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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren für die Serienherstellung von flächigen Faserkunststoffverbundbauteilen.
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Zur Herstellung flächiger und räumlich geformter Faserkunststoffverbundbauteile (FKV- oder auch FVK-Bauteile) sind aus dem Stand der Technik verschiedene Verfahrensweisen bekannt, wie bspw. in der
DE 10 2013 223 318 A1 beschrieben. Gängige Herstellverfahren sind das Pressverfahren, insbesondere das Heiß- und Nasspressverfahren, das Prepreg-Verfahren und das RTM-Verfahren (Resin Transfer Moulding). Diesen Verfahren ist gemein, dass Fasermaterial (z. B. in Form von Geweben, Vliesen, Gelegen, Matten oder auch Vorformlingen) zusammen mit Matrix- bzw. Kunststoffmasse in die Kavität eines Form- bzw. Presswerkzeugs eingebracht und dann in eine vordefinierte Bauteilform gepresst wird, was nachfolgend auch als Formpressen bezeichnet wird. Beim Formpressen wird Matrixmasse in der Kavität verteilt, bettet die Verstärkungsfasern ein und härtet dann aus.
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Beim Heißpressen ist zudem noch eine Abkühlung erforderlich. Häufig wird hierfür ein separates Abkühlwerkzeug verwendet. Im Formwerkzeug erfolgt das Formpressen, die Matrixverteilung und die Aushärtung. Im Abkühlwerkzeug wird das zuvor im Formwerkzeug erzeugte Faserkunststoffverbundbauteil definiert auf eine Ziel- bzw. Entnahmetemperatur abgekühlt und dabei formerhalten und/oder geometrisch korrigiert.
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Ausgehend hiervon soll die Erfindung Möglichkeiten aufzeigen, wie die Serienherstellung von flächigen Faserkunststoffverbundbauteilen optimiert werden kann.
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Dies gelingt mit einer erfindungsgemäßen Vorrichtung entsprechend dem Patentanspruch 1 und mit einem erfindungsgemäßen Verfahren entsprechend dem nebengeordneten Patentanspruch. Bevorzugte Weiterbildungen und Ausgestaltungen ergeben sich analog für beide Erfindungsgegenstände sowohl aus den abhängigen Patentansprüchen als auch aus den nachfolgenden Erläuterungen.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Serienherstellung flächiger Faserkunststoffverbundbauteile umfasst wenigstens ein Presswerkzeug, in dem die Faserkunststoffverbundbauteile erzeugt werden (bspw. durch Nasspressen, Prepreg-Pressen, Resin Transfer Moulding oder dergleichen), und wenigstens ein Abkühlwerkzeug, in dem die erzeugten Faserkunststoffverbundbauteile definiert abgekühlt werden. Die erfindungsgemäße Vorrichtung umfasst ferner eine Presse, wobei es sich insbesondere um eine hydraulische Presse handelt. Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass das Presswerkzeug und das Abkühlwerkzeug gemeinsam im Pressenraum der Presse angeordnet sind, so dass innerhalb eines Pressenschließhubs bzw. Pressdurchgangs und somit gleichzeitig wenigstens ein Faserkunststoffverbundbauteil erzeugt werden kann und wenigstens ein im vorausgehenden Pressdurchgang erzeugtes Faserkunststoffverbundbauteil abgekühlt werden kann.
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In vorteilhafter Weise ist somit nur eine Presse erforderlich, wodurch Investitionskosten, Betriebskosten und Platzbedarfe gering gehalten werden. Ferner wird die einfache und schnelle Übergabe eines im Form- bzw. Presswerkzeug erzeugten Faserkunststoffverbundbauteils in das Abkühlwerkzeug ermöglicht, wobei das Faserkunststoffverbundbauteil noch nicht vollständig ausgehärtet sein muss und insbesondere nur vorgehärtet ist. Die Erfindung ermöglicht also die Aufsplittung der Aushärtung in ein Vorhärten (im Presswerkzeug) und ein abschließendes Aushärten bzw. Endhärten (im Abkühlwerkzeug). Dadurch wird eine erhebliche Taktzeitverkürzung ermöglicht. Bislang wird die Taktzeit nämlich durch den erheblich längeren Formpressprozess bestimmt, da eine nahezu vollständige Aushärtung erforderlich ist, um das erzeugte Faserkunststoffverbundbauteil an das Abkühlwerkzeug weitergeben zu können.
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Bevorzugt sind das Presswerkzeug und das Abkühlwerkzeug übereinander liegend im Pressenraum der Presse angeordnet. Dadurch werden das Presswerkzeug und das Abkühlwerkzeug quasi in Reihe zwischen Pressenstößel und Pressentisch liegend mit einer gemeinsamen Presskraft beaufschlagt. Eine solche Anordnung kann auch als Stapel- oder Etagenanordnung bezeichnet werden. Bei ausreichender Größe des Pressentisches können auch mehrere nebeneinander angeordnete Werkzeugstapel vorgesehen sein.
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Bevorzugt ist das Presswerkzeug im Stapel unten und das Abkühlwerkzeug oben angeordnet. Dadurch wird ein einfacherer Zugriff, insbesondere manueller Zugriff, auf das Presswerkzeug ermöglicht. Ferner kann eine Versorgung des unteren Werkzeugs, bspw. das Zuführen von Harz beim RTM-Verfahren, einfacher als beim oberen Werkzeug bewerkstelligt werden. Prinzipiell ist natürlich auch eine umgekehrte Anordnung möglich, bei der sich das Abkühlwerkzeug unten und das Presswerkzeug oben befindet.
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Bevorzugt sind das Werkzeugoberteil des unteren Werkzeugs, insbesondere des Presswerkzeugs, und das Werkzeugunterteil des oberen Werkzeugs, insbesondere des Abkühlwerkzeugs, im Wesentlichen identisch ausgebildet und beidseitig an einer im Pressenraum zwischen dem Presswerkzeug und dem Abkühlwerkzeug schwenkbar angeordneten Zwischenplatte befestigt, so dass diese identischen Werkzeugteile durch Schwenken der Zwischenplatte wechselweise mit dem am Pressenstößel befestigten Werkzeugoberteil des oberen Werkzeugs und mit dem auf dem Pressentisch befestigten Werkzeugunterteil des unteren Werkzeugs zusammenwirken können.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung kann einen Schwenkmechanismus für die Zwischenplatte umfassen, mit dem die Zwischenplatte, zusammen mit den daran befestigen Werkzeugteilen, geschwenkt werden kann. Der Schwenkmechanismus kann hydraulisch, pneumatisch und/oder elektrisch angetrieben sein.
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Das Presswerkzeug kann wenigstens eine Heizeinrichtung und/oder das Abkühlwerkzeug kann wenigstens eine Kühleinrichtung aufweisen. Für den Fall, dass das Presswerkzeug unten und das Abkühlwerkzeug oben angeordnet ist, ist bevorzugt vorgesehen, dass nur das auf dem Pressentisch befestigte Werkzeugunterteil des unteren Presswerkzeugs mit (wenigstens) einer Heizeinrichtung ausgestattet ist und/oder dass nur das am Pressenstößel befestigte Werkzeugoberteil des oberen Abkühlwerkzeugs mit (wenigstens) einer Kühleinrichtung ausgestattet ist. Selbiges gilt analog für den Fall, dass das Presswerkzeug oben und das Abkühlwerkzeug unten angeordnet ist. Bei Einsatz der oben beschriebenen Zwischenplatte können die an dieser Zwischenplatte befestigten Werkzeugteile somit frei von Heiz- und/oder Kühleinrichtungen bleiben, so dass keine mitzuschwenkenden Anschlüsse erforderlich sind.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Serienherstellung flächiger Faserkunststoffverbundbauteile sieht die Verwendung einer erfindungsgemäßen Vorrichtung vor, wobei während eines Pressdurchgangs gleichzeitig in dem wenigstens einen Presswerkzeug ein Faserkunststoffverbundbauteil erzeugt und vorgehärtet wird und in dem wenigstens einen Abkühlwerkzeug das zuvor, d. h. im vorausgehenden Pressdurchgang, im Presswerkzeug erzeugte und vorgehärtete Faserkunststoffverbundbauteil endgehärtet und abgekühlt wird. Die Herstellung der Faserkunststoffverbundbauteile vollzieht sich also in zwei aufeinanderfolgenden Teilprozessen, wobei das Formpressen und Vorhärten im Press- bzw. Formwerkzeug (erster Teilprozess) und das Endhärten und Abkühlen im Abkühlwerkzeug (zweiter Teilprozess) zwangsläufig mit gleicher Taktzeit erfolgt.
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Bei Einsatz einer Zwischenplatte, wie vorausgehend erläutert, ist bevorzugt vorgesehen, dass nach einem Pressdurchgang die Presse geöffnet und zunächst das ausgehärtete und abgekühlte Faserkunststoffverbundbauteil aus dem Abkühlwerkzeug entnommen wird, was manuell oder automatisiert erfolgen kann. Danach wird die Zwischenplatte, gegebenenfalls nach einem Anheben, zusammen mit den daran befestigten Werkzeugteilen geschwenkt, wobei das im Presswerkzeug erzeugte und vorgehärtete Faserkunststoffverbundbauteil in dem an der Zwischenplatte befestigten Werkzeugteil des Presswerkzeugs verbleibt und beim Schwenken mitgenommen bzw. mitgeschwenkt wird, so dass sich dieses dann beim nachfolgenden Pressdurchgang im Abkühlwerkzeug befindet. Ein Entnehmen aus dem Presswerkzeug und Ablegen im Abkühlwerkzeug ist somit nicht erforderlich. Die Übergabe vom Presswerkzeug in das Abkühlwerkzeug erfolgt durch Verschwenken der Zwischenplatte, wobei das zuvor im Presswerkzeug erzeugte und nur vorgehärtete Faserkunststoffverbundbauteil z. B. durch Unterdruck- bzw. Vakuumansaugung im betreffenden Werkzeugteil festgehalten und dabei bspw. an dessen Kavitätsfläche abgestützt wird, so dass sich dieses nicht verformen kann.
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Die Erfindung wird nachfolgend mit Bezug auf die Zeichnung näher erläutert. Die in der Zeichnung gezeigten und/oder nachfolgend erläuterten Merkmale können, auch losgelöst von konkreten Merkmalskombinationen, die Erfindung weiterbilden.
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1 zeigt schematisch eine erfindungsgemäße Vorrichtung und veranschaulicht in mehreren Einzeldarstellungen die Abfolge bei der Serienherstellung flächiger Faserkunststoffverbundbauteile mit dieser Vorrichtung.
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Die Vorrichtung 100 umfasst ein Presswerkzeug 120 und ein Abkühlwerkzeug 130, die übereinander liegend im Pressenraum 111 einer nicht detailliert dargestellten Presse mit einem Pressentisch 112 und einem Pressenstößel 113 angeordnet sind. Bei dem Presswerkzeug 120 kann es sich auch um ein RTM-Werkzeug handeln. Ferner kann es sich bei beiden Werkzeugen 120 und 130 um Mehrfachwerkzeuge (mit mehreren Formhohlräumen bzw. Kavitäten) handeln.
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Das Werkzeugunterteil 121 des Presswerkzeugs 120 ist auf dem Pressentisch 112 befestigt und weist eine Heizeinrichtung 123 auf. Das Werkzeugoberteil 132 des Abkühlwerkzeugs 130 ist am Pressenstößel 113 befestigt und weist eine Kühleinrichtung 133 auf. Das Werkzeugoberteil 122 des Presswerkzeugs 120 und das Werkzeugunterteil 131 des Kühlwerkzeugs 130 sind identisch ausgebildet und gegenüberliegend an den beiden Seiten einer schwenkbaren Zwischenplatte 140 befestigt. Durch Schwenken der Zwischenplatte 140 zusammen mit den daran befestigten Werkzeugteilen 122 und 131 können diese Werkzeugteile wechselweise mit dem Werkzeugunterteil 121 des Presswerkzeugs 120 und dem Werkzeugoberteil 132 des Abkühlwerkzeugs 130 zusammenwirken. Das Werkzeugoberteil des Presswerkzeugs 120 kann das Werkzeugunterteil des Abkühlwerkzeugs 130 bilden und umgekehrt.
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Mit der Vorrichtung 100 kann gleichzeitig innerhalb eines Pressenschließhubs bzw. Pressdurchgangs im Presswerkzeug 120 ein Faserkunststoffverbundbauteil B' erzeugt und vorgehärtet werden und im Abkühlwerkzeug 130 das im vorausgehenden Pressdurchgang erzeugte Faserkunststoffverbundbauteil B endgehärtet und abgekühlt werden, wie in 1a gezeigt. Die Presskraft F wirkt auf beide Werkzeuge 120 und 130.
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Nach einem Pressdurchgang wird die Presse durch Anheben des Pressenstößels 113 geöffnet und das ausgehärtete und abgekühlte Faserkunststoffverbundbauteil B kann aus dem Abkühlwerkzeug 130 entnommen werden, wie in 1b gezeigt.
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Danach wird die Zwischenplatte 140 zusammen mit den daran befestigten Werkzeugteilen 122 und 131 nach oben gefahren, was mithilfe des in 1c strichliniert dargestellten Hubmechanismus 150 bewerkstelligt werden kann. Dabei wird das Presswerkzeug 120 geöffnet, wobei das erzeugte und vorgehärtete Faserkunststoffverbundbauteil B' am Werkzeugoberteil 122 hängen bleibt. Dies kann bspw. mittels Unterdruckansaugung bewerkstelligt werden.
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Nun wird die Zwischenplatte 140 zusammen mit den daran befestigten Werkzeugteilen 122 und 131 geschwenkt, wie mit dem Pfeil S veranschaulicht. Hierbei wird das Faserkunststoffverbundbauteil B' mitgenommen und befindet sich danach gegenüber dem Werkzeugoberteil 132 des Abkühlwerkzeugs 130, wie in 1d gezeigt. Das Verschwenken der Zwischenplatte 140 kann mithilfe des nur schematisch dargestellten Schwenkmechanismus 160 bewerkstelligt werden. Unten wird in das geöffnete Presswerkzeug 120 noch neues Fasermaterial M eingelegt, bevor die Zwischenplatte 140 aktiv oder passiv abgesenkt und ein weiterer Pressdurchgang ausgeführt wird. Hierbei bildet nun das Werkzeugoberteil 122 des Presswerkzeugs 120 das Werkzeugunterteil des Abkühlwerkzeugs 130. Der weitere Ablauf wiederholt sich zyklisch entsprechend den vorausgehenden Erläuterungen, wobei die Zwischenplatte 140 nach jedem Pressdurchgang um 180° geschwenkt wird.
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Die Zuordnung der Werkzeugteile 122 und 131 zu einem der Werkzeuge 120 oder 130 ist aufgrund deren im Wesentlichen identischen Ausbildung ohne Relevanz. Die beiden an der Zwischenplatte 140 befestigen Werkzeugteile 122 und 131 können daher auch als Zwischen- oder Schwenkwerkzeuge (ohne konkrete Zuordnung zu einem der Werkzeuge) bezeichnet werden. Bei einer äquivalenten Ausgestaltung sind diese Werkzeugteile 122 und 131 ohne Zwischenplatte 140 miteinander verbunden und insbesondere als ein einzelnes Werkzeugteil ausgebildet, wobei die Zwischenplatte 140 u. a. wegen der damit erreichten Flexibilität bevorzugt ist.
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Die Erfindung eignet sich insbesondere für die Serienherstellung kleiner bis mittelgroßer Faserkunststoffverbundbauteile, wobei prinzipiell auch große Faserkunststoffverbundbauteile erfindungsgemäß hergestellt werden können. Das Entnehmen und Einlegen kann manuell oder automatisch, bspw. mittels Roboter oder dergleichen, erfolgen.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Vorrichtung
- 111
- Pressenraum
- 112
- Pressentisch
- 113
- Pressenstößel
- 120
- Presswerkzeug
- 121
- Werkzeugunterteil
- 122
- Werkzeugoberteil
- 123
- Heizeinrichtung
- 130
- Abkühlwerkzeug
- 131
- Werkzeugunterteil
- 132
- Werkzeugoberteil
- 133
- Kühleinrichtung
- 140
- Zwischenplatte
- 150
- Hubmechanismus
- 160
- Schwenkmechanismus
- B, B'
- Faserkunststoffverbundbauteil
- F
- Presskraft
- M
- Fasermaterial
- S
- Schwenkbewegung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102013223318 A1 [0002]