-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung einer Gasturbine. Sie betrifft weiter eine Gasturbine, umfassend einen Verdichter, eine Abblaseleitung mit einem Ventil und eine Steuereinrichtung.
-
Eine Gasturbine ist eine Strömungsmaschine, in der ein unter Druck stehendes Gas expandiert. Sie besteht aus einer Turbine oder Expander, einem vorgeschalteten Verdichter und einer zwischengeschalteten Brennkammer. Das Wirkungsprinzip beruht auf dem Kreisprozess (Joule-Prozess): Dieser komprimiert über die Beschaufelung einer oder mehrerer Verdichterstufen Luft, mischt diese anschließend in der Brennkammer mit einem gasförmigen oder flüssigen Treibstoff, zündet und verbrennt.
-
So entsteht ein Heißgas (Mischung aus Verbrennungsgas und Luft), das im nachfolgenden Turbinenteil entspannt, wobei sich thermische in mechanische Energie umwandelt und zunächst den Verdichter antreibt. Der verbleibende Anteil wird beim Wellentriebwerk zum Antrieb eines Generators, eines Propellers oder anderen rotierenden Verbrauchern verwendet. Beim Strahltriebwerk dagegen beschleunigt die thermische Energie den heißen Gasstrom, was den Schub erzeugt.
-
Bei Gasturbinen zur Erzeugung elektrischer Energie sind Vorkehrungen zu treffen, dass im Falle einer Netztrennung und eines damit verbundenen Lastabwurfs, d. h. einer sehr schnellen Reduzierung der abzugebenden elektrischen Leistung keine unzulässig hohen Drehzahlen auftreten können. Hierfür ist ein Schnellschluss der Turbine vorgesehen, der dann anspricht, wenn nach Lastabwurf die Ist-Drehzahl der Turbine einen kritischen Wert von z. B. 110 % der Nenndrehzahl erreicht bzw. übersteigt. Dieser Schnellschluss führt jedoch zu einer Abschaltung der Gasturbine, was in einem kleinen Stromnetz zum kompletten Zusammenbruch des Netzes führen kann.
-
Es besteht daher der Wunsch, im Falle eines Lastabwurfs den Schnellschluss der Gasturbine zu vermeiden und die Drehzahl auch ohne Schließen der Schnellschlussventile keine unzulässig hohen Werte annehmen zu lassen. Im Stand der Technik ist es zur Entlastung der Gasturbine beispielsweise bekannt, die der Brennkammer zugeführte Brennstoffmenge schnell zu drosseln und die Eintrittsleitschaufeln des Verdichters schnell zu schließen. Diese Maßnahmen können jedoch unter Umständen nicht ausreichend schnell für eine Reduzierung der Drehzahl der Gasturbine sorgen, so dass dennoch ein Schnellschluss ausgelöst wird.
-
Es ist daher Aufgabe der Erfindung ein Verfahren zur Steuerung einer Gasturbine anzugeben, welches eine noch schnellere Reduzierung der Gasturbinendrehzahl im Falle eines Lastabwurfs erreicht, um einen Schnellschluss der Gasturbine zu verhindern.
-
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst, indem bei Feststellung eines Lastabwurfs der Gasturbine Luft aus dem Verdichter der Gasturbine mittels Öffnung eines Ventils einer Abblaseleitung abgeblasen wird.
-
Die Erfindung geht dabei von der Überlegung aus, dass eine Reduzierung der Gasturbinenleistung nicht nur durch eine aktive Reduzierung der in Form von Brennstoff zugeführten Energiemenge, sondern insbesondere auch durch eine Reduzierung des Wirkungsgrads der Gasturbine erreicht werden könnte. Dies kann durch Abblasen von bereits verdichteter Luft aus dem Verdichter geschehen. Die verdichtete Luft entweicht dann ungenutzt, so dass die Gasturbinenleistung reduziert wird. Die Reduzierung des Luftmassenstroms durch den Verdichter führt zu einer Reduzierung des Wirkungsgrades. Die Gasturbine reduziert ihre Leistung somit noch schneller, so dass ein unzulässiger Drehzahlanstieg besser vermieden werden kann.
-
Die beschriebene Feststellung eines Lastabwurfs kann auf verschiedene Arten erfolgen. Vorteilhafterweise erfolgt die Feststellung des Lastabwurfs über eine Messung der Drehzahl der Gasturbine. Beispielsweise kann ein Wert für eine kritische Drehzahl angegeben werden, der noch unterhalb des Wertes für die Schnellschlussauslösung liegt und bei dessen Überschreiten automatisch die beschriebenen Maßnahmen ausgelöst werden. Auch kann beispielsweise ein Anstieg definiert werden, d. h. eine positive Drehzahldifferenz innerhalb eines bestimmten Zeitraums, die bei Überschreiten das Abblasen von Verdichterluft auflöst.
-
Alternativ oder zusätzlich kann die Feststellung des Lastabwurfs vorteilhafterweise durch eine Information des Generators erfolgen. Das heißt, dass das Steuergerät des Generators den Lastabwurf innerhalb des Generators erkennt und die entsprechende Information an die Steuereinrichtung der Gasturbine datenseitig übermittelt. Auf Empfang der Information löst die Steuereinrichtung der Gasturbine dann das Abblasen der Verdichterluft aus.
-
Eine Gasturbine umfasst vorteilhafterweise einen Verdichter, eine Abblaseleitung mit einem Ventil und eine Steuereinrichtung, und ist ausgelegt zum Ausführen des beschriebenen Verfahrens, d. h. die Steuereinrichtung kann das Ventil, das den Massenstrom durch die Abblaseleitung steuert, entsprechend ansteuern. Die Steuereinrichtung weist eine entsprechende Programmierung auf, um das beschriebene Verfahren auszuführen. Die Abblaseleitung verbindet einen Bereich des Verdichters mit dem Außenbereich der Gasturbine, d. h. einem Luftraum, der nicht Bestandteil des inneren Strömungskanals der Gasturbine ist.
-
Vorteilhafterweise ist die Abblaseleitung dabei austrittsseitig mit einem Umgebungsaustritt verbunden. Umgebungsaustritt meint hierbei einen Luftaustritt, der außerhalb der Gasturbine angeordnet ist, d. h. typischerweise seitlich außerhalb der Achse der Gasturbine. Die Luft wird in die Umgebung abgegeben.
-
Alternativ oder zusätzlich ist die Abblaseleitung vorteilhafterweise austrittsseitig mit einem Abgasdiffusor verbunden. Der Abgasdiffusor der Gasturbine schließt sich an den Heißgaskanal der Turbine an. Die äußere Begrenzung des Abgasdiffusors wird von einer Außenwand gebildet, die kreisförmig ausgebildet und konzentrisch zur Achse der Turbine angesiedelt ist. Die Außenwand ist kreisförmig und erstreckt sich divergierend in Strömungsrichtung der Diffusorströmung, d. h. dem Abgas, welches aus dem Heißgas nach dessen Expansion in der Turbineneinheit entsteht. Die Abblaseluft aus dem Verdichter kann auch zum Abgasdiffusor geleitet werden, wo sie mit dem Abgas vermischt wird und entweicht.
-
Auch eintrittsseitig ist es an verschiedenen Stellen des Verdichters möglich, Luft abzublasen. In vorteilhafter Ausgestaltung ist die Abblaseleitung eintrittsseitig mit dem Verdichterende verbunden, d. h. vollständig verdichtete Luft wird aus dem Verdichter entnommen und abgeblasen. Hierdurch ergibt sich ein besonders hoher Wirkungsgradverlust und damit eine besonders schnelle Reduzierung der Drehzahl.
-
In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung ist die Abblaseleitung eintrittsseitig mit einem Anzapfsystem des Verdichters verbunden, d. h. sie kann in ein bereits bestehendes System zur Anzapfung des Verdichters am Ende oder zwischen einzelnen Verdichterstufen integriert sein. Solche Systeme können zum Beispiel beim Anfahren der Gasturbine vorteilhaft sein, um einen Teil des in den vorderen Verdichterstufen geförderten Massenstroms abzuleiten und den Massenstrom in den hinteren Verdichterstufen zu reduzieren. So wird gewährleistet, dass die Axialgeschwindigkeit der Strömung in den vorderen Verdichterstufen groß genug ist, um einen Strömungsabriss zu verhindern, während die Axialgeschwindigkeit in den hinteren Verdichterstufen keine kritischen Werte erreicht. Ein derartiges System könnte in der Art einer Doppelnutzung auch zur Vermeidung einer übermäßigen Drehzahl bei einem Lastabwurf verwendet werden.
-
Vorteilhafterweise kann das Anzapfsystem auch einem Anti-Icing-System der Gasturbine zugeordnet sein. Derartige Systeme entnehmen zumindest teilverdichtete Luft aus dem Verdichter und blasen sie am Eintritt des Verdichters ein, um eine Eiskristallbildung bei niedrigen Außentemperaturen zu vermeiden, da hierdurch Beschädigungen entstehen könnten. Hier können auch entsprechende zusätzliche Abblaseleitungen angeordnet werden, die in beschriebener Weise genutzt werden.
-
Alternativ oder zusätzlich können Abblaseleitungen vorteilhafterweise auch in ein Anzapfsystem integriert werden, das einem Kühlluftsystem der Gasturbine zugeordnet, d. h. bei dem Verdichterluft für die Beaufschlagung der Turbine entnommen wird, die dort als Kühlluft dient.
-
Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin, dass durch das gezielte Abblasen von verdichteter Luft aus dem Verdichter der Gasturbine eine besonders schnelle Reduktion des Wirkungsgrads und damit der Leistung der Gasturbine erreicht wird, so dass eine übermäßige Erhöhung der Drehzahl mit der Folge eines Schnellschlusses vermieden werden kann.
-
Die Erfindung wird anhand mehrerer in einer Zeichnung dargestellter Ausführungsbeispiele näher erläutert. Darin zeigen:
-
1 schematisch eine Gasturbine mit einer Abblaseleitung aus dem Verdichterende in den Abgasdiffusor,
-
2 schematisch eine Gasturbine mit einer Abblaseleitung aus der Verdichtermitte in den Abgasdiffusor,
-
3 schematisch eine Gasturbine mit einer Abblaseleitung aus dem Verdichterende in die Umgebung, und
-
4 schematisch eine Gasturbine mit einer Abblaseleitung aus der Verdichtermitte in den Abgasdiffusor und in die Umgebung.
-
Gleiche Teile sind in allen Figuren mit denselben Bezugszeichen versehen.
-
In 1 ist schematisch eine Gasturbine 1 dargestellt, bei der auf einer eine Achse bildenden Welle 2 in Strömungsrichtung S ein Verdichter 4, eine Brennkammer 6 und eine Turbine 8 angeordnet sind. Luft wird am Eintritt des Verdichters 4 angesaugt, verdichtet und in der Brennkammer 6 mit einem Brennstoff B gemischt und gezündet. Anschließend wird das Heißgasgemisch in der Turbine 8 entspannt und tritt als Abgas am Austritt der Turbine 8 aus. Die Gasturbine 1 kann Bestandteil einer nicht näher gezeigten Kraftwerksanlage, z. B. einer GuD-Anlage sein. Bei einer GuD-Anlage wird das Abgas zusätzlich in einen Dampferzeuger geleitet und der dort erzeugte Dampf zum Antrieb einer Dampfturbine genutzt. Die Dampfturbine kann auch auf derselben Welle 2 wie die Gasturbine 1 angeordnet sein.
-
Sowohl Verdichter 4 als auch Turbine 8 der Gasturbine 1 weisen in einem Gehäuse in axialer Richtung abwechselnd nicht näher gezeigte Leitschaufeln und Laufschaufeln auf. Die Leitschaufeln sind entlang des Umfanges der Gasturbine 1 einen Kreis bildend angeordnet. Ein derartiger Kreis aus Leitschaufeln wird auch als Leitschaufelrad bezeichnet. Die Laufschaufeln sind ebenfalls kranzförmig als Laufschaufelrad an der Welle 2 drehend angeordnet. Ein Leitschaufelrad wird zusammen mit dem strömungsseitig vorangehenden bzw. nachfolgenden Laufschaufelrad als Verdichter- bzw. Turbinenstufe bezeichnet.
-
Der in Strömungsrichtung S ersten Verdichterstufe sind verstellbare Eintrittsleitschaufeln 10 vorangeordnet. Alternativ können auch weitere, der ersten Verdichterstufe folgende Stufen derartige verstellbare Eintrittsleitschaufeln 10 aufweisen. Die verstellbaren Eintrittsleitschaufeln 10 können den Eintrittsquerschnitt in den Verdichter 4 variieren und ermöglichen es so, den Eintrittsmassenstrom von Luft in den Verdichter 4 zu regeln. Angesteuert werden die Eintrittsleitschaufeln 10 dabei von einer nicht näher dargestellten Steuereinrichtung, die den Betrieb der Gasturbine 1 umfassend regelt. Sie erhält dazu auch Daten vom Steuergerät des vor dem Verdichter 4 auf der Welle 2 angeordneten Generator 12, der die mechanische Energie der Drehung der Welle 2 in elektrische Energie umsetzt.
-
Die Regelungseinrichtung 12 erhält weiterhin umfangreiche Betriebsdaten der Gasturbine 1 von entsprechenden Sensoren wie beispielsweise die aktuelle Drehzahl und steuert weitere Parameter wie z. B. die Zufuhr von Brennstoff B in die Brennkammer 6. Dies ist jedoch nicht näher dargestellt. In der Regelungseinrichtung 12 wird benutzerseitig manuell oder automatisiert je nach Anforderung ein Leistungssollwert vorgegeben. Erhöht sich der Leistungssollwert, wird die Zufuhr von Brennstoff gesteigert und die Eintrittsleitschaufeln 10 geöffnet. Verringert sich der Leistungssollwert z. B. im Teillastbetrieb, wird die Zufuhr von Brennstoff B verringert und die Eintrittsleitschaufeln 10 werden teilweise geschlossen.
-
Tritt ein Lastabwurf auf, d. h. eine plötzliche, massive Reduktion der Leistung, die vom Generator 12 aus dem elektrischen Netz angefordert wird, verringert sich das von der Gasturbine 1 für die Bewegung aufzubringende Drehmoment und die Drehzahl erhöht sich. Dies kann im Extremfall dazu führen, dass die nicht näher dargestellten Schnellschlussventile der Gasturbine 1 betätigt werden müssen und die Gasturbine 1 in abgeschaltet wird. Dies soll vermieden werden.
-
Die Erkennung eines derartigen Lastabwurfs kann beispielsweise über einen Drehzahlgrenzwert erfolgen, über einen Grenzwert für den Gradienten der Drehzahl, oder aber über eine Information des Steuergeräts des Generators 12 an die Steuereinrichtung der Gasturbine 1.
-
Bei Erkennen des Lastabwurfs veranlasst die Steuereinrichtung eine Reduktion der Zufuhr von Brennstoff B und eine weitestmögliche Schließung der Eintrittsleitschaufeln 10. Dies kann jedoch zur Vermeidung des Schnellschlusses unter Umständen nicht ausreichend sein.
-
Daher ist beim Ausführungsbeispiel nach der 1 zusätzlich eine Abblaseleitung 14 vorgesehen, die das Ende des Verdichters 4, d. h. den Bereich in Strömungsrichtung S nach der letzten Verdichterstufe mit dem nicht näher dargestellten Abgasdiffusor nach dem Austritt der Turbine 8 verbindet. Die Abblaseleitung 14 ist durch ein Ventil 16 verschließbar, so dass sie im Normalbetrieb geschlossen bleibt. Im Falle eines Lastabwurfs veranlasst die Steuereinrichtung der Gasturbine 1 jedoch eine Öffnung des Ventils 16. Dadurch entweicht verdichtete Luft ungenutzt in den Abgasdiffusor und der Wirkungsgrad und damit die Leistung der Gasturbine 1 sinken. Die Drehzahl reduziert sich.
-
Das zweite Ausführungsbeispiel nach der 2 unterscheidet sich vom Ausführungsbeispiel nach der 1 lediglich dadurch, dass die Luft nicht vom Verdichterende entnommen wird, sondern vielmehr aus einem nicht näher dargestellten Anzapfsystem des Verdichters 4. Es wird also nur teilverdichtete Luft zwischen einzelnen Verdichterstufen entnommen.
-
Zwar ergibt sich hierdurch ein geringerer Wirkungsgradverlust, ein derartiges System ist jedoch besonders einfach zu realisieren, da ein Anzapfsystem ohnehin bereits vorhanden sein kann, beispielsweise zur Vermeidung eines Strömungsabrisses beim Anfahren, zur Vermeidung von Eiskristallen am Verdichtereintritt oder auch zur Gewinnung von Druckluft als Kühlluft für die Turbine 8. Unter Umständen ist sogar nur eine softwareseitige Anpassung der Steuereinrichtung zur Nachrüstung einer Gasturbine 1 erforderlich, um dieses Anzapfsystem mit dem Abblasen von Verdichterluft im Falle eines Lastabwurfs nachzurüsten.
-
Das dritte Ausführungsbeispiel nach der 3 unterscheidet sich vom Ausführungsbeispiel nach der 1 lediglich dadurch, dass die Luft nicht in den Abgasdiffusor geleitet wird, sondern direkt über einen separaten Umgebungsaustritt 18 in die Umgebung abgegeben wird. Eine derartige Ausgestaltung kann unter Umständen baulich leichter zu realisieren sein.
-
Das vierte Ausführungsbeispiel nach der 4 unterscheidet sich vom Ausführungsbeispiel nach der 2 lediglich dadurch, dass die Luft zusätzlich zur Ausleitung in den Abgasdiffusor mittels eines Abzweigs der Abblaseleitung 14 direkt über einen separaten Umgebungsaustritt 18 in die Umgebung abgegeben wird. Der Abzweig weist ein separates Ventil 16 auf, so dass die Massenströme in die Umgebung und in den Abgasdiffusor durch die Abblaseleitung 14 separat durch die Steuereinrichtung geregelt werden können.