DE102015113887B3 - Mikrofluidische Flusszelle, Verfahren zur Synthese von Biomolekülen in einer mikrofluidischen Flusszelle und Verfahren zur Herstellung einer mikrofluidischen Flusszelle - Google Patents

Mikrofluidische Flusszelle, Verfahren zur Synthese von Biomolekülen in einer mikrofluidischen Flusszelle und Verfahren zur Herstellung einer mikrofluidischen Flusszelle Download PDF

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Abstract

Die Erfindung betrifft eine mikrofluidische Flusszelle, ein Verfahren zur Synthese von Biomolekülen in einer mikrofluidischen Flusszelle und ein Verfahren zur Herstellung einer mikrofluidischen Flusszelle. Um die Vorteile von zellbasierten und zellfreien Systeme zur Synthese von Biomolekülen zu kombinieren und biochemische Reaktionen von industriellem Interesse in einer zellähnlichen Umgebung durchzuführen, die wesentliche Eigenschaften einer Zelle abbildet, dabei jedoch nicht auf einer empfindlichen, membranbasierten Plattform mit ihrer inhärenten Komplexität beruht, wird eine mikrofluidische Flusszelle umfassend ein mikroskaliges Kanalsystem, wobei das Kanalsystem zumindest teilweise mit einem Polymergel befüllt ist, einen Einlass zur Zufuhr von Komponenten und einen Auslass zur Abfuhr von synthetisierten Biomolekülen und anfallenden Abfall- und Nebenprodukten angegeben.

Description

  • Die Erfindung betrifft eine mikrofluidische Flusszelle, ein Verfahren zur Synthese von Biomolekülen in einer mikrofluidischen Flusszelle und ein Verfahren zur Herstellung einer mikrofluidischen Flusszelle.
  • Biologen sind heutzutage in der Lage, den Metabolismus von Zellen so zu manipulieren, dass diese maßgeschneiderte Proteine, Biokraftstoffe und eine Vielfalt(bio-)chemischer Reagenzien aus erneuerbaren Rohstoffen synthetisieren. Allerdings kann die Manipulation einer bestimmten zellulären Funktion zur Produktoptimierung ungewollt den Rest einer Zelle entscheidend negativ beeinflussen.
  • Die Expression von Genen durch DNA-Transkription und anschließender mRNA-Translation zu einem Protein findet in Zellen in vivo in einer extrem komplexen Umgebung statt. Hier liegen Reaktionspartner nicht homogen verteilt wie bei konventionellen chemischen Synthesen vor. Stattdessen bilden Zellen Konzentrationsgradienten und beschränken dank intrazellulärer Organisation des Zytoplasmas Reaktionspartner auf bestimmte Teile der Zelle. Dies hat entscheidende Auswirkungen auf Diffusionszeiten sowie die Reaktionskinetik.
  • Da Zellen einen signifikanten Teil ihrer Ressourcen für Wachstum und Zellmembranaufbau aufwenden müssen, sind zellfreie Systeme zur Abbildung biologischer Funktionen, beispielsweise die Darstellung funktioneller Proteine, Enzyme und Antikörper, für biotechnologische Anwendungen von besonderer Bedeutung.
  • Im Gegensatz zu zellbasierten Systemen benötigen zellfreie Systeme keine schützende Zellmembran um zu funktionieren, weisen eine verminderte Sensibilität gegenüber toxischen Syntheseprodukten auf und können die Ansprüche an Produktionsraten im Milligramm-pro-Milliliter-Bereich, beispielsweise für therapeutisch interessante Proteine, erfüllen.
  • Um nicht von einem membranumgebenen System im Rahmen biotechnologischer Anwendungen abhängig zu sein, wurden bereits in den 1960er Jahren erste zellfreie experimentelle Plattformen vorgeschlagen.
  • Konventionelle biologische, zellfreie Assays zur Abbildung zellulärer Funktionen, wie z. B. Zytoskelett- und Mikrotubuli-Konstruktion sowie Genexpression, werden im Allgemeinen in makroskopischer, verdünnter Lösung durchgeführt, beispielsweise in einem Milliliter-Probenröhrchen oder auf Mikrotiterplatten.
  • Lebende Zellen hingegen sind beispielsweise aufgrund des sogenannten makromolekularen Crowdings des Zytosols und der räumlichen Lokalisation von Reaktionspartnern nicht nur wesentlich komplexer aufgebaut, sondern auch um ein vielfaches kleiner als herkömmliche Reaktionsräume, so dass die aus in vitro Experimenten abgeleiteten Diffusions- und Reaktionskinetiken mitnichten die Situation in vivo realistisch darstellen.
  • Weiterhin sind kommerziell erhältliche Systeme nicht zwangsläufig dahingehend optimiert, eine biologische Funktion möglichst genau abzubilden, sondern es stehen Ausbeuten und Produktionsraten im Vordergrund. Dies spiegelt sich beispielsweise in teils ungewöhnlich hohen Salzkonzentrationen in in-vitro-Systemen wider.
  • Zudem berücksichtigen die auf dem Markt verfügbaren Systeme u. a. im Bereich der zellfreien Genexpression nicht oder nur unzureichend die natürliche Dichte des zellulären Zytoplasmas und das damit in Verbindung stehende makromolekulare Crowding sowie die räumliche Organisation von Reaktanden auf mikroskaliger Ebene.
  • Obwohl das Zytoplasma einer Zelle nach allgemeinem wissenschaftlichen Standpunkt mitnichten als gewöhnlicher Reaktionsraum bestehend aus einer Ansammlung von Biomakromolekülen aufgefasst wird, werden biologische Funktionen in vitro in Probenröhrchen auf makroskopischer Ebene weiterhin in homogener, verdünnter Lösung durchgeführt.
  • Um die dichte Packung des Zytoplasmas und das makromolekulare Crowding lebender Zellen ansatzweise zu berücksichtigen, werden kommerziell erhältlichen Systemen im Bereich der Genexpression Makromoleküle wie Poly(ethylenglykol) (PEG) zugegeben. Es ist daher Aufgabe der Erfindung, die Vorteile von zellbasierten und zellfreien Systeme zur Synthese von Biomolekülen zu kombinieren und biochemische Reaktionen von industriellem Interesse in einer zellähnlichen, insbesondere auf Mikro- sowie Nanoskala maßgeschneiderten, Umgebung durchzuführen, die wesentliche Eigenschaften einer Zelle abbildet, dabei jedoch nicht auf einer empfindlichen, membranbasierten Plattform mit ihrer inhärenten Komplexität beruht.
  • Es soll insbesondere eine neuartige biokompatible, zellfreie Umgebung entwickelt werden, die die mikroskopischen Abmessungen sowie wesentlichen Eigenschaften der intrazellulären Umgebung und deren Bedeutung für Diffusionszeiten, Bindungskonstanten, Proteinfaltungsprozesse sowie Reaktionskinetik möglichst weitgehend berücksichtigt.
  • Zudem soll der Fortgang der Biomolekülsynthese, insbesondere einer Genexpression (Proteinbiosynthese), zeit- und ortsaufgelöst verfolgt werden können. Weiterhin sollen Reaktanden kontinuierlich zugeführt, Reaktionsprodukte abgeführt und Reaktionsparameter in situ geändert werden können.
  • Außerdem soll es die Erfindung ermöglichen, metabolische Reaktionspfade zu manipulieren und zu optimieren. Zusätzlich soll die Erfindung einem Up-Scaling zugänglich sein.
  • Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine mikrofluidische Flusszelle mit den Merkmalen des Anspruchs 1, ein Verfahren zur Synthese von Biomolekülen gemäß Anspruch 13 sowie ein Verfahren zur Herstellung einer mikrofluidischen Flusszelle gemäß Anspruch 21. Die davon jeweils abhängigen Ansprüche geben vorteilhafte Ausführungsvarianten dieser erfindungsgemäßen Lösungen wieder.
  • Unter dem Begriff „Biomolekül“ werden vorliegend Moleküle organischer Substanzen, die in Lebewesen vorkommen, verstanden. Dies können beispielsweise sein: (Phospho-)lipide, Glycolipide, Vitamine, Hormone, Neurotransmitter, Aminosäuren, Nukleotide, Monosaccharide, Peptide, Oligopeptide, Polypeptide, Proteine, Nukleinsäuren, Oligosaccharide, Polysaccharide. Ebenso können diese Moleküle komplexere kovalent sowie nicht-kovalent verknüpfte Strukturen bilden. Diese können beispielsweise sein: Mikrofilamente, Mikrotubuli, Vesikel, Ribosomen, Lysosomen, Organellen.
  • Unter dem Begriff „Synthese“ wird vorliegend die Herstellung eines Biomoleküls oder einer etwaigen Zwischenstufe entlang des Syntheseweges eines Biomoleküls verstanden, wobei die Synthese nicht notwendigerweise aus den Grundbausteinen, z. B. Aminosäuren, erfolgen muss. Vielmehr soll auch eine Umwandlung eines Biomoleküls in ein anderes Biomolekül mit erfasst sein.
  • Eine erfindungsgemäße Flusszelle zur Synthese von Biomolekülen umfasst ein mikroskaliges Kanalsystem. Dieses Kanalsystem ist zumindest teilweise mit einem Polymergel befüllt.
  • Unter einem Polymergel wird vorliegend ein elastisches, quer-vernetztes Material, dessen Zwischenräume mit Lösungsmittelmolekülen besetzt sind, verstanden. Ein Beispiel sind Poly(isobutylen)gele, welche in Lösungsmitteln wie Toluol oder Cyclohexan quellen. Bei Hydrogelen im Speziellen handelt es sich um Polymergele, die in Wasser oder wasserhaltigen Mischungen, z. B. aus Wasser und einem Alkohol, gequollen sind, d. h. deren Zwischenräume zumindest teilweise mit Wassermolekülen besetzt sind. Die Vernetzung ist bevorzugt chemischer Natur, z. B. aufgrund kovalenter, ionischer oder supramolekularer Bindungen, wobei jedoch auch eine physikalische Vernetzung, z. B. durch Verschlaufen der Polymerketten, in Frage kommt.
  • Das Kanalsystem kann auch mit verschiedenen Polymergelen, beispielsweise verschiedenen Hydrogelen, befüllt sein. Ebenso ist es möglich, dass die Kanäle der Flusszelle nicht homogen befüllt sind, sondern mikro- bis nanoskalige Polymerpartikel bzw. kolloidale Partikel aufweisen. Diese können aus den gleichen Ausgangsmaterialien bestehen wie solche Polymergele, die zur Befüllung der Flusszelle angewendet werden.
  • Beispielsweise kann das Polymergel als Hydrogel ausgebildet sein und auf Polysacchariden, z. B. Hyaluronsäure, Pullulan oder Heparin, sowie Kollagen basieren (Polymergel- bzw. Hydrogelbasismaterial). „Basierend auf“ bedeutet dabei, dass die genannten Materialien eine zur Ausbildung eines Polymergels geeignete Funktionalisierung (vernetzbare funktionelle Gruppen) aufweisen, wie beispielsweise thiol-funktionalisierte Hyaluronsäure.
  • Die konkrete Auswahl des Polymergelbasismaterials ist u. a. von der für eine gewünschte Vernetzung notwendigen Funktionalisierung, der gewünschten Hydrophobizität sowie der elektrischen Ladung der Polymergelmatrix abhängig.
  • So weisen Hydrogele basierend auf Hyaluronsäure materialbedingt vielfach eine große Porengröße, sowie eine negative Ladung auf, während Pullulan ein nicht geladenes Hydrogel ergeben kann. Die Porengröße ist beispielsweise entscheidend für die Zugänglichkeit des Hydrogels, d. h. mit Hilfe des Vernetzungsgrads kann gesteuert werden, welche Komponenten in welche Bereiche des Hydrogels gelangen können.
  • Als Vernetzer sind beispielsweise Polyethylenglykole unterschiedlicher Länge und Struktur (linear, sternförmig etc.) oder dendritische Polyglykole, die funktionelle Gruppen in höherer Dichte aufweisen und dadurch zu einem höheren Vernetzungsgrad führen, geeignet. Die konkrete Auswahl des Vernetzers ist insbesondere durch die vorhandenen funktionellen Gruppen und den gewünschten Vernetzungsgrad bedingt.
  • Das Polymergel kann eine Funktionalisierung aufweisen, welche geeignet ist, das gewünschte Biomolekül zu synthetisieren. Der Ausdruck „funktionalisiert sein“ umfasst sowohl eine kovalente Anbindung eines funktionellen Moleküls, wie z. B. eines Biomakromoleküls (z. B. DNA), als auch eine nicht kovalente Verknüpfung mit dem Polymergel sowie die Möglichkeit, dass das funktionelle Molekül aufgrund seiner Größe im Polymergel physikalisch gefangen sein.
  • Die Funktionalisierung des Polymergels erlaubt dabei die Ausführung einer (weiteren) biologischen Funktion, die in der Natur durch die Zelle selbst aufgeführt wird (intrazelluläre Funktion)
  • Beispielsweise ist das Polymergel für die Proteinbiosynthese DNA-funktionalisiert, sodass innerhalb des Polymergels die Gentranskription und -translation stattfinden kann.
  • Das Polymergel kann sowohl homogen als auch inhomogen funktionalisiert sein, d. h. die für die Biomolekülsynthese benötigte Funktionalität, wie z. B. DNA-Moleküle innerhalb des Polymergelnetzwerks, kann sowohl gleichmäßig als auch ungleichmäßig, z. B. in Flussrichtung der Flusszelle ansteigend oder abfallend oder aufgeteilt auf mehrere Bereiche des Polymergels innerhalb der Flusszelle verteilt sein.
  • Weiterhin ist es auch möglich, unterschiedliche Funktionalisierungen zu verwenden und die gesamte Synthese auf verschiedene Bereiche des Kanalsystems, die u. a. zu diesem Zweck auch mit unterschiedlichen Polymergelen befüllt sein können, aufzuteilen.
  • Weiterhin ist es möglich, dass das Polymergel sowie seine physikochemischen Eigenschaften durch externe Stimuli reversibel wie irreversibel schaltbar ausgebildet sind. Beispielsweise kann sich in einer Ausführungsvariante die Porengröße des Polymergels durch Anlegen einer definierten Temperatur vergrößern bzw. verkleinern lassen. Auch können durch Lichteinstrahlung im sichtbaren wie UV- oder IR-Bereich die physikochemischen Eigenschaften des Polymergels, wie Porengröße, Vernetzungsgrad, funktionelle Gruppen, ortsaufgelöst gebildet oder abgebaut werden.
  • Die Kanäle des Kanalsystems weisen zumindest teilweise Strukturgrößen im µm-Bereich auf, so dass eine mikrofluidische Flusszelle mit bevorzugt laminaren Strömungsverhältnissen entsteht. Fertigungsbedingt weisen die Kanäle zumeist einen rechtwinkligen Querschnitt auf. Beispielsweise kann der Durchmesser oder die kleinste Seitenlänge des rechteckigen Querschnitts eines Kanals 1 mm betragen, wobei jedoch Durchmesser bzw. Seitenlängen von ca. 300 µm oder ca. 100 µm oder ca. 30 µm bevorzugt sind. Die einzelnen Kanäle können selbstverständlich auch unterschiedliche Durchmesser bzw. Abmessungen aufweisen. Demgegenüber ist die Länge der einzelnen Kanäle nicht auf den µm-Bereich begrenzt.
  • Das Kanalsystem kann beliebig ausgebildet sein. Beispielsweise sind sowohl geradlinig verlaufende Kanäle als auch mäanderförmige Kanäle möglich, wobei die gewählte Gestaltung u. a. zur Beeinflussung der Fließgeschwindigkeit und damit der Verweildauer innerhalb der Flusszelle dient.
  • Das Kanalsystem kann sowohl verzweigt sein als auch im einfachsten Fall lediglich über einen geradlinig ausgebildeten Kanal verfügen. Eine Verzweigung kann beispielsweise zur Aufteilung der Flussströme auf parallel zueinander verlaufende Kanäle dienen, die im weiteren Verlauf an einer weiteren Verzweigung wieder zusammengeführt werden, als auch einer unterschiedlichen Weiterverarbeitung in verschiedenen Kanälen.
  • Zumindest ein Teil des Kanalsystems ist mit dem Polymergel befüllt, welches zur eigentlichen Synthese der Biomoleküle benötigt wird. Weitere Bereiche des Kanalsystems können sowohl unbefüllt als auch mit weiteren Materialien, die beispielsweise einer Abtrennung der gewünschten Biomoleküle von Abfallprodukten dienen, befüllt sein.
  • Das Kanalsystem kann beispielsweise in einer Matrix integriert sein. Alternativ kann das Kanalsystem auch mittels Schläuchen, modularen Steckverbindungen und Ventilen aufgebaut werden, wobei der Kanaldurchmesser bevorzugt 300 µm oder 30 µm oder 3 µm beträgt.
  • Weiterhin umfasst die Flusszelle zumindest einen Einlass zur Zufuhr von Komponenten, wie z. B. Reaktanden, Lösungsmitteln, Zusatzstoffen zur Steuerung der Reaktion etc. Verschiedene Komponenten können der Flusszelle auch über verschiedene Einlässe, ggf. an unterschiedlichen Positionen des Kanalsystems, zugeführt werden.
  • Zudem verfügt die Flusszelle über zumindest einen Auslass für die synthetisierten Biomoleküle und etwaige anfallende Neben- sowie Abfallprodukte.
  • Optional kann die Flusszelle über weitere Bereiche verfügen, die beispielsweise der Abtrennung und Aufreinigung der synthetisierten Biomoleküle dienen. Dies kann beispielsweise ein chromatographisch wirkender Bereich sein. Hierfür kommen u. a. Polymergele in Frage, die entsprechende Bindungsstellen für die synthetisierten Biomoleküle, nicht jedoch für alle anderen Komponenten in der Lösung aufweisen oder durch ihre Porengröße die synthetisierten Biomoleküle physikalisch abtrennen. Ebenso ist eine Anbindung der synthetisierten Biomoleküle an die Kanaloberfläche der Flusszelle in (Polymergel befüllten) Kanalbereichen denkbar.
  • Weiter können optional funktionelle Bauteile innerhalb der Flusszelle vorgesehen sein, die eine Richtungsänderung der Flüssigkeiten durch externe Stimuli ermöglichen.
  • Zudem kann in die Flusszelle auch eine Pumpe implementiert sein, die dem Transport der Flüssigkeiten dient. Im einfachsten Fall handelt es sich dabei um eine Umlaufpumpe. Komplexere oder autarke Pumpensysteme können alternativ sein: Kapillarpumpen, flexible Kanalwände, die durch einen extern angelegten Druck kontrolliert kollabiert werden können und dadurch eine Flüssigkeitsfront bewegen sowie Unterdrucksysteme (wie z. B. in: Abate et al.: „Syringevacuum microfluidics: A portable technique to create monodisperse emulsions“, Biomicrofluidics 2011 beschrieben) oder durchströmte Kreislaufpumpen, die sowohl im Kanaldesign beinhaltet, wie auch extern mit der Flusszelle verbunden sein können. Durch weitere Abgänge und Zuläufe, die im Kanaldesign beinhaltet sein können, ist es ferner möglich Produkt zu entnehmen oder Edukt zuzuführen.
  • Die erfindungsgemäße mikrofluidische Flusszelle ermöglicht es, eine zellähnliche, mikroskopische Umgebung mit maßgeschneiderter Komplexität, d. h. beispielsweise mit definierter elektrischer Ladung, Dichte, Form, Elastizität und Funktionalisierung, darzustellen, in der mittels Konzepten der Polymerchemie, makromolekularen sowie Kolloidchemie, aber auch unter Anwendung von Konzepten der Molekular- und Systembiologie wie auch Biophysik biologische Funktionen für eine biotechnologische Anwendung analysiert, manipuliert und optimiert werden können.
  • Sie stellt eine neue biokompatible, zellfreie Umgebung dar, die die mikroskopischen Abmessungen einer lebenden Zelle und deren Bedeutung für Diffusionszeiten sowie Reaktionskinetik berücksichtigt, wobei das Polymergel die wesentlichen Eigenschaften des natürlichen zellulären Zytoplasmas abbildet.
  • Im Vergleich zu statischen Systemen, die lediglich über einen gewissen Zeitraum von Minuten bis Stunden funktionieren, bevor Energiereserven wie ATP etc. erschöpft sind, erlaubt das kontinuierlich durchströmte mikroskopische Kanalsystem die Zufuhr von Reaktanden, die Abfuhr von Reaktionsprodukten wie DNA, Protein, Antikörpern oder Enzymen und eine Änderung von Reaktionsparametern (Konzentration einzelner Reaktanden, Strömungsgeschwindigkeit etc.) in situ.
  • Es wird somit ein zellähnlicher offener Reaktionsraum gestaltet, der den Austausch von Reaktanden mit der Umgebung ermöglicht. Darüber hinaus kann die Dichte des Polymer- bzw. Hydrogels durch die zusätzliche Zuführung von Makromolekülen, wie Ficoll, PEG oder Dextranen, und somit Diffusionszeiten und die Reaktionskinetik von biologischen Funktionen in der Flusszelle, das sogenannte Makromolekularen Crowding, beeinflusst werden. Ferner erlaubt die Abbildung essentieller Eigenschaften einer natürlichen zellulären Umgebung durch das Polymergel, eine biologische Funktion in vitro effizienter, sparsamer und schneller zu gestalten.
  • Dank der realisierbaren laminaren Strömungsverhältnisse ist es außerdem möglich, Reaktionen im Polymergel zeit- und mikrometer-aufgelöst genauestens zu verfolgen, was in gerührten Bioreaktoren mit ihren turbulenten Strömungsverhältnissen kaum möglich ist.
  • Die Manipulation sowie Optimierung der biologischen Funktion, beispielsweise der Genexpression, kann u.a. mittels genauer Einstellung der physikochemischen Eigenschaften des Polymergels erfolgen.
  • Gemäß einer Ausführungsvariante weist das Polymergel eine die natürliche Dichte, mikro- sowie nanoskalige Organisation und Funktionalisierung des zellulären Zytoplasmas imitierende Porengröße auf. Insbesondere kann die Porengröße die kontrollierte Diffusion von Molekülen sowie auf Selbstanordnung basierte Strukturen mit einem hydrodynamischen Durchmesser von 10 nm, 50 nm, 100 nm oder 500 nm erlauben.
  • Die Porengröße lässt sich, wie oben beschrieben, insbesondere durch den Vernetzungsgrad und die Anzahl und Anordnung der funktionellen Gruppen im Polymergelbasismaterial und im Vernetzer beeinflussen. Eng im Zusammenhang mit dem Vernetzungsgrad steht der Quellungsgrad, der durch einen Vergleich der Masse des gequollenen Netzwerks mit der des ungequollenen Netzwerkes ermittelt werden kann.
  • Um die gegebene Dichte des zellulären Zytoplasmas zu bestimmen, werden die Zellen lysiert, der Zellinhalt fraktioniert dialysiert und das Molekulargewicht bzw. Masse einzelner Fraktionen bestimmt.
  • Als weitere Methode wird die Konzentration an Makromolekülen und somit die Dichte des zellulären Zytoplasmas im Rahmen des Zellwachstums bestimmt. Hierzu wird die optische Dichte (OD) einer Zellkultur definierten Volumens ermittelt, das Zelllysat extrahiert und durch Rückrechnung die Menge an zellulärem Inhalt je Zelle ermittelt. Entsprechend der bestimmten Menge an zellulärem Inhalt kann nun eine künstliche Polymergel-basierte Umgebung geschaffen werden, die aus einer Polymergelmatrix sowie mobilen Makromolekülen wie Poly(ethylenglykol), Ficoll oder Dextranen besteht, und dabei die gleiche Konzentration an immobilen wie mobilen Makromolekülen aufweist, wie zuvor in vivo bestimmt. Die Synthese von Biomolekülen wird dann zunächst in vivo in einer zellulären Umgebung durchgeführt. Parallel wird die Porengröße des Polymergels unter Verwendung von Fluoreszenzmarkierten Molekülen verschiedenen Molekulargewichts bzw. hydrodynamischen Durchmessers mittels Fluorescence Recovery after Photobleaching (FRAP) bestimmt. Anschließend wird in vitro Genexpression in diesem Polymergel durchgeführt, wobei Reaktionsraten, Diffusionszeiten und Biomolekülausbeuten den Vergleichsexperimenten in vivo angenähert werden. Hieraus lässt sich dann die Porosität und Ladung des Polymergels mit Makromolekülen mit der Dichte des natürlichen Zytoplasmas eines bestimmten Zelltyps in Verbindung setzen.
  • Durch kontrollierte Seitengruppenfunktionalisierung des Polymergelbasismaterials sowie Polymerisation polymerer statt monomerer Ausgangsmaterialien mittels Mikrofluidik, eine Methode die bekanntermaßen die Bildung von Polymergelen geringer makroskaliger wie nanoskaliger Polymernetzwerkhomogenität ermöglicht (z. B. J. Polym. Sci., Part B: Polym. Phys. 2015, 53, 1112–1122), werden Polymergele mit reproduzierbar niedriger Porengrößenverteilung erhalten.
  • Der reziproke Wert des Quellungsgrades im Gleichgewicht dient als relatives Maß für den Vernetzungsgrad. Je höher der Vernetzungsgrad ist, desto geringer ist der Quellungsgrad, aus welchem die Dichte des Polymergels im gequollenen Zustand abgeleitet werden kann.
  • Den konkreten Zusammenhang für ein bestimmtes Polymergel zwischen Vernetzungs- und Quellungsgrad und damit zwischen Vernetzungsgrad und Dichte kann der Fachmann im Rahmen einfacher Versuche ermitteln.
  • Entsprechend kann die für ein bestimmtes Polymergel notwendige Porengröße bestimmt werden, bei der das Polymergel die Dichte des zellulären Zytoplasmas imitiert, da das natürliche Zytoplasma nicht als verdünnte Lösung aufzufassen ist, sondern zwischen 100 und 400 g L–1 Makromoleküle, wie Zucker oder Proteine enthält und somit eine höhere Dichte als eine verdünnte Lösung aufweist. Somit ist auch eine Simulation der dicht gepackten Umgebung im Inneren einer Zelle, des sog. makromolekularen Crowdings (gegenseitige Behinderung durch hohe Konzentration, Effekt des Volumenausschlusses) möglich.
  • Gemäß einer weiteren Ausführungsvariante weist das Polymergel entweder einen homogenen oder inhomogenen Vernetzungsgrad auf. Zur Beeinflussung des Vernetzungsgrads wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Während sich eine Flusszelle mit homogen vernetztem Polymergel einfacher herstellen lässt, ermöglicht die Variation des Vernetzungsgrads beispielsweise die gezielte Beeinflussung der Fließgeschwindigkeit innerhalb der Flusszelle oder eine Änderung der Dichte des Polymergels, so dass in bestimmten Bereichen makromolekulares Crowding sowie die Beschränkung von Reaktanden auf bestimmte Bereiche, wie die Kompartiment-Bildung in Inneren von Zellen, imitiert werden kann.
  • Optional kann das Polymergel durch einen oder mehrere Stimuli modifizierbar, d. h. triggerbar, ausgebildet sein. Es kann sich dabei sowohl um eine reversible als auch eine irreversible Modifizierung handeln, die durch den bzw. die Stimuli ausgelöst wird. Modifizierbar bedeutet insbesondere, dass sich die Netzwerkstruktur ändert, z. B. kollabiert oder auflöst.
  • Z. B. kann das Vorhandensein des Triggers, d. h. Auslösers, das Polymergelnetzwerk so beeinflussen, dass das Polymergel über den Auslass abführbar ist. Beispielsweise kann das Polymergelnetzwerk zumindest teilweise aufgelöst werden, falls das Polymergel über UV-Licht empfindliche Bindungen verfügt, die durch Bestrahlung mit UV-Licht, in diesem Fall der Trigger, gelöst werden. Eine weitere Möglichkeit sind Säure- oder Base-empfindliche Bindungen die bei Erreichen eines bestimmten pH-Werts im sauren bzw. basischen pH-Bereich gelöst werden.
  • Der (teilweise) Abbau des Polymergelnetzwerks führt zum Verlust der mechanischen Stabilität und ermöglicht ein Ausspülen des Polymergels durch den Auslass, beispielsweise zur nachfolgenden Abtrennung des Biomoleküls oder in Hinblick auf eine Wiederverwendung der Flusszelle mit einem anderen Polymergel.
  • Die triggerbare Modifizierung kann auch derart ausgebildet sein, dass bei Vorhandensein des Triggers im Polymergel gebundene Substanzen freigesetzt werden. Beispielsweise können aus pH- oder Temperatur-sensitiven Polymergelen bei Erreichen einer bestimmten Temperatur oder eines bestimmten pH-Werts zuvor im Polymergelnetzwerk gebundene Komponenten freigesetzt werden. Auch die Bestrahlung mit Strahlung einer bestimmten Wellenlänge, z. B. UV-Licht, kann bei einer entsprechenden Modifizierung des Polymergels zum Freisetzen zuvor gebundener Komponenten genutzt werden.
  • Mittels der triggerbaren Modifizierung kann die Biomolekülsynthese orts- und/oder zeitabhängig beeinflusst werden, indem die Freisetzung bestimmter Komponenten erst nach Ablauf einer bestimmten Zeit oder an einem bestimmten Ort innerhalb der Flusszelle erfolgt.
  • Neben dem Abbau des Polymergels, kann durch die zusätzliche Modifikation des Polymergels mit funktionellen Gruppen die Bildung zusätzlicher Bindungen durch einen externen Stimulus induziert werden. Somit kann durch zeit- und ortsaufgelösten Auf- und Abbau des Polymergels die Dichte und somit Diffusionszeiten und Reaktionskinetik chemischer wie biologischer Reaktionen beeinflusst werden.
  • In einer Ausführungsvariante ist das Kanalsystem in einer Matrix, insbesondere in einer Polymermatrix, ausgebildet.
  • Für diesen Fall kann das eingebettete Kanalsystem nach außen hin (parallel zur Hauptausdehnungsrichtung des Kanalsystems) beispielsweise mittels einer Glasplatte, z. B. eines Objektträgers, verschlossen werden. Dies kann im Falle einer Poly(dimethylsiloxan-(PDMS-)matrix durch kovalente Anbindung der Glasplatte unter Nutzung eines Plasmas, beispielsweise basierend auf Luft oder Sauerstoff erfolgen.
  • Vorzugsweise handelt es sich um eine inerte Matrix. Insbesondere sollte die Matrix möglichst wenig Lösungsmittel, z. B. im Falle eines Hydrogels als Polymergel Wasser, aufnehmen und das funktionalisierte Polymergel sowie die synthetisierten Biomoleküle nicht bzw. nur unerheblich beeinflussen.
  • Alternativ kann es sich auch um eine funktionalisierte Matrix handeln, beispielsweise um eine Anbindung des Hydrogels an die Matrix, z. B. mittels Grafting-from oder Grafting-to, zu ermöglichen.
  • Polymere Matrices ermöglichen eine kostengünstige und schnelle Herstellung der Flusszelle mittels lithografischer Verfahren. Hierzu gehört u. a. die Kombination von Photolithographie und weicher Lithographie. Ferner können Polymermaterialien mittels 3D-Drucktechnologien prozessiert und Flusszellen aufgebaut werden. Auch Metall-basierte Flusszellen können durch Laser-Sintern von Metallpulvern hergestellt werden. Sie sind daher vor allem für Einweg-Flusszellen und für Forschungs- und Optimierungszwecke sowie für Endbenutzer geeignet.
  • Demgegenüber ist die Herstellung einer Flusszelle mit Glas oder Edelstahl als Matrix teuer und zeitintensiv, da dafür regelmäßig die Anfertigung eines Masters zum Ätzen notwendig ist. Sie kommt daher vor allem bei einer Mehrfachverwendung der Flusszelle nach abgeschlossener Evaluierung und Optimierung in Frage.
  • Als Matrixmaterial geeignete Polymermaterialien sind beispielsweise Teflon, das mittels einfacher lithographischer Methoden, wie von Rolland et al. beschrieben (JACS 2004, 126 (8), 2322–2323) prozessiert werden kann, PDMS, Cyclo-Olefin-Copolymere (COC), Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) oder Parylene. Ebenso können Polymermaterialien, wie sie zur Herstellung von Objekten mittels 3D-Drucktechnologien zur Anwendung kommen, eingesetzt werden. Hierzu gehört zum Beispiel Polymilchsäure (PLA).
  • Gemäß einer weiteren Ausführungsvariante ist die Flusszelle zumindest in einem optischen Detektionsbereich transparent ausgebildet. D. h., das Kanalsystem und, sofern vorhanden, die Matrix sind zumindest bereichsweise transparent. Dies ermöglicht die Beobachtung der Synthesereaktion, beispielsweise mittels Mikroskopie, insbesondere Fluoreszenzmikroskopie, und eine ortsaufgelöste Analyse der Vorgänge innerhalb der Flusszelle.
  • Als transparente Matrixmaterialien können insbesondere die oben aufgeführten Polymermaterialien oder Glas genutzt werden, wobei es ausreichend ist, wenn die Matrix nur in einem Detektionsbereich transparent ist, während der restliche Teil der Matrix beispielsweise aus Edelstahl bestehen kann.
  • Gemäß einer weiteren Ausführungsvariante entspricht eine bestimmte Schrittweite im Kanalsystem im optischen Detektionsbereich einem genau definierten Zeitfenster in der Synthesereaktion. Dies ermöglicht eine orts- und zeitaufgelöste Analyse der Synthesereaktion.
  • Da in der Flusszelle bevorzugt laminare Strömungsverhältnisse herrschen, ist die Strömung zeitsymmetrisch, und ermöglicht durch Analyse verschiedener Punkte im Kanalsystem, eine zeit-aufgelöste Betrachtung der Synthesereaktion.
  • Gemäß einer weiteren Ausführungsvariante ist das Kanalsystem der Flusszelle derart ausgebildet, dass die Zufuhr der Komponenten mittels Kapillarkräften erfolgen kann, indem die in flüssiger Form vorliegenden Komponenten aufgrund der Oberflächenspannung der Kanäle in die Flusszelle gesogen werden.
  • Zusätzlich können mäanderförmige Strukturen des Kanalsystems vorgesehen sein, die durch Beeinflussung der geometrischen Eigenschaften des Kanalsystems eine passive Steuerung der Fluidgeschwindigkeit und ggf. der Strömungsrichtung erlauben.
  • Alternativ oder zusätzlich kann die Flusszelle über ein Pumpensystem am Einlass und/oder ein Saugsystem am Auslass verfügen, wobei auch jeweils eine Mehrzahl von Pump- bzw. Saugöffnungen vorhanden sein kann. Durch gezieltes Pumpen bzw. Saugen an einer oder mehreren Öffnungen kann die Flusszelle gezielt befüllt werden. Außerdem kann zusätzlich oder alternativ ein internes Pumpensystem vorgesehen sein, das beispielsweise durch sequentiell kollabierbare Polymermembranen oder aktuierbare Schaltungen Fluide im Kanalsystem bewegt.
  • Verfahrensseitig wird die der Erfindung zu Grunde liegende Aufgabe durch ein Verfahren zur Synthese von Biomolekülen in einer mikrofluidischen Flusszelle gelöst, bei dem Komponenten einer Flusszelle der oben beschriebenen Ausbildung durch einen Einlass zugeführt werden, diese Komponenten unter Synthese der Biomoleküle durch das Polymergel geleitet werden und abschließend die synthetisierten Biomoleküle aus der Flusszelle durch einen Auslass abgeführt werden.
  • Hinsichtlich der Definition einzelner Begriffe und der Beschreibung der Flusszelle wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Das erfindungsgemäße Verfahren ist für die Synthese einer Vielzahl von Biomolekülen, insbesondere von Proteinen, geeignet, wobei im Fall der Proteinbiosynthese die Komponenten durch ein DNA-funktionalisiertes Polymergel, beispielsweise ein DNA-funktionalisiertes Hydrogel, geleitet werden, in welchem die Gentranskription und Gentranslation stattfinden.
  • Durch die Verwendung unterschiedlicher, ggf. funktionalisierter, Polymergele ermöglicht das Verfahren auch die parallele Synthese mehrerer Biomoleküle, beispielsweise mehrerer Proteine, wahlweise als Gemisch oder getrennt voneinander, indem das Kanalsystem nach dem Einlass in voneinander unabhängige Kanäle mit separaten Auslässen aufgeteilt wird.
  • Für den Fall der Nutzung eines funktionalisierten Polymergels, ist es je nach konkreter Funktionalisierung auch möglich, lediglich Teilschritte einer Gesamtsynthese von Biomolekülen innerhalb der Flusszelle oder in einem bestimmten Bereich der Flusszelle vorzunehmen. Im Fall der Synthese von Proteinen durch Genexpression kann lediglich die Transkription der DNA zu RNA vorgenommen werden. Die RNA kann entweder aus der Flusszelle abgeführt werden oder sie verbleibt im Polymergel für eine spätere Verwendung in einem weiteren Reaktionsschritt zur Translation in Ribosomen, um das gewünschte Protein zu erhalten.
  • Weitere Syntheseschritte, z. B. die Translation, können dann optional in einem weiteren Bereich derselben Flusszelle mit einem, ggf. anderweitig modifizierten, Polymergel, in einer nachgeschalteten weiteren Flusszelle oder mit klassischen Synthesemethoden außerhalb der Flusszelle fortgeführt werden.
  • Die Leitung der Komponenten in, durch und aus der Flusszelle kann beispielsweise erfolgen, indem die Komponenten am Einlass in die Flusszelle gepumpt werden, vom Auslass ausgehend gesaugt (Abate et al., Biomicrofluidics 2011, 5, 14107) und/oder mittels eines internen Pumpensystems, das beispielsweise durch sequentiell kollabierbare Polymermembranen oder aktuierbare Schaltungen Fluide im Kanalsystem bewegt, in die Flusszelle gesaugt werden und/oder aufgrund von Kapillarkräften in die Flusszelle gesaugt werden.
  • Zur Gewinnung der synthetisierten Biomoleküle können diese beispielsweise zusammen mit dem Polymergel aus der Flusszelle abgeführt werden, wobei dazu das Polymergel vorzugsweise wie oben beschrieben durch einen Stimulus abgebaut werden kann, so dass das physikalisch gefangene Reaktionsprodukt aus der Flusszelle entlassen werden kann. Alternativ bewirkt der Stimulus, dass das Reaktionsprodukt durch Veränderung der chemischen Umgebung des Polymergels freigesetzt und aus der Flusszelle abgeführt werden kann. Dadurch kann eine Abtrennung und Aufreinigung der Biomoleküle außerhalb der Flusszelle beispielsweise mittels chromatographischer Methoden erfolgen. Alternativ kann auch ein Bereich zur Abtrennung und Aufreinigung in der Flusszelle integriert sein.
  • Alternativ können die synthetisierten Biomoleküle aus dem Polymergel und der Flusszelle eluiert werden, indem eine geeignete mobile Phase der Flusszelle nach Reaktionsende zugeführt wird. Um eine Freisetzung von Reaktionsprodukten durch chemischen Stimulus zu ermöglichen, kann das Polymergel mit enzymatisch spaltbaren oder säure-hydrolysierbaren Estergruppen ausgestattet sein. Ferner besteht die Möglichkeit, das Polymernetzwerk durch enzymatische Spaltung von Amidbindungen, der Reversibilität von Click-Reaktionen und Thiol-Michael-Reaktionen, sowie durch photo-sensitive Nitrobenzyl-Gruppen zumindest teilweise abzubauen.
  • Gemäß einer Verfahrensvariante wird der Fortgang der Biomolekülsynthese orts- und zeitaufgelöst verfolgt, beispielsweise, indem fluoreszenzmarkierte Komponenten verwendet werden und ein geeignetes Detektionsgerät, z. B. ein Fluoreszenzmikroskop in einem Detektionsbereich der Flusszelle installiert ist. Die Reaktionsverfolgung ist insbesondere für Forschungszwecke von großer Bedeutung, da hiermit der genaue Ablauf der Biomolekülsynthese und der Einfluss verschiedener Faktoren analysiert werden können.
  • Beispielsweise können im Fall der Proteinbiosynthese die örtlichen und zeitlichen Abläufe der Gentranskription und Gentranslation beobachtet werden. So können beispielsweise durch Fluoreszenzmarkierungen, FRET-Sensoren und modifizierte Nanopartikel Ribosomen, mRNA, DNA sowie funktionelle Proteine in der künstlichen Umgebung der Flusszelle detektiert und ihre Diffusionszeiten sowie etwaige Reaktionskinetiken abgeleitet werden.
  • Gemäß einer Ausführungsvariante des Verfahrens werden Reaktionsparameter im Verlauf des Verfahrens aktiv geändert. Während sich einige Reaktionsparameter während des Verfahrens z. B. aufgrund der stattfindenden Synthesereaktion aus sich heraus ändern, besteht die Möglichkeit, gezielt in den Verfahrensablauf, z. B. durch Änderung der Fließgeschwindigkeiten, der Kanalgeometrie, beispielsweise durch mittels Luftdruck kollabierbaren Kanälen (Abate et al., Appl. Phys. Lett 2008, 92, 243509), der Temperatur oder der Porosität, beispielsweise durch sekundäre Verknüpfung von aktiven Gruppen (Ausbildung von kovalenten, nicht-kovalenten oder ionischen Bindungen) innerhalb des Polymergels, einzugreifen. Als Änderung der Reaktionsparameter ist beispielsweise auch eine Bestrahlung mit Licht einer bestimmten Wellenlänge, z. B. UV-Licht, anzusehen. Dies kann, wie oben beschrieben, beispielsweise zur Freisetzung einer zunächst in einem Stimuli-sensitiven Polymergel gebundenen oder physikalisch gefangenen Komponente dienen.
  • Gemäß einer weiteren Ausführungsvariante werden Biomoleküle in mehreren parallel oder in Reihe geschalteten Flusszellen synthetisiert. Dies eröffnet einerseits die Möglichkeit einer Synthese mit hohem Durchsatz und andererseits eine Modularisierung, beispielsweise, indem wie oben beschrieben einzelne Syntheseschritte in nacheinander geschalteten Flusszellen durchgeführt werden.
  • Weiterhin wird ein Verfahren zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Flusszelle angegeben, indem ein Kanalsystem mit Polymergel bildendem Material befüllt wird. In einem weiteren Schritt wird das Polymergel bildende Material zu einem Polymergel polymerisiert und vernetzt.
  • Das Polymergel bildende Material ist in der Lage das Polymergel auszubilden, z. B. nach geeigneter Initiierung mittels thermischer oder UV-Initiatoren. Dazu kann das Polymergel bildende Material optional aus mehreren Komponenten, beispielsweise dem Polymergelbasismaterial, einem Vernetzer und einem Initiator, bestehen. Ebenso kann das Polymergel durch direkte Reaktion zweier oder mehrerer Polymergel-Vorstufen ausgebildet werden.
  • Alternativ kann die Ausbildung des Polymergels auch mittels Graftingprozessen (Grafting-from oder Grafting-to) nach vorheriger geeigneter Oberflächenfunktionalisierung der Kanäle erfolgen.
  • Optional weist das Polymergel bildende Material eine für die gewünschte Synthese der Biomoleküle notwendige Funktionalisierung oder eine geeignete Vorstufe davon auf. Unter einer geeignete Vorstufe ist dabei eine Funktionalisierung zu verstehen, die beispielsweise erst durch Aktivierung, z. B. durch Spülen mit einem geeigneten Reagenz, aktiviert wird.
  • Zur Durchführung der Funktionalisierung des Polymergel bildenden Materials wird u. a. auf Thiele et al., Lab Chip 2014, 14, 2651–2656 verwiesen.
  • Eine oder vielfältige Funktionalisierungen des Polymergels können auch nach Befüllen des Kanalsystems mit einem Polymergel bildenden Material oder nach Polymerisation und Bildung des Polymergels durchgeführt werden.
  • Durch eine gezielte Auswahl des Polymergel bildenden Materials kann eine genaue Kontrolle über die Polymergel-Porengröße sowie den Vernetzungsgrad, Funktionalisierung, Hydrophobizität sowie elektrische Ladung ausgeübt werden.
  • Der Vernetzungsgrad des Polymergels kann beispielsweise thermisch und/oder UV-induziert gesteuert werden, indem vernetzbare Gruppen im Polymergel bildenden Material oder Vernetzer eingebaut werden, welche entsprechend thermisch oder mittels UV-Strahlung aktivierbar sind.
  • Dabei kann das Polymergel bildende Material homogen in dem Kanalsystem polymerisiert werden oder ein ortsaufgelöster externer Stimulus in Form von Licht, beispielsweise UV-Licht oder Wärme so an die Flusszelle angelegt werden, dass kontrollierte physikochemische Gradienten, beispielsweise in Bezug auf Porengröße, Vernetzungsgrad oder Funktionalisierung, ausgebildet werden. Beispielsweisewird die Erzeugung eines Polymergels mit inhomogenem Vernetzungsgrads ermöglicht.
  • Für den Fall, dass das Kanalsystem der Flusszelle in einer Matrix ausgebildet sein soll, wird das Kanalsystem vor Befüllung mit dem Polymergel bildenden Material in eine Matrix eingebracht.
  • Die Generierung des Kanalsystems erfolgt bevorzugt mittels lithografischer Verfahren, u. a. unter Nutzung eines fokussierten Ionenstrahls (engl. Focused Ion Beam, FIB), weicher Lithografie oder Photolithografie, oder Ätzverfahren. Lithografische Verfahren sind insbesondere für Polymermatrices geeignet. Hierbei kann auf die dem Fachmann bekannten Lithografieverfahren zurückgegriffen werden. Dazu wird beispielsweise auf Xia et al., Annu. Rev. Mater. Sci. 1998, 28, 153–184; Xia et al., Angew. Chem. Int. Ed. 1998, 37, 550–575 verwiesen. Es können auch verschiedene lithografische Techniken, wie beispielsweise die Photolithografie und die weiche Lithografie, miteinander kombiniert werden.
  • Dank des möglichen lithographischen Fertigungsansatzes zur Herstellung des mikrofluidischen Kanalsystems ist eine Anpassung an spezifische biologische Funktionen mit unterschiedlicher Anzahl an Reaktionspartner sowie Verweilzeiten schnell und kostengünstig möglich. Ebenso wird die Einbindung in größere Systeme sowie ein Up-Scaling durch Parallel- oder Hintereinanderschaltung mehrerer mikrofluidischer Flusszellen nach spezifischen Wünschen des Endanwenders ermöglicht.
  • Lithografische Verfahren sind daher besonders für die Herstellung von Flusszellen für Forschung und Entwicklung interessant, wo verschiedene Kanalgeometrien – und architekturen ohne großen Aufwand entwickelt und produziert werden können. Es sei hier auf den Begriff des Rapid Prototyping verwiesen.
  • Kanalgeometrien können durch die Anfertigung entsprechender Schablonen, beispielsweise basierend auf lichtundurchlässigen Photoemulsionen gedruckt auf transparente Folien, gefertigt werden. Diese eignen sich besonders für die wiederholte, kostengünstige Herstellung von Flusszellen mit gleicher Architektur des Kanalsystems. Ferner lassen sich Schablonen für die Herstellung von Flusszellen in glas- oder metallbasierten Matrixmaterialien mittels Ätzverfahren produzieren, die auch durch Laserstrukturierung bzw. Laserablation hergestellt werden können. Die Erfindung soll nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert werden. Die zugehörigen Zeichnungen zeigen in:
  • 1 schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Flusszelle,
  • 2 vergrößerte, schematische Darstellung Ausschnitts der mit funktionalisiertem Hydrogel befüllten Kanalstruktur,
  • 3 schematische Darstellung des Verfahrensablaufs zur Herstellung der Flusszelle.
  • Gemäß einem Ausführungsbeispiel weist die mikrofluidische Flusszelle (1) ein mikroskaliges Kanalsystem 1 in einer transparenten PDMS-Matrix 2 auf. Die offene Seite des Kanalsystem 1 wird durch einen mittels Sauerstoffplasma kovalent gebundenen Glasträger verschlossen. Das Kanalsystem ist nahezu vollständig mit einem Hydrogel als Polymergel 3 befüllt, welches über eine Funktionalisierung 4, im Beispiel über eine DNA-Funktionalisierung, verfügt (2). Teilweise ist das Kanalsystem 1 mäanderförmig (11A, 11B) ausgebildet.
  • Die Flusszelle verfügt über einen Einlass 5 zur Zufuhr von Komponenten und einen Auslass 6 für die synthetisierten Proteine und anfallende Abfallprodukte. Der Einlass 5 ist mit einer Spritzenpumpe zur Zufuhr der Komponenten versehen. Die Flusszelle weist außerdem ein internes Pumpensystem 7 in Form einer Umlaufpumpe auf.
  • Das Hydrogel 3 basiert auf einem Polysaccharid, z. B. Hyaluronsäure, welches mit DNA funktionalisiert ist.
  • Die Darstellung der Flusszelle erfolgt im Beispiel durch Kombination von Photolithographie und weicher Lithographie in PDMS (3). Dazu wird ein negativer Fotolack 15, z. B. SU-8 25 oder SU-8 50 der Firma Microchem Co., USA, mittels Spincoating auf die polierte Seite eines Siliziumwafers 14 aufgetragen. Unter Zuhilfenahme eines Maskenausrichters wird anschließend die gewünschte Architektur des Kanalsystems 1 mittels einer in diesen Bereichen transparenten Fotomaske 16 und Bestrahlung mit UV-Licht 17 bei einer Wellenlänge von 365 nm in den Fotolack übertragen (3a).
  • Anschließend wird ein PDMS-Abdruck 20 der Kanalsystemarchitektur des polymerisierten Fotolacks 18 angefertigt, indem ein PDMS-Oligomer mit einem Vernetzer im Verhältnis 10:1 (w/w) gemischt und die homogene, entgaste Mischung 19 auf den polymerisierten Fotolack 18 aufgetragen und anschließend bei 65 °C für mindestens 60 min ausgehärtet wird (3b).
  • Einlass 5 und Auslass 6 werden mit Hilfe von Biopsienadeln mit einem äußeren Durchmesser von 1,0 mm geschaffen (nicht dargestellt). Danach wird auf der Oberseite des PDMS-Abdrucks 20, umfassend die Matrix 2 mit dem Kanalsystem 1, ein Glasträger 21 mittels Sauerstoff-Plasmabehandlung und nachfolgender thermischer Behandlung bei 90 °C für ca. 1 h angebunden (3c).
  • Die Kanäle des Kanalsystems 1 sind ca. 100 μm hoch und zwischen 25 und 100 μm breit. Durch die photolithographische Fertigung sind die Kanäle rechtwinklig.
  • Zur Befüllung der Flusszelle und der anschließenden Durchführung der Proteinsynthese wird die Flusszelle auf einem Mikroskop-Tisch befestigt und mittels der Spritzenpumpe vom Einlass 5 ausgehend über eine Kanalkreuzung 8 mit einem Hydrogel bildenden Material befüllt.
  • Dieses besteht im Beispiel aus einem thiol-funktionalisierten Polysaccharid (z. B. Hyaluronsäure), an das methacrylat-funktionalisierte DNA (1450 Basenpaare (bps) für grün fluoreszierendes Protein (engl. Green fluorescent protein, GFP) zuvor gebunden wurde, und einem UV-empfindlichen Photoinitiator. Das Hydrogel bildende Material wird durch eine über das Mikroskop fokussierte UV-Quelle polymerisiert und vernetzt, wodurch ein Hydrogel befülltes Mikrokanalsystem erhalten wird. Die Flusszelle wird mehrfach mit autoklaviertem Wasser gespült.
  • Im Beispiel wird die Flusszelle zur Synthese von grün fluoreszierendem Protein (GFP, engl. green fluorescent protein) mittels eines vorher im Labor hergestellten in vitro-Transkriptions-Translations-Systems (IVTT-System) genutzt.
  • Die Darstellung des IVTT-Systems erfolgt mit folgenden Komponenten:
    5 Vol.-% 1 M HEPES pH 8.0
    9 Vol.-% 1 M Kaliumglutamat
    7,5 Vol.-% 200 mM Magnesiumglutamat
    10 Vol.-% 100 mM Aminosäuremischung
    10 Vol.-% 200 mM 3-PGA
    6,66 Vol.-% zehnfach konzentrierter Puffer
    0,66 Vol.-% 100 mM Spermidin
    1 Vol.-% 100 mM Uridintriphosphat
    1 Vol.-% 100 mM Cytidintriphosphat
    1 Vol.-% 100 mM Adenosintriphosphat
    3 Vol.-% 100 mM Guanosintriphosphat
    33,33 Vol.-% Lysat
    2 Vol.-% T7 RNA-Polymerase
  • Das verbleibende Volumen wird zur Zugabe des DNA-Templats als Träger der genetischen Information in einem Puffer genutzt.
  • Dies ergibt beispielsweise für die Herstellung von insgesamt 50 µl IVTT-System folgende Inhaltsstoffe:
    2,5 μl 1 M HEPES pH 8.0 (50 mM Endkonzentration)
    4,5 μl 1 M Kaliumglutamat (90 mM Endkonzentration)
    3,75 μl 200 mM Magnesiumglutamat (15 mM Endkonzentration)
    5 μl 100 mM Aminosäuremischung (10 mM Endkonzentration)
    5 μl 200 mM 3-PGA (20 mM Endkonzentration)
    3,33 μl zehnfach konzentrierter Puffer
    0,33 μl 100 mM Spermidin (0,66 mM Endkonzentration)
    0,5 μl 100 mM Uridintriphosphat (1 mM Endkonzentration)
    0,5 μl 100 mM Cytidintriphosphat (1 mM Endkonzentration)
    0,5 μl 100 mM Adenosintriphosphat (1 mM Endkonzentration)
    1,5 μl 100 mM Guanosintriphosphat (3 mM Endkonzentration)
    16,66 μl Lysat (~9 mg/ml Endkonzentration)
    1 μl T7 RNA-Polymerase
    4,93 μl gepuffertes DNA-Templat.
  • Als Mikrogelbioreaktor wird die Flusszelle nun mittels Spritzenpumpe 1 vom Einlass 5 ausgehend über die Kanalkreuzung 8 mit einem homogenen Gemisch aller nötigen Komponenten zur Durchführung der Genexpression (inkl. Ribosomen, Energieregenationssystem) befüllt. Optional können zusätzliche Makromoleküle in dem IVTT-Mix gelöst werden, um die natürliche Dichte des Zellzytoplasmas auf mikroskaliger Ebene noch stärker hervorzuheben. Um den Reaktionsbeginn der Genexpression zu kontrollieren, werden alle Operationen bis zu diesem Zeitpunkt bei 4 °C durchgeführt. Durch eine an den Kanalkreuzungen 8 und 9 über flexible Schläuche 10 (z. B. PTFE, PE, PEEK) angeschlossene Pumpe 7, strömt das IVTT-System durch das Kanalsystem 1, wobei mittels der mäanderförmigen Abschnitte 11A, 11B des Kanalsystem 1 eine kompakte Anordnung langer Kanalstrecken ermöglicht wird.
  • Die Strömungsgeschwindigkeit wird mit 100 μm/s abgeschätzt. Die IVTT-Lösung kann, sofern keine orts-/zeitaufgelösten Studien nötig sind, auch statisch in dem Kanalsystem 1 verbleiben und durch Pumpe 7 nur zur Produktentnahme oder zum Hinzufügen weiterer Komponenten über Kanalkreuzung 8 (frische Reagenzien, Quencher) bewegt werden.
  • Nach ca. 4–6 Stunden oder nachdem das Produkt der Biomolekülsynthese eine definierte Konzentration in der Flusszelle, bestimmbar anhand von Fluoreszenzmessungen, erreicht hat, wird Ventil 12 geschlossen und Ventil 13 geöffnet. Die Ventile 12, 13 können im einfachsten Fall einfache Polymermembranen sein, die unter Anlegen eines Außendruckes den Mikrokanal kollabieren lassen und verschließen. Der Fachmann kann in nachfolgender Literaturstelle die Herstellung solcher Ventile nachlesen: A. R. Abate et al. Appl. Physics Lett. 2008, 92, 243509.
  • Das Reaktionsgemisch verlässt über den Auslass 6 die Flusszelle und wird extern aufgereinigt. Alternativ ermöglicht Auslass 6 eine reversible Anbindung des dargestellten Proteins durch ortsaufgelöste Funktionalisierung 4 des Hydrogels 3, wodurch das Protein nach Entfernen aller weiteren Reaktionskomponenten aus dem Kanalsystem 1, in einem separaten Schritt erhalten wird.
  • Bezugszeichenliste
  • 1
    Kanalsystem
    2
    Matrix
    3
    Polymergel
    4
    Funktionalisierung des Polymergels
    5
    Einlass
    6
    Auslass
    7
    internes Pumpensystem
    8, 9
    Kanalkreuzung
    10
    flexible Schläuche
    11A, 11B
    mäanderförmige Abschnitte des Kanalsystems
    12, 13
    Ventil
    14
    Siliziumwafer
    15
    negativer Fotolack
    16
    Fotomaske
    17
    UV-Licht
    18
    polymerisierter Fotolack
    19
    Mischung aus PDMS-Oligomer und Vernetzer
    20
    PDMS-Abdruck
    21
    Glasträger

Claims (23)

  1. Mikrofluidische Flusszelle zur Synthese von Biomolekülen umfassend – ein mikroskaliges Kanalsystem (1), wobei das Kanalsystem (1) zumindest teilweise mit einem Polymergel (3) befüllt ist, – einen Einlass (5) zur Zufuhr von Komponenten und – einen Auslass (6) zur Abfuhr von synthetisierten Biomolekülen und anfallenden Abfall- und Nebenprodukten.
  2. Flusszelle nach Anspruch 1, wobei das Polymergel (3) einer intrazellulären Funktion entsprechend funktionalisiert ist.
  3. Flusszelle nach Anspruch 2, wobei das Polymergel (3) DNA-funktionalisiert ist.
  4. Flusszelle nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei das Polymergel (3) ein Hydrogel ist.
  5. Flusszelle nach Anspruch 4, wobei das Hydrogel auf Polysacchariden, insbesondere Hyaluronsäure, Pullulan oder Heparin, oder Kollagen basiert.
  6. Flusszelle nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei das Polymergel (3) eine die natürliche Dichte, mikro- sowie nanoskalige Organisation und Funktionalisierung des zellulären Zytoplasmas imitierende Porengröße aufweist.
  7. Flusszelle nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei das Polymergel (3) einen homogenen oder inhomogenen Vernetzungsgrad aufweist.
  8. Flusszelle nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei das Polymergel (3) durch einen oder mehrere Stimuli modifizierbar ausgebildet ist.
  9. Flusszelle nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei das Kanalsystem (1) in einer Matrix (2), insbesondere einer Polymermatrix, ausgebildet ist.
  10. Flusszelle nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die Flusszelle zumindest in einem optischen Detektionsbereich transparent ausgebildet ist.
  11. Flusszelle nach Anspruch 10, wobei eine bestimmte Schrittweite im Kanalsystem (1) im optischen Detektionsbereich einem genau definierten Zeitfenster in einer Synthesereaktion entspricht.
  12. Flusszelle nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei das Kanalsystem (1) für die Zufuhr der Komponenten mittels Kapillarkräften ausgebildet ist und/oder die Flusszelle ein Pumpensystem am Einlass (5) und/oder ein Saugsystem am Auslass (6) und/oder ein internes Pumpensystem (7) umfasst.
  13. Verfahren zur Synthese von Biomolekülen in einer mikrofluidischen Flusszelle, wobei Komponenten einer Flusszelle nach einem der vorstehenden Ansprüche zugeführt werden, diese Komponenten unter Synthese der Biomoleküle durch das Polymergel (3) geleitet werden und die synthetisierten Biomoleküle aus der Flusszelle abgeführt werden.
  14. Verfahren nach Anspruch 13, wobei die Komponenten unter Synthese von Proteinen durch ein DNA-funktionalisiertes Polymergel (3) zur Durchführung der Gentranskription und – translation geleitet werden.
  15. Verfahren nach Anspruch 13 oder 14, wobei die Komponenten der Flusszelle zugeführt werden, indem sie am Einlass (5) in die Flusszelle gepumpt werden, vom Auslass (6) ausgehend und/oder mittels eines internen Pumpensystems (7) in die Flusszelle gesaugt werden und/oder aufgrund von Kapillarkräften in die Flusszelle gesaugt werden.
  16. Verfahren nach einem der Ansprüche 13 bis 15, wobei die synthetisierten Biomoleküle zusammen mit dem Polymergel (3) oder durch Ausspülen aus dem Polymergel (3) abgeführt werden.
  17. Verfahren nach einem der Ansprüche 13 bis 16, wobei der Fortgang der Biomolekülsynthese orts- und zeitaufgelöst verfolgt wird.
  18. Verfahren nach einem der Ansprüche 13 bis 17, wobei Reaktionsparameter im Verlauf des Verfahrens geändert werden.
  19. Verfahren nach Anspruch 18, wobei die Reaktionsparameter geändert werden, indem die Eigenschaften des Polymergels (3) mittels physikochemischer Stimuli geändert werden.
  20. Verfahren nach einem der Ansprüche 13 bis 19, wobei die Biomoleküle in mehreren parallel oder in Reihe geschalteten Flusszellen synthetisiert werden.
  21. Verfahren zur Herstellung einer mikrofluidischen Flusszelle zur Synthese von Biomolekülen nach einem der Ansprüche 1 bis 12, indem ein Kanalsystem (1) mit Polymergel bildendem Material befüllt wird und das Polymergel bildende Material zu einem Polymergel (3) polymerisiert und vernetzt wird.
  22. Verfahren nach Anspruch 21, wobei das Kanalsystem (1) vor der Befüllung in eine Matrix (2) eingebracht wird.
  23. Verfahren nach Anspruch 21 oder 22, wobei das Kanalsystem (1) mit funktionalisiertem, Polymergel bildendem Material befüllt wird oder das Polymergel bildende Material im Kanalsystem (1) funktionalisiert wird oder das Polymergel (3) funktionalisiert wird.
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