DE102014117249A1 - Vorrichtung zur Therapie chronischer, regionaler Schmerzen - Google Patents
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Abstract
Vorrichtung zur Therapie chronischer, regionaler Schmerzen bei einem menschlichen Patienten, umfassend Stimulierungsmittel zur Stimulierung schmerzender Körperregionen sowie Codiermittel, die derart mit den Stimulierungsmitteln verbunden oder in diese integriert sind oder mit diesen kommunizieren können, dass während des Betriebs der Vorrichtung die Stimulierung der schmerzenden Körperregionen durch Signale erfolgt, die von dem Patienten decodiert werden können. Insbesondere können die Stimulierungsmittel als TENS-Gerät (3) ausgebildet sein oder ein TENS-Gerät (3) umfassen, wobei die Codiermittel vorzugsweise Informationen in Form eines Morse-Codes umfassen oder verarbeiten können, so dass während des Betriebs der Vorrichtung ein Morse-Code oder mit einem Morse-Code kodierte Signale auf die schmerzende Körperregion übertragen werden.
Description
- Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Therapie chronischer, regionaler Schmerzen bei einem menschlichen Patienten.
- Definition: In den vorliegenden Unterlagen soll unter einem Signal ein bedeutungs- beziehungsweise informationstragender Stimulus verstanden werden.
- Die Erfindung soll in der Schmerztherapie zur Behandlung von chronischen, regionalen Schmerzen wie Phantomschmerzen, CRPS Typ I & II („Complex regional pain syndrome”), schmerzhafte Neuropathie, chronischer Rückenschmerz und dergleichen zur Anwendung kommen.
- Aus dem Stand der Technik ist es bekannt, akute und chronische Schmerzen mittels transkutaner elektrischer Nervenstimulation (TENS) zu behandeln. Es handelt sich dabei um eine elektromedizinische Reizstromtherapie mit mono- oder biphasischen Rechteckimpulsen. Die Elektroden werden dabei auf die Haut aufgeklebt. Die Stromformen können sowohl als konstante Impulsfolge oder als Impulsfolgen mit Pausen (Burst TENS) erfolgen. Bezüglich der Wirkungsweise wird vermutet, dass es über eine Erregung der Aβ Fasern (durch die elektrische Stimulation) zu einer Inhibition der Weiterleitung von Aδ und C Fasern (den Schmerzfasern des peripheren Nervensystems) auf Rückenmarksebene kommt. Dadurch gelangen weniger Schmerzsignale aus der stimulierten Region zum Gehirn, und es wird weniger Schmerz wahrgenommen.
- Die Technik wurde in den 70zigern entwickelt und gilt als sicher. Die Studienlage bezüglich der Wirksamkeit ist nicht eindeutig, und weitere, große klinische Studien sind notwendig, um die Wirkung von TENS evidenz-basiert zu belegen. Unbestritten ist, dass in der Praxis eine Reihe von Patienten von einer TENS-Therapie profitieren. Das günstige Nebenwirkunsprofil ist dabei ein Argument für den probatorischen Einsatz; ggf. wird die Therapie wegen Unwirksamkeit eingestellt.
- Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Herstellern (Omron, Breurer, Globus, etc.) und Anbietern (Neurotech, etc.). Die meisten Geräte bieten eine Auswahl an Programmen an, diese sind frei wählbar und unterscheiden sich in der Länge und Anzahl (Frequenz) der applizierten Stimuli, können aber nicht weiter durch den Anwender modifiziert werden.
- Das der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Problem ist die Schaffung einer Vorrichtung der eingangs genannten Art, mit der Schmerz effektiver reduziert werden kann.
- Dies wird erfindungsgemäß durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 erreicht. Die Unteransprüche betreffen bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung.
- Gemäß Anspruch 1 ist vorgesehen, dass die Vorrichtung Stimulierungsmittel zur Stimulierung schmerzender Körperregionen sowie Codiermittel umfasst, die derart mit den Stimulierungsmitteln verbunden oder in diese integriert sind oder mit diesen kommunizieren können, dass während des Betriebs der Vorrichtung die Stimulierung der schmerzenden Körperregionen durch Signale erfolgt, die von dem Patienten decodiert werden können.
- Es kann vorgesehen sein, dass die Stimulierungsmittel während des Betriebs der Vorrichtung eine elektrische Spannung und/oder elektrische Pulse zur Stimulierung der schmerzenden Körperregionen erzeugen.
- Beispielsweise können die Stimulierungsmittel als TENS-Gerät ausgebildet sein oder ein TENS-Gerät umfassen, sowie insbesondere zusätzlich auf die Haut aufbringbare Elektroden mit Zuleitungen umfassen.
- Es kann alternativ oder zusätzlich vorgesehen sein, dass die Stimulierungsmittel während des Betriebs der Vorrichtung Vibrationen zur Stimulierung der schmerzenden Körperregionen erzeugen. Dies kann beispielsweise durch Piezoelemente erfolgen.
- Es kann alternativ oder zusätzlich vorgesehen sein, dass die Stimulierungsmittel während des Betriebs der Vorrichtung Druckstöße, wie beispielsweise Luftstöße, zur Stimulierung der schmerzenden Körperregionen erzeugen.
- Es besteht die Möglichkeit, dass die Codiermittel Informationsträger, wie beispielsweise Speichermittel eines Computers oder eines Smartphones oder dergleichen, umfassen.
- Es kann vorgesehen sein, dass die Codiermittel Informationen in Form eines Morse-Code umfassen und/oder verarbeiten können, so dass während des Betriebs der Vorrichtung ein Morse-Code oder mit einem Morse-Code kodierte Signale auf die schmerzende Körperregion übertragen werden.
- Es kann alternativ oder zusätzlich vorgesehen sein, dass die Codiermittel Informationen in Form von Musik umfassen und/oder verarbeiten können, so dass während des Betriebs der Vorrichtung Musik oder mit Musik kodierte Signale auf die schmerzende Körperregion übertragen werden.
- Es kann alternativ oder zusätzlich vorgesehen sein, dass die Codiermittel Informationen in Form von Sprache umfassen und/oder verarbeiten können, so dass während des Betriebs der Vorrichtung Sprache oder mit Sprache kodierte Signale auf die schmerzende Körperregion übertragen werden.
- Die Vorrichtung kann ein Gerät zur Applikation von Signalen (z. B. Morse-Code, Musiksignalen) mittels transkutaner elektrischer Nervenstimulation zur Schmerztherapie von chronischen Schmerzen sein. Die vorliegende Erfindung kann somit einen transkutanen Nervenstimulator betreffen, der sich so programmieren lässt, dass er mittels elektrischer Stimuli, beispielsweise variabler Länge, Morse-Code-Signale kreieren und applizieren kann.
- Die meisten aus dem Stand der Technik bekannten TENS-Geräte bieten eine Auswahl an Programmen an, diese sind frei wählbar, können aber nicht weiter durch den Anwender modifiziert werden. Wie im Nachfolgenden dargestellt, ist eine flexiblere Handhabung, unter anderem die Möglichkeit der Einspielung von Signalen, wünschenswert. Ein Signal wird definiert als ein bedeutungs- bzw. informationstragender Stimulus. Die hier vorgestellte Vorrichtung sowie die damit verbundene Methode basieren somit auf einem neuen Prinzip, da davon ausgegangen wird, dass ein Signal und die damit verbundene Signalverarbeitung zu einer 'intensiveren' Reorganisation des zentralen Nervensystems (im Hinterhorn und supraspinal) führt und damit zu einer effektiveren Schmerzreduktion.
- Die vorliegende Erfindung erlaubt das Einspielen von Signalen, das heißt Stimulationsabfolgen, die einen bestimmten Inhalt haben. Dabei kann es sich um einen semantischen Inhalt handeln wie beispielsweise Text, der in Form von Morse-Code via TENS vermittelt wird, oder um einen musikalischen/rhythmischen Inhalt als Koaktivierung bei Musik.
- Das damit verbundene theoretische Konzept ist Folgendes: Morse-Code beziehungsweise Musik wird primär akustisch wahrgenommen und dekodiert. Das Gehirn ist allerdings in der Lage andere – sprich andersmodale – Informationsquellen zu nutzen und in den Dekodierungsprozess, beziehungsweise den entsprechenden Lernprozess zu integrieren. Die Idee des multimodalen Lernens basiert darauf, dass kongruente Signale, die über unterschiedliche Modi (beispielsweise akustisch und visuell, oder akkustisch und taktil), und damit über unterschiedliche sensorische Systeme (unterschiedliche primäre, sensorische Kortices) Zugang zum Gehirn bekommen, in höheren Assoziationskortices 'gebunden' werden und als gegenseitige Signalverstärker dienen. Ziel ist es, die schmerzhafte Region als Teil eines sensorischen Inputsystems zu nutzen und sie selbst beziehungsweise ihre repräsentativen Felder (auf spinaler Ebene, im Thalamus und im primären sensorischen Kortex (SI Region) funktional neu in das zentrale Nervensystem (ZNS) zu integrieren.
- Bei der Chronifizierung von Schmerzen kommt es zu einer Reorganisation des ZNS, beispielsweise beim Phantomscherz und beim CRPS I zu einer Verkleinerung des repräsentativen Felds im sensorischen Kortex. Die genauen neurobiologischen Zusammenhänge zwischen der neuralen Reorganisation und der Erfahrung ”Schmerz” ist weiterhin Gegenstand der Forschung; von therapeutischer Seite wird versucht, über eine Re-reorganisation (einem ”Zurückdrehen” der Reorganisation) das Schmerzniveau zu reduzieren. Es gilt diesen Prozess zu optimieren. Das Ziel der hier vorgestellten Vorrichtung und Methode ist es, durch die Einbindung des somatosensiblen Systems (insbesondere des der schmerzhaften Region zugeordneten Systems) – via Bedeutungszuweisung des Stimulus und einer durch den Patienten unternommenen Dekodierung – dieses System in andere Systeme des Gehirns zu integrieren und damit die schmerzverursachende Spontanaktivität des primären sensorischen Kortex zu reduzieren.
- Dabei wird die Aufgabe beispielsweise dadurch gelöst, dass ein signalproduzierender Apparat, wie beispielsweise ein Laptop, ein Smartphone oder dergleichen, an ein TENS-Gerät angeschlossen wird und dass die stimulusproduzierende Einheit des TENS-Geräts überbrückt wird. Das Signal des Laptops, Smartphones oder dergleichen wird durch das TENS-Gerät in den üblichen transkutanen Nervenstimulus umgewandelt. Alternativ wird das TENS-Gerät mit einem Prozessor, einer Software und einer Schnittstelle ausgestattet, die das Einspielen und Übersetzen von Text in einen Morse-Code im Gerät selbst ermöglicht.
- Die hier vorgestellte Erfindung erlaubt beispielsweise eine flexible Generierung von transkutanen Nervensignalen, insbesondere wenn der erfindungsgemäßen Vorrichtung eine programmierbare und variable Generierung von Stimuli zugrunde liegt. Dadurch wird das schmerztherapeutische Konzept der transkutane Nervensignalgebung (statt Nervenstimulation) ermöglicht.
- Alternativ besteht auch die Möglichkeit, eine beliebige gesprochene Sprache taktil zu kodieren und auf die schmerzhafte Körperregion zu übertragen. Dies insbesondere deshalb, weil tiefe Frequenzen (Bass) taktil wahrgenommen werden können.
- Weitere Merkmale und Vorteile der vorliegenden Erfindung werden deutlich anhand der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele unter Bezugnahme auf die beiliegenden Abbildungen. Darin zeigen:
-
1 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Vorrichtung, mit der ein Bereich eines Unterarms eines Patienten behandelt wird; -
2 eine schematische Darstellung eines Details einer erfindungsgemäßen Vorrichtung, mit der ein Bereich eines Fingers eines Patienten behandelt wird. - In den Figuren sind gleiche oder funktional gleiche Teile mit gleichen Bezugszeichen versehen.
- Bei der in
1 abgebildeten Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Vorrichtung umfassen die Stimulierungsmittel ein TENS-Gerät3 , von dem über Zuleitungen5 Elektroden6 auf einem Unterarm4 eines Patienten mit Spannung oder Pulsen beaufschlagt werden. - Die Codiermittel der in
1 abgebildeten Ausführungsform umfassen als signalproduzierenden Apparat einen Laptop1 , der über eine geeignete Zuleitung2 an das TENS-Gerät3 angeschlossen ist. Das von dem Laptop1 erzeugte Signal kann ein Morse-Code sein. In dem TENS-Gerät3 kann die stimulusproduzierende Einheit überbrückt sein, so dass das von dem Laptop ausgehende Signal durch das TENS-Gerät3 in den üblichen transkutanen Nervenstimulus umgewandelt wird, wobei dieser Nervenstimulus im Unterschied zum Stand der Technik jedoch mit dem Signal codiert ist. - Alternativ kann das TENS-Gerät
3 mit einem Prozessor, einer Software und einer Schnittstelle ausgestattet werden, die das Einspielen und Übersetzen von Text in einen Morse-Code im Gerät selbst ermöglicht. -
2 zeigt die Stimulierung eines Fingers7 eines Patienten durch eine erfindungsgemäße Vorrichtung.
Claims (10)
- Vorrichtung zur Therapie chronischer, regionaler Schmerzen bei einem menschlichen Patienten, umfassend – Stimulierungsmittel zur Stimulierung schmerzender Körperregionen, – Codiermittel, die derart mit den Stimulierungsmitteln verbunden oder in diese integriert sind oder mit diesen kommunizieren können, dass während des Betriebs der Vorrichtung die Stimulierung der schmerzenden Körperregionen durch Signale erfolgt, die von dem Patienten decodiert werden können.
- Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Stimulierungsmittel während des Betriebs der Vorrichtung eine elektrische Spannung und/oder elektrische Pulse zur Stimulierung der schmerzenden Körperregionen erzeugen.
- Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Stimulierungsmittel als TENS-Gerät (
3 ) ausgebildet sind oder ein TENS-Gerät (3 ) umfassen. - Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Stimulierungsmittel auf die Haut aufbringbare Elektroden (
6 ) mit Zuleitungen (5 ) umfassen. - Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Stimulierungsmittel während des Betriebs der Vorrichtung Vibrationen zur Stimulierung der schmerzenden Körperregionen erzeugen.
- Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Stimulierungsmittel während des Betriebs der Vorrichtung Druckstöße, wie beispielsweise Luftstöße, zur Stimulierung der schmerzenden Körperregionen erzeugen.
- Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Codiermittel Informationsträger, wie beispielsweise Speichermittel eines Computers oder eines Smartphones oder dergleichen, umfassen.
- Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Codiermittel Informationen in Form eines Morse-Codes umfassen und/oder verarbeiten können, so dass während des Betriebs der Vorrichtung ein Morse-Code oder mit einem Morse-Code kodierte Signale auf die schmerzende Körperregion übertragen werden.
- Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Codiermittel Informationen in Form von Musik umfassen und/oder verarbeiten können, so dass während des Betriebs der Vorrichtung Musik oder mit Musik kodierte Signale auf die schmerzende Körperregion übertragen werden.
- Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Codiermittel Informationen in Form von Sprache umfassen und/oder verarbeiten können, so dass während des Betriebs der Vorrichtung Sprache oder mit Sprache kodierte Signale auf die schmerzende Körperregion übertragen werden.
Priority Applications (1)
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DE102014117249.3A DE102014117249A1 (de) | 2014-11-25 | 2014-11-25 | Vorrichtung zur Therapie chronischer, regionaler Schmerzen |
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Publications (1)
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DE102014117249A1 true DE102014117249A1 (de) | 2016-05-25 |
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ID=55914140
Family Applications (1)
Application Number | Title | Priority Date | Filing Date |
---|---|---|---|
DE102014117249.3A Withdrawn DE102014117249A1 (de) | 2014-11-25 | 2014-11-25 | Vorrichtung zur Therapie chronischer, regionaler Schmerzen |
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Citations (3)
Publication number | Priority date | Publication date | Assignee | Title |
---|---|---|---|---|
DE202005004958U1 (de) * | 2005-03-29 | 2005-06-16 | Freebody, King Andrew, Dr. | Stimulation der Hautoberfläche mittels einer Matrix von gesteuerten Stimulussignalen |
DE102012004215A1 (de) * | 2012-03-06 | 2013-09-12 | Jochen Welte | Reizstromgerät |
DE202013010674U1 (de) * | 2013-11-23 | 2014-02-05 | Dieter Herrmann | Vorrichtung für eine gezielte Aktivierung der Oberflächensensibilität der Haut zur Informationsübertragung |
-
2014
- 2014-11-25 DE DE102014117249.3A patent/DE102014117249A1/de not_active Withdrawn
Patent Citations (3)
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