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Gebiet der Erfindung
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Die Erfindung betrifft eine elektronische Brille.
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Stand der Technik
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Die durch einen Lichtmodulator hindurchtretende Lichtintensität, die sogenannte Transmission, lässt sich mit Hilfe von diversen am Markt verfügbaren Flüssigkristall-Zellen (TN, STN, Fe-IC, etc.) derart elektrisch steuern, dass mindestens 2 Zustände erreicht werden, nämlich durchlässig transparent oder undurchlässig dunkel, wie bei gängigen aktiven 3D-Fernsehbrillen der Fall.
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Gemäß dieser Grundidee wurden schon in den sechziger Jahren erste Versuche zu „elektronischen Sonnenbrillen” unternommen, um dem Träger einer solchen Brille variable Transmission zu bieten.
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So zeigt z. B. die
DE 10 2012 217 326 A1 eine Sonnenschutzbrille mit einer mittels eines elektrischen Signals veränderbaren optischen Transmission. Die Sonnenbrille weist einen augenseitig angeordneten Sensor auf, der das auf die Brille treffende Licht misst und das nötige Signal zum Steuern der Transmission erzeugt. Bei hellerem Licht dunkelt die Brille automatisch ab.
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Die
DE 199 07 334 A1 beschreibt eine elektrochrome Gradientenblende unter Verwendung von Flüssigkristallen.
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Steuerung statt Closed-Loop Regelung
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Die bisher bekannten elektronischen Sonnenbrillen arbeiten mit reinen Steuerungen, d. h. die Fotosensoren liegen oft „außen”, so dass lediglich die Helligkeit gemessen wird, die auf die Brille von außen auftrifft (s. z. B
US 5 172 256 A ).
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Dementsprechend wird quasi „blind”, d. h. via Kennlinie, die nur auf reinen Erfahrungswerten beruht (Look-up Table, Kennline, etc.), über ein Stellglied (Verstärker/Treiber) ein LCD entsprechend hell oder dunkel geschaltet – oftmals auch nur in 2 diskreten Helligkeitsstufen (z. B. Brille transparent oder mit X% dunkler Tönung).
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Selbst wenn diese Steuerung kontinuierlich, also „anlog”, funktionieren würde, d. h. zu jedem Helligkeitswert, der außen gemessen wird, ein bestimmter Grau-Wert am LCD erzeugt werden würde, so ist und bleibt es eine „blinde Steuerung”, da die echte Helligkeit, die durch das LC hindurchtritt, stets unbekannt bleibt.
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Zu wenige und falsch platzierte Fotosensoren
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Zudem existieren oftmals viel zu wenige Sensoren, deren Empfangsrichtung völlig unspezifisch ist (zeigen nach vorn oder in Richtung Himmel). Dies führt sehr oft zu völlig falschen und sogar gegenteiligen Reaktionen der Brille. Beispiel: Schaut der Träger der Brille beispielsweise in eine dunkles Betrachtungsgebiet (dunkle Ecke), während aber gleichzeitig die Brille von einem verirrten Strahl Sonnenlicht erfasst wird (durch zufällige Reflexionen an Gegenständen oder durch bewegte Blätter im Wald, die ein feines, variables Hell-Dunkel-Muster werfen), so wird das LC dunkel, obwohl es eigentlich hell werden sollte, weil der Träger den dunklen Bereich sehen will.
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Diese „nicht intelligenten Brillen” führen also zu gefährlichen Fehlreaktionen bzw. Fehlfunktionen, die leider das exakte Gegenteil von dem bewirken, was eigentlich erzielt werden soll, also die Sicht im schlimmsten Fall verschlechtern.
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Diese Verschlechterung der Sicht wird sogar noch durch 3 Effekte verstärkt:
- – indem oftmals nur ein Fotosensor oder zumindest zu wenige Fotosensoren eingesetzt werden.
- – nur ein LC für beide Augen verwendet wird, d. h. keine unabhängige 2-Kanal-Steuerung für rechtes und linkes Auge getrennt vorgenommen wird.
- – bei starkem Gegenlicht (z. B. entgegen einer tief stehenden Sonne) keine Eigenlichtquelle zur Verfügung steht, die dem Schließen der Shutter entgegen wirkt.
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Aufgabe
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Aufgabe der Erfindung ist es, eine Verbesserung im Bereich der elektronischen Helligkeits-gesteuerten Brillen zu erzielen.
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Lösung
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Diese Aufgabe wird durch die Erfindungen mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindungen sind in den Unteransprüchen gekennzeichnet. Der Wortlaut sämtlicher Ansprüche wird hiermit durch Bezugnahme zum Inhalt dieser Beschreibung gemacht.
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Im Folgenden werden an einigen Stellen einzelne Verfahrensschritte näher beschrieben. Die Schritte müssen nicht notwendigerweise in der angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden, und das zu schildernde Verfahren kann auch weitere, nicht genannte Schritte aufweisen.
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Alle oben genannten Probleme werden mit einer „intelligenten Brille” gelöst, bestehend aus mindestens einem Closed-Loop-Echtzeit-PID-Regelkreis, vorzugsweise jedoch bestehend aus 2 völlig unabhängigen Regelkreisen dieses Typs, nämlich einen für das linke Auge bzw. den linken Shutter und einen für das rechte Auge bzw. den rechten Shutter.
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Damit sich ein Closed-Loop-Regelkreis realisieren lässt, muss pro Auge (pro Regelkreis) mindestens ein Fotosensor „innenliegend” sein, nämlich derart, dass er in Blickrichtung, gleichsam wie das menschliche Auge, durch den Shutter hindurchschaut und somit die „tatsächliche Helligkeit” misst.
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In der Regelungstechnik spricht man hier vom „Istwert”. Der Fotosensor nimmt damit quasi die Rolle des Auges ein. Er misst also stellvertretend für das Auge die „echte Helligkeit”, die in das Auge fällt, und eben nicht nur irgendeine zufällige äußere Helligkeit.
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Weiterhin werden von dieser Art Fotosensoren mindestens 2, oder besser 3 Fotosensoren pro Auge eingesetzt, deren Positionierung ein Koordinatensystem aufspannt, beispielsweise ein Dreieck, auf dessen Ecke der statistische Ortsmittelwert der Pupille zu liegen kommt – der in der Regel (bei nicht schielenden Menschen) identisch ist mit dem Punkt der Geradeaussicht (siehe Skizze).
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Mit Hilfe einer Triangulations-Berechnung (Pythagoras oder ähnliche geometrische Berechnungen) lässt sich dann die mittlere Helligkeit in Bezug auf diesen statistischen Ortsmittelwert bzw. auf diese Geradeaussicht berechnen und als „Istwert” für die Regelung heranziehen.
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Zudem haben „mehrere innenliegende Fotosensoren pro Auge” den Vorteil, dass durch diese Redundanz die Mess-Sicherheit erhalten bleibt, auch bei versehentlicher Verschmutzung (Fliege auf Fotosensor) oder bei versehentlich verstärktem Lichteinfall (zufällige Reflexion).
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Wie aus der allgemeinen Regelungstechnik bekannt, gibt es neben dem „Istwert” auch den „Sollwert” – auch Set-Point genannt – der zunächst mit einer Art Potentiometer oder vergleichbarem „Einsteller” so vorgegeben wird, dass das Auge bzw. der Pupillendurchmesser konstant dunkeladaptiert bleibt – ähnlich wie bei einer relativ starken Sonnenbrille, z. B. mit Schutzstufe III (S3, 8–18% Transmission).
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Der Regler bzw. die gesamte Regelstrecke ist derart schnell, dass der Regelvorgang vom menschlichen Auge nicht mehr wahrgenommen werden kann, d. h. die am Auge eintreffende Helligkeit ist stets konstant, dem Sollwert entsprechend, egal wie sich außen die Helligkeit ändert.
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Es handelt sich also um einen sogenannten Echtzeit-Regelkreis, bei dem im eingeschwungenen Zustand (richtige PID-Parametrierung) das sogenannte Delta (Regelabweichung) – also die Differenz zwischen Sollwert und Istwert – stets Null ist.
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Echtzeit-Regelkreis zur permanenten Dunkel-Adaption des Auges
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Diese Art von Echtzeit-Regelkreisen, bei denen die Regelabweichung stets Null ist, sind zwar bekannt, wurden aber noch nie im Zusammenhang mit einer Sonnenbrille verwendet.
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Diese Regelung funktioniert jedoch nur, wenn die Brille absolut lichtdicht bezüglich Licht von Außen ist – also vom Brillengehäuse her ähnlicher einer „Taucherbrille” oder „Skibrille” oder „eng anliegenden großen Brille mit breiten Seitenbügeln und Lichtschutz von oben und unten”.
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Es gibt derzeit keine solchen lichtdichten Sonnenbrillen mit Echtzeitregelkreis, mit denen man die menschliche Pupille mit Hilfe eines elektrischen Potentiometers oder ähnlichem Einstellers a) langsam öffnen und regelrecht „aufdrehen” kann, bis diese zu 75% über Normaldurchmesser bei Tageslicht geöffnet ist – und b) aufgrund der Echtzeitregelung konstant auf diesem Durchmesser belassen kann, so dass diese quasi „ruhig gestellt” wird, egal wie sich die Helligkeit draußen ändern mag.
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Dies geschieht für jedes Auge getrennt, wenngleich in der Startroutine zunächst jedes Auge den gleichen Sollwert eingestellt bekommt, z. B. 100 Lux am Auge rechts (R) und links (L).
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Veränderungen des Sollwerts
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Diese Gleichschaltung (R = L) und Konstantschaltung (R = L = const.) der beiden Solltwerte ist jedoch nur zum besseren Verständnis und zum Start anzunehmen, da dies in der Regelungstechnik oftmals als ein Startszenario genommen wird.
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In Wirklichkeit jedoch werden die Sollwerte R und L vergleichsweise langsam geändert (z. B. 2- bis 100-mal langsamer als die Regelung) und auch bewusst mit leichten Differenzen beaufschlagt, z. B. links 10% mehr Transparenz und rechts 10% weniger Transparenz. Die Gründe dafür werden nachfolgend erklärt.
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Variabler Sollwert
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Mindestens ein Außensensor pro Auge (Außen L, s. OL in 1, Außen R, s. OR in 1) erfasst grob und vergleichsweise langsam (z. B. binnen 1–2 Sekunden) die Tageslichtsituation im zeitlichen Mittel und stellt fest, ob ein heller Tag, bedeckter Tag oder Innenraumsituation vorliegt.
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Dies ist notwendig, weil der Dynamikumfang bezüglich der Beleuchtungsstärke tagsüber einen Bereich von 100 Lux bis 100.000 Lux umfasst, also etwa einen Faktor 10.000, eine einfache LC-Zelle aber gegebenenfalls nur einen Faktor 1000 bis 5000 umfasst (Kontrastverhältnis).
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Mit einem veränderlichen Sollwert, der vom Außensensor bestimmt wird (heller Tag, bedeckter Tag, ...), wird daher der „Arbeitspunkt” der IC-Zelle während einer Initialisierungsroutine beim Einschalten in den richtigen Bereich geschoben – z. B. an einem sehr hellen Tag von initial 100 Lux fix am Auge auf 300 Lux fix am Auge.
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Zudem wird dieser vom Außensensor initiierte Setpoint immer auch dann schnell und dynamisch geändert, wenn der Regler am sogenannten „unteren oder oberen Anschlag” ist, also die Regelabweichung nicht mehr Null sein kann, weil die Regelgröße an der IC-Zelle bzw. die Transparenz (ganz offen) oder Transmission (ganz zu) einen nicht mehr steigerbaren Wert erreicht hat.
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Dies sollte nicht regelmäßig der Fall sein, da es schon die Idee ist, das Auge permanent dunkeladaptiert zu halten; aber wenn sich Lichtsituationen insgesamt „global” verändern, kann unter Berücksichtigung von elektronisch hinterlegten Erfahrungswerten und Informationen von den Außensensoren und von den Innensensoren kurz vor Erreichen des sogenannten Regler-Anschlages in eine bestimmte Richtung (LC ganz zu oder ganz auf) der Setpoint so geändert werden, dass der Regler weiterhin im „Regelbetrieb” bleibt und diesen Anschlag nicht wirklich erreicht, d. h. sich im weitesten Sinne logarithmisch oder ähnlich nichtlinear verhält, aber aufgrund der erhöhten durchtretenden Helligkeit (z. B. beim direkten Blick in die Sonne) ein sanftes und kontrolliertes Schließen der Iris ermöglicht.
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Variabler Sollwert zur Erweiterung des Dynamik-Umfangs des Flüssigkristalls
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Immerhin soll die Iris des Auges, via Echtzeit-Regelkreis bzw. via absolut konstanter Helligkeit am Auge, nicht für alle Zeiten zur völligen Untätigkeit verdammt werden, sondern ihr Dynamikumfang mittels LC-Zelle expandiert und erweitert werden.
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Es ist jedoch anzumerken, dass diese „Nachregelung zur Erweiterung des Dynamikumfangs” nur in seltenen Ausnahmefällen der Fall sein sollte; im Normalbetrieb wird die Pupille auf einen festen, relativ dunklen Wert eingestellt (z. B. 75% über Normaldurchmesser), wie schon oben beschreiben, damit bei Eintritt in einen dunklen Raum das bereits dunkeladaptierte Auge sofort und unverzüglich binnen einer Millisekunde zur Verfügung steht.
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HDR-Sehen (HDR = high dynamic range, höherer Kontrastumfang)
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Zudem können die beiden Setpoints L und R definierte, aber leichte Differenzen aufweisen, z. B. 5% bis 30% mehr Transparenz links und auf der anderen Seite entsprechend umgekehrt, damit das Gehirn aus den beiden leicht unterschiedlichen Bildern in der Wahrnehmung unmerklich wieder ein Bild machen kann, aber mit etwas höherem Kontrastumfang (Dynamikbereich), was in der Fotographie als HDR-Fotographie bekannt ist (2 unterschiedlich belichtete Fotos werde ineinander kopiert).
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Im vorliegenden Anspruch wird also „Echtzeit-HDR-Sehen” erfunden und definiert. Voraussetzung ist, dass der Kontrastunterschied nicht zu extrem wird, also „unmerklich” bleibt – weswegen oben von etwa 1% bis 60%, bevorzugt 5% bis 30% die Rede ist. Nicht ausgeschlossen werden auch höhere Werte > 30%, die aber dann zeitlich kürzer eingeblendet werden, jedenfalls derart, dass das Gehirn daraus ein neues Bild mit höherem Kontrastumfang unmerklich konstruieren kann.
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Damit liegt diesem Anspruch auch zugrunde, dass mittels intelligenter Software-Algorithmen in die menschliche Wahrnehmung eingegriffen wird – was nachfolgend bei allen weitern Ansprüchen der Fall ist.
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Berücksichtigung der physiologischen Funktionen des Chiasma opticum C
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Die höchste und komplexeste Form dieser Art von elektronischer Ansteuerung besteht in der Berücksichtigung der rechts-links kontralateralen Pupillenafferenz bei einer „Swinging-Flashlight-Test” (SWIFT) ähnlichen Beleuchtungs-Situation, die physiologisch über den überkreuzenden Links-Rechts-Nervensignalaustausch im Chiasma opticum des Gehirns erfolgt.
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Konkret bedeutet dies, dass bei exakt gleich eingestellten elektronischen Sollwerten für beide Augen (L = R = const.) beim gesunden Menschen ohne Asymmetrien in der kontralateralen Pupillenafferenz (wie z. B. beim relativen afferenten Pupillendefekt – RAPD) im Regelbetrieb KEINE neuronalen Reize/Informationen überkreuz ausgetauscht werden, da die Helligkeit auf beiden Augen stets konstant ist.
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Es gibt 3 Arten von Ausnutzung dieses Effektes:
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- 1) Ein erhöhtes Stellsignal (z. B. verstärkte Abdunkelung) auf einem Kanal (L oder R) bei jeweils identischen Setpoints (R = L = const.) signalisiert eine asymmetrische Beleuchtungssituation, z. B. übermäßig viel Außenlicht auf dem betreffenden Kanal.
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Der Mikrocontroller dieses Kanals teilt dem anderen Mikrocontroller oder der State-Machine des anderen Kanals das nahezu Erreichen oder Übersteuern des Kanals mit. Die unterbelichtete Seite kann dann aufmachen.
- 2) Absichtliches Betreiben in dem HDR-Differenzmode kann dazu führen, dass der Kanal, der heller (transparenter) geschaltet wird, insbesondere wenn dieser versehentlich oder absichtlich zu schnell und zu umfänglich transparent geschaltet wird (delta t, delta T relativ hoch), eine kontralaterale Pupillenkontraktion auf dem anderen Kanal hervorruft.
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Um diesen Effekt zu berücksichtigen (zu kompensieren = Gegenkopplung oder ggf. absichtlich zu verstärken = Mitkopplung), wird der andere Kanal in sanfter und geeigneter Weise so gesteuert, dass es einerseits zu einer verbesserten Sicht für das andere Auge kommt, aber so sanft, dass es NICHT zu einer erneuten kontralateralen Übertragung auf den initial beeinflussten Kanal (Ausgangspunkt) kommt – d. h. ein Aufschaukeln des Gesamtsystems bestehend aus beiden Pupillen und beiden softwaregesteuerten Kanälen wird abdämpfend verhindert, je nach a) Außenlichtsituation, b) Arbeitspunkten der beiden Regler und c) Transienten/Beleuchtungsänderungen auf den jeweiligen Kanälen (heller Tag, bewölkter Tag), Nähe zum Regleranschlag (ganz offen, ganz zu) und Differenz zwischen den Reglern.
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3) Medizinische und psycho-pathologische Indikationen:
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- 3a) Für Patienten mit einem relativen afferenten Pupillendefekt (RAPD) kann in der Software des Mikrocontrollers das rechts-links Pupillenverhaltensmuster des Patienten hinterlegt werden, so dass beim Betrieb innerhalb der beiden oben genannten Modi (1 und 2) deren Pupillenverhalten mit der jeweils korrekten LC-Transparenz derart berücksichtig wird, dass die wahrgenommene Helligkeit immer konstant ist oder bestimmten gewünschten Setpoints entspricht.
- 3b) Für Patienten mit einem ärztlich verordneten rechts-links Sehtraining (nach Schlaganfall etc.) kann optional eine Seite permanent oder nach bestimmten zeitlichen Mustern wechselweise dunkler oder heller geschaltet werden.
- 3c) Für Einsatzkräfte in Stresssituationen (z. B. Soldaten im Einsatz), die einen akut erhöhten Adrenalinpegel und somit generell geweitete Pupillen haben, kann die Software per Befehl (Taster) die Transmission entsprechend verringern (leicht abdunkeln), damit die visuelle Wahrnehmung bei Helligkeit angenehmer ist.
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Positionierung der Fotosensoren
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Der Fotosensor hat einen gewissen Abstand (typischerweise 1–3 mm) zur IC-Zelle, so dass aufgrund seines Öffnungswinkels die effektiv betrachtete LC-Fläche größer ist, als die Chipfläche. Dies führt zu einer besseren Mittelung der Helligkeit und einer genaueren/stabileren Messung im Falle von punktueller IC-Domainbildung, oder im Falle von punktueller Verschmutzung auf der Gegenseite der LC-Zelle.
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Aus Sicherheitsgründen und aus thermischen Gründen wird ohnehin ein äußeres Brillen-Schutzglas, welches auch das Design und Antlitz der Brille ausmacht, in einem Abstand von 1–3 mm vor der LC-Zelle angebracht, so dass solche punktuellen Verschmutzungen (kleine Fliegen, Staubkörner, etc.) keinen Einfluss auf das LC und schon gar keinen Einfluss auf den Fotosensor mehr haben. (siehe Skizze).
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Sicherheitsprüfung parallel zur Regelung
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Zudem sind alle innenliegenden Fotozellen mindestens doppelt oder gar dreifach ausgelegt – aber nicht nur zur Berechnung der mittleren Helligkeit im wahrscheinlichsten Ortsmittel der Pupille (Geradeaussicht, wie oben bei „Triangulation/Pythagoras” beschrieben), sondern auch aus Sicherheitsgründen, indem mittels „rein logischem Vergleich” (z. B. 2 Sensoren zeigen ähnliche Helligkeit und nur einer zeigt gar keine Helligkeit) die Software ggf. einen bestimmten Fotosensor im Falle von dessen Verschmutzung oder Defekt einfach ignoriert und nur noch die beiden funktionieren Fotosensoren berücksichtigt.
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D. h. die Software besteht nicht nur aus permanent berechnenden Regler-Komponenten, sondern auch aus rein logischen Sicherheitsroutinen (separate State-Machines), die ständig parallel zum Regeln die Funktion der Brille sicherstellen – also nicht nur im Rahmen einer Initialisierungsroutine beim Einschalten, sondern tatsächlich auch während des Regelbetriebs.
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In diesem Zusammenhang sei noch angemerkt, dass die fehlerunanfälligsten Brillen dieser Art (für automotive Anwendungen) entsprechend der ASIL NORM zugelassene Dual- oder Tri-Core-Prozessoren beinhalten, die sowohl Hardware als auch Software auf Fehler prüfen.
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Weitere Einzelheiten und Merkmale ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von bevorzugten Ausführungsbeispielen in Verbindung mit den Unteransprüchen. Hierbei können die jeweiligen Merkmale für sich alleine oder zu mehreren in Kombination miteinander verwirklicht sein. Die Möglichkeiten, die Aufgabe zu lösen, sind nicht auf die Ausführungsbeispiele beschränkt. So umfassen beispielsweise Bereichsangaben stets alle – nicht genannten – Zwischenwerte und alle denkbaren Teilintervalle.
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Ein Ausführungsbeispiel ist in der Figur schematisch dargestellt. Im Einzelnen zeigt:
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1 eine schematische Darstellung in einer Schnitt-Aufsicht der elektronischen Brille.
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Im Folgenden wird teilweise auf 1 Bezug genommen. Alles Nachfolgende gilt immer für 1 Auge (rechts oder links, auch „ein Kanal” genannt). Ein Kanal besteht aus mindestens einer LC-Zelle (oder mehrerer hintereinander geschalteter LC-Zellen – sogenanntes „stacking” – typischerweise aber 2 Zellen in Reihe) welche je nach Anwendung geeignetes, schnelles und kontrastreiches LC-Material (TN, STN, Fe-LC) beinhaltet.
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Die vom menschlichen Körper entferntere Zelle wird als „distal” bezeichnet, die am Auge befindliche als „proximal”.
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Hinter der proximalen Zelle befinden sich in einem gewissen Abstand (typ. 1–3 mm) ein bis drei komplexe Fotosensoren IL1, IR1, die in Blickrichtung den Lichteinfall durch die LC-Zelle LC 1L, LC 2L, LC 1R, LC 2R aufnehmen, gleichsam wie das menschliche Auge, wobei ein einzelner Fotosensor wiederum aus mindestens 3 Sensoren besteht, die ein orthogonales x-y-z-Koordinatensystem aufspannen – wobei der Vektor (1, 1, 1) in Blickrichtung zeigt.
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Alternativ zu dem x-y-z-Fotosensor ist es möglich, einen Fotosensor-Array zu verwenden, welcher ähnlich einem Facettenauge (auch Fliegenauge oder oculu compositi genannt) über deutlich mehr als nur 3 orthogonale Kanäle verfügt.
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Jeder Kanal kann die Helligkeit in einem großen Dynamikbereich messen, so dass dem Mikroprozessor ein „grobes Bild” übermittelt wird.
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Alternativ zu einem solchen „groben Bild” ist auch ein mit optischen Linsen abbildendes System, auch Kamera genannt, mit deutlichen höheren Auflösungen vorgesehen – z. B. eine 5-MPix-Kamera bei gleicher Miniaturbaugröße, die wenige Quadratmillimeter nicht überschreitet, ähnlich wie sie bereits in Smartphones und Notebooks eingesetzt werden. Das von solch einer Kamera an den Prozessor übermittelte Bild ist feiner aufgelöst: der Dynamikumfang und die Linearität zur Messung der Helligkeit wird durch den Einsatz hochdynamischer Chipmaterialien sichergestellt, ähnlich wie in der analytischen medizinischen Fotographie.
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Aus reinen Sicherheitsgründen werden pro Auge E(L), E(R) (Kanal) mindestens 3 solcher komplexer Fotosensoren verwendet (x-y-z oder Facetten oder Kamera).
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Wellenlängenneutral – bei Tag und bei Nacht.
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Alle oben genannten Fotosensoren können physikalisch ausgestaltet sein als Photodioden, Phototransistoren, Photozellen, usw. Jedenfalls ist allen gemeinsam, dass diese farbneutral reagieren, indem sie die Farbempfindlichkeitskurve des Auges, die sogenannte V-Lambda-Funktion nach DIN 5031, mit einrechnen.
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Derartige Fotozellen werden beispielsweise in der Fotographie zur farbneutralen Belichtungsmessung eingesetzt – die einige wenige Hersteller anbieten.
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Per Software kann, je nach Umgebungshelligkeit – gemessen durch einen Außensensor OL, OR, oder abgeleitet aus Stellgröße und Sollwert des Reglers MC – bei hauptsächlicher Dunkelheit ein Look-Up-Table (LUT) in den Rechenalgorithmus einbezogen werden, der die V'-Werte für Nachtsicht beinhaltet und einberechnet, so dass der sogenannte Purkinje-Effekt (die erhöhte Blauempfindlichkeit bei Nacht) berücksichtigt wird.
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Berücksichtigung der individuellen und altersabhängigen Blendempfindlichkeit Es gibt empirische Studien zur Blendempfindlichkeit von Menschen, insbesondere winkelabhängig und altersabhängig [Adrian and Bhanji 1991 – Illumination Engineering Society of North America]
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Freiform Linse
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Vorgeschlagen wird die physikalisch-mechanische Umsetzung der o. g. Formel in eine entsprechende Freiform-Linse aus transparentem Material (Glas, Kunststoff, Flüssigkeit, etc.), die die Augenempfindlichkeitsformel in konkrete Physik derart umsetzt, dass man diese, vor einem Fotosensor angebracht, zur richtungsempfindlichen Messung von Helligkeit einsetzen kann, so wie es auch das menschliche Auge macht.
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Mit anderen Worten wird ein „künstliches Auge” kreiert, welches sich über den Einfallswinkel ebenso blendungsempfindlich zeigt wie ein menschliches Auge.
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Die Annäherung an ein „künstliches Auge” wird also nunmehr durch 2 Faktoren unterstützt:
- 1) Berücksichtigung der V-Lambda-Funktion und V'-Lambda-Funktion (Purkinje-Effekt bei Nacht)
- 2) Berücksichtigung der winkelabhängigen Blendungsempfindlichkeit.
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FREIFORM-KANAL
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Anstelle dieser Linse kann vereinfachend auch ein entsprechend per Freiformberechnung geformter schwarzer Kanal verwendet werden (im Wesentlichen eine Bohrung), an dessen Ende sich besagte Fotozelle befindet, so dass diese Fotozelle einen Öffnungswinkel erhält, der der Empfindlichkeit des menschlichen Auges entspricht.
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SOFTWARE MIT CAMERA
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Anstelle einer Freiform-Linse und anstelle eines Freiform-Kanals (siehe oben) kann Idealerweise die Formel zur Blendungsempfindlichkeit rein als Algorithmus in die Software implementiert werden, die auch das hochauflösende/hochdynamische Bild der Kamera empfängt, da in einem Kamera-Bild auch die Richtungsinformation und Helligkeit pro Pixel enthalten ist.
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Das Kamera-Bild kann dann mit individuellen (altersabhängigen) Bewertungsformeln gewichtet werden, zumal man sein persönliches Alter oder sonstige individuelle Präferenzen oder ärztliche Indikationen/Empfehlungen bezüglich Blendungsempfindlichkeit über eine beliebige Mensch-Maschine-Schnittstelle (Tasten an der Brille, USB-PC-Software-Schnittstelle, Smartphone-App via (Bluetooth)-Funk) eingeben kann – sei es dauerhaft gespeichert oder je nach Anwendung und Nutzer unterschiedlich (Abrufbare Profile: Sportart- und/oder Nutzerprofile)
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Eyetracker einfacher Art ET(L), ET(R)
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In Analogie zu den oben genannten Fotosensoren oder Kameratypen, die ein menschliches Auge simulieren, wird im inneren der Brille, an ungefähr der exakt gleichen Stelle, an der sich dieser Sensor befindet, ein zweiter Sensor platziert, aber genau in umgekehrter Richtung, also zum Auge hin gewandt, das Auge beobachtend.
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Idealerweise kann dieser Sensor also auf der Rückseite des vorgenannten Sensors sein, oder leicht versetzt daneben, je nach räumlicher Gestaltung.
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Jedenfalls beobachtet dieser Sensor das menschliche Auge, und in Analogie zu den oben genannten Sensortypen (Fotozelle mit Linse oder in Bohrung oder kombiniert, Facettenauge mit vielen Fotozellen, oder als abbildende Kamera) können diverse Arten von Sensoren eingesetzt werden, angefangen von relativ einfachen und kostengünstigen Fotosensoren oder Facettensensoren bis hin zu höher auflösenden abbildenden Kamerasystemen.
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Im einfachsten Fall wird die Blickrichtung nur grob erfasst. Insbesondere die Zinks-rechts-Bewegung des Auges lässt sich sogar am weißen Teil des Auges (Lederhaut), insbesondere bei jüngeren Menschen mit weiten Augen, einfach detektieren, indem eine codierte Infrarot-Lichtschranke eingesetzt wird.
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Infrarotlicht wird nicht vom Auge wahrgenommen, aber vom Auge unterschiedlich reflektiert, je nach Blickrichtung. Die Codierung der IR-Quelle ist notwendig, damit es nicht zur Verwechslung mit anderen Lichtquellen und Reflexionen auf der Empfängerseite kommt.
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Die Codierung muss nicht einem (geheimen) Schlüssel folgen, sondern kann im einfachsten Fall zyklisch sein, z. B. 10 kHz Rechteck mit bekannter Frequenz und Phasenlage. Aus der Frequenz, aber insbesondere der Phasenlage, kann ein Phase-Sensitive Detektor (PSD), auch Boxcar-Amplifier genannt, nach Tiefpass-Integration über ca. 10 Zyklen, also mit immerhin 1 kHz eine sehr genaue Amplitudenmessung bezüglich des Sendersignals machen, selbst dann wenn dieses „tief verborgen” im Rauschen anderer IR-Signale ist.
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Dies ist nur ein Beispiel für einen einfachen Eyetracker. Man kann auch die Pupillenstellung mit einem sehr ähnlichen Verfahren ermitteln – ebenfalls in Reflexion, aber dann bezüglich der Absorption in der Pupille (quasi schwarzes Loch) – anstelle der Reflexion an der weissen Lederhaut.
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Da Reflexions-Lichtschranken sehr kostengünstig sind, können durchaus sowohl innen am Auge (Nasennähe) als auch außen am Auge (Schläfennähe) solche Sensoren angebracht werden, ggf. auch noch mittig unter dem Auge (Blick nach oben/unten erfassend) – also durchaus 2 bis 3 Sensoren.
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Mehrere solcher Sensoren erhöhen die Messgenauigkeit bezüglich der Blickrichtung. Idealerweise wird jedoch ein Eyetracker verwendet, der eine winzige hochauflösende abbildende Kamera verwendet, ähnlich wie in Smartphones oder Notebooks verwendet, die auch nicht größer ist als wenige Quadratmillimeter.
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Diese Kamera erfasst die Pupillenstellung bezüglich Blickrichtung und somit aller Winkel.
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KORRELATIONSBERECHNUNG aus Fotosensoren und Eyetracker
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In diesem Anspruch werden nun die Richtungs- und Helligkeitsinformationen der Fotozellen/Kamera mit der Blickrichtung per Software mathematisch korreliert.
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Korreliert bedeutet zum Beispiel, dass zunächst die Blickrichtung (Winkelkoordinaten) als Ausgangsgröße genommen wird, dann wird zeitgleich (in Echtzeit) die einfallende Helligkeit unter exakt dem gleichen Winkel mit der Kamera, die durch die IC-Zelle schaut, gemessen und konstant geregelt.
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Da es sich um einen Echtzeit-PID-Regelkreis handelt, bei dem die die Regelabweichung stets Null ist, wird die Helligkeit in Blickrichtung immer und stets konstant sein – nämlich dem eingestellten Setpoint (= Sollwert) entsprechend.
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Wenn diese Regelung sehr exakt funktioniert, was unter Einsatz von Hochtechnologie möglich wäre, würde die Pupille auf der Hauptachse niemals einen Helligkeitsunterschied erfahren.
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Dies könnte zu Artefakten in der Wahrnehmung führen, so dass die Software absichtlich etwas verlangsamt bzw. in leichten Winkelabstufungen die Helligkeit nachregelt – z. B. wird erst, wenn der Anwender wirklich genau in die Blendquelle ganz links außen (z. B. Autogegenverkehr) schaut, sofort auf konstante Helligkeit geregelt, ansonsten wird, wenn sich die Pupille nur in geringem Maße in der Mitte hin und her bewegt, aus der kein Gegen-Blendlicht rührt, nur auf diese Helligkeit konstant geregelt.
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Mit anderen Worten, die oben besagte individuelle und altersabhängige Blendempfindlichkeitsfunktion, die in der Software hinterlegt ist, wird wie eine Schablone (z. B. multiplikative Gewichtung) über das Signal der Empfangskamera gelegt, die nach vorne schaut – und obwohl sich diese Kamera NICHT wie ein Augapfel bewegt, sondern eben starr geradeaus montiert ist, wird „quasi inwendig”, aufgrund des Eyetracker-Signals, diese Schablone in diesem künstlichen Auge gemäß der Augapfel-Bewegung mitverschoben!
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Damit ist praktisch ein künstliches Auge geschaffen, welches die individuelle blickwinkelabhängige Blendempfindlichkeit inkorporiert und dem Echtzeit-PID-Regelkreis als Führungsgröße (auch „Istwert” genannt) dient.
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Es ist dem Programmierer und Anwender überlassen, die Algorithmen sanfter oder stärker auszuprägen, je nach Sportart, Anwendung usw.
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Puls-Shaping bei den LC-Zellen
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- Typ 1: Bei beiden IC-Zellen kann es sich um Zellen handeln, die im spannungslosen Zustand jeweils transparent sind, um im Falle eines System- oder Spannungsausfalls in jedem Falle die normale Sicht zu ermöglichen.
- Typ 2: Für Hochsicherheitsanwendungen, bei denen von einer permanenten Blendungsgefahr im Arbeitsbereich auszugehen ist (LASER-Labor, Lichtbogenschweißen, etc.), können LC-Zellen eingesetzt werden, die genau umgekehrt arbeiten, d. h. die im spannungslosen Zustand komplett dunkel geschaltet sind, und nur durch Drücken eines Sicherheitsschalters oder dergleichen in Richtung transparent freigegeben werden.
- Typ 3: Die dritte Möglichkeit besteht aus einer Mischung von Typ-1- und Typ-2-Zellen, also einer im spannungslosen Zustand durchlässigen und einer geschlossenen Zelle. Diese Anordnung kann dazu genutzt werden, die Flankensteilheit bei der aufsteigenden UND der fallenden Flanke eines optischen Pulses zu verbessern, im Sinne von Transparentschaltung für einen Bruchteil einer Sekunde in Form eines Rechteckpulses auf der Zeitachse (Rechteck mit hoher Flankensteilheit auf dem optisch messenden Oszilloskop-Bild).
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Der Vorteil besteht in geringerem Übersprechen und sonstigen kontrastvermindernden Artefakten (Crosstalk) in Synchron-Anwendungen mit einer Eigenlichtquelle oder mehreren Teilnehmern.
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zitierte Literatur
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zitierte Patentliteratur
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zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Adrian, W. and Bhanji, A. (1991). ”Fundamentals of disability glare. A formula to describe stray light in the eye as a function of the glare angle and age.” Proceedings of the First International Symposium an Glare, Orlando, Florida, pp. 185–194.