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Technisches Gebiet
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines Formteils mit einem faserverstärkten Träger, das insbesondere zur Verwendung als Dekorteil oder als Halbzeug zur Weiterverarbeitung in ein Dekorteil für Fahrzeuginnenräume geeignet ist. Darüber hinaus beschreibt die Erfindung ein solches Formteil.
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Stand der Technik
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Der Einsatz von faserverstärkten Werkstoffen, insbesondere naturfaserverstärkten Werkstoffen, im Automobilbereich gewinnt zunehmend an Bedeutung. Werkstoffe dieser Art verbinden auf ausgezeichnete Weise Stabilität mit einem geringen Gewicht, was im Hinblick auf die wachsenden Erfordernisse zur Energieeffizienz günstig ist.
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Gemäß einem Verfahren aus dem Stand der Technik werden hierbei Matten, beispielsweise mit Natur- und Polypropylenfasern, vorgewärmt, vorverdichtet und in einem kalten Werkzeug umgeformt. Das so hergestellte Erzeugnis kann etwa als Träger für die Türinnenverkleidung, zum Verbau im Bereich der Mittelkonsole oder des Armaturenbretts vorgesehen sein. Die
DE 10 2011 005 350 A1 beschreibt ein derartiges Verfahren, in dem eine Matte zwischen zwei Werkzeugkomponenten eingelegt und darin verformt und verpresst wird.
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Die Geometriefreiheit ist hierbei allerdings bedingt durch das zweidimensionale Ausgangsmaterial, was in diesem Zusammenhang die faserverstärkte Matte darstellt, eingeschränkt. Kleine Umformungsradien sind kaum oder gar nicht realisierbar, und ganz allgemein ist nur eine recht moderate Umformung in die dritte Dimension möglich, da vor allem bei Fasermatten bei größeren Umformungen in die dritte Dimension der sogenannte Mattenauszug droht, bei dem sich aufgrund der hohen Verformungskräfte im Herstellungsprozess die Fasern der Fasermatte voneinander lösen und regelreicht auseinander gezogen werden. Die Herstellung von faserverstärkten Bauteilen mit ausgeprägten Tiefen in die dritte Dimension, wie sie beispielsweise bei kastenförmigen Formteilen notwendig sind, war daher bisher nicht möglich.
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Beschreibung der Erfindung
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Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines Formteils mit oder aus einem faserverstärkten Träger bereitzustellen, mit denen sich eine größere Formenvielfalt realisieren lässt. Beispielsweise wäre die Herstellung von Kastenformen wünschenswert. Eine weitere Aufgabe besteht in der Angabe eines durch das Verfahren herstellbaren Formteils.
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Gelöst wird die Aufgabe mit den Merkmalen der geltenden unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Ausgestaltungen folgen aus den Unteransprüchen, sowie der folgenden allgemeinen Beschreibung und der sich daran anschließenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen mit Bezug auf die beigefügten Zeichnungen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines dreidimensionalen Formteils beginnt mit der Bereitstellung einer faserverstärkten Matte. Die Matte entspricht wenigstens teilweise einer zweidimensionalen Abwicklung des herzustellenden Formteils. Unter „Abwicklung“ kann in diesem Zusammenhang insbesondere die geometrische Ausbreitung des Formteils in einer Ebene verstanden werden. Die Matte kann hierzu vor dem Herstellungsprozess des Formteils in die Form der Abwicklung gebracht werden. Dies erfolgt bevorzugt über Stanzen oder Schneiden.
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Die Abwicklung besteht aus zumindest einem Grundsegment und aus einer Mehrzahl von Seitensegmenten. Unter dem Grundsegment und den Seitensegmenten können in diesem Zusammenhang insbesondere die einzelnen abgewickelten Flächen des dreidimensionalen Formteils verstanden werden, so dass jedes zweidimensionale Segment im dreidimensionalen Formteil eine Teilfläche ausbildet. Die Seitensegmente sind mit dem Grundsegment verbunden, wobei es besonders vorteilhaft ist, wenn jedes Seitensegment mit dem Grundsegment über eine gemeinsame Kante verbunden ist und die Seitensegmente untereinander nicht verbunden sind, so dass die Seitensegmente freie Seitenkanten aufweisen, die mit keinem anderen Segment der Abwicklung in Verbindung stehen.
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Nach dem Bereitstellen der Matte folgt der Schritt des Einlegens der Matte zwischen eine erste und eine zweite Werkzeugkomponente. Die Werkzeugkomponenten dienen in erster Linie zur Verpressung und insbesondere zur Umformung von der zweidimensionalen Abwicklung zum dreidimensionalen Formteil. Die beiden Werkzeugkomponenten sind daher insbesondere gegeneinander verfahrbar. Es kann also wenigstens eine Werkzeugkomponente relativ zur anderen Werkzeugkomponente verfahren werden; es können allerdings auch beide Werkzeugkomponenten verfahrbar sein, so dass sich beide Werkzeugkomponenten aufeinander zubewegen können.
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Nach dem Einlegen der Matte zwischen die erste und zweite Werkzeugkomponente werden die Werkzeugkomponenten geschlossen. Durch Schließen der Werkzeugkomponenten wird die Abwicklung und insbesondere die Seitensegmente so umgeformt, dass zumindest eine freie Seitenkante eines Seitensegments mit zumindest einer freien Seitenkante eines benachbarten Seitensegments in eine im Wesentlichen parallele Position zueinander gebracht werden. Da fertigungsbedingt stets Schwankungen bei der Anordnung der Seitensegmente entstehen können, kann unter "im Wesentlichen parallel" in diesem Zusammenhang auch ein Winkel zwischen den Seitenkanten verstanden werden, der einen Betrag zwischen 0 Grad und 10 Grad, bevorzugt zwischen 0 Grad und 5 Grad aufweist.
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Die zweidimensionale Abwicklung wird also durch das Schließen der ersten und der zweiten Werkzeugkomponente in die dreidimensionale Form des Formteils umgeformt. Es sei hierbei explizit darauf hingewiesen, dass während des Umformens der Abwicklung im Zuge des Schließens der Werkezugkomponenten, die Matte noch nicht verpresst werden muss.
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Nachdem die Matte in die gewünschte Position umgeformt wurde, folgt der Schritt des Verpressens der Matte zum dreidimensionalen Formteil. Hierzu wird die Matte zwischen den beiden Werkzeugkomponenten unter Druck gesetzt. Gegebenenfalls kann hier mit Temperatur gearbeitet werden; d.h. die eingelegte Matte könnte etwa erwärmt werden, um Verpressen zu erleichtern. Auch wenn in diesem Zusammenhang das Verpressen als zusätzlicher Verfahrensschritt genannt ist, kann der Übergang vom Schließen und Umformen der Matte zum Verpressen der Matte stufenlos erfolgen.
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Um die Umformung der zweidimensionalen Abwicklung in die dreidimensionale Form des Formteils zu ermöglichen, umfasst eine erfindungsgemäße Vorrichtung eine erste Werkzeugkomponente mit einen Stempel, der insbesondere eine Polyederform aufweisen kann und im Wesentlichen der äußeren Form des herzustellenden dreidimensionalen Formteils entspricht. Die Flächen des Polyeders müssen nicht vollständig eben sein, sondern können zum Beispiel Strukturierungen, Wölbungen oder Einbuchtungen aufweisen. Der Stempel umfasst weiterhin eine Grundfläche und zumindest eine Stirnfläche. Die Grundfläche entspricht der größten Querschnittsfläche des Stempels. Die Stirnfläche ist im Abstand zur Grundfläche angeordnet, der insbesondere größer als 7 cm ist. Weiterhin kann die Stirnfläche die Fläche des Stempels darstellen, die den größten Abstand zur Grundfläche aufweist. Beginnend von der Grundfläche des Stempels verjüngt sich dieser in Richtung der Stirnfläche, so dass Formschrägen entstehen. Die Formschrägen besitzen bevorzugt einen Winkel von mindestens 5 Grad, noch bevorzugter 7 Grad im Bezug auf eine von der Grundfläche in Richtung Stirnfläche verlaufende Senkrechte, die gleichsam einer Achse entspricht in die zumindest eine der Werkzeugkomponenten verfahrbar ist.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung umfasst weiterhin eine zweite Werkzeugkomponente mit einem Formhohlraum, der ebenfalls eine polyederförmige Gestalt aufweisen kann. Die Polyederform des Formhohlraums kann hierbei der Negativform des Stempels entsprechen. Der Formhohlraum besitzt eine Öffnung von der sich der Formhohlraum in die zweite Werkzeugkomponente hinein erstreckt. Im Abstand zur Öffnung weist der Formhohlraum eine Bodenfläche auf. Beginnend von der Öffnung verjüngt sich der Formhohlraum in Richtung der Bodenfläche, so dass vorzugsweise analog zum Stempel der ersten Werkzeughälfte Formschrägen entstehen. Die Formschrägen besitzen bevorzugt einen Winkel von mindestens 5 Grad, noch bevorzugter 7 Grad im Bezug auf eine von der Öffnung in Richtung Bodenfläche verlaufende Senkrechte, die gleichsam einer Achse entspricht in die zumindest eine der Werkzeugkomponenten verfahrbar ist.
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Diese Formschrägen bei Stempel und Formhohlraum sind relativ zur Verpressungsrichtung, d.h. der Richtung, in der sich die Werkzeugkomponenten aufeinander zu bewegen, zu sehen, so dass weder Stempel noch Formhohlraum Flächen aufweisen, die parallel zur Pressrichtung der Werkzeugkomponenten verlaufen. Auf diese Weise wird eine gleichmäßigere Verdichtung insbesondere der Seitensegmente erreicht.
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Es ist in diesem Zusammenhang vorteilhaft, wenn die einzelnen Teilflächen des Stempels bzw. des Formhohlraums zumindest teilweise durch, insbesondere lineare, Kanten voneinander getrennt sind, die von der Grundfläche zur Stirnfläche bzw. von der Öffnung zur Bodenfläche verlaufen. Mithilfe der durchlaufenden Kanten wird ein Umformen der Matte in die dreidimensionale Form des herzustellenden Formteils zusätzlich begünstigt. Die Kanten und insbesondere die konturgebenden Kanten im Stempel bzw. Formhohlraum sind bevorzugt abgerundet, um keine scharfen Kanten am Bauteil herzustellen, da scharfkantige Bereiche bei faserverstärkten Trägerteilen oft beschädigungsanfällig sind.
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Stempel und Formhohlraum sind so zueinander angeordnet, dass bei Verfahren der Werkzeugkomponenten, der Stempel in den Formhohlraum einbringbar ist. Die Öffnung des Formhohlraums entspricht in ihrem Querschnittsmaß im Wesentlichen dem Flächenmaß der Grundfläche des Stempels, wobei die Stirnseite des Stempels in ihrem Flächenmaß im Wesentlichen dem Flächenmaß der Bodenfläche entspricht.
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Es ist in diesem Zusammenhang besonders vorteilhaft, wenn das Grundsegment der Abwicklung während des Schließens der Werkzeugkomponenten direkt an der Stirnfläche angeordnet ist und das Flächenmaß der Stirnfläche dem Flächenmaß des Grundsegments entspricht. Da die Kanten zwischen Grundsegment und Seitensegment in diesem Fall genau auf den Kanten der Stirnseite verlaufen, können sich die Seitensegmente besonders einfach in die gewünschte Position klappen. Um die Umformung der Abwicklung in die Form des Formteils weiterhin zu begünstigen, ist es vorteilhaft, wenn die Polyederform des Stempels und des Formhohlraums die gleiche Anzahl an Teilflächen aufweist, wie die Abwicklung des zu erstellenden Formteils.
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Durch die Kombination aus Umformung und der damit verbundenen Neuausrichtung der Abwicklung der zugeschnittenen Matte zur Herstellung eines dreidimensionalen Formteils lassen sich Geometrien darstellen, die mit dem herkömmlichen Verfahren zum Verpressen von faserverstärkten Matten nicht möglich waren. Hierdurch können Produkte realisiert werden, die bisher klassisch mittels eines Spritzgussverfahrens hergestellt wurden. Ein wesentlicher Beitrag der Erfindung liegt somit darin, dass auf Werkstoffe zurückgegriffen werden kann, die im Vergleich zum Spritzguss leichter, nachhaltiger und/oder stabiler sind.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung werden die Seitensegmente der Abwicklung durch den Schritt des Schließens so umgeformt, dass sich die zwei benachbarten Seitensegmente zumindest teilweise überlappen. Durch die Überlappung werden die benachbarten Seitensegmente während des Verpressens auf besonders einfache Weise miteinander verbunden. Insbesondere, wenn die Matte aus einem Naturfaserverbund-Werkstoff besteht, der eine Kunststoffmatrix enthält, kann auf diese Weise ein besonders einfaches Verbindungsverfahren der benachbarten Seitensegmente realisiert werden. Dies begründet sich darin, dass während des Schritts des Verpressens die Kunststoffmatrix beider Seitensegmente aufschmilzt und somit eine stoffschlüssige Verbindung erzeugt werden kann. Zusätzlich werden die Fasern der sich überlappenden Seitensegmente ineinander gepresst. Zusätzliche Arbeitsschritte und/oder Materialien zur Realisierung der Verbindung sind so nicht erforderlich.
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Alternativ oder zusätzlich kann im geschlossenen Zustand der Werkzeugkomponenten Kunststoff in den Formhohlraum der zweiten Werkzeugkomponente eingespritzt werden. Der Kunststoff kann hierbei insbesondere so in den Formhohlraum eingebracht werden, dass dieser mit der Matte in Kontakt gerät. Auf diese Weise lassen sich nicht nur Spritzgusskomponenten auf integrale Weise mit der faserverstärkten Matte verbinden, sondern der Kunststoff kann Fugen in der umgeformten Matte füllen und/oder Abschnitte derselben miteinander verbinden. Das Einspritzen des Kunststoffs kann vor, während oder nach der Verformung und/oder Verpressung der Matte erfolgen. Zur Einbringung des Kunststoffs in den Formhohlraum kann in der ersten oder in der zweiten Werkzeugkomponente eine Düsenanordnung eingebracht sein. Die Düsenanordnung kann eine oder mehrere Düsen umfassen. Weiterhin ist es vorteilhaft, wenn wenigstens eine der beiden Werkzeugkomponenten eine kanalartige Struktur zum Transport des Kunststoffs nach dem Einspritzen entlang der faserverstärkten Matte aufweist.
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In einer besonders vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung wird der eingespritzte Kunststoff genutzt, um die zwei benachbarten Seitensegmente, die bereits durch den Schritt des Schließens entsprechend positioniert wurden, an den parallelen Seitenkanten miteinander zu verbinden. Die entsprechenden Seitenkanten können hierbei einen gewissen Abstand zueinander aufweisen, der von dem eingebrachten Kunststoff ausgefüllt werden kann. Es ist jedoch ebenso möglich, dass die Seitenkanten der benachbarten Seitensegmente direkt aneinander anliegen und der eingespritzte Kunststoff die Verbindung im Kantenbereich lediglich unterstützt.
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Es hat sich gezeigt, dass sich die Verwendung von Matten, die vor dem Verpressen eine Dicke von 8 bis 20 mm aufweisen, besonders für das erfindungsgemäße Verfahren und die erfindungsgemäße Vorrichtung eignet. Vor der Herstellung des dreidimensionalen Formteils kann eine Vorpressung auf 2 bis 5 mm stattfinden. Endwandstärken des Bauteils im Bereich zwischen 0,5 und 2 mm sind besonders vorteilhaft.
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Um die gleichmäßige Verpressung der Matte zwischen den Werkzeugkomponenten weiterhin zu begünstigen, können Stempel und/oder Formhohlraum aus mehreren beweglichen Werkzeugteilen gebildet sein. Die Werkzeugteile können hierbei insbesondere Teilflächen des Formhohlraums und/oder des Stempels ausbilden. Hierbei ist besonders vorteilhaft, wenn die den Formhohlraum ausbildenden Werkzeugteile den Formhohlraum verkleinern können und die den Stempel ausbildenden Werkzeugteile den Stempel vergrößern können. Durch diese Beweglichkeit können zum Beispiel einzelne Teilflächen der eingelegten und umgeformten Matte besser verpresst werden.
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Die verwendete Matte kann durch einen Schritt des Zuschneidens aus einem Mattenrohling erzeugt werden. Das Zuschneiden kann zum Beispiel durch ein Stanzen erfolgen. Vor allem mittels Stanzen lassen sich aus einem Mattenrohling vielfältige zweidimensionale Abwicklungen der herzustellenden Formteile erzeugen, die trotz der gegebenen Faserigkeit scharf abgegrenzte Kanten aufweisen, die sich positionsgenau weiterverarbeiten lassen.
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Bei dem hier dargestellten Verfahren kann es erforderlich sein, dass die Matte beim Einlegen relativ zu den Werkzeugkomponenten genau positioniert wird und während der Umformung und Verpressung nicht oder nur auf definierte Art und Weise verrutscht, um sicherzustellen, dass insbesondere die Seitensegmente bei der Umformung eine exakte Lage und Ausrichtung im Werkzeug erhalten. Hierzu können eine oder mehrere hydraulisch und/oder pneumatisch verstellbare Klemmleisten an der ersten oder der zweiten Werkzeugkomponente vorgesehen sein, die zur Fixierung der Matte im Werkzeug dienen. Der Schritt des Fixierens erfolgt daher nach dem Einlegen der Matte zwischen die Werkzeugkomponenten und noch vor dem Schließen dieser.
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Die Klemmleisten sind insbesondere bei vertikaler Werkzeuganordnung sinnvoll. Bei horizontaler Anordnung des Werkzeugs muss eine Klemmleiste nicht zwingend erforderlich sein, da man sich hier insbesondere die Schwerkraft zur ausreichenden Positionierung der Matte zunutze machen kann. Im Falle von verstellbaren Klemmleisten, die sich zum Beispiel bei entsprechender Zugbelastung auf die Matte selbstständig lösen, kann während der Verformung und Verpressung ein Nachlaufen der Matte zugelassen werden. Das Lösen der Fixierung der Matte insbesondere durch die Klemmleiste kann daher noch während des Schrittes des Schließens erfolgen. Dies ermöglicht ein besonders materialschonendes Umformen, da extreme Zug- und/oder Druckbelastungen in den Bereichen starker Umformung vermieden werden. Ein definiertes Lösen der Klemmleisten kann beispielsweise durch eine definierte Vorspannung der Klemmleisten gegen die fixierte Matte erfolgen.
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Alternativ oder zusätzlich zu den oben besprochenen Klemmleisten kann der Stempel insbesondere an seiner Stirnseite mehrere Stifte aufweisen, die während des Schließens teilweise in die Matte eindringen und/oder diese vollständig durchdringen. Auf diese Weise wird ein Verdrehen der Abwicklung während des Schließens des Werkzeugs effektiv verhindert. Bei der Verwendung von Stiften ist es besonders vorteilhaft, wenn die erste Werkzeugkomponente verfahrbar und die zweite Werkzeugkomponente stationär ist, um ein Verschieben oder Verdrehen der Matte während des Eindrückens in den Formhohlraum zu unterbinden. Die Stifte weisen bevorzugt ein geringeres Maß als die Endwandstärke des Formteils auf, damit sich diese nicht auf der sichtbaren Oberfläche des Formteils abzeichnen.
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Die vorliegende Erfindung ist besonders zur Verwendung für Fahrzeug-Interieurteile geeignet. Gerade beim Automobilbau, bei der herrschenden Konkurrenz, kommt es auf mechanisch einfache, preiswerte Lösungen an, bei dennoch hoher Sicherheit, ausgezeichneter Qualität und Haltbarkeit. Das mit den hier dargestellten Verfahren und Vorrichtungen herstellbare Formteil ist im Hinblick auf diese Ziele geeignet. Nichtsdestotrotz ist die Erfindung auch in anderen Bereichen umsetzbar und nützlich. Beispielhaft seien genannt: der Transportbereich allgemein, d.h. zusätzlich zum Automobilbereich, Luftfahrt, Raumfahrt, Schifffahrt, Schienenverkehr, Maschinenbau, Medizinbereich, Baubereich und Möbelbau.
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Weitere Vorteile und Merkmale der vorliegenden Erfindung sind aus der folgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen ersichtlich. Die dort beschriebenen Merkmale können alleinstehend oder in Kombination mit einem oder mehreren der oben erwähnten Merkmale umgesetzt werden, insofern sich die Merkmale nicht widersprechen. Die folgende Beschreibung der bevorzugten Ausführungsformen erfolgt dabei unter Bezugnahme auf die begleitenden Zeichnungen.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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1 zeigt schematisch eine Vorrichtung zur Herstellung eines Formteils, mit zwei Werkzeugkomponenten in einem geöffneten Zustand, bei eingelegter faserverstärkter Matte.
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2 zeigt einen Zuschnitt einer faserverstärkten Matte.
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3 zeigt ein kastenförmiges Formteil nach der Entformung.
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4 zeigt eine mögliche Verbindung im Eckbereich, bei der zwei Seiten der faserverstärkten Matte über eine Kunststoffecke miteinander verbunden sind.
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5 zeigt Werkzeugkomponenten gemäß einer weiteren Ausführungsform.
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Wege zur Ausführung der Erfindung
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Die 2 zeigt einen Zuschnitt aus einer faserverstärkten Matte. Die Form des Zuschnitts entspricht der geometrischen zweidimensionalen Abwicklung 10 eines herzustellenden kastenförmigen Formteils 20, das in 3 gezeigt ist. Die Matte besteht in der vorliegenden Ausführung aus einem Kenaf-Fasersystem, was zusätzliche Polypropylenfasern zur Ausbildung einer Kunststoffmatrix enthält. Ein alternatives thermo- oder duroplastisches Fasersystem zum Beispiel aus anderen Naturfasern, Glasfasern, Mineralfasern, synthetischen Fasern, Zellulosefasern und/oder Karbonfasern kann jedoch ebenso Anwendung finden. Die Abwicklung 10 weist Abschnitte 11, 12, 13, 14 und 15 auf, welche im fertigen Formteil die Seitenwände 21, 22, 23, 24 und 25 bilden, wobei der Abschnitt sich in ein Grundsegment 15 und vier Seitensegmente 11–14 unterteilt.
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Die Matte ist in 1 in einer Vorrichtung 1, die hier auch als Werkzeug bezeichnet wird, eingelegt. Das Werkzeug 1 weist eine erste Werkzeugkomponente 2 und eine zweite Werkzeugkomponente 3 auf. Die erste Werkzeugkomponente 2 ist entlang der Richtung, die mit dem Pfeil A dargestellt ist, relativ zur stationären zweiten Werkzeugkomponente 3 verfahrbar. Durch Bewegen der ersten Werkzeugkomponente 2 in der Richtung A wird das Werkzeug 1 geschlossen. Die erste Werkzeugkomponente 2 umfasst weiterhin einen Stempel 4, der eine Grundfläche 41 und eine Stirnfläche 42 aufweist. Die zweite Werkzeugkomponente 3 besitzt darüber hinaus einen Formhohlraum 5, der neben einer Öffnung 51 eine Bodenfläche 52 aufweist. Die Matte überspannt hierbei die Öffnung 51, wobei das Grundsegment 15 der Abwicklung 10 direkt über der Öffnung 51 angeordnet ist.
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Werden die Werkzeugkomponenten 2, 3 bei eingelegter Matte geschlossen, wird der Stempel 4 in den Formhohlraum 5 verfahren. Hierbei drückt zuerst der Stempel 4 mit seiner Stirnseite 42 auf die Matte und schiebt diese durch die Öffnung 51 in den Formhohlraum 5 ein. Die Öffnung 51 besitzt einen Querschnitt, der deutlich größer ist, als die Stirnseite 42 des Stempels und verjüngt sich erst in Richtung Bodenfläche 52. Daher kann die Matte tief in den Formhohlraum 5 eingeschoben werden, ohne dass die Matte verpresst wird. Gleichzeitig werden die Bereiche der Matte, die sich nicht direkt unter der Stirnfläche 42 befinden, nachgeführt. Da die Matte der zweidimensionalen Abwicklung 10 des Formteils entspricht, werden die einzelnen Seitensegmente somit regelrecht in ihre vorgesehene Position geklappt oder gefaltet, wobei zumindest ein Teil der freien Seitenkanten der Seitensegmente in eine im Wesentlichen parallele Position zu einer Seitenkante eines benachbarten Seitensegments gebracht werden.
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Sind die einzelnen Segmente der Abwicklung 10 in die gewünschte Position gebracht, erfolgt das Verpressen der Matte zum dreidimensionalen Formteil. Hierzu wird die erste Werkzeugkomponente 2 soweit gegen die zweite Werkzeugkomponente 3 verfahren, dass zwischen Stempel 4 und Formhohlraum 5 ein ausreichender Druck auf die eingelegte Matte ausgeübt wird.
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In der 1 sind ferner zwei Klemmleisten 4, 4‘ gezeigt, die zum Fixieren des Zuschnitts 10 vorgesehen sind. Die Klemmleisten sind pneumatisch einstellbar. Ebenfalls zur Fixierung vorgesehen sind Stifte 8, die auf der Stirnseite 42 des Stempels 4 angeordnet sind und mit der Matte beim Schließen des Werkzeugs 1 in Kontakt geraten.
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Eine Heißkanaldüse 6 ist in der stationären zweiten Werkzeugkomponente 3 ausgebildet, durch die Kunststoff vor, während oder nach dem Umformen und/oder Verpressen des Zuschnitts 10 in das Werkzeug 1 eingespritzt werden kann.
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Bereits im Werkzeug 1 kann ein Fügen von freien Seitenkanten einander benachbarter Seitensegmente erfolgen. Dies kann durch Überlappung und Verpressung und/oder mittels eines durch die Heißkanaldüse 6 eingebrachten Kunststoffs erfolgen. In diesem Fall werden offene Fügebereiche mittels einer Kunststoffschmelze geschlossen. Die Kunststoffschmelze kann hierbei in einem nicht detailliert dargestellten Heißkanalsystem, gegebenenfalls mit Füllrippen oder dergleichen, transportiert werden. Auf diese Art hergestellte Verbindungsrippen 26 und Füllrippen 27 sind in der 3 am fertigen Formteil 20 gezeigt.
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Das Verbinden der Seitenkanten – zwei von ihnen sind in der 2 mit dem Bezugszeichen 16 bezeichnet – kann generell gänzlich mit Kunststoffschmelze erfolgen. Der Querschnitt einer solchen Verbindung geht aus der 4 hervor. In der 4 ist die Abwicklung 10 so ausgelegt, dass ein Freiraum zwischen den zu verbindenden Seitenkanten der faserverstärkten Matte im Eckbereich erhalten bleibt. Dieser wird nach dem Pressvorgang mit Kunststoff gefüllt. Vorzugsweise ist der eingespritzte Kunststoff identisch zur Matrix der faserverstärkten Matte. In Frage kommende Polymere sind zum Beispiel PP, ABS, PC/ABS, und PA, die jeweils mit Füll- oder Verstärkungsstoffen versehen sein können. Es hat sich gezeigt, dass sich PP hierbei besonders als Kandidat sowohl für die Matrix der faserverstärkten Matte, als auch für den eingespritzten Kunststoff eignet.
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Neben der oben dargestellten Funktion des eingespritzten Kunststoffs kann dieser auch zur Herstellung von anderen Funktionselementen dienen, die aufgrund des Einspritzens im geschlossenen Werkzeug 1 eine besonders feste Verbindung mit der faserverstärkten Matte eingehen. Der Kunststoff kann diese etwa teilweise oder vollständig durchdringen, wodurch eine nahezu unlösbare Verbindung zwischen Kunststoff und Matte eingegangen wird. Das Werkzeug 1 kann zur Ausbildung der Funktionselemente Kavitäten aufweisen. Um auch hinterschnittige Funktionselemente zu realisieren, können diese Kavitäten zusätzlich bewegliche Einsätze oder Schieber aufweisen. Nach dem Entformen erhält man eine stabile, kastenförmige Kontur, wie sie in der 3 gezeigt ist.
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In der 5 ist eine weitere Ausführungsform des Werkzeugs 1 gezeigt, wobei daraus hervorgeht, dass zur besseren Verpressung der Seitensegmente der Abwicklung Stempel 4 und Formhohlraum 5 jeweils eine Formschräge 43, 53 aufweisen. Die Formschräge 53 kann am Formhohlraum 5 einen Winkel α von mindestens 5 Grad, bevorzugt 7 Grad, aufweisen. Die Formschräge 43 am Stempel 4 kann einen Winkel α' aufweisen, der ebenfalls mindestens 5 Grad, bevorzugt 7 Grad, aufweist. Das Bezugszeichen 9 zeigt auf Kanten im Werkzeug, die vorzugsweise abgerundet sind, um scharfe Kanten am entformten Bauteil zu vermeiden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102011005350 A1 [0003]