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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln eines Gesamtmassenträgheitsmoments eines Antriebsstrangs eines Kraftfahrzeugs sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung.
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Stand der Technik
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Das Massenträgheitsmoment bzw. Trägheitsmoment ist bei einem Kraftfahrzeug ein Parameter zur Beschreibung des dynamischen Verhaltens des Antriebsstrangs und somit des gesamten Kraftfahrzeugverhaltens, insbesondere bei Längsbeschleunigung.
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In der
DE 10 2007 020 279 A1 wird bspw. ein Verfahren zum Regeln einer Drehzahl einer Brennkraftmaschine beschrieben, wobei Lastmomente für verschiedene Komponenten des Kraftfahrzeugs abgeschätzt werden. Für diese Schätzung werden auch die Massenträgheitsmomente der einzelnen Komponenten berücksichtigt.
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Auch aus der
DE102 05 375 A1 ist ein ähnliches Verfahren zum Regeln einer Drehzahl einer Brennkraftmaschine bekannt.
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Offenbarung der Erfindung
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Erfindungsgemäß werden ein Verfahren zum Ermitteln eines Gesamtmassenträgheitsmoments sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.
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Vorteile der Erfindung
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Es wird ein Verfahren zum Ermitteln eines Gesamtmassenträgheitsmoments eines Antriebsstrangs eines Kraftfahrzeugs für eine Steuerungs- und/oder Regelungsfunktion, die als eine Eingangsgröße das Gesamtmassenträgheitsmoment des Antriebsstrangs umfasst, vorgeschlagen. Dabei ist für das Gesamtmassenträgheitsmoment des Antriebsstrangs ein Modell vorgesehen, welches als Anteile ein Massenträgheitsmoment einer Brennkraftmaschine des Kraftfahrzeugs, Massenträgheitsmomente von rotierenden Komponenten des Antriebsstrangs nach der Brennkraftmaschine bis zu Rädern des Kraftfahrzeugs und ein Massenträgheitsmoment umfasst, das durch eine Masse des Kraftfahrzeugs repräsentiert ist, die mit dem Quadrat eines dynamischen Radradius gewichtet ist. Zur Ermittlung des Gesamtmassenträgheitsmoments werden aus dem Modell das Massenträgheitsmoment der Brennkraftmaschine und von den übrigen Anteilen die mit der Brennkraftmaschine in Drehmomentschluss stehenden Massenträgheitsmomente jeweils gewichtet mit dem Quadrat ihres jeweiligen Übersetzungsverhältnisses zur Brennkraftmaschine herangezogen. Hierzu sei angemerkt, dass auch das gesamte Kraftfahrzeug und somit das Massenträgheitsmoment, das durch die Masse des Kraftfahrzeugs repräsentiert wird, bei geschlossenem Antriebsstrang über Drehmomentschluss an die Brennkraftmaschine gekoppelt ist.
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Zwar kann man, aufgrund einer oftmals aufwändigen Bestimmung des Massenträgheitsmoments durch bspw. Prüfstandmessungen, die eine sehr hohen Menge an abzufahrenden Betriebspunkten umfasst, Funktionen wie bspw. eine Leerlaufregelung auch durch Ausprobieren applizieren. Dabei wird oftmals anstelle des Massenträgheitsmoments selbst nur deren Effekt bedatet. Jede einzelne Applikation ist daher oftmals nur für einen begrenzten Betriebsbereich oder nur für bestimmte Gänge, zugeschaltete Aggregate und dergleichen und nur für die untersuchte Fahrzeugkonfiguration gültig.
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Mit dem hier vorgeschlagenen Verfahren wird nun jedoch eine Möglichkeit bereitgestellt, anhand eines Modells zum Gesamtmassenträgheitsmoment eines Antriebsstrangs in Abhängigkeit von der aktuell vorhandenen Fahrzeugkonfiguration und in Kenntnis des jeweiligen Massenträgheitsmoments von einzelnen Komponenten oder Komponentengruppen des Antriebsstrangs, die die Fahrzeugkonfiguration ausmachen, schnell und einfach das aktuelle Gesamtmassenträgheitsmoment zu ermitteln. Damit einher geht auch eine nur geringe Speicherplatzmenge, die benötigt wird, sofern das Verfahren bspw. auf einem Steuergerät ausgeführt wird. Es müssen nicht viele verschiedene Parameter, die das Gesamtmassenträgheitsmoment für verschiedene Betriebssituationen wie bspw. verschiedene Getriebeübersetzungen oder verschiedene Regelungsarten hinterlegt werden.
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Die Massenträgheitsmomente von einzelnen Komponenten und Komponentengruppen einschließlich der Brennkraftmaschine können, sofern sie nicht bereits bekannt sind, gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ermittelt werden, wie weiter unten noch erläutert werden wird.
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Vorzugsweise umfasst das Modell zusätzlich als wenigstens einen Anteil wenigstens ein Massenträgheitsmoment ein oder mehrerer, von der Brennkraftmaschine antreibbarer Zusatzaggregate als Komponenten oder Komponentengruppen des Antriebsstrangs. Besonders bei kleinen Brennkraftmaschinen, bei denen Massenträgheitsmomente der Neben- bzw. Zusatzaggregate und somit bspw. deren Einfluss auf ein Beschleunigungsverhalten des Kraftfahrzeugs oftmals nicht vernachlässigt werden können, kann somit ein beträchtlicher Mehraufwand bei der Applikation vermieden werden, da diese zusätzlichen Massenträgheitsmomente sehr einfach über das Modell berücksichtigt werden können.
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Zweckmäßigerweise umfassen die ein oder mehreren Zusatzaggregate eine elektrische Maschine, einen Klimakompressor und/oder eine Servopumpe. Hierbei handelt es sich um oftmals in Kraftfahrzeugen, insbesondere auch in Kraftfahrzeugen mit kleinen Brennkraftmaschinen, vorhandene Zusatzaggregate, deren Massenträgheitsmoment einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss haben.
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Vorteilhafterweise umfassen die rotierenden Komponenten des Antriebsstrangs eine Getriebeeingangswelle, eine Getriebeausgangswelle und Radachsen mit Rädern. Während das Massenträgheitsmoment für die Brennkraftmaschine noch eine Kurbelwelle bis hin zu einer Kupplung umfassen kann, können die im Antriebsstrang nachfolgenden Komponenten entsprechend aufgeteilt werden. So dreht sich bspw. eine Welle ab der Kupplung bis einschließlich der Getriebeeingangswelle mit der gleichen Drehzahl wie die Brennkraftmaschine, sofern die Kupplung geschlossen ist. Die Getriebeausgangswelle bis hin zu einer Eingangswelle für ein oder mehrere Achsdifferentiale dreht sich mit einer Drehzahl, die durch die Getriebeübersetzung zur Drehzahl der Brennkraftmaschine im Verhältnis steht. Die Getriebeübersetzung ist dabei üblicherweise für jeden Gang bekannt. Weiterhin drehen sich die Räder mit den Achsen nach dem jeweiligen Achsdifferential mit einer Drehzahl, die durch die Getriebeübersetzung und die Differentialübersetzung zur Drehzahl der Brennkraftmaschine im Verhältnis steht. Auch die Differentialübersetzung ist üblicherweise bekannt. Auf diese Weise kann das Gesamtmassenträgheitsmoment sehr einfach bei Kenntnis der Übersetzungen für den jeweils aktuell gewählten Gang angegeben werden. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass eine solche Aufteilung der Komponenten auch für automatisierte oder Automatikgetriebe möglich ist.
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Es ist von Vorteil, wenn das ermittelte Gesamtmassenträgheitsmoment als Eingangsgröße der Steuerungs- und/oder Regelungsfunktion zugeführt wird, wobei die Brennkraftmaschine mittels der Steuerungs- und/oder Regelungsfunktion betrieben wird. Wie bereits erwähnt, ist das Gesamtmassenträgheitsmoment oftmals eine wichtige Eingangsgröße für verschiedene Steuerungs- und/oder Regelungsfunktion, die für die Brennkraftmaschine verwendet werden.
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Vorzugsweise umfasst die Steuerungs- und/oder Regelungsfunktion eine Leerlaufregelung der Brennkraftmaschine, wobei insbesondere im Rahmen der Leerlaufregelung eine Drehmomentvorgabe an die Brennkraftmaschine in Abhängigkeit von dem ermittelten Gesamtmassenträgheitsmoment erfolgt. Hierbei wird das Gesamtmassenträgheitsmoment bspw. zur Bestimmung eines Lastmoments über den Drehimpulssatz verwendet. Weiterhin kann dabei bspw. eine Differenz zwischen einer Ist- und einer Soll-Drehzahl der Brennkraftmaschine derart vorgegeben werden, dass die Stärke eines Eingriffs, wie bspw. eine Einspritzmenge zu verändern, nicht nur anhand der Drehzahldifferenz, sondern auch vom Gesamtmassenträgheitsmoment abhängig gemacht wird.
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Vorteilhafterweise umfasst die Steuerungs- und/oder Regelungsfunktion eine Anti-Ruckel-Dämpfung. Um eine solche Dämpfung möglichst gut durchzuführen, ist eine genaue Kenntnis des aktuellen Gesamtmassenträgheitsmoments nötig.
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Es ist auch von Vorteil, wenn die Steuerungs- und/oder Regelungsfunktion eine Geschwindigkeitsregelung und/oder eine Abstandsregelung umfasst. Hiervon kann bspw. auch eine sog. Adaptive Cruise Control umfasst sein, bei der eine vorgegebene Geschwindigkeit eingehalten wird, jedoch im Falle eines vorausfahrenden Fahrzeugs die Geschwindigkeit reduziert wird. Anschließend wird ein definierter Abstand zu diesem Fahrzeug eingehalten. Nachdem das vorausfahrende Fahrzeug sich wieder entfernt hat, kann die ursprüngliche Geschwindigkeit wieder eingestellt werden. Hierbei ist zur Ermittlung eines optimalen Beschleunigungsverhaltens üblicherweise das aktuelle Gesamtmassenträgheitsmoment erforderlich.
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Vorzugsweise wird das Massenträgheitsmoment der Brennkraftmaschine mit von anderen Komponenten entkoppelter Brennkraftmaschine mittels Sturzgas-Messung ermittelt. Dabei handelt es sich um ein Messverfahren, bei welchem die Brennkraftmaschine über eine Betätigung des Gaspedals von der Leerlaufdrehzahl auf eine deutlich höhere Drehzahl beschleunigt wird, mit anschließendem Entlasten des Gaspedals. Dadurch wird das durch Verbrennung erzeugte Moment auf 0 Nm reduziert und die Brennkraftmaschine wird dabei durch äußere und innere Last- und Reibmomente verzögert (zum Beispiel Motorreibung und Fahrwiderstände bei geschlossenem Antriebsstrang). Mit Hilfe des Drehimpulssatzes kann das Gesamtmassenträgheitsmoment anhand der zeitlichen Ableitung der Motordrehzahl und der geschätzten inneren und äußeren Last- und Reibmomente ermittelt werden. Dies stellt eine einfache, schnelle und genaue Möglichkeit zur Ermittlung des Massenträgheitsmoments der Brennkraftmaschine dar.
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Vorzugsweise werden die Massenträgheitsmomente wenigstens zweier über ein änderbares Übersetzungsverhältnis mit der Brennkraftmaschine (bzw. deren Kurbelwelle) gekoppelter rotierender Komponenten ermittelt, indem wenigstens zwei Messungen mit den wenigstens zwei rotierenden Komponenten, gekoppelt an die Brennkraftmaschine und mit unterschiedlichem Übersetzungsverhältnis vorgenommen werden. Auf diese Weise können bspw. das Massenträgheitsmoment der Getriebeausgangswelle und ein gemeinsames Massenträgheitsmoment der Getriebeausgangswelle, Achsen und Räder ermittelt werden. Hierzu können bspw. Messungen in zwei verschiedenen Gängen vorgenommen werden, so dass die gewünschten Massenträgheitsmomente berechnet werden können. Hierzu sei noch angemerkt, dass ein Wert für ein gemeinsames Massenträgheitsmoment der Getriebeausgangswelle, Achsen und Räder als Komponentengruppen des Antriebsstrangs ausreichend ist, da diese Komponenten üblicherweise ohnehin ständig gekoppelt sind.
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Es ist von Vorteil, wenn das Massenträgheitsmoment eines Zusatzaggregats als Komponenten oder Komponentengruppen des Antriebsstrangs durch Messung eines Massenträgheitsmoments der Brennkraftmaschine mit daran gekoppeltem Zusatzaggregat und Vergleich mit dem Massenträgheitsmoment der Brennkraftmaschine ermittelt wird. So kann bspw. durch Messung des gemeinsamen Massenträgheitsmoments von Brennkraftmaschine und Klimakompressor (bei entkoppelten übrigen Komponenten) und Subtraktion des Massenträgheitsmoments der Brennkraftmaschine das Massenträgheitsmoment des Klimakompressors ermittelt werden.
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Auf diese Weise ist eine schrittweise Ermittlung der einzelnen Trägheitskomponenten für das Modell zum Gesamtmassenträgheitsmoment möglich. Durch eine Messung während einer Fahrt des Fahrzeugs kann bspw. auch noch das Modell überprüft werden, indem die üblicherweise bekannte Masse des Fahrzeugs in dem Modell verwendet wird.
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Eine erfindungsgemäße Recheneinheit, z.B. ein Steuergerät eines Kraftfahrzeugs, ist, insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Verfahren durchzuführen.
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Auch die Implementierung des Verfahrens in Form eines Computerprogramms ist vorteilhaft, da dies besonders geringe Kosten verursacht, insbesondere wenn ein ausführendes Steuergerät noch für weitere Aufgaben genutzt wird und daher ohnehin vorhanden ist. Geeignete Datenträger zur Bereitstellung des Computerprogramms sind insbesondere magnetische, optische und elektrische Speicher, wie z.B. Festplatten, Flash-Speicher, EEPROMs, DVDs u.a.m. Auch ein Download eines Programms über Computernetze (Internet, Intranet usw.) ist möglich.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der beiliegenden Zeichnung.
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Die Erfindung ist anhand eines Ausführungsbeispiels in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung beschrieben.
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Figurenliste
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- 1 zeigt schematisch einen Antriebsstrang eines Kraftfahrzeugs, für welchen anhand eines erfindungsgemäßen Verfahrens in einer bevorzugten Ausführungsform ein Gesamtmassenträgheitsmoment ermittelt werden kann.
- 2 zeigt schematisch einen Ablauf eines erfindungsgemäßen Verfahrens in einer bevorzugten Ausführungsform.
- 3 zeigt schematisch einen Ablauf zur Bestimmung einzelner Massenträgheitsmomente für die Verwendung in einem erfindungsgemäßen Verfahren in einer bevorzugten Ausführungsform
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Ausführungsform(en) der Erfindung
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In 1 ist schematisch ein Antriebsstrang 100 eines Kraftfahrzeugs dargestellt, für welchen anhand eines erfindungsgemäßen Verfahrens in einer bevorzugten Ausführungsform ein Gesamtmassenträgheitsmoment ermittelt werden kann.
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Der Antriebsstrang 100 weist eine Brennkraftmaschine 110 auf, welche über eine Kurbelwelle 111 mit einer Kupplung 120 in Verbindung steht. Die Kupplung 120 wiederum steht mit einer Getriebeeingangswelle 121 eines Getriebes 130 in Verbindung. Das Getriebe 130 steht über eine Getriebeausgangswelle 131 mit einem Achsdifferential 140 in Verbindung, welches wiederum über eine Achse 141 mit einem Rad 150 in Verbindung steht. Der Übersichtlichkeit halber ist vorliegend nur ein Rad gezeigt. Es versteht sich, dass weitere Räder eines Kraftfahrzeugs entsprechend in den Antriebsstrang eingebunden sind. Weiterhin ist ein Klimakompressor 160 als ein Beispiel für ein Zusatzaggregat gezeigt, welches mit der Brennkraftmaschine 110, vorliegend mit der Kurbelwelle 111 koppelbar ist.
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Die Kupplung 120 kann geöffnet und geschlossen werden, womit die Brennkraftmaschine 110, die Kurbelwelle 111 und ggf. der Klimakompressor 160 von den übrigen Komponenten bzgl. eines Drehmomentschlusses entkoppelt werden kann.
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Über das Getriebe 130 sind die Getriebeeingangswelle 121 und die Getriebeausgangswelle 131 durch ein Übersetzungsverhältnis iG bzgl. der jeweiligen Drehzahlen miteinander verbunden (solange nicht ein Leerlauf bzw. Neutralgang eingelegt ist). Es versteht sich, dass das Übersetzungsverhältnis iG vom jeweils eingelegten Gang abhängig ist und in der Regel bekannt ist.
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Über das Achsdifferential 140 sind die Getriebeausgangswelle 131 und die Achse 141 und somit das Rad 150 durch ein Übersetzungsverhältnis iA bzgl. der jeweiligen Drehzahlen miteinander verbunden. Das Übersetzungsverhältnis iA ist in der Regel bekannt. Das Übersetzungsverhältnis zwischen der Brennkraftmaschine 110 bzw. der Kurbelwelle 111 und der Achse 141 bzw. dem Rad 150 ergibt sich somit durch eine Multiplikation der Übersetzungsverhältnisse iA und iG.
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Der Klimakompressor 160 kann an die Kurbelwelle 111 mit einem Übersetzungsverhältnis angebunden sein. Weiterhin ist eine als Motorsteuergerät 180 ausgebildete Recheneinheit gezeigt, auf welcher ein erfindungsgemäßes Verfahren in einer bevorzugten Ausführungsform bspw. im Rahmen einer Steuerung und/oder Regelung der Brennkraftmaschine ausgeführt werden kann.
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In 2 ist schematisch ein Ablauf eines erfindungsgemäßen Verfahrens in einer bevorzugten Ausführungsform dargestellt. Dabei können einzelne Massenträgheitsmomente, welche nachfolgend noch näher erläutert werden sollen, zur Ermittlung eines Gesamtmassenträgheitsmoments herangezogen werden.
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Ausgehend von der in 1 gezeigten Aufteilung des Antriebsstrangs lässt sich anhand folgender Überlegungen nun das Gesamtmassenträgheitsmoment ermitteln.
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Die Dynamik des Kraftfahrzeugs ist abhängig von einer Summe der inneren und der äußeren Kräfte. Bei konstanter Bewegung gilt:
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Die vier äußeren Kräfte sind dabei Luft-, Roll-, Steigungs- und Beschleunigungswiderstandskraft FL , FRO , FSt und FC . In Summe bilden sie die Fahrwider-standskraftFW , welcher der Antriebskraft FSchub des Fahrzeugs entgegenwirkt.
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Sind Fahrwiderstandskraft (ohne Beschleunigungskraft) und Antriebskraft gleich groß, dann bewegt sich das Kraftfahrzeug mit konstanter Geschwindigkeit. Während FL , FRO und FST von der Geschwindigkeit bzw. der Masse m des Fahrzeugs abhängig sind, ist FC nur bei beschleunigter bzw. verzögerter Fahrt relevant.
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Die Beschleunigungswiderstandskraft F
C kann dabei definiert werden als eine Kombination aus einem Einfluss der Fahrzeugmasse m über einen translatorischen Anteil F
C,
trans und eines resultierenden Massenträgheitsmoments auf Radebene über F
C,
rot. Dies lässt sich darstellen als
mit Θ
red,Rad,i einem gangabhängigen, reduzierten Massenträgheitsmoment auf Radebene, r
dyn dem dynamischen Radradius und a
x der Längsbeschleunigung des Kraftfahrzeugs.
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Das gangabhängige, reduzierte Massenträgheitsmoment auf Radebene Θ
red,Rad lässt sich entsprechend der in
1 gezeigten Komponenten des Antriebsstrangs
100 nun wie folgt darstellen:
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Dabei geben ΘRad das Massenträgheitsmoment der Räder 150 inkl. der jeweiligen Achsen 141 (in 1 ist nur ein Rad mit Achse gezeigt), ΘA das Massenträgheitsmoment der Getriebeausgangswelle 131, ΘMot das Massenträgheitsmoment der Brennkraftmaschine 110 inkl. der Kurbelwelle 111 und ΘAC das Massenträgheitsmoment des Klimakompressors 160 an.
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Die Massenträgheitsmomente der Getriebeausgangswelle 131, der Räder 150 mit Achsen 141, der Brennkraftmaschine 110 mit Kurbelwelle 111 sowie des Klimakompressors 160 sind dabei jeweils mit dem bereits erläuterten Übersetzungsverhältnis iA bzw. iG, aufgrund des Massenträgheitsmoments jeweils quadriert, angegeben. Der Einfachheit halber ist das Übersetzungsverhältnis zwischen Klimakompressor 160 und Brennkraftmaschine 110 hierbei als 1:1 angenommen, weswegen auf einen Faktor zum Übersetzungsverhältnis verzichtet werden kann.
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Zur Berechnung innermotorischer Momente kann nun für einen eingekuppelten Zustand sowohl das reduzierte Massenträgheitsmoment als auch die Masse des Kraftfahrzeugs von der Radebene auf die Motorebene umgerechnet werden. Dazu kann durch eine Ersatzmasse
aus obiger Gleichung durch Wichtung mit dem Quadrat des dynamischen Radradius ein Massenträgheitsmoment der Räder auf Radebene ermittelt werden, in welchem die Masse des Kraftfahrzeugs berücksichtigt ist:
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Dieses kann durch die Übersetzungsverhältnisse im Antriebsstrang weiter auf die Motorebene umgerechnet werden, sodass ein Gesamtmassenträgheitsmoment des Antriebsstrangs in folgender Form gegeben ist:
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Hierzu ist noch anzumerken, dass je nach Übersetzungsverhältnis bzw. für die Masse des Kraftfahrzeugs entsprechende Gewichtungsfaktoren zu berücksichtigen sind, die in 2 nicht dargestellt sind. In dieser Form kann es nun von den einzelnen Steuerungs- und/oder Regelungsfunktionen auf Motorebene zur Beschreibung des Fahrzeugverhaltens genutzt werden. In der Regel sind einige oder auch alle Massenmassenträgheitsmomente der einzelnen Komponenten unbekannt und lediglich die Gang- und Achsübersetzungsverhältnisse können als bekannt angenommen werden.
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In diesem Fall können die fehlenden Größen experimentell ermittelt werden. In 3 ist hierzu schematisch ein Ablauf gezeigt. Bspw. kann ein dreistufiges Verfahren zur Messung und Verifikation des Massenträgheitsmoments zur Anwendung kommen.
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In einer ersten Stufe kann bei offenem Antriebsstrang (bspw. durch Einlegen des Neutralgangs bzw. Stellung N bei Automatikgetrieben) und über Sturzgas-Messungen das Massenträgheitsmoment
ΘMot der entkuppelten Brennkraftmaschine bestimmt werden. Durch Hinzuschalten der einzelnen Zusatzaggregate wie bspw. Generator, Klimaanlage, Servopumpe oder dergleichen kann für jede dieser Komponenten das jeweilige Massenträgheitsmoment, bspw.
ΘAC , ermittelt werden, indem das gemessene Massenträgheitsmoment um das der entkuppelten Brennkraftmaschine reduziert wird, bspw. in der Form:
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In einer zweiten Stufe können bei geschlossenem Antriebsstrang (bspw. mit dem Kraftfahrzeug auf einer Hebebühne) zwei weitere Massenträgheitsmomente bestimmt werden, nämlich das der Getriebeeingangswelle,
ΘG , welche mit der Drehzahl der Brennkraftmaschine rotiert, und das effektive Massenträgheitsmoment
des restlichen Antriebsstrangs von Getriebeausgangswelle bis zu den Rädern, dessen Drehzahl gangabhängig ist:
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Die Gleichung enthält die beiden Unbekannten
ΘG und
, wobei eine Unterteilung des zweiten Massenträgheitsmoment nicht nötig ist, da dieses üblicherweise ohnehin nicht getrennt auftreten kann. Über zwei Messungen mit verschiedenen Gängen, d.h. verschiedenem i
G, können somit beide Massenträgheitsmomente bestimmt werden. Eine weitere Messung in einem weiteren Gang kann als Verifikation verwendet werden.
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In einer dritten Stufe kann bei geschlossenem Antriebsstrang bspw. bei einer Fahrt auf ebener Strecke der Einfluss der Fahrzeugmasse m auf die Dynamik mit der obigen Gleichung für Θges,Mot bestimmt werden. Diese Stufe kann daher als Verifikation des Verfahrens dienen.
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Durch Verwendung eines solchen modellbasierten Ansatzes zur Ermittlung des Gesamtmassenträgheitsmoments des Antriebsstrangs kann nun bspw. ein Aufwand zur Bestimmung dieses Parameters deutlich reduziert werden. Dadurch können bspw. sowohl Kosten, notwendige Kapazität in der Applikation als auch die Dauer einer Versuchsfahrzeugbelegung reduziert werden.
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Ein weiterer Vorteil ist die Reduktion der zu applizierenden Parameter bei gleicher bzw. verbesserter Applikationsgüte, da nun bspw. ein geändertes Systemverhalten aufgrund eines zusätzlichen Verbrauchers, d.h. eines Zusatzaggregats, über eine Änderung des Gesamtmassenträgheitsmoments erreicht werden kann.