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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Lenksystems nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie ein Computerprogramm für ein digitales Rechengerät zum Ausführen eines solchen Verfahrens, ein Steuergerät mit einem digitalen Rechengerät auf dem ein solches Computerprogramm lauffähig ist und ein Speichermedium auf dem ein solches Computerprogramm abgespeichert ist.
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Es ist bekannt, dass bei der Detektion eines Fehlers bezüglich einer Hilfskraftlenkung eines Lenksystems eines Kraftfahrzeugs, das heißt bei ausgefallener Hilfskraftlenkung, die mechanische Rückfallebene für einen weiteren Betrieb des Kraftfahrzeugs bereitsteht.
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Aus der
DE 10 2012 105 143 A1 ist es bekannt, dass beim Auftreten einer schwerwiegenden Störung innerhalb eines Servolenksystems es notwendig ist, das Servolenksystem zuverlässig in einen sicheren Zustand insbesondere in eine mechanische Rückfallebene, zu überführen. Hierzu wird ein zumindest vorübergehender gezielter Kurzschluss des Elektromotors bei der Abschaltung der Servounterstützung vorgeschlagen.
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Aus der
DE 10 2012 101 006 A1 ist eine elektromechanische Lenkung bekannt, die in ihrem Leistungsteil, das heißt der Leistungselektronik und Aktuatorik, eine mindestens zweifach ausgelegte Struktur aufweist. Im Notfall fällt die Lenkung nicht gänzlich aus, sondern funktioniert in Form eines Notlaufbetriebs weiter.
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Aus der gattungsbildenden
DE 10 2010 050 820 A1 ist ein Verfahren zur Aktvierung eines Notlaufbetriebs einer elektrischen Hilfskraftlenkung bekannt, bei dem in Anhängigkeit eines erkannten Fehlers auf einem Hauptrechner eine Notlauffunktion auf einem Überwachungsrechner bereit gestellt wird, wobei diese eine gegenüber einem normalen Lenkfunktionsumfang verringerten Funktionsumfang bereit stellt.
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Aus der
DE 10 2010 050 819 A1 ist ein gattungsgemäßes Verfahren bekannt, wobei eine Vorrichtung zum Ansteuern eines Elektromotors für eine elektrische Hilfskraftlenkung offenbart wird, bei der bei Ausfall einer ersten Rechenheinheit eine zweite Recheneinheit, die gleichfalls Sensorsignale erhält, an die Stelle der ersten Recheneinheit tritt, um den Elektromotor anzusteuern.
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Mithin ist es Aufgabe der Erfindung, einen Betrieb eines Lenksystems mit einer Hilfskraftlenkung im Fehlerfall zu verbessern.
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Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird durch Gegenstände mit den Merkmalen der Ansprüche 1, 3, 4 und 5 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den Unteransprüchen angegeben. Für die Erfindung wichtige Aspekte finden sich ferner in der nachfolgenden Beschreibung und in den Zeichnungen, wobei die Aspekte sowohl in Alleinstellung als auch in unterschiedlichen Kombinationen für die Erfindung wichtig sein können, ohne dass hierauf nochmals explizit hingewiesen wird.
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Dadurch, dass ein Fehler bezüglich eines ersten Prozessorkerns ermittelt wird und in Abhängigkeit von dem Fehler eine Notlauf-Funktion im Sinne eines sogenannten Limp-Home-Betriebs auf einem zweiten Prozessorkern aktiviert wird, kann dem Fahrzeuglenker ein zu dem normalen Lenkfunktionsumfang reduzierter Lenkfunktionsumfang bereitgestellt werden, wodurch vorteilhaft die Verfügbarkeit der Hilfskraftlenkung erhöht wird. Insbesondere können dadurch mittels haptischer Auffälligkeiten, beispielsweise einer vergleichsweisen Schwergängigkeit der Lenkung dem Fahrer die Fehlfunktion der Hilfskraftlenkung zur Kenntnis gebracht werden, was die Fahrsicherheit erhöht. Vorteilhaft wird durch die Verwendung der zwei Prozessorkerne die Robustheit gegenüber Hardware- und/oder Softwarefehlern erhöht. Bei einem Einsatz eines Dual Core Mikrocontrollers kann die Software auf zwei Prozessorkerne verteilt werden.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform wird gemäß der Notlauf-Funktion in Abhängigkeit von einem ermittelten Handmoment ein Soll-Motormoment für die Hilfskraftlenkung ermittelt.
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Eine erste Funktion kommuniziert mit der Hilfskraftlenkung. Eine zweite Funktion kommuniziert mit der ersten Funktion und die zweite Funktion stellt den ersten Lenkfunktionsumfang bereit. Vorteilhaft werden hierdurch Schnittstellen geschaffen, die im Fehlerfall vorteilhaft den Verzicht auf die zweite Funktion ermöglichen.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform werden die zweite Funktion auf dem ersten Prozessorkern und die erste Funktion auf dem zweiten Prozessorkern ausgeführt. In Abhängigkeit von dem Fehler wird die Notlauf-Funktion auf dem zweiten Prozessorkern zum Ablauf mit der ersten Funktion aktiviert. Vorteilhaft kann dadurch eine schnelle Umschaltung in den Notlaufbetrieb erfolgen und es wird ermöglicht, dass der erste Prozessorkern deaktiviert wird.
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Ferner werden die erste Funktion auf dem ersten Prozessorkern und die zweite Funktion auf dem zweiten Prozessorkern ausgeführt. In Abhängigkeit von dem ermittelten Fehler wird der zweite Prozessorkern neu gestartet. Auf dem zweiten Prozessorkern werden nach dem Neustart die erste Funktion und die Notlauf-Funktion aktiviert. Dadurch kann vorteilhaft die erste Funktion von dem als fehlerhaft erkannten ersten Prozessorkern auf den zweiten Prozessorkern verlagert werden und ein schneller Übergang in den Notlaufbetrieb ist möglich.
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Der Neustart des zweiten Prozessorkern wird ohne einen Speicher-Selbsttest durchgeführt, wodurch ein Übergang in den Notlaufbetrieb beschleunigt wird.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform werden die erste und zweite Funktion sowohl auf dem ersten Prozessorkern als auch auf dem zweiten Prozessorkern ausgeführt. In Abhängigkeit von den Fehlern bezüglich des ersten Prozessorkerns wird die zweite Funktion auf dem zweiten Prozessorkern deaktiviert und die Notlauf-Funktion auf dem zweiten Prozessorkern aktiviert. Dadurch wird vorteilhaft ermöglicht, dass der erste Lenkfunktionsumfang, der mittels der beiden Prozessorkerne realisiert wird, auf den zweiten Lenkfunktionsumfang mittels des Betriebs nur des zweiten Prozessorkerns reduziert wird.
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Weitere Aspekte, Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen der Erfindung, die in den Figuren der Zeichnung dargestellt sind. Dabei bilden alle beschriebenen oder dargestellten Aspekte für sich oder in beliebiger Kombination den Gegenstand der Erfindung, unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Patentansprüchen oder deren Rückbeziehung sowie unabhängig von ihrer Formulierung bzw. Darstellung in der Beschreibung bzw. in der Zeichnung. Es werden für funktionsäquivalente Größen und Objekte in allen Figuren auch bei unterschiedlichen Ausführungsformen die gleichen Bezugszeichen verwendet.
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Nachfolgend werden beispielhafte Ausführungsformen der Erfindung unter Bezugnahme auf die Zeichnung erläutert. In der Zeichnung zeigen:
- 1 ein schematisch dargestelltes Lenksystem; und
- 2 bis 5 jeweils ein schematisch dargestelltes Blockdiagramm.
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1 zeigt in schematischer Form ein Lenksystem 2 mit einer Hilfskraftlenkung 4. Des Weiteren kann das Lenksystem 2 - wie gezeigt - auch eine Überlagerungslenkung 6 umfassen. Das Lenksystem 2 weist ein Lenkgetriebe 8 auf, das beispielsweise als Zahnstangenlenkgetriebe ausgebildet ist. Ebenso kann das Lenkgetriebe 8 auch als Kugelumlaufgetriebe bzw. Kugelmuttergetriebe ausgebildet sein. In dieser Beschreibung wird überwiegend von einer Zahnstangenlenkung ausgegangen, wobei das Lenkgetriebe 8 ein Ritzel 10 und eine Zahnstange 12 umfasst. Das Lenkgetriebe 8 ist über das Ritzel 10 und die Zahnstange 12 auf jeder Fahrzeugseite mit einem Lenkgestänge 14 verbunden, das jeweils mit einem Rad 16 zusammenwirkt. Grundsätzlich stellt das Lenksystem 2 in 1 eine von einer Vielzahl möglicher Ausführungsformen für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeigneten Vorrichtungen dar. Andere Ausführungsformen können beispielsweise durch andere Lenkgetriebe oder durch eine andere Anordnung von Antrieben ausgeführt sein. Ferner können weitere Sensoren in dem Lenksystem angeordnet sein, auf deren Anordnung und Ausführung an dieser Stelle nicht eingegangen wird.
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An einem Drehstab 18 ist ein Lenkmittel 20, beispielsweise ein Lenkrad angeordnet. Mittels der Überlagerungslenkung 6 kann der vom Fahrzeugführer aufgebrachte Lenkmittelwinkel hin zum Lenkgetriebe 8 vergrößert oder verkleinert werden. Diese Lenkmitteldifferenz, die von der Überlagerungslenkung 6 in das Lenkgetriebe 8 eingebracht wird, wird auch als Zusatzlenkwinkel bezeichnet.
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Selbstverständlich kann anstatt eines Drehstabes auch eine Lenksäule zwischen dem Lenkmittel 20 und der Überlagerungslenkung 6 angeordnet sein. In dieser Ausführungsform ist der Drehstab zwischen der Überlagerungslenkung 6 und der Hilfskraftlenkung 4 bzw. dem Lenkgetriebe 8 angeordnet.
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Die Hilfskraftlenkung 4 umfasst einen Motor 22 und ein Getriebe 24. Ein Steuergerät 26 ist der Hilfskraftlenkung 4 zugeordnet. Der Motor 22 wirkt über das Getriebe 24 auf die Zahnstange 12. Das Steuergerät 26 weist eine Prozessoreinheit 28 auf, die über eine Datenleitung mit einem Speicherelement 30 verbunden ist. Die Prozessoreinheit 28 ist auch als digitales Rechengerät bezeichenbar, auf dem die hier beschriebenen Verfahren ausgeführt werden können. Das Speicherelement 30 ist auch als Speichermedium bezeichenbar, auf dem ein auf der Prozessoreinheit 28 auszuführendes Computerprogramm abgespeichert ist. Die Prozessoreinheit 28 weist einen ersten Prozessorkern 32 und einen zweiten Prozessorkern 34 auf.
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Dem Steuergerät 26 werden Sensorsignale zugeführt. Beispielhaft wird dem Steuergerät 26 ein von einem Sensor 36 ermitteltes Handmoment 38 zugeführt. In Abhängigkeit von dem zugeführten Handmoment 38 ermittelt das Steuergerät 26 ein Unterstützungsmoment 40, das beispielsweise als Stellgröße dem Motor 22 zugeführt wird.
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2 zeigt ein schematisches Blockdiagramm. Das Steuergerät 26 führt in einem Normalbetrieb eine erste Funktion 42 und eine zweite Funktion 44 aus. Die erste Funktion 42 kommuniziert mit der Hilfskraftlenkung 4. Die erste Funktion 42 kommuniziert mit der zweiten Funktion 44. Die zweite Funktion 44 kommuniziert mit einem Kommunikationssystem 46.
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So empfängt die Funktion 44 von dem Kommunikationssystem 46 beispielsweise eine Geschwindigkeit 48. Die zweite Funktion 44 übermittelt dem Kommunikationssystem 46 beispielsweise einen Lenkwinkel 50.
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Die zweite Funktion 44 übermittelt ein Soll-Unterstützungsmoment 52 an die erste Funktion 42. Die erste Funktion 42 übermittelt beispielsweise das Handmoment 38 an die zweite Funktion 44. Beispielsweise ermittelt die zweite Funktion 44 in einem Normalbetrieb des Lenksystems 2 das Soll-Unterstützungsmoment 52 mit Hilfe eines Kennfeldes aus dem Handmoment 38 und der Fahrzeuggeschwindigkeit 48.
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Die erste Funktion 42 stellt einen Software- und/oder Hardware-Fehler bezüglich des ersten Prozessorkerns 32 fest. Die zweite Funktion 44 umfasst Kommunikationsfunktionen zur Kommunikation mit dem Kommunikationssystem 46. Des Weiteren umfasst die zweite Funktion 44 Lenkmanöverfunktionen wie einen aktiven Rücklauf des Lenkrads und/oder einen Spurhalteassistenten. Mithin stellt die zweite Funktion 44 unter Nutzung der ersten Funktion 42 einen ersten Funktionsumfang bereit, der beispielsweise den Spurhalteassistenten und/oder den aktiven Lenkradrücklauf umfasst. Der ersten Lenkfunktionsumfang wird gemäß der 2 in einem Normalbetrieb des Lenksystems 2 bereitgestellt.
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Für einen Notlauf bzw. eine Notlauf-Funktion des Lenksystems 2 ist die zweite Funktion 44 nicht mehr aktive und wird gegebenenfalls deaktiviert. Damit wird nur noch ein gegenüber dem ersten Lenkfunktionsumfang reduzierter zweiter Lenkfunktionsumfang bereitgestellt, wobei der zweite Lenkfunktionsumfang keinen Spurhalteassistenten und/oder keinen aktiven Lenkradrücklauf umfasst.
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3 zeigt ein schematisches Blockdiagramm der Prozessoreinheit 28. Die zweite Funktion 44 wird auf dem ersten Prozessorkern 32 und die erste Funktion 42 auf dem zweiten Prozessorkern 34 in dem Normalbetrieb des Lenksystems 2 ausgeführt.
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In Abhängigkeit von dem Fehler bezüglich des ersten Prozessorkerns 32 wird eine Notlauf-Funktion 60 auf dem zweiten Prozessorkern 34 aktiviert, wobei die Notlauf-Funktion 60 gemeinsam mit der ersten Funktion 42 auf dem zweiten Prozessorkern 34 ausgeführt wird.
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4 zeigt ein schematisches Blockdiagramm der Prozessoreinheit 28 nach einem Neustart des zweiten Prozessorkerns 34. In einem Normalbetrieb wird die erste Funktion 42 auf dem ersten Prozessorkern 32 ausgeführt und die zweite Funktion 44 wird auf dem zweiten Prozessorkern 34 ausgeführt.
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Bei Vorliegen des Fehlers bezüglich des ersten Prozessorkerns 32 wird der zweite Prozessorkern 34 neu gestartet, insbesondere ohne Speicher-Selbsttest. Nach dem Neustart wird die erste Funktion 42 gemeinsam mit der Notlauf-Funktion 60 auf dem zweiten Prozessorkern 34 ausgeführt.
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5 zeigt ein schematisches Blockdiagramm der Prozessoreinheit 28. In einem Normalbetrieb werden sowohl auf dem ersten Prozessorkern 32 als auch auf dem zweiten Prozessorkern 34 die Funktionen 42 und 44 in redundanter Form ausgeführt. Bei Feststellung eines Fehlers bezüglich des ersten Prozessorkerns 32 wird die Notlauf-Funktion 60 aktiviert und der als fehlerhaft erkannte erste Prozessorkern 32 abgeschaltet. In dieser Ausführungsform reduziert die Notlauf-Funktion 60 den ersten Lenkfunktionsumfang auf den zweiten Lenkfunktionsumfang, der mittels der ersten und zweiten Funktion 42, 44 auf dem zweiten Prozessorkern 34 ermittelt wird.
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Ein Fehler bezüglich des ersten Prozessorkerns 32 kann softwarebedingt sein und durch eine Selbstüberwachung festgestellt werden. Beispielsweise umfasst der erste Prozessorkern 32 eine zusätzliche Arithmetisch-logische Einheit (ALU-arithmetic logic unit), die um eine Anzahl von Prozessorzyklen versetzt das nachrechnet, was die übergeordnete Arithmetisch-logische Einheit bereits berechnet hat. Die Ergebnisse der beiden Artithmetisch-logischen Einheiten werden verglichen und bei Nichtübereinstimmung wird der Fehler bezüglich des ersten Prozessorkerns 32 ermittelt.
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Ein weiterer Fehler bezüglich des ersten Prozessorkerns 32 kann durch eine Überwachungseinheit auf dem zweiten Prozessorkern 34 durchgeführt werden, die beispielsweise zyklisch den Zustand des ersten Prozessorkerns abfragt.