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Die Erfindung betrifft ein Getriebesystem. Das Getriebesystem umfasst ein erstes Getriebe und eine erste lösbare Kupplung. Das erste Getriebe weist eine Abtriebswelle und eine erste Antriebswelle auf. Das Getriebesystem kann beispielsweise in einem Fahrzeug oder in einer Windmühle verwendet werden.
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Außerdem betrifft die Erfindung ein Fahrzeug.
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In der
DE 10 2011 052 401 A1 wird ein Fahrzeuggetriebe mit einem Ravigneaux-Satz als bekannt unterstellt. Hierbei wird das kleine Sonnenrad immer als Antriebselement und der Planetenradträger (Steg) immer als ein Abtriebselement betrieben. In einem ersten Vorwärtsgang wird ein großes Sonnenrad des Ravigneaux-Satzes mittels einer ersten Bremse festgestellt (arretiert, blockiert). In einem zweiten Vorwärtsgang wird der Planetenradträger mittels einer Kupplung mit dem Hohlrad des Ravigneaux-Satzes verbunden. In einem Rückwärtsgang wird das Hohlrad mittels einer zweiten Bremse festgestellt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein raumsparenderes und kostengünstigeres Getriebe gleicher Leistung bereitzustellen.
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch ein Getriebesystem gelöst, das ein erstes Getriebe und eine Zwischenwelle sowie eine erste und eine zweite lösbare Kupplung umfasst. Das erste Getriebe weist eine Abtriebswelle, eine erste Antriebswelle für ein erstes Übersetzungsverhältnis und eine zweite Antriebswelle für ein zweites Übersetzungsverhältnis auf. Die erste lösbare Kupplung ist dazu vorbereitet, die Zwischenwelle mit der ersten Antriebswelle zu verbinden. Die zweite lösbare Kupplung ist dazu vorbereitet, die Zwischenwelle mit der zweiten Antriebswelle zu verbinden. Die lösbaren Kupplungen können (geteilte) Schaltmuffen und/oder Synchronkörper umfassen.
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Entsprechend weist ein erfindungsgemäßes Fahrzeug ein erfindungsgemäßes Getriebesystem auf.
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Ein Konzept der vorliegenden Erfindung kann darin gesehen werden, dass zumindest das Schaltelement (entspricht der ersten Kupplung) zur Übertragung des Drehmoments für den zweiten Gang auf der Seite des ersten Getriebes mit der höheren Drehzahl also mit niedrigerem Drehmoment angeordnet ist. Dadurch, dass dieses Schaltelement (die zweite lösbare Kupplung) kleinere Drehmomente (also niedrigere Kräfte) überträgt als die Kupplung für den zweiten Gang des bekannten Fahrzeuggetriebes, kann die Kupplung für den zweiten Gang (und somit das Getriebesystem) kompakter und kostengünstiger aufgebaut werden als das bekannte Fahrzeuggetriebe.
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Eine bevorzugte Ausführungsform sieht vor, dass das Getriebesystem eine Kupplungssynchronisiervorrichtung aufweist, die in einem Antriebsmodus des Getriebesystems dazu vorbereitet ist, die zweite Kupplung zu lösen, wenn die erste Kupplung eingekuppelt wird und die erste Kupplung zu lösen, wenn die zweite Kupplung eingekuppelt wird. Hierdurch kann eine Beschädigung des Getriebesystems bei einem Gangwechsel vermieden werden.
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Eine weitere Ausführungsform sieht vor, dass die Kupplungssynchronisiervorrichtung dazu vorbereitet ist, in einem Parkmodus des Getriebesystems die erste und die zweite Kupplung gleichzeitig eingekuppelt zu halten. Hierdurch kann die Abtriebswelle des ersten Getriebes ohne eine zusätzliche Bremse blockiert werden.
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Es kann zweckmäßig sein, wenn die erste lösbare Kupplung einen ersten Freilauf umfasst. Hierdurch kann ein Wechsel von einem Freilaufzustand zu einem eingekuppelten Zustand der ersten lösbaren Kupplung ohne eine übergeordnete Steuerungsfunktion erfolgen. Alternativ oder zusätzlich kann die zweite lösbare Kupplung einen zweiten Freilauf umfassen. Hierdurch kann ein Wechsel von einem Freilaufzustand zu einem eingekuppelten Zustand der zweiten lösbaren Kupplung ohne eine übergeordnete Steuerungsfunktion erfolgen.
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Von Vorteil kann es sein, wenn der erste Freilauf invertierbar ist und/oder wenn der zweite Freilauf invertierbar ist. Hierdurch kann das Getriebe von einem Antriebsmodus in einen Rekuperationsmodus und von einem Rekuperationsmodus in einen Antriebsmodus überführt werden.
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Bevorzugt ist, wenn das erste Getriebe einen Ravigneaux-Satz umfasst und die erste Antriebswelle mit einem kleinen Sonnenrad des Ravigneaux-Satzes verbunden ist und die zweite Antriebswelle mit einem großen Sonnenrad des Ravigneaux-Satzes verbunden ist. Hierdurch kann das erste Getriebe besonders kompakt, zuverlässig und kostengünstig gebaut werden.
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Besonders bevorzugt ist, wenn das Getriebesystem ein zweites Getriebe umfasst, wobei die Zwischenwelle mit einer Ausgangswelle des zweiten Getriebes verbunden ist. Alternativ kann es auch vorteilhaft sein, wenn eine Eingangswelle des zweiten Getriebes mit der Abtriebswelle des ersten Getriebes verbunden ist. Durch jede der beiden vorgenannten Maßnahmen kann eine höhere Gesamtübersetzung des Getriebesystems verwirklicht werden.
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Zweckmäßig ist, wenn das zweite Getriebe ein Planetengetriebe umfasst, wobei die Ausgangswelle des zweiten Getriebes mit einem Steg des Planetengetriebes verbunden ist und wobei für den Steg des zweiten Getriebes eine erste Bremse vorgesehen ist. Hierdurch kann die Zwischenwelle und damit mittelbar auch die Abtriebswelle des ersten Getriebes blockiert werden.
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Zweckmäßig ist, wenn das zweite Getriebe ein Planetengetriebe umfasst, wobei die Ausgangswelle des zweiten Getriebes mit einem Steg des Planetengetriebes verbunden ist und wobei für ein Hohlrad des zweiten Getriebes eine zweite Bremse vorgesehen ist. Durch Lösen der zweiten Bremse kann eine Leerlaufbetriebsart verwirklicht werden, in welcher die Zwischenwelle und damit mittelbar auch die Abtriebswelle des ersten Getriebes freilaufend und drehmomentfrei ist.
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Die Erfindung ist anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert, in denen zeigen:
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1 ein schematisches Fließbild über eine Drehmomentübertragung in einem Getriebesystem mit einem ersten Ausführungsbeispiel des ersten Getriebes;
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2 ein schematisches Fließbild über eine Drehmomentübertragung in einem zweiten Ausführungsbeispiel des ersten Getriebes;
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3 ein schematisches Fließbild über eine Drehmomentübertragung in einem dritten Ausführungsbeispiel des ersten Getriebes;
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4 ein schematisches Fließbild über eine Drehmomentübertragung in einem vierten Ausführungsbeispiel des ersten Getriebes; und
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5 ein schematisches Fließbild über eine Drehmomentübertragung mit einer alternativen Anordnung des ersten und des zweiten Getriebes in dem Getriebesystem.
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Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung dar.
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Das in 1 gezeigte Getriebesystem GS umfasst ein erstes G1 und ein zweites G2 Getriebe. Das erste Getriebe G1 umfasst einen Ravigneaux-Satz mit einer Abtriebswelle WA. Außerdem umfasst das erste Getriebe G1 eine erste W1 und eine zweite W2 Antriebswelle. Die Abtriebswelle WA ist mit einem Hohlrad H1 des Ravigneaux-Satzes verbunden. Die erste Antriebswelle W1 ist mit einem kleinen Sonnenrad S11 des Ravigneaux-Satzes verbunden. Die zweite Antriebswelle W2 ist mit einem großen Sonnenrad S12 des Ravigneaux-Satzes verbunden. Der Steg St1 des Ravigneaux-Satzes ist an einem Gehäuse G des ersten Getriebes G1 befestigt.
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Das zweite Getriebe G2 umfasst ein Planetengetriebe mit einer Eingangswelle WE und einer Ausgangswelle WA2. Die Ausgangswelle WA2 ist mit einem Steg St2 des Planetengetriebes des zweiten Getriebes G2 verbunden. Für den Steg St2 ist eine erste Bremse B1 vorgesehen. Für das Hohlrad H2 des Planetengetriebes G2 ist eine zweite Bremse B2 vorgesehen.
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Die Zwischenwelle WZ ist mit der ersten Antriebswelle W1 mittels einer ersten lösbaren Kupplung K1 verbindbar. Außerdem ist die Zwischenwelle WZ mit der zweiten Antriebswelle W2 mittels einer zweiten lösbaren Kupplung K2 verbindbar.
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Außerdem umfasst das Getriebesystem GS eine Kupplungssynchronisiervorrichtung KS, die sicherstellt, dass die Freilaufrichtungen der beiden Kupplungen K1, K2 bezogen auf eine Antriebs-Kraftflussrichtung AKFR nie zueinander gleichsinnig sind (und zwar weder im Antriebsmodus in den Fahrstufen D1, D2, R noch im Rekuperationsmodus in den Fahrstufen D1.r, D2.r, R.r noch im Leerlaufmodus N). Bezogen auf die gleiche Antriebs-Kraftflussrichtung AKFR von dem zweiten Getriebe G2 zu dem ersten Getriebe G1 (oder bei Rekuperation in Rekuperations-Kraftflussrichtung RKFR von dem ersten Getriebe G1 zu dem zweiten Getriebe G2) sind die Freilaufrichtungen der beiden Kupplungen K1, K2 in entgegengesetzter Drehrichtung orientiert.
| DR | B1 | B2 | K1 | K2 | nWZ/nS2 | nH1/nW. | nH1/nS2 |
D1 | l | f | b | e | f | 0,183 | 0,244 | 0,0449 |
D1.r | l | f | b | f | e | 0,183 | 0,244 | 0,0449 |
D2 | r | f | b | f | e | 0,224 | –0,449 | –0,1008 |
D2.r | r | f | b | e | f | 0,224 | –0,449 | –0,1008 |
R | r | f | b | e.inv | f.inv | 0,183 | 0,244 | 0,0449 |
R.r | r | f | b | f.inv | e.inv | 0,183 | 0,244 | 0,0449 |
P1
P2 | 0
0 | b
b | x
x | e
e.inv | e.inv
e | | | |
P3
P4 | 0
0 | b
b | x
x | b
x | x
b | | | |
N | x | f | f | (f) | (f) | | | |
Tabelle 1: Schaltlogik und Übersetzungen einer ersten Ausführungsform. Legende: DR – Antriebsdrehrichtung; D1 – erster Vorwärtsgang im Antriebsmodus; D1.r – erster Vorwärtsgang im Rekuperationsmodus; D2 – zweiter Vorwärtsgang im Antriebsmodus; D2.r – zweiter Vorwärtsgang im Rekuperationsmodus; R – Rückwärtsgang im Antriebsmodus; l – linksdrehend; R.r – Rückwärtsgang im Rekuperationsmodus; N – Notlauf (Leerlauf); P1, P2, P3, P4 – Varianten von Parksperren; f – frei; b – blockiert; e – eingekuppelt; e.inv – invers eingekuppelt; f.inv – invers freilaufen; (f) – frei (nicht zwingend erforderlich); n – Präfix für Drehzahl; nH1/nW. – Übersetzungsverhältnis (nH1/nW1 bzw. nH1/nW2) des ersten Getriebes G1; nWZ/nS2 – Übersetzungsverhältnis des zweiten Getriebes G2; nH1/nS2 – Gesamtübersetzungsverhältnis des Getriebesystems GS; r – rechtslaufend; x – Zustand irrelevant.
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Die in der Tabelle 1 angegebenen Übersetzungsverhältnisse nWZ/nS2, nH1/nW., nH1/nS2 errechnen sich für folgende Zahnzahlen (Ausführungsbeispiel): zH1 = 196; zP11 = 24; zP12 = 54; zS11 = 48; zS12 = 88; zS2 = 44; zH2 = 196; zP2 = 76. Hierbei ist zH1 die Zahnzahl des Hohlrads H1, zP11 die Zahnzahl des kleinen Planetenrads P11, zP12 die Zahnzahl des großen Planetenrads P12, zS11 die Zahnzahl des kleinen Sonnenrads S11 und zS12 die Zahnzahl des großen Sonnenrads S12. Außerdem ist zH2 die Zahnzahl des Hohlrads H2, zP2 die Zahnzahl des Planetenrads P2 und zS2 die Zahnzahl des Sonnenrads S2.
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In den Gängen D1, D2, R im Antriebs- sowie im Rekuperationsmodus ist die erste Bremse B1 gelöst und damit der Steg St2 des zweiten Getriebes G2 drehbar. Die zweite Bremse B2 ist blockiert und damit das Hohlrad H2 des zweiten Getriebes G2 nicht drehbar.
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Die Funktionsweise des Getriebesystems GS ergibt sich daraus wie folgt, wobei unterstellt wird, dass die Eingangswelle WE des zweiten Getriebes G2 im Antriebsmodus sowohl im ersten Gang D1 als auch im Rückwärtsgang R von einem Antrieb A (beispielsweise von einem Elektromotor) in einer ersten Richtung (diese wird im Folgenden ohne Beschränkung der Allgemeinheit als linksdrehend bezeichnet) mit einer Antriebsdrehzahl nS2 angetrieben wird. Das Sonnenrad S2 des zweiten Getriebes G2 ist dann linksdrehend mit der Antriebsdrehzahl nS2. Das Planetenrad P2 des zweiten Getriebes G2 ist dann rechtsdrehend. Der Steg St2 des zweiten Getriebes G2 ist linksdrehend, wobei dessen Drehzahl nSt2 = nS2/(1 + zH2/zS2) beträgt, wobei zH2 die Zahnzahl des Hohlrads H2 und zS2 die Zahnzahl des Sonnenrads S2 ist.
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Im Antriebsmodus ist die erste lösbare Kupplung K1 eingekuppelt, wenn sie ein Antriebsmoment in Antriebs-Kraftflussrichtung AKFR von der Ausgangswelle WA2 des zweiten Getriebes G2 zur ersten Antriebswelle W1 des ersten Getriebes G1 überträgt. Im ersten Gang D1 ist die erste lösbare Kupplung K1 im Antriebsmodus also typischerweise eingekuppelt. Da der Steg St2 des zweiten Getriebes G2 linksdrehend ist, ist das kleine Sonnenrad S11 des ersten Getriebes G1 ebenfalls linksdrehend mit der Drehzahl nS11 = nSt2 = nS2/(1 + zH2/zS2). Da der Steg St1 des ersten Getriebes G1 dauerhaft blockiert ist, ist die Drehzahl nSt1 des Stegs St1 des Ravigneaux-Satzes nSt1 = 0. Das kleine Planetenrad P11 dreht sich um eine feststehende Achse rechtsherum. Damit dreht sich das große Planetenrad P12 um eine feststehende Achse linksherum. Damit dreht sich das große Sonnenrad S12 rechtsherum mit der Drehzahl nS12 = –nS11·zS11/zS12.
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In nicht invertierter Betriebsweise hat die zweite lösbare Kupplung K2 den entgegengesetzten Freilaufsinn wie die erste lösbare Kupplung K1. Die zweite lösbare Kupplung K2 kuppelt in nichtinvertierter Betriebsweise in Antriebs-Kraftflussrichtung AKFR rechtsdrehend ein und ist linksdrehend freilaufend. In Rekuperations-Kraftflussrichtung RKFR ist die zweite lösbare Kupplung K2 linksdrehend eingekuppelt und rechtsdrehend freilaufend. Im Antriebsmodus im ersten Gang D1 ist die zweite lösbare Kupplung K2 im ersten Gang D1 also typischerweise freilaufend, da sie von der Abtriebsseite rechtsdrehend angetrieben wird.
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Da sich das große Planetenrad P12 um eine feststehende Achse linksherum dreht, dreht sich das Hohlrad H1 des ersten Getriebes linksherum mit der Drehzahl nH1 = nS11·zS11/zH1 = nS2·(zS11/zH1)/(1 + zH2/zS2).
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Für den zweiten Gang D2 wird unterstellt, dass die Eingangswelle WE des zweiten Getriebes G2 von einem Antrieb A (beispielsweise von einem Elektromotor) in einer zweiten Richtung (diese wird im Folgenden als rechtsdrehend bezeichnet und ist entgegengesetzt zur ersten Drehrichtung) mit einer Antriebsdrehzahl nS2 angetrieben wird (nS2 ist dann negativ). Das Sonnenrad S2 des zweiten Getriebes G2 ist dann rechtsdrehend mit der Antriebsdrehzahl nS2. Das Planetenrad P2 des zweiten Getriebes G2 ist dann linksdrehend. Der Steg St2 des zweiten Getriebes G2 ist rechtsdrehend, wobei dessen Drehzahl nSt2 = nS2/(1 + zH2/zS2) beträgt (nS2 ist hier negativ).
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Im Antriebsmodus ist die zweite lösbare Kupplung K2 eingekuppelt, wenn sie ein Antriebsmoment in Antriebs-Kraftflussrichtung AKFR von der Ausgangswelle WA2 des zweiten Getriebes G2 zur zweiten Antriebswelle W2 des ersten Getriebes G1 überträgt. Im zweiten Gang D2 ist die zweite lösbare Kupplung K2 im Antriebsmodus also typischerweise eingekuppelt. Da der Steg St2 des zweiten Getriebes G2 rechtsdrehend ist, ist das große Sonnenrad S12 des ersten Getriebes G1 ebenfalls rechtsdrehend mit der Drehzahl nS12 = nSt2 = nS2/(1 + zH2/zS2). Da der Steg St1 des ersten Getriebes G1 dauerhaft blockiert ist, ist die Drehzahl nSt1 des Stegs St1 des Ravigneaux-Satzes nSt1 = 0. Das große Planetenrad P12 dreht sich um eine feststehende Achse linksherum. Damit dreht sich das kleine Planetenrad P11 um eine feststehende Achse rechtsherum und das kleine Sonnenrad S11 linksherum mit der Drehzahl nS11 = –nS12·zS12/zS11.
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In nicht invertierter Betriebsweise hat die erste lösbare Kupplung K1 den entgegengesetzten Freilaufsinn wie die zweite lösbare Kupplung K2. Die erste lösbare Kupplung K1 kuppelt in nichtinvertierter Betriebsweise in Antriebs-Kraftflussrichtung AKFR linksdrehend ein und ist rechtsdrehend freilaufend. In Rekuperations-Kraftflussrichtung RKFR ist die erste lösbare Kupplung K1 rechtsdrehend eingekuppelt und linksdrehend freilaufend. Im Antriebsmodus im zweiten Gang D2 ist die erste lösbare Kupplung K1 also typischerweise freilaufend, da sie von der Abtriebsseite linksdrehend angetrieben wird.
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Da sich das große Planetenrad P12 um eine feststehende Achse linksherum dreht, dreht sich das Hohlrad H1 des ersten Getriebes linksherum mit der Drehzahl nH1 = –nS12·zS12/zH1 = nS2·(zS12/zH1)/(1 + zH2/zS2).
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Für den Rückwärtsgang R werden die Freilaufrichtungen der Freiläufe umgekehrt (invertiert) und der Antrieb A (beispielsweise Elektromotor) in der Drehrichtung des ersten Gangs D1 (d.h. hier rechtsdrehend) betrieben. Von diesen Unterschieden abgesehen ist die Einstellung der Bremsen B1, B2 und der Kraftfluss im Getriebesystem GS so wie im ersten Gang D1.
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In der Parkstellung P1, P2, P3, P4 wird mit der ersten Bremse B1 der Steg St2 des zweiten Getriebes G2 blockiert (mit einem zusätzlichen Blockieren der zweiten Bremse B2 kann unter Umstände eine zusätzliche Blockade mittels des stehenden Antriebs erreicht werden). Mit der Blockade des Stegs St2 des zweiten Getriebes G2 ist die Ausgangswelle WA2 des zweiten Getriebes G2 blockiert. Wenn in der Parkstellung P1, P2, P3, P4 auch die Abtriebswelle WA des ersten Getriebes G1 blockiert sein soll, ist Folgendes zu bedenken. Bei dem Ravigneaux-Satz mit feststehendem Steg St1 verursacht ein abtriebsseitig (d.h. an der Abtriebswelle WA) angelegtes Drehmoment an den beiden Sonnenrädern S11, S12 des Ravigneaux-Satzes und somit auch an den beiden Antriebswellen W1, W2 immer Drehmomente entgegengesetzter Drehrichtung. Da die Ausgangswelle WA2 des zweiten Getriebes G2 und somit auch die Zwischenwelle WZ durch die erste Bremse B1 blockiert ist und ein abtriebsseitig angelegtes Drehmoment immer entgegengesetzte Drehmomente an den beiden Antriebswellen W1, W2 verursacht, reicht es für ein Blockieren der Abtriebswelle WA für eine Parksperre aus, wenn in der Parkstellung die Freilaufrichtungen der beiden lösbaren Kupplungen K1, K2 in der selben Freilaufrichtung orientiert sind, also der Drehsinn beider lösbaren Kupplungen K1, K2 in Hauptantriebs-Kraftflussrichtung gleichsinnig (also entweder bei beiden lösbaren Kupplungen zugleich linksdrehend oder bei beiden Kupplungen zugleich rechtsdrehend) ist. Wenn die Abtriebswelle WA des ersten Getriebes G1 in der Parkstellung mittels der ersten B1 und zweiten B2 Bremse in beiden Drehrichtungen blockiert werden soll, muss also entweder mindestens eine der beiden lösbaren Kupplungen K1, K2 in der Parkstellung P1, P2, P3, P4 gleichzeitig in beiden Drehrichtungen blockiert sein. Oder es müssen in der Parkstellung beide lösbaren Kupplungen K1, K2 bezogen auf eine Kraftflussrichtung (also bezogen auf die Hauptantriebs-Kraftflussrichtung HKFR oder auf die Rekuperations-Kraftflussrichtung RKFR) einen gleichsinnigen Freilauf (d.h. in gleicher Drehrichtung) aufweisen. Dies kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass eine der beiden lösbaren Kupplungen K1, K2 in der nichtinvertierten Betriebsweise betrieben wird und die andere der beiden lösbaren Kupplungen K1, K2 in der invertierten Betriebsweise betrieben wird.
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Für den Notlauf (Leerlauf) wird mit der ersten Bremse B1 der Steg St2 des zweiten Getriebes G2 gelöst und mit der zweiten Bremse B2 das Hohlrad H2 des zweiten Getriebes G2 gelöst. Damit ist die Ausgangswelle WA2 des zweiten Getriebes G2 freilaufend. Dies gilt dann auch für die Abtriebswelle WA des ersten Getriebes G1 unabhängig von dem Zustand der beiden lösbaren Kupplungen K1, K2. Allerdings sollte für einen solchen Notlauf sichergestellt sein, dass nicht beide lösbaren Kupplungen K1, K2 gleichzeitig eingekuppelt sind. Denn das Übersetzungsverhältnis zwischen dem kleinen Sonnenrad S11 und dem großen Sonnenrad S12 des ersten Getriebes G1 ist im Allgemeinen unterschiedlich zu dem Übersetzungsverhältnis zwischen dem Steg St2 und dem Hohlrad H2 des zweiten Getriebes G2.
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In dem in 1 gezeigten ersten Getriebe G1 ist das kleine Sonnenrad S11 räumlich auf der Abtriebsseite des ersten Getriebes G1 angeordnet. In dem oben angegebenen Beispiel für Zahnzahlen befindet sich die Achse des kleinen Planetenrads P11 noch in einem Radiusbereich, in dem sich auch das große Sonnenrad S12 befindet.
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Eine mechanisch günstigere Befestigung des kleinen Planetenrads kann mit der in 2 gezeigten Anordnung des ersten Getriebes erreicht werden, in welcher das große Sonnenrad räumlich auf der Abtriebsseite des ersten Getriebes angeordnet ist.
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Bei feststehendem Steg hat ein Planetengetriebe folgendes Übersetzungsverhältnis: nH/nS = –zS/zH.
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Bei feststehenden Hohlrad hat ein Planetengetriebe folgendes Übersetzungsverhältnis: nSt/nS = 1/(1 + zH/zS) = (zS/zH)/s mit s:= zS/zH·(1 + zH/zS) = 1 + zS/zH.
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Da s immer größer als Eins ist, ist somit der Betrag |nSt| der Drehzahl nSt des Stegs bei feststehendem Hohlrad immer kleiner als der Betrag |nH| der Drehzahl nH des Hohlrads bei feststehendem Steg. Die Stärke der Untersetzung eines Planetengetriebes ist also um den Faktor s höher, wenn die jeweilige Abtriebswelle des Planetengetriebes mit dem Steg verbunden ist und das Hohlrad ortsfest ist, als wenn die Abtriebswelle mit dem Hohlrad des ersten Getriebes verbunden ist und der Steg ortsfest ist.
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Bei Drehmomentübertragung über das Sonnenrad S2 mit den obengenannten Beispielwerten ergibt sich bei feststehendem Steg nH2/nS2 = –zS2/zH2 = –44/196 = –0,224. Bei feststehendem Hohlrad H2 ist s = 1,224 und nSt2/nS2 = 0,224/1,224 = 0,183. Die Stärke der Untersetzung des Planetengetriebes G2 ist also um (0,224/0,183 – 1) = 22,4% höher, wenn der Steg St2 die Ausgangswelle WA2 antreibt und das Hohlrad H2 ortsfest ist, als wenn das Hohlrad H2 die Ausgangswelle WA2 antreibt und der Steg St2 ortsfest ist.
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Ähnliche Überlegungen gelten auch für das erste Getriebe G1 mit dem Ravigneaux-Satz. In 3 ist eine Konfiguration des Ravigneaux-Satzes mit Abtrieb über den Steg St1 dargestellt.
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Im ersten Gang D1 bei feststehendem Hohlrad H1 ist s = 1 + zS11/zH1; und die auf das kleine Sonnenrad S11 bezogene Drehzahl nSt1/nS11 des Stegs St1 beträgt nSt1/nS11 = –zS11/zH1)/s mit s = 1 + zS11/zH1. Mit den obengenannten Zahnzahlen beträgt s = 1,245 und nSt1/nS11 = –0,197.
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Im zweiten Gang D2 bei feststehendem Hohlrad H1 ist s = 1 + zS12/zH1; und die auf das große Sonnenrad S12 bezogene Drehzahl nSt1/nS12 des Stegs St1 beträgt nSt1/nS12 = (zS12/zH1)/s mit s = 1 + zS12/zH1. Mit den obengenannten Zahnzahlen beträgt s = 1,449 und nSt1/nS12 = 0,310.
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Mit den obengenannten Zahnzahlen ist die Stärke der Untersetzung des Ravigneaux-Getriebes G1 bei Nutzung des kleinen Sonnenrads S11 also höher, wenn der Steg St1 die Abtriebswelle WA antreibt und das Hohlrad H1 des Ravigneaux-Getriebes ortsfest ist, als wenn das Hohlrad H1 die Abtriebswelle WA antreibt und der Steg St1 ortsfest ist. Mit den obengenannten Zahnzahlen ist die Untersetzung bei Abtrieb über den Steg St1 im ersten Gang D1 etwa 24% (= 0,244/0,197 – 1) stärker als bei Abtrieb über das Hohlrad H1. Im zweiten Gang D2 ist die Untersetzung mit den obengenannten Zahnzahlen bei Abtrieb über den Steg St1 um etwa 45% (= 0,449/0,310 – 1) stärker als bei Abtrieb über das Hohlrad H2.
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Bei feststehendem Hohlrad H1 des ersten Getriebes G1 ergeben sich die in Tabelle 2 dargestellten Übersetzungsverhältnisse.
| A | B1 | B2 | K1 | K2 | nWA2./nS2 | nSt1/nW. | nSt1/nS2 |
D1 | l | f | b | e | f | 0,183 | –0,197 | –0,0361 |
D1.r | l | f | b | f | e | 0,183 | –0,197 | –0,0361 |
D2 | r | f | b | f | e | 0,224 | 0,310 | 0,0694 |
D2.r | r | f | b | e | f | 0,224 | 0,310 | 0,0694 |
R | r | f | b | e.inv | f.inv | 0,183 | –0,197 | –0,0361 |
R.r | r | f | b | f.inv | e.inv | 0,183 | –0,197 | –0,0361 |
Tabelle 2: Schaltlogik und Übersetzungen einer zweiten Ausführungsform (Legende wie bei Tabelle 1).
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Ein Vorteil der Ausführungsvariante mit dem feststehenden Hohlrad kann in der größeren Stärke der Untersetzung gesehen werden. Ein weiterer Vorteil der Ausführungsvariante mit dem feststehenden Hohlrad kann in der etwas größeren Spreizung zwischen dem ersten D1 und zweiten D2 Gang gesehen werden. Die Spreizung bei Abtrieb über das Hohlrad H1 beträgt etwa 1,84 und bei Abtrieb über den Steg St1 etwa 1,92.
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Die 4 zeigt ein Ausführungsbeispiel, in dem das erste Getriebe H1 ein feststehendes Hohlrad H1 aufweist und das große Sonnenrad S12 auf der Abtriebsseite angeordnet ist.
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Die 5 zeigt ein schematisches Fließbild über eine Drehmomentübertragung mit einer alternativen Anordnung des ersten Getriebes G1 in dem Getriebesystem GS.
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Das erste Getriebe G1 ist mit dem zweiten Getriebe G2 nur über die eine Zwischenwelle WZ und eine gemeinsame Befestigung der beiden Getriebe G1, G2 in Serie geschaltet. Somit ist es grundsätzlich auch möglich, die Reihenfolge der beiden Getriebe G1, G2 im Antriebsstrang zu tauschen. In einer solchen Konfiguration des Getriebesystems GS, die in 5 gezeigt ist, dient ein kupplungsseitiger Teil der Zwischenwelle WZ als Antriebswelle des Getriebesystems GS, also als Drehmomentübertragung von einem Antrieb A zu den lösbaren Kupplungen K1, K2, und die Abtriebswelle WA des ersten Getriebes G1 dient als Antriebswelle (Zwischenwelle WZ) für das zweite Getriebe G2.
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Wenn das Ravigneaux-Getriebe antriebsseitig angeordnet ist, läuft es selbst und auch die lösbaren Drehmomentkupplungen K1, K2 bei gleicher Leistung mit höherer Drehzahl. Darin kann ein Vorteil gesehen werden, weil die eher filigranen Komponenten des ersten Getriebes G1 dann kompakter aufgebaut sein können. Denn dann ist infolge der höheren Drehzahl bei gleicher Leistung in dem ersten Getriebe G1 kleineres Drehmoment als in dem nachfolgenden zweiten Getriebe G2 zu übertragen. Aufgrund der höheren Drehzahl kann es dann allerdings sein, dass für diese Komponenten eine höhere Maßgenauigkeit einzuhalten ist. Der Tausch der Reihenfolge der beiden Getriebe G1, G2 im Antriebsstrang ist mit allen Ausführungsvarianten für das beschriebene erste Getriebe G1 möglich.
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Jede der beschriebenen Ausführungsformen von Getriebesystemen GS kann vollständig oder teilweise mit einem Antrieb A integriert sein, beispielsweise in einen hohlen Rotor eines Elektromotors. Hierbei kann das Hohlrad H1, H2 des ersten Getriebes G1 und/oder des zweiten Getriebes G2 mit einer zylinderförmigen Wandung Rotors fest verbunden oder identisch sein.
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Ein Getriebesystem GS kann ein erstes Getriebe G1, eine Zwischenwelle WZ sowie eine erste K1 und eine zweite K2 Kupplung umfassen. Da erste Getriebe kann eine Abtriebswelle WA, eine erste Antriebswelle W1 für ein erstes Übersetzungsverhältnis und eine zweite Antriebswelle W2 für ein zweites Übersetzungsverhältnis aufweisen. Die erste lösbare Kupplung K1 kann dazu vorbereitet sein, die Zwischenwelle WZ mit der ersten Antriebswelle W1 zu verbinden. Die zweite lösbare Kupplung K1 kann dazu vorbereitet sein, die Zwischenwelle WZ mit der zweiten Antriebswelle W2 zu verbinden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102011052401 A1 [0003]