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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Anreicherung und/oder Aufreinigung von Nukleinsäuren, wobei die Nukleinsäuren an eine Festphase gebunden und nach einem oder mehreren Waschschritten eluiert werden. Weiterhin betrifft die Erfindung einen Kit zur Durchführung eines solchen Verfahrens sowie ein Verfahren zum Nachweis von pathogenen Mikroorganismen oder Viren.
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Stand der Technik
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In der molekularen Diagnostik ist oftmals der Nachweis bestimmter DNA oder RNA aus einer Probe vorgesehen, um beispielsweise einen bestimmten pathogenen Organismus, z.B. ein Bakterium oder einen Virus, nachweisen zu können. Als Probe wird typischerweise eine flüssige oder verflüssigte Patientenprobe, z.B. Blut, Urin, Stuhl, Sputum, Liquor, Lavage, ein ausgespülter Abstrich oder eine verflüssigte Gewebeprobe, eingesetzt. Die Nukleinsäure, insbesondere die DNA oder RNA, wird aufgereinigt und analysiert. Für diese Analyse kann beispielsweise eine Sequenzierung, eine Polymerase-Kettenreaktion (PCR), eine Real-Time PCR und/oder eine Detektion mittels eines Microarrays durchgeführt werden, sodass ein bestimmtes Gen oder eine bestimmte Sequenz nachgewiesen werden kann.
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Zur Freisetzung von Nukleinsäuren aus einer Probe wird üblicherweise das zelluläre Material zunächst aufgeschlossen (Lyse), wobei verschiedene Methoden eingesetzt werden können, beispielsweise ein chemischer, ein physikalischer und/oder ein enzymatischer Zellaufschluss. Anschließend erfolgt eine Adsorption der Nukleinsäure an eine feste Phase (Bindung). Nachfolgend werden in der Regel ein oder mehrere Waschschritte durchgeführt, um vorhandene Zellfragmente und Proteine von der Oberfläche der Festphase zu entfernen. Schließlich erfolgt eine Elution der adsorbierten Nukleinsäure unter geeigneten Bedingungen, beispielsweise bei niedriger Salzkonzentration und/oder erhöhter Temperatur eines Elutionspuffers. Auf diese Weise kann die Nukleinsäure in aufkonzentrierter Form für nachfolgende Schritte, beispielsweise eine Amplifikation und/oder Detektion bestimmter Sequenzen, bereitgestellt werden.
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Ein wichtiger Schritt bei diesem Verfahren ist das Waschen nach der Bindung der Nukleinsäure an die Festphase. Wenn die Waschschritte nur unzureichend durchgeführt werden, können Verunreinigungen in das Eluat gelangen, die nachfolgende Schritte und insbesondere Analysen stören können. Übliche Waschpuffer oder Waschlösungen erhalten in der Regel eine alkoholische Komponente, insbesondere Isopropanol und/oder Ethanol. Oftmals sind weiterhin Salze enthalten. Auch verschiedene kommerziell verfügbare Kits zur DNA-Aufreinigung, beispielsweise der DNA-Aufreinigungskit MolYsis Complete 5 (Firma Molzym) basieren auf diesem Prinzip. Die
US 8,624,020 B2 beschreibt ein Verfahren zur Isolierung von Nukleinsäuren, bei dem eine Waschlösung verwendet wird, der neben einer alkoholischen Komponente und weiteren Bestandteilen auch Polyethylenglykol mit 2 bis 200 Ethylenglykoleinheiten enthalten kann.
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Es existieren verschiedene Ansätze, auf eine alkoholische Komponente bei der Aufreinigung von DNA oder RNA zu verzichten, da die alkoholische Komponente nachfolgende Analyseprozesse stören kann und zudem einen negativen Einfluss auf die Beständigkeit von Materialien, die verwendet werden, haben kann. Zudem ist insbesondere Ethanol und Isopropanol als Gefahrstoff einzustufen, sodass die Handhabung dieser Lösungsmittel mit erhöhten Kosten und Aufwendungen einhergeht. So beschreibt beispielsweise die
WO 2010/149532 ein Verfahren zur Präparation und Amplifikation von DNA, bei dem die DNA an eine Oberfläche immobilisiert wird, und die Oberfläche mit einer Waschlösung gewaschen wird, die Tetraethylenglykol enthält, bevor die DNA durch Elution rückgewonnen wird. Die
WO 2006/085104 A1 beschreibt ein Verfahren zur Isolierung von Nukleinsäuren, wobei die Probe in Gegenwart von einem Ethylenglykol-Multimer mit einer Festphase in Kontakt gebracht wird, und die Nukleinsäuren aus der Lösung an die Oberfläche der Festphase binden. Die eingesetzten Ethylenglykol-Multimere haben ein Molekulargewicht zwischen 100 und 3100. Die
DE 199 43 374 A1 beschreibt ein Verfahren zum Anbinden von Nukleinsäuren an eine Festphase in Gegenwart von Polyethylenglykol, wobei die Festphase hydrophobe und hydrophile Gruppen auf der Oberfläche aufweist.
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Weiterhin ist bekannt, Polyethylenglykol, beispielsweise 13 % (w/v) PEG 8000 als finale Konzentration, zur Präzipitation von DNA einzusetzen. Ein nachfolgender Waschschritt erfolgt mit Ethanol (K. R. Paithankar and K. S. N. Prasad, „Precipitation of DNA by polyethylene glycol and ethanol", Nucleic Acid Research, 1991, Seite 1346).
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Offenbarung der Erfindung
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Vorteile der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren dient zur Anreicherung und/oder Aufreinigung von Nukleinsäuren, insbesondere von DNA oder RNA, wobei die Nukleinsäuren an eine Festphase gebunden und nach einem oder mehreren Waschschritten eluiert werden. Erfindungsgemäß werden der oder die Waschschritte mit einer oder mehreren Waschlösungen durchgeführt, die Polyethylenglykol enthalten. Die Erfinder konnten zeigen, dass mit diesem Verfahren Nukleinsäuren, insbesondere DNA und im Prinzip auch RNA, in effektiver Weise aufgereinigt werden können, ohne dass eine alkoholische Komponente und/oder andere Detergenzien für das Waschen der reversibel immobilisierten Nukleinsäuren erforderlich wären. Mit besonderem Vorteil kann bei dem erfindungsgemäßen Verfahren daher auf eine alkoholische Komponente in der oder den Waschlösungen verzichtet werden, sodass in einer bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens die Waschlösung(en) keinen Alkohol enthalten. Der Verzicht auf Alkohol während der Aufreinigung der Nukleinsäuren hat verschiedene Vorteile. Alkohole, beispielsweise Ethanol oder Isopropanol, stören nachfolgende Analyseprozesse. Insbesondere bei enzymatischen Amplifikationsverfahren (z.B. PCR – Polymerase-Kettenreaktion, RT-PCR – Reverse Transkriptase PCR, NASBA – Nucleic acid sequence based amplification, RPA – Recombinase polymerase amplification, HDA – Helicase dependent amplification) oder bei dem Verdau von Nukleinsäuren durch Restriktionsenzyme, bei Transfektionsprozessen oder bei Sequenzierungsreaktionen stört Alkohol die Aktivität der eingesetzten Enzyme. Bisher war es erforderlich, den Alkohol, der bei der Nukleinsäurereinigung verwendet wurde, soweit wie möglich aus der Festphase zu entfernen, beispielsweise durch Verdampfen oder Zentrifugieren. Dieser kritische Schritt zur Entfernung der alkoholischen Komponente entfällt bei dem erfindungsgemäßen Verfahren. Zudem sind insbesondere Ethanol und Isopropanol Gefahrenstoffe, die bei der Lagerung und dem Transport sowie auch bei der Handhabung erhöhten Aufwand nach sich ziehen. Schließlich haben Ethanol und Isopropanol einen negativen Einfluss auf die Beständigkeit von Materialien, die für die Durchführung der Anreicherung oder Aufreinigung der Nukleinsäuren verwendet werden, beispielsweise Lab-on-Chip-Systeme. Es kann hierdurch zu Undichtigkeiten kommen, wodurch Flüssigkeiten, Gase oder Dämpfe und auch potenziell infektiöse Materialen austreten können. Auch dieses Problem tritt bei dem erfindungsgemäßen Verfahren nicht auf.
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Im Unterschied zu den aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren wird erfindungsgemäß Polyethylenglykol nicht für einen Fällungsschritt oder Bindeschritt eingesetzt, sondern für das Waschen der reversibel immobilisierten Nukleinsäuren, wobei die Nukleinsäuren beispielsweise an einer porösen Silikaoberfläche immobilisiert sind, die in ein Zentrifugenröhrchen integriert ist. Hierbei konnten die Erfinder erstmals zeigen, dass das in der Waschlösung, vorhandene hochmolekulare Polyethylenglykol in sehr effektiver Weise Zellfragmente, Proteine und andere Verunreinigungen von der Festphase entfernen kann, um anschließend die gereinigte Nukleinsäure eluieren zu können. Das in der Waschlösung vorhandene Polyethylenglykol stört nachfolgende Prozesse, insbesondere Analyseprozesse, im Wesentlichen nicht oder zumindest deutlich weniger als beispielsweise Ethanol oder Isopropanol, sodass die aufgereinigte Nukleinsäure ohne Weiteres für nachfolgende Analyseschritte eingesetzt werden kann.
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Unter dem Begriff „Polyethylenglykol“ werden Polymere mit dem Grundbaustein Ethylenoxid verstanden, die im Allgemeinen eine mittlere Molmasse von 200 bis 35.000 g/mol aufweisen. Bevorzugt werden für die Zwecke der Erfindung Polyethylenglykole mit mehr als 600 g/mol eingesetzt. Besonders bevorzugt sind hochmolekulare Polyethylenglykole, die beispielsweise eine mittlere Molmasse von 5000 g/mol oder mehr aufweisen. Mit besonderem Vorteil wird Polyethylenglykol mit einer mittleren Molmasse von 6000 g/mol eingesetzt, sogenanntes PEG 6000. Insbesondere bei diesem hochmolekularen Polyethylenglykol konnte eine sehr effektive Nukleinsäureaufreinigung durchgeführt werden.
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Vorzugsweise liegt die Konzentration von Polyethylenglykol in der oder den Waschlösung(en) in einem Konzentrationsbereich von 10–60 % (w/v), insbesondere in einem Bereich von 30–50 % (w/v). In Vergleichsversuchen haben sich die Waschlösungen mit Polyethylenglykol-Konzentrationen in diesem Bereich als besonders wirkungsvoll erwiesen. Bei den Waschlösungen kann es sich beispielsweise um wässrige Waschlösungen oder Waschpuffer handeln.
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Mit besonderem Vorteil enthält/enthalten die Waschlösung(en) ein oder mehrere Salze. Die Verwendung von einem oder mehreren Salzen und gegebenenfalls von weiteren Bestandteilen ermöglicht die Einstellung von chaotropen Bedingungen, wodurch die Adsorption der Nukleinsäuren an die Festphase unterstützt wird. Der Einsatz von Salzen in der Waschlösung verhindert somit in effektiver Weise ein Ablösen der Nukleinsäuren von der Festphase. Besonders geeignet sind beispielsweise Guanidiniumhydrochlorid und/oder Guanidiniumthiocyanat und/oder Natriumchlorid und/oder Cäsiumchlorid und/oder Tris-Hydrochlorid auch andere Salze. Besonders bevorzugt sind hochmolare Konzentrationen, beispielsweise 1–3 M oder gegebenenfalls höher, vorzugsweise 2 M. Die geeigneten Konzentrationen sind auch abhängig vom jeweiligen Salz. Beispielsweise hat sich 2 M Guandiniumhydrochlorid in der Waschlösung als besonders geeignet erwiesen.
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Darüber hinaus können Substanzen in der Waschlösung enthalten sein, die eine stabilisierende Wirkung beispielsweise auf den pH-Wert oder auf andere Eigenschaften der Lösung ausüben. Hierbei kann es sich beispielsweise um übliche Puffersubstanzen wie beispielsweise Tris-Ethylendiamintetraessigsäure (TE) oder Tris-Hydrochlorid (HCl) oder andere puffernde Substanzen handeln.
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Vorteilhafterweise werden mehrere Waschlösungen nacheinander eingesetzt, beispielsweise zwei verschiedene Waschlösungen oder zwei gleiche Waschlösungen, sodass die Waschwirkung verstärkt wird. Beispielsweise kann ein erster Waschpuffer oder eine erste Waschlösung Polyethylenglykol, vorzugsweise PEG 6000, und 1–3 M Guanidiniumhydrochlorid, insbesondere 2 M Guanidiniumhydrochlorid enthalten. Eine zweite Waschlösung kann Polyethylenglykol, insbesondere PEG 6000, sowie 5 bis 250 mM NaCl, beispielsweise 100 mM NaCl, und 5 bis 50 mM Tris-HCl, vorzugsweise 5 bis 25 mM Tris-HCl, beispielsweise 10 mM Tris-HCl enthalten. Die Konzentration von PEG kann beispielsweise jeweils zwischen 10 und 60 % (w/v) und vorzugsweise zwischen 30 und 50 % liegen. Die Reihenfolge der verschiedenen Waschpuffer oder Waschlösungen kann variiert werden.
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In besonders bevorzugter Weise weist die Festphase, an der die Nukleinsäuren immobilisiert werden, im Wesentlichen hydrophile Oberflächeneigenschaften auf. Insbesondere sind hydrophile Hydroxygruppen vorteilhaft. Die hydrophilen Gruppen sind für die Bindung der Nukleinsäuren an die Festphase verantwortlich. Der Ausdruck "im Wesentlichen" bezieht sich darauf, dass unter Umständen auch hydrophobe Gruppen an der Festphase vorhanden sein können. Diese hydrophoben Gruppen sind aber nicht für die Bindung der Nukleinsäuren in dem erfindungsgemäßen Ansatz verantwortlich und sind gewissermaßen als Kontamination anzusehen. Bevorzugterweise kann die Festphase auf Siliciumdioxid basieren. Beispielsweise kann es sich bei der Festphase um einen Silikafilter und/oder um Silikabeads (Silikakügelchen) handeln. Mit Vorteil können entsprechende magnetische Beads eingesetzt werden. Die magnetischen Eigenschaften der Beads können für die Durchführung des Verfahrens in an sich bekannter Weise genutzt werden und können die Durchführung vereinfachen.
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Mit besonderem Vorteil wird das erfindungsgemäße Verfahren in einer mikrofluidischen Vorrichtung durchgeführt. Mikrofluidische Vorrichtungen benötigen nur ein geringes Probenvolumen und sind insbesondere für die Durchführung von Schnelltests sehr geeignet. Da das erfindungsgemäße Verfahren auf alkoholische Komponenten in der oder den Waschlösung(en) verzichtet, eignet sich dieses Verfahren in besonderer Weise für mikrofluidische Vorrichtungen, da auf Reagenzien verzichtet wird, die die Materialien der mikrofluidischen Vorrichtung angreifen könnten. Ein weiterer besonderer Vorteil der Verwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens in mikrofluidischen Vorrichtungen und insbesondere für Reihenuntersuchungen ist, dass typischerweise zurückbleibende Spuren des in der Waschlösung enthaltenen Polyethylenglykols nachfolgende Analyseschritte nicht stören oder zumindest deutlich weniger als beispielsweise Ethanol oder Isopropanol. Es ist daher nicht zwingend notwendig, Komponenten der Waschlösung vor einer weiteren Analyse vorzugsweise vollständig zu entfernen, wie es bei herkömmlichen Verfahren der Fall ist, bei denen beispielsweise Ethanol und/oder Isopropanol aus einer Waschlösung in einem separaten Schritt möglichst restlos entfernt werden müssen, bevor nachfolgende enzymatische Reaktionen durchgeführt werden können. Je nach Anwendung und nachfolgenden Analysesschritten kann es auch bei dem erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhaft sein, die Waschlösung vorzugsweise restlos zu entfernen. Rückstände der Waschlösung sind jedoch wesentlich weniger kritisch als Rückstände von beispielsweise Ethanol oder Isopropanol.
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Die Erfindung umfasst weiterhin einen Kit zur Durchführung eines Verfahrens zur Anreicherung und/oder Aufreinigung von Nukleinsäuren. Dieser Kit umfasst eine Festphase zur Bindung von Nukleinsäuren und gegebenenfalls wenigstens einen Bindepuffer, der zur Einstellung von geeigneten Bedingungen vorgesehen ist, damit die Nukleinsäuren, insbesondere DNA oder RNA, reversibel an der Festphase immobilisiert werden können. Ein geeigneter Bindepuffer kann unter Umständen auch vom Anwender selbst bereitgestellt werden. Erfindungsgemäß umfasst der Kit darüber hinaus wenigstens eine Waschlösung, die Polyethylenglykol enthält. Bezüglich weiterer Merkmale der Zusammensetzung der Waschlösung und insbesondere des Polyethylenglykols sowie der Festphase wird auf die obige Beschreibung verwiesen.
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Der Kit kann darüber hinaus weitere Reagenzien enthalten, die für die Durchführung des Verfahrens zur Anreicherung und/oder Aufreinigung von Nukleinsäuren notwendig oder geeignet sind. Insbesondere kann der Kit weiterhin ein Elutionsmittel oder einen Elutionspuffer enthalten. Weiterhin kann der Kit einen Lysepuffer enthalten, der Reagenzien zur chemischen Lyse oder Enzyme zur enzymatischen Lyse, beispielsweise Proteasen und/oder Lysozyme, enthält. Weiterhin kann der Kit weitere Reagenzien enthalten, die für eine nachfolgende Analyse der angereicherten oder aufgereinigten DNA oder RNA geeignet sind, beispielsweise Reagenzien für eine Amplifikation und Detektion von bestimmten Nukleinsäuresequenzen.
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Schließlich umfasst die Erfindung ein Verfahren zum Nachweis von pathogenen Mikroorganismen oder Viren. Bei dem Verfahren wird zunächst das genetische Material, insbesondere die Nukleinsäuren, vor allem DNA und/oder RNA, aus einer Probe, die die Mikroorganismen oder Viren enthält, freigesetzt. Das heißt, das enthaltene biologische Material, insbesondere Zellen oder Viren, werden lysiert. Bei der Probe kann es sich insbesondere um eine flüssige oder verflüssigte Patientenprobe handeln. Die Nukleinsäuren werden gemäß dem beschriebenen Verfahren angereichert und/oder aufgereinigt. Anschließend wird eine DNA und/oder RNA, die spezifisch für den nachzuweisenden Mikroorganismus oder für das nachzuweisende Virus ist, nachgewiesen. Dies kann insbesondere auf der Basis einer Nukleinsäureamplifikation mit anschließender Detektion erfolgen, beispielsweise über eine Polymerasekettenreaktion (PCR). Vorteilhafterweise kann der oben bereits beschriebene Kit für dieses Verfahren eingesetzt werden, sodass der Kit für eine Präparation und gegebenenfalls eine Amplifikation von aus biologischem Materialien gewonnener DNA oder RNA eingesetzt werden kann.
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Weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen in Verbindung mit der Zeichnung. Hierbei können einzelne Merkmale jeweils für sich oder in Kombination miteinander verwirklicht sein.
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Die Zeichnung illustriert einen quantitativen Nachweis von Staphylococcus aureus anhand der nachweisbaren DNA für verschiedene Waschprotokolle gemäß der Erfindung.
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Beschreibung von Ausführungsbeispielen
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Die Verwendung von Polyethylenglykol und insbesondere von PEG 6000 in der Waschlösung gemäß der Erfindung hat verschiedene Vorteile. Insbesondere ist PEG 6000 kein Gefahrstoff, sodass bei der Lagerung, dem Transport und der Handhabung keine weiteren Gefahrstoffvorschriften berücksichtigt werden müssen. PEG 6000 inhibiert enzymatische Reaktionen im Wesentlichen nicht oder zumindest deutlich weniger als beispielsweise Ethanol oder Isopropanol. Daher können nachfolgende Analysereaktionen, die auf der Basis von Enzymen arbeiten, beispielsweise eine Polymerasekettenreaktion, ohne weitere Zwischenreinigungsschritte durchgeführt werden. Waschlösungen mit PEG 6000 sind mit Materialien, wie sie typischerweise in mikrofluidischen Vorrichtungen (Lab-on-Chip-Systemen) verwendet werden, kompatibel und erzeugen keine strukturellen Schwächungen und/oder Undichtigkeiten. Schließlich besitzen Waschlösungen, die PEG 6000 enthalten, einen höheren Kontaktwinkel als beispielsweise Ethanol, wodurch ein verbessertes fluidisches Verhalten insbesondere in mikrofluidischen Vorrichtungen erreicht wird. Beispielsweise bei der Verwendung von Ethanol ist oftmals ein unkontrolliertes Fortschreiten in mikrofluidischen Strukturen festzustellen, wobei Kanäle oder Oberflächen unerwünschterweise oder zu einem unerwünschten Zeitpunkt während der Durchführung benetzt werden. Dieses Problem tritt bei Waschlösungen mit PEG 6000 im Wesentlichen nicht auf.
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Die Erfindung basiert darauf, dass bei einer Festphasen-basierten Anreicherung und/oder Aufreinigung von Nukleinsäuren Waschlösungen mit Polyethylenglykol unter Verzicht auf alkoholische Komponenten in der Waschlösung durchgeführt werden. Die Erfinder konnten dabei zeigen, dass bei der Verwendung von insbesondere PEG 6000 chemische Bedingungen eingestellt werden, die es ermöglichen, eine Festphase mit reversibel immobilisierter DNA oder im Prinzip auch RNA zu durchströmen oder zu umströmen, wobei zelluläre Fragmente aus dem Lysat und andere Kontaminationen entfernt werden können, ohne dass dabei die immobilisierte Nukleinsäure eluiert wird. Die bei der Elution im anschließenden Schritt freigesetzte DNA oder RNA eignet sich direkt für eine nachgeschaltete Analyse, beispielsweise für eine Amplifikation mittels PCR.
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Die nachfolgende Beschreibung von Versuchen und Ausführungsbeispielen basiert auf der Verwendung von kommerziellen Kits, beispielsweise des Kits MolYsis Complete 5 der Firma Molzym GmbH, Bremen. Statt der bei diesem Kit vorgesehenen Waschlösungen werden ein oder mehrere erfindungsgemäße Waschlösungen eingesetzt, die PEG 6000 in unterschiedlichen Konzentrationen bzw. Vergleichssubstanzen enthalten, wobei kein Alkohol, also insbesondere kein Ethanol oder Isopropanol, in der Waschlösung enthalten ist. Der Kit basiert auf der Verwendung einer Silikamembran in einem speziellen Zentrifugenröhrchen, wobei die zu isolierende DNA mithilfe der Silikamembran selektiv aufgereinigt wird. Die Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist dabei nicht auf die Verwendung dieses Kits beschränkt, sondern kann vielmehr allgemein für die Aufreinigung und/oder Anreicherung von Nukleinsäuren, insbesondere von DNA oder RNA, verwendet werden.
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Im Zuge der Untersuchungen wurden zunächst Vergleichstests zwischen Tetraethylenglykol, Pentaethylenglykol (zwei Vertretern der Oligoethylenglykole) und PEG 6000 als Alternative zu einer alkoholischen Komponente in der Waschlösung durchgeführt. Als Referenz wurden Waschlösungen eingesetzt, die hochprozentige Anteile von Ethanol und Isopropanol sowie 2–10% Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) enthalten. Es wurden jeweils Doppelbestimmungen bei einer Aufreinigung von DNA aus einer Staphylococcus aureus-Kultur (105 Zellen) bzw. aus einer entsprechend gespikten Blutprobe durchgeführt. Durch die Auswertung mittels quantitativer PCR wurden die jeweiligen Aufreinigungseffizienzen (bezogen auf die Referenz) bestimmt:
- a) Versuch #1: Referenz: 100%, Tetraethylenglykol: 58% (Aufreinigung von DNA aus einer Staphylococcus aureus-Kultur (105 Zellen)).
- b) Versuch #2: Referenz: 100%, Tetraethylenglykol: 62%, Polyethylenglykol: 102% (Aufreinigung von DNA aus einer mit 10 Staphylococcus aureus-Zellen gespikten Blutprobe (1 ml)).
- c) Versuch #3: Referenz: 100%, Pentaethylenglykol: 3 % (nur ein von zwei Replikaten lieferte DNA) (Aufreinigung von DNA aus einer Staphylococcus aureus-Kultur (105 Zellen)).
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Die Ergebnisse zeigten, dass die Aufreinigungeseffizienz mit PEG 6000 in der Waschlösung in etwa der Referenz entsprach und sogar etwas höher ausfiel. Die Aufreinigungseffizienz bei Tetraeethylenglykol lag nur bei etwa 60%. Mit Pentaethylenglykol konnte fast keine DNA aufgereinigt werden. Insbesondere im Vergleich mit den Oligoethylenglykolen stellt PEG 6000 eine sehr effektive Alternative zu Ethanol im Waschpuffer dar, die im Vergleich sogar eine noch effizientere Aufreinigung von Nukleinsäuren erlaubt.
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In den folgenden Ausführungsbeispielen werden unterschiedliche Varianten der erfindungsgemäßen Waschlösungen mit PEG 6000 dargestellt.
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Schritt 1 (Lyse von Zellen und Freisetzung der DNA)
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Die Zellen, deren DNA nachgewiesen werden soll, können auf verschiedene Weise lysiert werden, beispielsweise enzymatisch (z.B. mit Lysozym), chemisch (z.B. mit stark alkalischen Lysepuffern) oder physikalisch (z.B. durch Einkopplung von Ultraschall oder durch Zermahlen mit Beads). Die erhaltene Lösung wird als Lysat bezeichnet. Anschließend kann das Lysat beispielsweise mithilfe des Enzyms Proteinase K weiterbehandelt werden, wobei entstandene Zellfragmente abgebaut und die DNA gegebenenfalls von assoziierten Proteinen befreit wird.
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Schritt 2 (Binden des Lysats an eine Festphase)
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Das Lysat wird mit einem Bindepuffer versetzt, bevor es über eine Silikamembran geleitet wird. Als Bindepuffer kann beispielsweise ein Puffer mit hohem Alkoholgehalt, z.B. 30–100% Ethanol oder Isopropanol oder ein Gemisch verschiedener Alkohole, mit hohem Anteil chaotroper Salze, z.B. 2–6 M Guanidinthiocyanat oder ein Gemisch verschiedener Salze, verwendet werden. Auch andere Bindepuffer sind möglich. In den durchgeführten Versuchen wurde das Lysat mit einem Gemisch einer Denaturierungslösung mit einem hohen Anteil eines chaotropen Salzes (>50% Guanidinthiocyanat) und einer gepufferten Bindelösung mit einem hochprozentigen Anteil Isopropanol (>50% Isopropanol) und 2–10% Tris-Hydrochlorid gemischt. Hierdurch entsteht ein chemisches Milieu, in dem die DNA an die Festphase, also in diesem Beispiel an die poröse Silikamembran, adsorbiert. Das Gemisch wird mit der Festphase in geeigneter Weise in Kontakt gebracht, sodass die Adsorption der DNA erfolgen kann. Anschließend wird die Flüssigphase in geeigneter Weise von der Festphase getrennt. Beispielsweise kann bei der Verwendung des oben erwähnten Kits das Zentrifugenröhrchen, in das die Silikamembran integriert ist, zentrifugiert werden. In anderen Ausführungsbeispielen können magnetische Silikabeads eingesetzt werden, wobei die Separation der Festphase durch ein magnetisches Feld in an sich bekannter Weise erfolgen kann.
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Der hier beschriebene Bindepuffer ist für eine Aufreinigung von DNA geeignet. Wenn in vergleichbarer Weise RNA aufgereinigt werden soll, ist in der Regel ein anderer Bindepuffer erforderlich.
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Schritt 3 (Waschen der gebundenen DNA)
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Zur Entfernung von zellulären Rückständen, Proteinen, kleinen Nukleinsäurefragmenten und anderen Kontaminationen von der Festphase wird die Festphase mit einem oder mehreren erfindungsgemäßen Waschlösungen einmal oder mehrmals hintereinander gewaschen. Erfindungsgemäß enthalten die Waschlösungen Polyethylenglykol, insbesondere PEG 6000. Besonders geeignet sind Waschlösungen mit einer Konzentration in einem Bereich zwischen 10 und 60 % (w/v). Einzelheiten zu den einzelnen Waschlösungen sind weiter unten für einzelne Varianten des Verfahrens dargestellt. Die konkrete Durchführung des Waschprozesses als solches hängt insbesondere von der verwendeten Struktur der Festphase ab. Beispielsweise bei der Verwendung eines Zentrifugenröhrchens mit einer Silikamembran wird der Waschschritt durch Aufgeben der Waschlösung in das Zentrifugenröhrchen und anschließende Zentrifugation durchgeführt. Bei Verwendung von magnetischen Silikabeads kann zur Separation der Festphase von der Waschlösung ein magnetisches Feld angelegt werden.
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Schritt 4 (Elution)
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Die Elution der DNA erfolgt durch Inkontaktbringen der Festphase mit einem geeigneten Elutionspuffer. Geeignet sind beispielsweise niedrige oder sehr niedrige Salzkonzentrationen im Puffer und/oder eine erhöhte Temperatur des Puffers. Hierdurch werden Bedingungen eingestellt, bei denen die DNA sich von der Festphase löst. Die Flüssigphase wird beispielsweise in der oben bereits beschriebenen Weise von der Festphase getrennt. Die erhaltene Lösung wird allgemein als Eluat bezeichnet und enthält die angereicherte bzw. gereinigte Nukleinsäure.
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Schritt 5 (Anschließende Verfahren)
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In anschließenden Arbeitsschritten kann die im Eluat vorhandene Nukleinsäure, insbesondere DNA oder gegebenenfalls RNA, weiteren Untersuchungen, beispielsweise einer qualitativen PCR oder einer quantitativen Echtzeit-PCR, unterzogen werden.
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Im Folgenden werden Varianten des Verfahrens im Hinblick auf den Einsatz der erfindungsgemäßen Waschlösungen beschrieben.
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Variante 1
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Das Waschen der immobilisierten DNA (vgl. Schritt 3) erfolgt mit einer ersten und einer zweiten Waschlösung, wobei die erste Waschlösung PEG 6000 und 2 M Guanidiniumhydrochlorid enthält. Die zweite Waschlösung enthält PEG 6000, 100 mM NaCl, 10 mM Tris-HCl. Die PEG-Konzentrationen werden zwischen 0 und 60 % variiert.
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Die Figur illustriert den quantitativen Nachweis von 106 Zellen (Staphylococcus aureus) anhand der nachweisbaren DNA gemäß diesem Aufreinigungs- und Waschprotokoll. Auf der Ordinate ist die rückgerechnete absolute Wiederfindung der Zellzahl für die verschiedenen Waschprotokolle (Abszisse) dargestellt, wobei die Zellen gemäß den obigen Angaben in einem Zentrifugenröhrchen mit einer Silikamembran prozessiert wurden. Der Waschschritt wurde für die einzelnen Proben gemäß der obigen Beschreibung in der erfindungsgemäßen Weise variiert.
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In der Figur bezeichnet "Referenz" das Waschprotokoll, das mit den oben bereits beschriebenen, aus dem Stand der Technik bekannten alkoholhaltigen Waschlösungen durchgeführt wurde. Die anderen Proben wurden mit den Waschlösungen gemäß der Variante 1 in der beschriebenen Weise behandelt. Die PEG 6000-Konzentration in den einzelnen Experimenten betrug 0 %, 10 %, 20 %, 30 %, 40 %, 50 % und 60 %. Die erste und die zweite Waschlösung enthielt jeweils die gleiche PEG 6000-Konzentration. Die Quantifizierung der DNA erfolgte mittels quantitativer Echtzeit-PCR. Hierbei zeigte sich, dass bei einer Waschlösung mit 10 % oder mit 20 % in etwa die gleiche rückgerechnete Ausgangskonzentration der Zellen wie bei der Referenz erreicht wurde. Bei den Konzentrationen von 30 bis 60 % war eine erhöhte Wiederfindungsrate der Zellen festzustellen. Bei diesen PEG-Konzentrationen konnte im Vergleich mit der Referenz also eine verbesserte Anreicherung bzw. Reinheit der eluierten DNA erreicht werden.
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Variante 2
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Das Waschen der gebundenen DNA erfolgt mit einer ersten und einer zweiten Waschlösung, wobei die erste Waschlösung PEG 6000, 100 mM NaCl, 10 mM Tris-HCl enthält und die zweite Waschlösung PEG 6000 und 2 M Guanidiniumhydrochlorid. Die Konzentration von PEG 6000 wurde vergleichbar mit der Variante 1 variiert, wobei im Wesentlichen die gleichen Ergebnisse wie bei der Variante 1 zu erwarten sind.
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Variante 3
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Bei dieser Variante erfolgt das Waschen der gebundenen DNA mit nur einer Waschlösung, die 100 mM NaCl, 10 mM Tris-HCl und jeweils unterschiedliche Konzentrationen von PEG 6000 enthält. Die PEG-Konzentrationen liegen zwischen 10 und 60 %. Im Vergleich mit einer Referenz konnten bei den Konzentrationen zwischen 30 und 50 % die besten Ergebnisse erzielt werden.
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In besonders bevorzugter Weise wird das erfindungsgemäße Verfahren in einem mikrofluidischen System umgesetzt. Im Vergleich mit herkömmlichen Protokollen, bei denen alkoholhaltige Reagenzien eingesetzt werden, wird bei dem erfindungsgemäßen Verfahren eine Schädigung z.B. durch Aufquellen von Kunststoffen in dem mikrofluidischen System vermieden. Weiterhin wird vermieden, dass während der Lagerung des mikrofluidischen Systems Alkohole aufgrund des hohen Dampfdrucks aus dem System heraus verdampfen und somit die Lagerdauer stark beschränken und die zuverlässige Einsatzfähigkeit des gelagerten Systems stark verkürzen. Ein beispielhaftes mikrofluidisches System weist eine Lysekammer zur Lyse der Zellen bzw. zur Aufnahme des Lysats auf. Weiterhin sind eine Filterkammer, die die Festphase, beispielsweise eine Membran, enthält und Reservoire zur Aufnahme der Binde- und Waschlösungen vorgesehen. Darüber hinaus können Ventile und Pumpen zur Steuerung der Flüssigkeiten vorhanden sein. Die Lysekammer und die Reservoire sind fluidisch über Kanäle mit der Filterkammer verbunden. Das erfindungsgemäße Verfahren kann in besonders vorteilhafter Weise in Verbindung mit einer mikrofluidischen Vorrichtung für verschiedene Laborroutinen eingesetzt werden, beispielsweise zur Diagnose von Infektionskrankheiten.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 8624020 B2 [0004]
- WO 2010/149532 [0005]
- WO 2006/085104 A1 [0005]
- DE 19943374 A1 [0005]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- K. R. Paithankar and K. S. N. Prasad, „Precipitation of DNA by polyethylene glycol and ethanol“, Nucleic Acid Research, 1991, Seite 1346 [0006]