eine derartige Trainingsphase basiert in der Regel auf Betriebsdaten, die auf einer Einwellenanlage im reinen Gasturbinenbetrieb, das heißt mit leerlaufender Dampfturbine, oder auf einer Mehrwellenanlage erfasst wurden. Ein solcher reiner Gasturbinenbetrieb wird häufig auch als „Simple Cycle“ bezeichnet. Die auf solchen Betriebsbedingungen basierenden Betriebsdaten decken jedoch in der Regel nicht den vollständigen Betriebsparameterraum einer Einwellenanlage im kombinierten Betrieb ab, zumal auch die leerlaufende Dampfturbine auf die Gasturbine rückwirken kann. Darüber hinaus sind Betriebsdaten typengleicher Turbinen aufgrund von Serienstreuungen und Standortunterschieden nur bedingt übertragbar.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren und einen Softsensor zum Ermitteln einer Leistung eines ersten Energieerzeugers, der mit einem zweiten Energieerzeuger gekoppelt ist, zu schaffen, die eine genauere und/oder flexiblere Leistungsermittlung erlauben.
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Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1, durch einen Softsensor mit den Merkmalen des Patentanspruchs 11, durch ein Computerprogrammprodukt mit den Merkmalen des Patentanspruchs 12 sowie durch ein computerlesbares Speichermedium mit den Merkmalen des Patentanspruchs 13.
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Zum Ermitteln einer von einem ersten Energieerzeuger abgegebenen Leistung, wobei der erste Energieerzeuger mit einem zweiten Energieerzeuger gekoppelt ist, wird ein erster Softsensor abgefragt, der zum Ermitteln eines Einzelbetrieb-Leistungswerts des ersten Energieerzeugers trainiert ist. Als erster und zweiter Energieerzeuger können hierbei z.B. Energieerzeuger zum Erzeugen von mechanischer Energie, elektrischer Energie, magnetischer Energie und/oder Wärmeenergie vorgesehen sein, wie beispielsweise Turbinen, Generatoren, Motoren, Solarmodule etc. oder Mischformen davon. Der erste Energieerzeuger kann dabei vorzugsweise mechanisch, elektrisch, magnetisch und/oder durch Mischformen mit dem zweiten Energieerzeuger gekoppelt sein. In einem den ersten und den zweiten Energieerzeuger kombinierenden Betrieb wird ein durch den ersten Softsensor für den ersten Energieerzeuger ermittelter Einzelbetrieb-Leistungswert eingelesen. Weiterhin wird durch einen zweiten Softsensor ein erster Leistungswert für den ersten Energieerzeuger sowie ein zweiter Leistungswert für den zweiten Energieerzeuger ermittelt. Darüber hinaus wird eine Gesamtleistung der Energieerzeuger ermittelt. Der erste bzw. zweite Leistungswert kann hierbei insbesondere absolut oder relativ zum zweiten bzw. ersten Leistungswert oder relativ zur Gesamtleistung ermittelt werden. Erfindungsgemäß wird der zweite Softsensor derart trainiert, dass eine Einzelabweichung zwischen dem Einzelbetrieb-Leistungswert und dem ersten Leistungswert sowie eine Gesamtabweichung zwischen der Gesamtleistung und einer Kombination des ersten und zweiten Leistungswerts reduziert, vorzugsweise minimiert werden. Der erste Leistungswert wird ausgegeben. Unter einem Training kann im Zusammenhang mit den Softsensoren insbesondere verstanden werden, dass eine Abbildung von Eingangsparametern der Softsensoren auf eine oder mehrere Zielgrößen nach vorgebbaren Kriterien während einer Trainingsphase optimiert wird.
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Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens sind ein Softsensor, ein Computerprogrammprodukt sowie ein computerlesbares Speichermedium vorgesehen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren bzw. der erfindungsgemäße Softsensor kann beispielsweise durch einen oder mehrere Prozessoren, anwendungsspezifische integrierte Schaltungen (ASIC), digitale Signalprozessoren (DSP) und/oder sogenannte „Field Programmable Gate Arrays“ (FPGA) ausgeführt bzw. implementiert werden.
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Mittels der Erfindung kann die vom ersten Energieerzeuger im kombinierten Betrieb abgegebene Leistung erheblich genauer ermittelt werden, als durch einen nur im Einzelbetrieb trainierten Softsensor. Insbesondere wird durch die Berücksichtigung sowohl der Einzelabweichung als auch der Gesamtabweichung beim Training des zweiten Softsensors eine Prognose für den ersten Leistungswert gewissermaßen in Richtung einer Einzelbetriebsprognose „gezogen“. Damit kann eine unerwünschte Propagation von Modellfehlern zwischen Softsensor-Modellen für den ersten und für den zweiten Energieerzeuger auf effektive Weise gedämpft bzw. verringert werden.
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Vorteilhafte Ausführungsformen und Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Nach einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung kann die Einzelabweichung und ein erster Teil der Gesamtabweichung dem ersten Energieerzeuger sowie ein verbleibender Teil der Gesamtabweichung dem zweiten Energieerzeuger zugeordnet werden. Der zweite Softsensor kann dann derart trainiert werden, dass die zugeordneten Abweichungen, d.h. die Einzelabweichung sowie der erste und zweite Teil der Gesamtabweichung energieerzeugerspezifisch reduziert, vorzugsweise minimiert werden.
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Insbesondere kann die Gesamtabweichung in einem vorgegebenen Verhältnis in den ersten Teil und den verbleibenden Teil aufgeteilt werden.
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Das vorgegebene Verhältnis kann dabei im Wesentlichen einem Leistungsverhältnis zwischen dem ersten Energieerzeuger und dem zweiten Energieerzeuger entsprechen. Im gekoppelten Betrieb einer Gasturbine mit einer Dampfturbine (Einwellenbetrieb) kann als Verhältnis z.B. ein Wert von ungefähr 2:1 vorgegeben werden, was typischerweise dem Leistungsverhältnis entspricht. Ein solches Verhältnis ist häufig vorbekannt und weist oft nur eine geringe Variation auf.
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Durch die vorstehend beschriebenen Varianten der Zuordnung und Aufteilung der Abweichungen kann eine unerwünschte Propagation von Modellfehlern zwischen Softsensor-Modellen für den ersten und für den zweiten Energieerzeuger weiter verringert werden.
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Vorteilhafterweise kann der Einzelbetrieb-Leistungswert und/oder der erste Leistungswert anhand von Betriebsdaten des ersten Energieerzeugers und/oder der zweite Leistungswert anhand von Betriebsdaten des zweiten Energieerzeugers ermittelt werden. Die Betriebsdaten können hierbei unter Anderem Vorgabewerte, Steuerdaten und/oder Messdaten umfassen.
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Nach einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung können der erste und/oder der zweite Softsensor mittels eines datengetrieben trainierbaren Regressors und/oder mittels eines neuronalen Netzes implementiert sein.
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Weiterhin können der erste Leistungswert mittels eines dem ersten Energieerzeuger zugeordneten, ersten neuronalen Teilnetzes, der zweite Leistungswert mittels eines dem zweiten Energieerzeuger zugeordneten, zweiten neuronalen Teilnetzes und die Gesamtabweichung sowie die Einzelabweichung mittels einer weiteren neuronalen Trainingsschicht ermittelt werden. Das erste bzw. zweite neuronale Teilnetz kann dabei ein energieerzeugerspezifisches neuronales Modell des ersten bzw. zweiten Energieerzeugers umfassen oder im Laufe des Trainings bilden. Auf diese Weise können energieerzeugerspezifische Daten in der Regel besser erfasst und/oder ermittelt werden.
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Insbesondere können neuronale Parameter und/oder neuronale Gewichte des trainierten ersten neuronalen Teilnetzes spezifisch extrahiert und auf einen dritten Softsensor übertragen werden. Auf diese Weise kann eine Genauigkeit eines dritten, externen Softsensors beim Ermitteln der vom ersten Energieerzeuger abgegebenen Leistung erheblich verbessert werden. Ein auf diese Weise modifizierter dritter Softsensor kann zudem häufig in herkömmlichen Systemen ohne weitere Änderungen verwendet werden.
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Vorteilhafterweise kann der zweite Softsensor im kombinierenden Betrieb regelmäßig nachtrainiert und/oder fortlaufend trainiert werden. Dies kann vorzugsweise durch autonome Trainingsverfahren erfolgen.
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Nach einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung kann eine erste Leistung des ersten Energieerzeugers gemessen und mit dem ersten Leistungswert verglichen werden und/oder eine zweite Leistung des zweiten Energieerzeugers gemessen und mit dem zweiten Leistungswert verglichen werden. Abhängig vom Vergleichsergebnis kann dann ein Abweichungssignal ausgegeben werden. Auf diese Weise kann eine Überwachungsfunktion implementiert werden, indem der zweite Softsensor auf einer intakten Anlage trainiert wird und bei Abweichungen eines ermittelten Leistungswerts von einer gemessenen Leistung z.B. auf eine Fehlfunktion geschlossen wird und ein Fehlersignal ausgegeben wird.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigen jeweils im schematischer Darstellung:
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1 einen ersten Softsensor und einen in einem Einzelbetriebsmodus betriebenen Energieerzeuger,
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2 eine Energieerzeugungsanlage mit einem erfindungsgemäßen, zweiten Softsensor und mit kombiniert betriebenen Energieerzeugern und
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3 den zweiten Softsensor in detaillierterer Darstellung.
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1 zeigt in schematischer Darstellung einen ersten Softsensor S1 zum Ermitteln eines Einzelbetrieb-Leistungswerts EL für eine Leistung eines ersten Energieerzeugers GT im Einzelbetrieb. Der Einzelbetrieb-Leistungswert EL wird hierbei aus Einzelbetriebsdaten EBDG des ersten Energieerzeugers GT ermittelt. Die Einzelbetriebsdaten EBDG können hierbei physikalische, regelungstechnische und/oder bauartbedingte Betriebsgrößen, Eigenschaften, Vorgabewerte, Steuerdaten und/oder Messwerte des ersten Energieerzeugers GT umfassen. Der erste Energieerzeuger GT kann beispielsweise ein Energieerzeuger zum Erzeugen von mechanischer Energie, elektrischer Energie, magnetischer Energie und/oder Wärmeenergie sein, wie zum Beispiel eine Turbine, ein Generator, ein Motor, ein Solarmodul oder eine Mischform davon. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel wird als erster Energieerzeuger eine Gasturbine GT betrachtet.
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Der erste Energieerzeuger GT wird in der in 1 beschriebenen Betriebsphase zum Training des ersten Softsensors S1 in einem Einzelbetriebsmodus betrieben. Der erste Energieerzeuger GT kann hierbei eine Gasturbine, die in einer Einwellenanlage im reinen Gasturbinenbetrieb (Simple Cycle), das heißt mit abgekoppelter oder leistungslos mitlaufender Dampfturbine betrieben wird, oder eine Gasturbine in einer Mehrwellenanlage sein.
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Der erste Softsensor S1 ist im vorliegenden Ausführungsbeispiel durch ein lernfähiges neuronales Netz implementiert, das eine Eingabeschicht S1I zum Einlesen der Einzelbetriebsdaten EBDG, eine oder mehrere verdeckte Schichten S1H sowie eine Ausgabeschicht S1O zum Ausgeben eines Einzelbetrieb-Leistungswerts EL aufweist. Die Eingabeschicht S1I und die Ausgabeschicht S1O sind jeweils an die verdeckten Schichten S1H gekoppelt.
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Der erste Softsensor S1 wird im Einzelbetriebsmodus des ersten Energieerzeugers GT auf eine möglichst genaue Ermittlung des Einzelbetrieb-Leistungswerts EL für den ersten Energieerzeuger GT trainiert. Zu diesem Zweck werden die Einzelbetriebsdaten EBDG des ersten Energieerzeugers GT erfasst und in die Eingabeschicht S1I des ersten Softsensors S1 eingespeist. Aus den Einzelbetriebsdaten EBDG wird durch deren Propagation über die verdeckten Schichten S1H zur Ausgabeschicht S1O ein Einzelbetrieb-Leistungswert EL des ersten Energieerzeugers GT ermittelt.
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Weiterhin wird eine Einzelleistung ELM des ersten Energieerzeugers GT im Einzelbetriebsmodus gemessen, zum ersten Softsensor S1 übermittelt und dort mit dem vom ersten Softsensor S1 ermittelten Einzelbetrieb-Leistungswert EL verglichen. Darauf basierend wird der erste Softsensor S1 derart trainiert, dass eine Abweichung zwischen dem Einzelbetrieb-Leistungswert EL und der gemessenen Einzelleistung ELM, zum Beispiel ein Betrag einer Differenz EL-ELM, im Einzelbetriebsmodus hinsichtlich eines Minimierungsziels MIN minimiert wird. Dieses Training kann zum Beispiel durch Backpropagation-Training erfolgen.
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Nach ausreichendem Training kann der trainierte erste Softsensor S1 aus den Einzelbetriebsdaten EBDG einen Einzelbetrieb-Leistungswert EL auch ohne Rückgriff auf eine gemessene Einzelleistung ELM in der Regel mit hoher Genauigkeit ermitteln.
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2 zeigt eine Energieerzeugungsanlage A mit mehreren, kombiniert betriebenen Energieerzeugern in schematischer Darstellung. Die Energieerzeugungsanlage A kann zum Beispiel ein Kraftwerk oder ein Hybridantrieb eines Kraftfahrzeugs sein. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel umfasst die Energieerzeugungsanlage A eine Einwellenanlage mit einer Gasturbine GT als erstem Energieerzeuger und einer Dampfturbine DT als zweitem Energieerzeuger. In der Einwellenanlage sind die Gasturbine GT und die Dampfturbine DT mechanisch miteinander gekoppelt, insofern sie auf eine gemeinsame Welle W einwirken.
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In dem in 2 beschriebenen Betriebsmodus werden die Gasturbine GT und die Dampfturbine DT kombiniert betrieben, das heißt beide Energieerzeuger DT und GT geben Leistung auf die gemeinsame Welle W ab. Ein solcher kombinierter oder kombinierender Betrieb wird häufig auch als "Combined Cycle" oder GuD-Betrieb (GuD: Gas und Dampf) bezeichnet. Dies ist in der Regel ein Produktiv- oder Regelbetrieb einer solchen Energieerzeugungsanlage A.
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Die Gasturbine GT kann eine im Zusammenhang mit 1 im Einzelbetriebsmodus beschriebene Gasturbine sein, oder eine Gasturbine des gleichen oder eines ähnlichen Typs.
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Die Dampfturbine DT nutzt zum Betrieb Abwärme der Gasturbine GT über einen Wärmetauscher, um so eine Effizienz oder einen Wirkungsgrad der Energieerzeugungsanlage A zu erhöhen.
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Alternativ oder zusätzlich zur Gasturbine GT und zur Dampfturbine DT können auch andere Energieerzeuger zum Erzeugen von mechanischer Energie, elektrischer Energie, magnetischer Energie, Wärmeenergie etc. vorgesehen sein, wie zum Beispiel Turbinen, Generatoren, Motoren, Solarmodule usw. oder Mischformen davon.
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Die Gasturbine GT und die Dampfturbine DT geben über die gemeinsame Welle W Leistung auf einen Stromgenerator G ab, der mechanische Energie von der Welle W aufnimmt und in elektrische Energie umsetzt. Alternativ oder zusätzlich zur mechanischen Kopplung der Energieerzeuger GT und DT können diese auch elektrisch und/oder magnetisch gekoppelt sein. Aufgrund dieser Kopplung sind die abgegebenen Einzelleistungen der Energieerzeuger GT und DT nicht direkt bestimmbar.
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Die Energieerzeugungsanlage A verfügt zu ihrer Steuerung über eine Anlagensteuerung AS, die einen oder mehrere Prozessoren PROC zum Ausführen aller Verfahrensschritte der Anlagensteuerung AS aufweist. Die Anlagensteuerung AS ist mit den Energieerzeugern GT und DT sowie mit dem Stromgenerator G gekoppelt.
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Durch die Anlagensteuerung AS werden zum Steuern der Gasturbine GT Steuerdaten SDG zur Gasturbine GT sowie zum Steuern der Dampfturbine DT Steuerdaten SDD zur Dampfturbine DT übermittelt. Diese Steuerung erfolgt abhängig von Betriebsdaten BDG der Gasturbine GT sowie abhängig von Betriebsdaten BDD der Dampfturbine DT, so dass deren Betriebsführung zum Beispiel hinsichtlich Wirkungsgrad, Verschleiß und/oder Schadstoffausstoß optimiert wird.
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Die Betriebsdaten BDG und BDD können zum Beispiel physikalische, regelungstechnische und/oder bauartbedingte Betriebsgrößen oder Eigenschaften der Energieerzeuger GT beziehungsweise DT sein, und zum Beispiel einen Brennstrommassenstrom, Leitschaufelstellungen, eine Betriebstemperatur, eine Abgastemperatur, Vibrationen, Druck, Umgebungsbedingungen oder andere Vorgabewerte, Steuerparameter, Steuerdaten und/oder Messwerte betreffen. Durch die Anlagensteuerung AS werden die Betriebsdaten BDG zumindest teilweise von der Gasturbine GT und die Betriebsdaten BDD zumindest teilweise von der Dampfturbine DT eingelesen. Darüber hinaus können die Betriebsdaten BDG insbesondere auch die Steuerdaten SDG und die Betriebsdaten BDD die Steuerdaten SDD zumindest teilweise umfassen.
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Weiterhin wird eine Gesamtleistung GL der kombiniert betriebenen Energieerzeuger GT und DT am Stromgenerator G gemessen und zur Anlagensteuerung AS übermittelt.
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Die Anlagensteuerung AS verfügt über den im Zusammenhang mit 1 beschriebenen ersten Softsensor S1. Dieser wurde vorab – wie ebenfalls im Zusammenhang mit 1 beschrieben – zum Ermitteln eines Einzelbetrieb-Leistungswerts EL anhand von Betriebsdaten der Gasturbine GT in einem Einzelbetriebsmodus oder anhand von Betriebsdaten einer Gasturbine gleichen oder ähnlichen Typs trainiert.
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In dem durch 2 veranschaulichten, kombinierten Betrieb werden zum ersten Softsensor S1 die aktuellen Betriebsdaten BDG der Gasturbine GT übermittelt. Der erste Softsensor S1 ermittelt dann aus den übermittelten Betriebsdaten BDG des kombinierten Betriebsmodus einen aktuellen Einzelbetrieb-Leistungswert EL. Der Einzelbetrieb-Leistungswert EL wird anschließend vom ersten Softsensor S1 zu einem an diesem angekoppelten, zweiten Softsensor S2 übermittelt.
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Der zweite Softsensor S2 ist im vorliegenden Ausführungsbeispiel durch ein lernfähiges neuronales Netz implementiert, das im kombinierten Betrieb der Energieerzeuger GT und DT darauf trainiert wird, Leistungswerte L1 und L2 für Einzelleistungen der Energieerzeuger GT und DT zu ermitteln. L1 ist hierbei ein erster Leistungswert für die Einzelleistung der Gasturbine GT im kombinierten Betriebsmodus und L2 ein zweiten Leistungswert für die Einzelleistung der Dampfturbine DT im kombinierten Betriebsmodus.
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Zum Ermitteln der Leistungswerte L1 und L2 werden durch den zweiten Softsensor S2 aktuelle Betriebsdaten BDG und BDD sowie ein aktueller Einzelbetrieb-Leistungswert EL und eine aktuell gemessene Gesamtleistung GL eingelesen. Durch den zweiten Softsensor S2 werden dann anhand der Betriebsdaten BDG der erste Leistungswert L1 und anhand der Betriebsdaten BDD der zweite Leistungswert L2 ermittelt. Hierbei wird der zweite Softsensor S2 hinsichtlich eines Minimierungsziels MIN derart trainiert, dass eine Einzelabweichung L1 – EL sowie eine Gesamtabweichung L1 + L2 – GL minimiert werden. Vorzugsweise kann der zweite Softsensor S2 im kombinierten Betrieb fortlaufend trainiert und/oder regelmäßig nachtrainiert werden. Die ermittelten Leistungswerte L1 und L2 werden vom zweiten Softsensor S2 zu einer mit dem zweiten Softsensor S2 gekoppelten Turbinensteuerung CTL der Anlagensteuerung AS übermittelt.
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Die Turbinensteuerung CTL dient zum Steuern der Gasturbine GT sowie der Dampfturbine DT. Zu diesem Zweck ermittelt die Turbinensteuerung CTL anhand der Leistungswerte L1 und L2 sowie anhand der Betriebsdaten BDG und BDD einen aktuellen Betriebszustand der Turbinen DT und GT. Abhängig von diesem Betriebszustand ermittelt die Turbinensteuerung CTL die optimierten Steuerdaten SDG und SDD zur optimierten Betriebsführung der Turbinen GT und DT, zum Beispiel hinsichtlich Wirkungsgrad, Verschleiß und/oder Schadstoffausstoß. Die Steuerdaten SDG und SDD werden dementsprechend zu den Turbinen GT und DT zu den vorstehenden Zwecken übermittelt.
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Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung übermittelt der zweite Softsensor S2 die Leistungswerte L1 und L2 zu einem Überwachungsmodul MON der Anlagensteuerung AS. Das Überwachungsmodul MON ist an den zweiten Softsensor S2 sowie an die Turbinensteuerung CTL gekoppelt und dient zum Überwachen der Gasturbine GT und der Dampfturbine DT. Zu diesem Zweck vergleicht das Überwachungsmodul die übermittelten Leistungswerte L1 und/oder L2 mit vorgegebenen und/oder gemessenen Einzelleistungen der Gasturbine GT bzw. Dampfturbine DT. Bei einer Abweichung der verglichenen Größen kann unter der Voraussetzung, dass der erste und/oder der zweite Softsensor auf einer intakten Anlage trainiert wurde, auf eine Fehlfunktion der Energieerzeugungsanlage A geschlossen werden. Zum Signalisieren der Fehlfunktion übermittelt das Überwachungsmodul MON ein Fehlersignal FS zur Turbinensteuerung CTL, die infolgedessen geeignete Steuermaßnahmen veranlasst.
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3 veranschaulicht den zweiten Softsensor S2 in detaillierterer Darstellung. Hierbei bezeichnen die Bezugszeichen S2, BDG, BDD, L1, L2, EL sowie GL dieselben Objekte wie in 2.
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Der zweite Softsensor S2 umfasst ein erstes neuronales Teilnetz S2G zur Modellierung der Gasturbine GT und zum Ermitteln des ersten Leistungswerts L1 anhand der Betriebsdaten BDG. Das erste neuronale Teilnetz S2G weist eine Eingabeschicht S2GI zum Einlesen der Betriebsdaten BDG, eine oder mehrere verdeckte Schichten S2GH sowie eine Ausgabeschicht S2GO zum Ausgeben des ersten Leistungswerts L1 auf. Die Eingabeschicht S2GI und die Ausgabeschicht S2GO sind hierbei jeweils an die eine oder mehreren verdeckten Schichten S2GH gekoppelt. Die Betriebsdaten BDG werden in die Eingabeschicht S2GI eingespeist und über die eine oder mehreren verdeckten Schichten S2GH zur Ausgabeschicht S2GO propagiert, die den ersten Leistungswert L1 ausgibt.
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Der zweite Softsensor S2 weist weiterhin ein zweites neuronales Teilnetz S2D zur Modellierung der Dampfturbine DT und zum Ermitteln des zweiten Leistungswerts L2 anhand der Betriebsdaten BDD auf. Das zweite neuronale Teilnetz S2D umfasst eine Eingabeschicht S2DI zum Einlesen der Betriebsdaten BDD, eine oder mehrere verdeckte Schichten S2DH sowie eine Ausgabeschicht S2DO zum Ausgeben des zweiten Leistungswerts L2 auf. Die Eingabeschicht S2DI und die Ausgabeschicht S2DO sind jeweils mit der einen oder den mehreren verdeckten Schichten S2DH gekoppelt. Die Betriebsdaten BDD werden in die Eingabeschicht S2DI eingespeist und über die eine oder mehreren verdeckten Schichten S2DH zur Ausgabeschicht S2DO propagiert, die den zweiten Leistungswert L2 ausgibt.
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Der zweite Softsensor S2 verfügt weiterhin über eine energieerzeugerübergreifende neuronale Trainingsschicht S2GD, die sowohl mit dem ersten neuronalen Teilnetz S2G als auch mit dem zweiten neuronalen Teilnetz S2D gekoppelt ist.
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Alternativ oder zusätzlich können das erste neuronale Teilnetz S2G, das zweite neuronale Teilnetz S2D und/oder die Trainingsschicht S2GD durch eine Vielzahl von jeweils mit Zufallsgewichten initialisierten neuronalen Netzen oder neuronalen Schichten implementiert werden. Die Ausgabesignale der Teilnetze S2G und S2D und/oder der Trainingsschicht S2GD werden dann jeweils durch Mittelung der Ausgaben der jeweiligen Vielzahl der neuronalen Netze oder neuronalen Schichten gebildet.
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Der Trainingsschicht S2GD werden der Einzelbetrieb-Leistungswert EL vom ersten Softsensor S1 sowie die gemessene Gesamtleistung GL des Stromgenerators G zugeführt. Weiterhin wird der ermittelte erste Leistungswert L1 vom ersten neuronalen Teilnetz S2G sowie der zweite ermittelte Leistungswert L2 vom zweiten neuronalen Teilnetz S2D zur Trainingsschicht S2GD übermittelt. Aus den übermitteln Daten GL, EL, L1 und L2 ermittelt die Trainingsschicht S2GD eine Gesamtabweichung DELG zwischen der Gesamtleistung GL und einer Summe des ersten Leistungswertes L1 und des zweiten Leitungswerts L2 sowie eine Einzelabweichung DEL1 zwischen dem Einzelbetrieb-Leistungswert EL und dem ersten Leistungswert L1. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel gilt also für die Gesamtabweichung DELG = L1 + L2 – GL und für die Einzelabweichung DEL1 = L1 – EL.
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Die Gesamtabweichung DELG wird durch die Trainingsschicht S2GD in einem vorgegebenen Verhältnis in einen ersten Teil DELG1 und in einen verbleibenden Teil DELG2 aufgeteilt. Zur Aufteilung wird die Gesamtabweichung DELG mit vorgegebenen Gewichten WG und WD multipliziert, deren Summe 1 ergibt. Für den ersten Teil DELG1 der Gesamtabweichung DELG gilt also DELG1 = DELG·WG und für den verbleibenden Teil DELG2 der Gesamtabweichung DELG gilt DELG2 = DELG·WD.
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Der erste Teil DELG1 wird zusammen mit der Einzelabweichung DEL1 spezifisch der Gasturbine GT zugeordnet, während der verbleibende Teil DELG2 spezifisch der Dampfturbine DT zugeordnet wird. Das Verhältnis WG:WD des der Gasturbine GT zugeordneten Gewichts WG zum der Dampfturbine DT zugeordneten Gewicht WD wird vorzugsweise gemäß einem Leistungsverhältnis der Gasturbine GT zur Dampfturbine DT vorgegeben. Typischerweise kann für einen Einwellenbetrieb einer Gasturbine mit einer Dampfturbine ein Verhältnis WG:WD = 2:1, das heißt WG = 2/3 und WD = 1/3 vorgegeben werden. Die Vorgabe eines dem Leistungsverhältnis entsprechenden Gewichteverhältnisses spiegelt gewissermaßen einen jeweiligen Einfluss der Turbinenmodelle und von deren Modellfehlern auf die Leistungsermittlung wider und wirkt so auf das Training stabilisierend. Zudem ist dieses Verhältnis in der Regel vorbekannt und weist im Betrieb häufig nur eine geringe Variation auf.
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Der zweite Teil DELG2 der Gesamtabweichung DELG wird als Prognosefehler des zweiten Neuronalen Teilnetzes S2D für den zweiten Leistungswert L2 in das zweite neuronale Teilnetz S2D eingespeist, um dieses energieerzeugerspezifisch dazu zu trainieren, diesen Prognosefehler zu minimieren. Dieses Training kann vorzugsweise durch Backpropagation-Training erfolgen.
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Der erste Teil DELG1 der Gesamtabweichung DELG wird vor seiner Rückwärtspropagation mit der Einzelabweichung DEL1 kombiniert und die Kombination, zum Beispiel der Mittelwert (DELG1 + DEL1)/2 als Prognosefehler des ersten neuronalen Teilnetzes S2G für den ersten Leistungswert L1 in das erste neuronale Teilnetz S2G eingespeist. Letzteres wird damit energieerzeugerspezifisch dazu trainiert, zum Beispiel durch Backpropagation-Training, diesen Prognosefehler zu minimieren.
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Die trainierten neuronalen Teilnetze S2G und S2D umfassen dann jeweils ein energieerzeugerspezifisches neuronales Modell der Gastrubine GT bzw. der Dampfturbine DT zum Ermitteln des jeweiligen Leistungswert L1 bzw. L2.
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Durch die Zumischung der Einzelabweichung DEL1 zum ersten Teil DELG1 der Gesamtabweichung DELG wird die Prognose des ersten neuronalen Teilnetzes S2G gewissermaßen in die Richtung einer Einzelbetriebsprognose "gezogen". Damit kann eine unerwünschte Propagation von Modellfehlern des zweiten neuronalen Teilnetzes S2D in das neuronale Modell der Gasturbine GT im ersten neuronalen Teilnetz S2G effektiv gedämpft beziehungsweise verringert werden.
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Durch das Training werden sowohl der Prognosefehler für die Gesamtleistung GL als auch der Prognosefehler für die Gasturbinenleistung minimiert. Hierbei kann über die Gewichtung der Abweichungsmaße DELG, DEL1, DELG1 und DELG2 gewissermaßen eingestellt werden, inwieweit das neuronale Teilmodell der Gasturbine GT im ersten neuronalen Teilnetz S2G gegenüber dem ersten Softsensor S1 abweichen darf. Durch diese Gewichtung kann erreicht werden, dass zum einen das erste neuronale Teilnetz S2G vom vorab trainierten ersten Softsensor S1 abweichen kann und trotzdem eine unerwünschte Propagation von Modellfehlern des zweiten neuronalen Teilnetzes S2D in das erste neuronale Teilnetz S2G effektiv gedämpft wird.
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Es lässt sich beobachten, dass ein erfindungsgemäß trainierter Softsensor, hier S2, einen erheblich genaueren Leistungswert für die Einzelleistung der Gasturbine GT aus den Betriebsdaten BDG im kombinierten Betrieb ermitteln kann, als ein nur im Einzelbetrieb trainierter Softsensor, hier S1. Da für den kombinierten Gas- und Dampfbetrieb typischerweise erheblich mehr Betriebsdaten oder Messdaten zur Verfügung stehen und der Leistungsbereich eines kombinierten Betriebs größer und praxisnäher ist als ein Einzelbetrieb, lassen sich auf diese Weise Gasturbinenmodelle oder allgemein Energieerzeugermodelle mit höherer Genauigkeit und breiterem Einsatzbereich als mit bekannten Softsensoren erstellen. Dies reduziert die bisherige Schwierigkeit ausreichend viele Betriebsdaten im Einzelbetrieb zu erfassen oder Energieerzeuger mit vergleichbarem Betriebsmuster in Mehrwellenanlagen zu finden. Durch die zusätzliche Trainingsphase im kombinierten Betrieb, d.h. auch im Produktivbetrieb kann das im Einzelbetrieb trainierte Gasturbinenmodell in der Regel erheblich verfeinert werden.
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Darüber hinaus können neuronale Gewichte des ersten neuronalen Teilnetzes S2G spezifisch extrahiert und auf einen bestehenden, dritten Softsensor übertragen werden. Auf diese Weise kann eine Genauigkeit bestehender Softsensoren erheblich verbessert werden.