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Kontext der Erfindung: Diese Erfindung bezieht sich auf In-situ-Mikroskopie in strömenden Partikelsuspensionen [
DE 403 20 02 C2 ,
DE 197 26 518 A1 ,
DE 100 27 044 A1 ].]. Der Begriff In-situ-Mikroskopie bezeichnet hier eine nichtinvasive Video-Lichtmikroskopie von bewegten suspendierten Partikeln in Bioreaktoren, in chemischen Reaktoren, und ebenso in Küvetten mit kleinen Proben. Mit „nichtinvasiv” ist gemeint, dass die Suspension direkt in ihrem Behältnis beobachtet wird, ohne dass Proben gezogen werden, und ohne dass die Strömung mechanisch gestoppt wird. Es geht also um die Mikroskopie bewegter Partikel direkt durch die Reaktorwand oder die Küvettenwand hindurch, ohne die in der konventionellen Mikroskopie übliche Fixierung der Partikel in statischer Position.
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Stand der Technik und auftretende Probleme:
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- a) optomechanische Probleme: In wird ein In-situ-Mikroskop (ISM) nach DE 403 20 02 C2 dargestellt. In der Bildebenen (1), die durch den Bildsensor einer Video-Kamera (2) festgelegt ist, bildet sich ein scharfes reelles mikroskopisches Bild von einzelnen Partikeln in der Suspension (3). Die scharfen Partikel befinden sich im schmalen (typisch 3 Mikrometer weitem) Schärfentiefe-Bereich beidseitig der Objektebenen (4). Die Objektebene wird durch das Objektiv (5) bestimmt, das zur Höchstauflösung notwendig ein Verbundobjektiv aus mehreren Linsen sein muss. Außerdem bedarf es nach experimenteller Erfahrungen zur Submikrometerauflösung einer Immersionsflüssigkeit zwischen vorderer Objektivlinse und Deckglas-Fenster. Das Bild wird von der Kamera (4) aufgenommen und zur Datenverarbeitung weitergeleitet. Wichtig ist, dass bei vorgegebener Position der Bildebenen (1) und des Objektivs (5) die Position der Objektebenen (3) exakt festlegt ist. Daher benötigen alle bisherigen hochauflösenden Mikroskope inklusive der bisherigen In-situ-Mikroskope eine aufwendige Mikrometer-präzise Justierung der relativen Position der Objektebenen (3) relativ zu der untersuchten Mikrostruktur. Diese Situation ist besonders deutlich in der konventionellen Labor-Mikroskopie, wo es ständiger Aufmerksamkeit bedarf, die exakte Überlagerung der Objektebenen mit einer fixierten Mikrostruktur direkt einzujustieren und diese Justage dauernd zu kontrollieren. Zum Einsatz kommen hierfür manuelle oder automatische Mikrometerschrauben und hochpräzise mechanische oder elektromechanische Translationsvorrichtungen, mit deren Hilfe die Mikrostruktur exakt mit der Objektebenen überlagert wird. Falls zudem – was immer der Fall ist – aufgrund mechanischer oder thermischer Einflüsse die mechanischen Teile spontan driften, so ist es nötig, ständig manuell oder automatisch nachzujustieren. Zum Stand der Technik der Labormikroskopie gehört also eine ständige präzise Justage der Objektebenen längs und quer zur optischen Achse mit Mikrometergenauigkeit. Diese Notwendigkeit gehört in der konventionellen Labor-Mikroskopie zum Alltag. Das gleiche gilt für den Stand der Technik in der berührungslosen In-situ-Mikroskopie in Suspensionen: eine aufwendige direkte präzise Grundjustierung relativ zum als Deckglas dienenden Beobachtungsfenster wird verlangt. Wegen der Streuung der abbildenden Lichtstrahlen und wegen der Belichtungs- und Abbildungsbedingungen beeinflusst die Tiefe der scharf abgebildeten Objektschicht innerhalb der Suspension den Kontrast und die Helligkeit. Dies führt zu Messabweichungen bei der quantitativen Auswertung der mikroskopischer Aufnahmen durch automatische Bildverarbeitung, wenn die Tiefe der Objektschicht nicht präzise mit etwa 3 Mikrometer – Genauigkeit reproduzierbar ist. In der In-situ-Mikroskopie ist die dafür nötige direkte Justage des Tubus oder des Objektivs allerdings noch schwieriger als in der konventionellen Labor-Mikroskopie. Die sehr beengten Platzverhältnisse, die sich aus der Einpassung des Mikroskops in die Reaktoröffnungen ergeben, erfordern aufwendige Sonderlösungen. Zudem entsteht ein natürlicher Konflikt zwischen einerseits dem Zwang zur opto-mechanischen Präzisions-Justierung und andererseits der robusten Routine, wie sie typisch ist bei Anwendungen in der industriellen Biotechnik. Dies ist ein Dilemma, das die Anwendung der In-situ-Mikroskopie bisher nachhaltig behindert hat, so dass sie seit mehr als zwanzig Jahren reines Forschungsgebiet geblieben ist ohne breite Anwendung.
- b) Probleme durch Handhabung von Immersionsflüssigkeiten: Ein weiteres Problem beim gegenwärtigen Stand der Technik ist, dass zur Erreichung höchster Auflösung (Sub-Mikrometer) die Anwendung von Flüssig-Immersion notwendig ist. Dazu sind Flüssigkeiten (ÖL, Glyzerin, Wasser) zwischen optischem Fenster und Objektiv einzubringen. Die Flüssigkeiten müssen dort trotz Verdampfung oder anderer Verluste für die gesamte Dauer eines beobachteten Prozesses (häufig über Wochen) zuverlässig gehalten werden. So entsteht erheblicher Aufwand, der mit robuster einfacher Sensortechnik nicht vereinbar ist.
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Vorläufer dieser Erfindung:
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Bereits im Grundlagenpatent
DE 403 20 02 C2 wurde im Text (Anspruch 6) und in einer Zeichnung (
darin) pauschal und ohne weitere Erläuterung die Idee formuliert, dass das Fenster zur Suspension durch das Objektiv selber gebildet wird. Hier wird allerdings keinerlei Hinweis gegeben, wie eine solche Konstruktion durchgeführt werden kann, ohne dabei die hohe Auflösung bei der mikroskopischen Abbildung zu verlieren. Denn offenbar bildet – siehe
DE 403 20 02 C2 und
darin – immer eine einzige Linse die eigentliche Grenze – also das Fenster – zur Suspension. Ein Objektiv aus nur einer Linse kann wegen der Abbildungsfehler einzelner Linsen keine Hochauflösung mit Sub-Mikrometer-Details leisten. Hochauflösende Objektive sind notwendig Verbundobjektive, die aus mehreren Linsen bestehen. Zwar gibt es käufliche Verbund-Tauchobjektive, oder Verbund-Immersionsobjektive, die von vorn zur direkten Benetzung mit einer Suspension geeignet wären, siehe beispielsweise
DE 10 2011 109 783 A1 . Solche Objektive besitzen aber beträchtliche Arbeitsabstände (von typisch deutlich mehr als 0,2 mm), um sedimentierte oder fixierte Partikel in einer gewissen Tiefe des Suspensionsmediums zu beobachten. Durch den Arbeitsabstand bedingt, dringen die abbildenden Lichtstrahlen durch mehr als 0,2 mm Suspensionsschicht und werden dabei schon bei geringer Partikelkonzentration so häufig gestreut, dass die Bildqualität unbrauchbar wird. Damit scheiden sie für die In-situ-Mikroskopie von Suspensionen aus. Abgesehen von diesem prinzipiellen Problem müsste ein als Fenster verwendetes Objektiv harsche Umweltbedingungen wie etwa 120°C feuchte Hitze und Druck und Unterdruck bei der Stereilisiereung durch Heißdampf ertragen. Unter diesen Bedingungen würden käufliche Verbundobjektive zerstört, denn erstens werden sie mit hitzeempfindlicher Klebetechnik stabilisiert, und zweitens sind sie nur von vorn gegen Feuchte abgedichtet. Wegen dieser Schwierigkeiten gibt es bis heute – etwa 24 Jahre nach dem Grundlagenpatent – keine solchen Objektiv-Fenster, obwohl seit etwa 1995 die In-situ-Mikroskopie für suspensionsbasierte Prozesse ein eigenes Forschungsfeld geworden ist, siehe beispielsweise
http://www.inftech.hs-mannheim.de/ism oder oder
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cite.201000203/abstract.
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Diese Erfindung:
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Das ISM-Fenster wird durch eine dem eigentlichen Objektiv vorgeschaltete Festörper-Immersionslinse (Solid Immersion Lens, SIL) gebildet. Das Fenster wird also als eine „Festkörper-Immersion” in Form einer gläsernen planokonvexen Kugel ausgebildet, siehe (
9) in
. Siehe hierzu die folgende Publikation:
S. M. Mansfield and G. S. Kino, "Solid Immersion Microscope" Appl. Phys. Lett. 57(24), 2615–2616 (1990).
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Analog zu einer Flüssigimmersion erhöht sich so die Numerische Apertur der Gesamt-Abbildung weit über die Numerische Apertur des nachgeschalteten Objektivs hinaus. Eine wartungsintensive Flüssigimmersion ist somit ersetzt durch eine wartungsfreie Festkörper-Immersion, wodurch eines der beiden großen praktischen Probleme des ISM gelöst ist. Das zweite zu lösende Problem war der Justieraufwand. Auch dieser wird – wie unten ausführlich beschrieben – überflüssig, denn das SIL-Fenster erlaubt einen in sich starren Mikroskopaufbau, erstmals auch für hochauflösende Abbildung. Somit sind die beiden Hauptprobleme der praktischen Komplexität der gegenwärtigen In-situ-Mikroskopie mit einem Schlag gelöst.
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Nähere Darstellung der SIL:
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Die hier dargestellte Erfindung basiert auf einer seit 1991 bekannten Entwicklung in der Mikroskopie von Halbleiter-Oberflächen. Diese Entwicklung erlaubt eine drastische Erhöhung der Numerischen Apertur gewöhnlicher Objektive durch Vorschaltung einer Festkörper-Immersionslinse (Solid immersion Lens, SIL) (GS Kino, SM Mansfield – Near field and solid immersion optical microscope.
US Patent 5,004,307 , 1991). Bei der SIL handelt es sich um eine kleine transparente Kugel mit planem Anschliff, beispielsweise eine Halbkugel. Sie besteht aus einem Material mit möglichst hohem Brechungsindex, das in direkten flächigen Kontakt mit der Objekt-Oberfläche gebracht wird. Ebenso wie bei einer Flüssigimmersion dient der direkte Lichtübergang vom Objekt in das Material der SIL dazu, den Grenzwinkel der Totalreflexion zu vergrößern und damit die Beugungsgrenze der mikroskopischen Auflösung hinauszuschieben. Offenbar kann durch Festkörper-Materialien ein noch größerer Gewinn im Auflösungsvermögen erzielt werden als durch Flüssigimmersion, denn der Brechungindex von Festkörpern ist tendenziell höher als bei Flüssigkeiten. Beispielsweise Galliumphosphid hat einen Brechungsindex von n = 3,4. (Siehe
"Realization of numerical aperture 2.0 using a gallium phosphide solid immersion lens. Q Wu, GD Feke, RD Grober, LP Ghislain – Applied Physics Letters, 1999, siehe http://scitation.aip.org/content/aip/journal/apl/75/26/10.1063/1.125537). Auflösungsgrenzen bis hinunter zu 100 nm wurden erzielt im herkömmlichen Anwndungsbereich der SIL, der Festkörper-Oberflächen-Mikroskopie bei der Strukturierung von Silizium-Wafern für die Mikroelektronik. Bei allen Immersionstechniken zur Auflösungsverbesserung von Objektiven ist der direkte Übergang vom planar begrenzten Objekt in das ebenso planar begrenzte Immersionsmedium wichtig. Die an der Objektseite planar ausgebildete SIL muss daher in direkten Kontakt mit der zu mikroskopierenden Oberfläche gebracht werden. Oder anders gesagt: Objekt und SIL haben eine gemeinsame planare Grenzfläche, dazwischen ist nichts. Bei festen Objekten ist dies normalerweise nur mit Vorsicht und einigem feinmechanischem Aufwand zu realisieren. Es muss fester flächiger Kontakt zwischen dem winzigem Immersionsfestkörper und dem Objektfestkörper eingestellt werden, ohne dass die Oberflächen sich dabei beschädigen.
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Nähere Darstellung und praktische Realisierbarkeit des SIL-Fensters für die In-situ-Mikroskopie:
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Eine Grenzfläche der Dicke Null zwischen Objekt und Glas ist also entscheidend für jede Anwendung der SIL. Die vorliegende Erfindung beruht auf der Beobachtung, dass die strömende Suspension in der In-situ-Mikroskopie sich der gläsernen Begrenzung durch das optisches Fenster ohne weiteres Zutun derart anschmiegt, wie es ideal wäre für das Objekt an der planen Grenzfläche einer SIL. Bildet man also das Beobachtungsfenster des ISM als SIL aus – dem Objektiv des ISM vorgeschaltet – so hat man die gleiche optische Situation wie bei einer SIL, die in ihrem herkömmlichen Anwendungsbereich übergangslos mit einem Wafer kontaktiert wird. Die erfindungsgemäße Ausbildung des Beobachtungsfensters als SIL ist also diejenige Neuerung, durch die der bisherige Bedienungsaufwand der In-situ-Mikroskopie obsolet wird. Praktisch erhält man eine geeignete Festkörper-Immersionslinse (SIL) etwa durch einen planen Anschliff von Glaskugeln oder alternativ durch den Erwerb käuflicher planokovexer Linsen mit hohem Brechungsindex, etwa LaSF9 mit n = 1,85. Zugleich kann ein passendes Objektiv, beispielsweise mit zehnfacher Vergrößerung – evt auch als einzelne asphärische Linse ausgebildet – käuflich erworben werden. Das Objektiv wird der SIL nachgeschaltet, wobei durch die Immersionswirkung der SIL ein viel höheres Auflösungsvermögen als mit dem Objektiv allein erzielt wird. In ersten Experimenten mit einer Hefezellen-Suspension (Bäckerhefe in H2O) konnten wir eine Auflösung von 0,3 μm innerhalb eines Objektfeldes der Größe 0,1 mm mal 0,1 mm erzielen. Dazu wurde eine LaSF9-Halbkugel als Fenster zur Suspension verwendet. Das nachgeschaltete Objektiv war ein einfacher Verbund aus einer käuflichen ashärischen Linse und einer planparallelen Platte zur Korrektur von Aberrationen. Somit ist auch praktisch bewiesen, dass mit einem SIL-Fenster zur Suspension und mit einem herkömmlichen Objektiv die notwendige hohe (Sub-Mikrometer) Auflösung für eine hochauflösende In-situ-Mikroskopie zu erreichen ist.
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Die Vorteile der Erfindung im Verhältnis zum Stand der Technik:
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Die Vorteile beruhen auf der gänzlichen Abschaffung des Bedienungsaufwands von In-situ-Mikroskopen, der vorher durch die Immersionsflüssigkeit und durch die Justage nötig war.
- 1. Die wartungsintensive Immersionsflüssigkeit wird offenbar per definitionem ersetzt durch den Immersions-Festkörper. Dieser ist wartungsfrei.
- 2. Eine Justierung von Mikroskopteilen relativ zum SIL-Fenster ist nicht mehr nötig. Es kann eine reproduzierbare höchstauflösende Abbildung erzielt werden mit Hilfe vollkommen starr montierter Komponenten an einem Tubus ohne bewegliche Teile. Das Tubus wiederum sitzt ebenfalls unbeweglich montiert an einer Öffnung des Susensionsbehälters. Diese für die hochauflösende Mikroskopie einzigartige Situation ist nur möglich, weil eine homogene Partikelsuspension in Kombination mit einer SIL besonders günstige Eigenschaften aufweist. Dies wird unten detailliert begründet.
- 3. Die präzise flächige Applikation der SIL an der rigiden Oberfläche eines Festkörper-Objekts ist aufwendig. Jedoch die analoge Applikation an der flüssig-fest Grenzfläche zum Suspensions-Objekt in der In-situ-Mikroskopie ist per definitionem präzise ohne jede Justage.
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Hochauflösung ohne Justierung:
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Bedingung für eine reproduzierbare Abbildungssituation im ISM ist die exakte (etwa ±3 μm) Tiefe der Objektebenen in der Suspension relativ zur Grenzfläche des wie immer gestalteten Fensters. Beispielsweise könnte man die Objektebene 15 μm entfernt von der planen Fenstergrenzfläche wählen, wenn man Suspensionen tierischer Zellen mit etwa 10 μm Durchmesser mikroskopieren möchte. Fokussierte Zellen bleiben dann gerade noch ohne Berührung durch die Fenster-Grenzfläche. Solange diese Entfernung der Objektebenen sich nicht weiter als wenige Mikrometer verändert, durchqueren die Mikro-Partikel der Suspension statistisch mit etwa konstanter Häufigkeit die Ebene und werden unter ähnlichen optischen Bedingungen scharf abgebildet. Liegt nun ein planes Deckglas-Fenster zwischen Suspension und Objektiv, so erzeugt jede Verschiebung des Objektivs entlang der optischen Achse eine dazu gleiche Verschiebung der Objekteben relativ zum Deckglas. Daher muss bei einem planen Fenster das Mikroskopobjektiv selber mit ca 3 μm Präzision relativ zum Fenster justiert werden, ein Umstand, der zu besagtem großen praktischen Aufwand führt.
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Notwendige Präzision der Distanz zwischen SIL und Objektiv:
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Angenommen, das Fenster wird als planokonvexe Weierstrass-SIL aus LaSF9-Glas mit Krümmungsradius 1,25 mm ausgelegt. (Zur Weierstrass-SIL siehe den englischsprachigen Wikipedia-Artikel „Solid Immersion Lens”.) Dann überträgt sich eine mechanische Änderung der SIL-Objektiv-Distanz mit etwa zehnfacher Untersetzung auf die optische Tiefe der Objektebenen relativ zum SIL-Fenster! Beispielsweise resultiert aus 30 μm mechanischer Distanzänderung eine tolerable Verschiebung der optischen Tiefe um nur 3 μm. Für die Reproduzierbarkeit der Abbildung genügt es also, wenn das Objektiv mit feinmechanischer Präzision und unbeweglich relativ zum SIL-Fenster montiert wird. Diese drastische optische Untersetzung der mechanischen Abweichung ist Grundlage der Erfindung. Ohne diesen günstigen Umstand müsste man die Distanz zwischen SIL und Standard-Objektiv mit ständiger Mikrometer-Justierung kontrollieren, so dass es keinen Vorteil mehr gäbe im Vergleich zu herkömmlichen In-situ-Mikroskopen.
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Berechnung der notwendigen Fertigungspräzision:
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Die geometrischen Optik der Weierstrass-SIL in paraxialer Näherung ergibt die oben beschriebene optische Untersetzung der mechanischen Abweichung. In diesem Absatz wird daraus die notwendige Präzision bei der Montage des Verbundes zwischen SIL und Objektiv berechnet. Paraxiale Näherung bedeutet, dass nur Strahlen betrachtet werden, die wenig von der optischen Achse abweichen. Die Winkel der achsennahen Strahlen zur optischen Achse sind als so klein angenommen, dass ihre Werte annähernd gleich ihren Sinuswerten sind. In werden die geometrischen Verhältnisse für eine Weierstrass-SIL dargestellt, wobei zur besseren Übersichtlichkeit achsenferne Strahlen dargestellt sind – trotzdem aber mit der Paraxial-Annahme gerechnet wird.
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Die Weierstrass-SIL entspricht einer flach angeschnittenen Kugel, entsprechend einer planokonvexen Linse mit einer Dicke von (1 + 1/n)·R entlang der Symmetrieachse. Hierbei ist n der Brechungsindex der Linse und R ihr Krümmungsradius. Der Punkt Q auf der optischen Achse entspricht einer reellen Punktquelle direkt an der Grenzfläche zur SIL. Mit 1 und 2 werden zwei Strahlen bezeichnet, die durch die SIL gebrochen werden und danach so in das weiter rechts liegende Objektiv einfallen, dass sie zu einer scharfen Abbildung von Q in der Bildebenen (Kamerasensor) beitragen. Die Kamera sieht also einen virtuellen Bildpunkt Q', _dessen Entfernung vom Mittelpunkt der Weierstrass-SIL genau n·R beträgt. (Siehe beispielsweise Jacques I. Pankove: Optical Processes in Semiconductors, Dover Publications INC 1975, Page 106.)
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Zu dieser Situation gehört eine exakt eingehaltene Distanz zwischen SIL und dem (nicht eingezeichneten) Objektiv. Angenommen, durch mechanische Driften nähert sich nun – von rechts kommend – dass Objektiv, so dass seine Distanz zur SIL sich um Δx verringert. Simultan rücken alle Strahlengänge mit nach links, die zum scharfen Bildpunkt auf dem Kamerasensor beitragen. So schiebt sich nun der Strahlengang von Strahl 2 an den Austrittspunkt P der SIL heran, dort wo vorher Strahl 1 ausgetreten war. In der Abbildung wird der parallel-verschobene Strahlengang 2 als Strahlengang 2* bezeichnet. Strahlengang 2* hat einen geringeren Winkel zur optischen Achse, so dass im Endeffekt nun eine neue Quelle Q* scharf abgebildet wird, die um eine Distanz δ weiter links liegt als Q. Es ist diese Verschiebung δ des scharf abgebildeten Objektpunktes, die für die Realisierbarkeit einer reproduzierbaren Abbildung kritisch ist. Sie wird verursacht durch die mechanische Abweichung dx. Die Verschiebung δ wird im Folgenden in paraxialer Näherung als Funktion von dx berechnet, wobei die Bezeichnungen von verwendet werden. Die Brechung an der Grenzfläche zwischen Suspension und SIL wird zunächst vernachlässigt, jedoch zum Schluss noch einbezogen.
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Die Längen a und b sind in der Weierstrass-Geometrie bestimmt durch die beiden Gleichungen b = (1 + 1/n)R und a = n·R + R. Außerdem verkürzt sich δ noch durch die Brechung am Übergang von der Suspension in die SIL. Die Verkürzung ergibt sich durch den Quotienten n
suspension /n. So erhält man insgesamt die Abschätzung:
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Mit unseren auch experimentell verwendeten Parametern
SIL-Krümmungsradius = R = 1,25 mm,
SIL-Brechungsindex (LaSF9-Glas) = n = 1,85
und nsuspension ≈ nWasser = 1,33 ergibt sich: δ ≈ 0,083·Δx.
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Die optische Untersetzung der mechanischen Abweichung δ von der optimalen Distanz SIL-Objektiv ist also stärker als 1/10. Daher genügt eine realistische mechanische Präzision von ±30 μm, um eine tolerable optische Toleranz zu erhalten, nämlich weniger als ±3 μm in der Position der scharf abgebildeten Objektebenen relativ zum SIL-Fenster. Dies entspricht den durchgeführten Experimenten. Eine SIL mit den oben angegeben Parametern wurde mit einem Standard Mikroskop-Objektiv (40-fache Vergrößerung, NA etwa 0,5) in der richtigen Entfernung zueinander montiert. Die SIL bildete das Fenster zu einer gerührten Suspension von Hefezellen. Die mikroskopischen Zellenbilder wiesen beständig und ohne jede Justage die erwartete hohe Auflösung von etwa 0,3 Mikrometern auf.
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Die unkritische Distanz zwischen Objektiv und Kamera:
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Die Untersetzung zwischen Änderungen der mechanischen Distanz zwischen Kamera und Objektiv und den dadurch verursachten Änderungen δ der Gegenstandsweite ist enorm, nämlich mehr als tausendfach bei 40-facher Vergrößerung. Dieser günstige Umstand ist allen mikroskopischen Abbildungen eigen und hat mit der speziellen Anwendung einer SIL nichts zu tun. Man berechnet mit elementarer geometrischer Optik, und bestätigt experimentell, dass die Positionsänderung der Bildebenen sich mit einem Untersetzungsverhältnis auf die dazu konjugierte Objektebene überträgt, welches ungefähr dem Quadrat der Mikroskopvergrößerung entspricht. Bei einer 40-fachen Vergrößerung etwa bewirkt eine Verschiebung der Kamera um etwa 3 mm längs der optischen Achse eine Verschiebung der Objektebenen um nur 1 Mikrometer. Die Montage der Kamera ist also vollkommen unkritisch und ohne jeden Justierbedarf. Eine analoge Betrachtung kann man durchführen für laterale Verschiebungen der Kamera, denen jeweils lateralen Verschiebungen des konjugierten Objektfeldes entsprechen. Es genügt, die Kamera mit etwa 1 mm Toleranz zur optischen Achse zu zentrieren. Angenommen, der Bildsensor wäre etwa 1 cm breit und die Kameraposition würde um 0,5 mm seitlich von idealer Zentrierung abweichen, so wäre das nur ein 5% Effekt bezüglich der gesamten Bildfeld-Breite also auch bezüglich der Objektfeld-Breite. Fertigungstechnisch ist auch diese Toleranz auf der Bildseite vollkommen anspruchslos. Die günstigen Toleranzen der Kamerapositionierung ermöglichen eine nicht unbedingt notwendige aber evt vorteilhafte zusätzliche Option: Mit einer anspruchslosen Grob-Positionierung der Kamera (mm-Genauigkeit) kann man eine mikrometergenaue gezielte Änderung der Gegenstandsweite und der seitlichen Begrenzung des Objektfeldes erzielen (siehe Anspruch 3). Manchmal ist dies günstig, beispielsweise wenn man eine eventuelle Randabschattung des Bildes durch die Belichtung besser zentrieren möchte, oder wenn man zwecks Aufnahme größerer Partikel die Objektebene ein wenig tiefer legen möchte.
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Insgesamt vereinfacht sich der Gesamtaufbau des In-situ-Mikroskops drastisch:
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Vorausgesetzt, das Beobachtungfenster wird entsprechend dieser Erfindung als SIL ausbildet, so entfällt der Justieraufwand in der hochauflösenden In-situ-Mikroskopie. Ein robuster in sich starrer Aufbau ohne bewegliche Teile genügt zur hochauflösenden Mikroskopie. Für die Nachschaltung des Objektivs hinter dem SIL-Fenster ist zwar eine präzise Montage nötig, aber nur in Form starrer Gefüge ohne Justageelemente.
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zeigt eine mögliche Vorrichtung zur Realisierung der Erfindung. Der gesamte Aufbau entspricht einem konventionellen In-situ-Mikroskop, mit Ausnahme des Beobachtungsfensters (9) zur Suspension, das als SIL mit planer Grenzfläche zur Suspension ausgelegt ist. Die Bildebene (1) wird direkt durch die am Tubus (6) befestigte Kamera (2) festgelegt. Der gesamte Aufbau mit Tubus und Optik ist in sich starr und auch nach außen hin unbeweglich wegen der Fixierung in einer Öffnung der Reaktorwand (8) zur Suspension. Die Tubuslänge wird dazu rechnerisch oder experimentell mit unkritischer Toleranz von etwa ±1 mm festgelegt. Damit wird indirekt die Objektebene (4) präzise auf der optischen Achse (7) positioniert, mit einer Toleranz von etwa ±1 Mikrometer.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 4032002 C2 [0001, 0001, 0002, 0002]
- DE 19726518 A1 [0001]
- DE 10027044 A1 [0001]
- DE 102011109783 A1 [0002]
- US 5004307 [0005]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- http://www.inftech.hs-mannheim.de/ism [0002]
- http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cite.201000203/abstract [0002]
- S. M. Mansfield and G. S. Kino, ”Solid Immersion Microscope” Appl. Phys. Lett. 57(24), 2615–2616 (1990) [0003]
- ”Realization of numerical aperture 2.0 using a gallium phosphide solid immersion lens. Q Wu, GD Feke, RD Grober, LP Ghislain – Applied Physics Letters, 1999, siehe http://scitation.aip.org/content/aip/journal/apl/75/26/10.1063/1.125537 [0005]
- Jacques I. Pankove: Optical Processes in Semiconductors, Dover Publications INC 1975, Page 106. [0011]