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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zur kontinuierlichen Detektion und Analyse einzelner luftgetragener Partikel (sog. Aerosole), insbesondere im Größenbereich von Feinstaub. Sie erlaubt somit die Überwachung der Partikelbelastung – ein relevanter Parameter zur Bestimmung der Luftqualität – in geschlossenen Räumen wie z. B. in Gebäuden und Fahrzeugen.
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Partikeldetektoren nach dem Stand der Technik werden für die Messung eines breiten Konzentrationsbereichs, angefangen bei hohen Konzentrationen z. B. bei Rauchmeldern bis hin zu niedrigen Konzentration für die Bestimmung der Feinstaubbelastung, eingesetzt. Diese Detektoren lassen sich in drei Messprinzipien einordnen: Inline-, Online und Offline-Methoden. Bei Inline-Methoden wird die gesamte Luft des zu messenden Volumens für die Messung herangezogen, wohingegen Online-Methoden ein Probevolumen aus dem Gesamtvolumen extrahieren. Offline-Verfahren fangen die zu messenden Partikel aus der Luft auf und speichern diese für eine später zu erfolgende Analyse. Für die vorliegende Erfindung ist nur der Stand der Technik von Online-Verfahren von Interesse.
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Kommerzielle Online-Partikeldetektoren basieren nahezu ausschließlich auf optischen Messprinzipien. Darunter ist die Streulichtmessung das dominierende Verfahren. Ein partikelbeladener Luftstrom (Aerosol) wird in den Partikelzähler geleitet und mit einem partikelfreien Mantelluftstrom (Sheath air) durch ein definiertes Messvolumen (sensitive volume) geführt. Der Luftstrom wird mit einer Pumpe, die am Ausgang des Systems positioniert ist, durch Ansaugen erzeugt. Für die korrekte Funktionsweise des Partikelzählers ist es wichtig, dass sich immer nur ein Partikel in diesem Messvolumen befindet. Das Messvolumen wird von einem fokussierten Lichtstrahl oder Laser beleuchtet. Treffen die Lichtstrahlen auf einen Partikel, wird der Lichtstrahl von diesem gestreut und gelangt zu einem Fotodetektor, der das Streulicht auffängt, in ein elektrisches Signal wandelt und verstärkt.
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Optische Partikelzähler erfordern mindestens zwei Komponenten: die Lichtquelle und einen Fotodetektor. Diese müssen genau zueinander ausgerichtet werden, um die geforderte Sensitivität zu erreichen. Um Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von 10 μm und kleiner, der Größenbereich von Feinstaub, zu detektieren, sind weitere optische Komponenten erforderlich, die die Komplexität des Gesamtsystems deutlich erhöhen. Dabei bezeichnet der aerodynamische Durchmesser eine Äquivalenzgröße, da sich die Form und Zusammensetzung individueller Partikel nur schwer bestimmen lässt: der aerodynamische Durchmesser ist der Durchmesser einer Kugel mit einer Dichte von 1 g/cm3, die dieselbe Sinkgeschwindigkeit hat, wie das tatsächliche Partikel.
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Insbesondere die Detektion von Partikeln, die kleiner als die Wellenlänge der eingesetzten Lichtquelle sind, erfordern komplexe Zusatzelemente, wie z. B. eine Kondensationszelle. Die damit einhergehenden hohen Kosten verhindern den breiten Einsatz von optischen Partikelzählern.
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Alle optischen Detektionsverfahren haben eine untere Nachweisgrenze, die durch das Beugungslimit bestimmt wird. Dies führt dazu, dass kein zusammenhängendes physikalisches Modell verwendet werden kann, das den Zusammenhang zwischen gestreutem Licht und Partikeldurchmesser beschreibt. Der Größenbereich von Feinstaub umfasst alle Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser kleiner 10 μm, womit auch Partikel eingeschlossen sind, die deutlich kleiner als die Wellenlängen des sichtbaren Lichts sind (300–700 nm). Für den Feinstaubbereich muss daher die Rayleigh-Streuung für kleinste Partikel, die Mie-Streuung für den Übergangsbereich und die klassische Brechung für die größten Partikel für die Auswertung herangezogen werden. Dies erschwert die eindeutige Korrelation zwischen Partikeldurchmesser und Ausgangssignal. Weiterhin muss der optisch bestimmte Durchmesser nicht mit dem aerodynamischen Durchmesser übereinstimmen, was eine Kalibrierung des Partikelzählers mit bekannten Partikeln erfordert. Ein weiterer Nachteil der optischen Detektionsverfahren ist die Unfähigkeit, Aussagen über die Zusammensetzung der Partikel zu gewinnen. Die Systeme messen lediglich Anzahl und Größe, erlauben aber z. B. keine Analyse des Wasseranteils im Feinstaub.
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Da die Streulichtmessung einen komplexen Aufbau erfordert und damit eine kostengünstige Herstellung verhindert, existieren einige alternative Ansätze, deren Prinzip auf der Erfassung von luftgetragenen Partikeln mittels elektrischer Felder beruht. Der Ausgangspunkt aller dieser Prinzipien ist die Tatsache, dass die Permittivität aller Feststoffe oder Flüssigkeiten immer größer als die von Luft ist. Ein elektrisches Feld, das sich in einem bestimmten, luftgefüllten Volumen ausbreitet, wird also durch das Eintreten eines Partikels in dieses Volumen verändert. In einer Reihe von Patenten und Veröffentlichungen werden Konzepte gezeigt, die diese Veränderungen messen und so für die Detektion der Partikel nutzbar machen. (siehe hierzu:
DE 10 2006 032 906 B4 ,
DE 34 14 542 C2 ,
DE 195 36 705 A1 ,
DE 10 2004 059 650 A1 und
DE 10 2010 029 575 A1 ).
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Allerdings haben auch die aus dem Stand der Technik bekannten und auf der Interaktion mit einem elektrischen Feld beruhenden Konzepte Nachteile.
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So wird mit der
DE 10 2006 032 906 B4 eine Vorrichtung zur Erfassung und Bewertung von Partikeln in einem Gasstrom vorgestellt, die ein elektrisches Feld in einer Durchströmöffnung aufweist, und einzelne Partikel durch eine Veränderung des Stromflusses detektiert. Vorzugsweise ist die Feldstärke in der Durchströmöffnung dabei so gewählt, dass ein Partikel einen Spannungsdurchbruch induziert. Nachteilig an der beschriebenen Anordnung ist, dass die Elektroden im Bereich der Messstrecke offen liegen. Eine induzierte Entladung kann einen selbsterhaltenden Zustand erreichen, in dem Ladungsträger ständig aus den Elektroden nachgeführt werden. Zum einen kann dies zur Beschädigung der Vorrichtung aufgrund der Wärmeentwicklung führen und zum anderen erfordert die beschriebene Vorrichtung zusätzliche Elemente zur Unterdrückung der selbstständigen Entladung.
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In
EP 06 44 415 A1 wird eine Vorrichtung zur Erfassung einzelner, geladener Partikel im Abgasstrom einer Anlage für die Halbleitertechnik beschrieben. Die Partikelerfassung erfolgt auch hier mittels induzierten Spannungsdurchbruchs. Nachteilig ist, dass auch hier die Elektroden im Bereich der Messstrecke offen liegen und die induzierte Entladung einen selbsterhaltenden Zustand erreichen kann. Weiterhin benötigt die Vorrichtung elektrisch geladene Partikel für die beschriebene Funktion.
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Mit der
DE 195 36 705 A1 werden ein Verfahren und eine Vorrichtung zur quantitativen Bestimmung der in einem Gasstrom enthaltenen, elektrisch leitenden und/oder geladenen Partikel vorgeschlagen. Nachteilig ist, dass das Verfahren nur auf elektrisch leitende bzw. geladene Partikel anwendbar ist und dass es sich bei der Messung um einen Summenparameter und nicht um eine Einzelpartikelerfassung handelt.
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In
DE 10 2010 029 575 A1 wird ein Verfahren zur Erfassung von Partikeln in einem Abgasstrom beschrieben. Nachteilig ist, dass es sich bei der Messung ebenfalls um einen Summenparameter und nicht um eine Einzelpartikelerfassung handelt.
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In
DE 34 14 542 C2 wird eine Vorrichtung zur Messung des Anteils von Rußpartikeln im Abgas von Dieselmotoren beschrieben. Nachteilig ist, dass das Verfahren nur auf elektrisch leitende bzw. geladene Partikel anwendbar ist und dass es sich bei der Messung um einen Summenparameter und nicht um eine Einzelpartikelerfassung handelt. In
DE 10 2004 059 650 A1 wird ein resistives Messverfahren zur Erfassung von Rußpartikeln in einem Abgasstrom beschrieben. Nachteilig daran ist, dass sich die Partikel für die Messung an den Elektroden anlagern müssen, so dass letztere in regelmäßigem Intervall gereinigt werden müssen.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es deshalb, die aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile zu überwinden und eine auf der Interaktion mit elektrischen Feldern arbeitende Vorrichtung und ein dazugehöriges Verfahren zur kontinuierlichen Detektion und Analyse von Partikeln in Aerosolen bereitzustellen, mit denen die Anzahl und die Größenverteilung der in einem Aerosol in einem gegeben Volumen enthaltenen Partikel einfach und kostengünstig ermittelt und einzelne Partikel anhand ihrer Permittivität klassifiziert werden können.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe vorrichtungsseitig mit den Merkmalen des ersten Patentanspruchs und verfahrensseitig durch die im neunten Patentanspruch aufgeführten Merkmale gelöst.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Vorrichtung sind in den Unteransprüchen 2 bis 8 gekennzeichnet, während bevorzugte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens in den Unteransprüchen 10 und 11 angegeben sind.
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Mit der vorliegenden Erfindung werden nach dem Prinzip der Interaktion mit elektrischen Feldern einzelne Partikel in einem gegeben Volumen (z. B. in einem Raum) kontinuierlich detektiert. Mit der Analyse eines durch die erfindungsgemäße Vorrichtung geleiteten Probenvolumens werden die Anzahl und die Größenverteilung der darin enthaltenen Partikel ermittelt. Weiterhin erlaubt die Messung einer Kapazitätsänderung im Partikelstrom die Klassifizierung einzelner Partikel anhand ihrer Permittivität. Somit ist ein Rückschluss auf die Zusammensetzung des Partikelstroms möglich.
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Die Erfindung geht über bestehende Lösungen hinaus, indem die Fluidik, die die Partikelgeschwindigkeit am Ort des Detektors steuert, zentraler Bestandteil der Anordnung und des Verfahrens ist. Die Erzeugung des Luftstroms erfolgt durch das Venturi-Prinzip, was einen robusten Betrieb parallel geschalteter Detektoren ohne Querbeeinflussung ermöglicht. Weiterhin reduziert die Einfachheit des Detektors die Kosten für den Aufbau eines Partikelmesssystems und ermöglicht so die Erschließung neuer Einsatzgebiete.
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Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung sind dem nachfolgenden Beschreibungsteil zu entnehmen, in dem die Erfindung unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen näher erläutert wird. Es zeigt:
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1 – Prinzipdarstellung der erfindungsgemäßen Vorrichtung
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2 – Ausführungsbeispiel für einen Partikeldetektor
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3 – Strom-Zeit-Verlauf eines erfindungsgemäß verwendeten Partikeldetektors
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4 – Ausführungsbeispiel für das größenselektive Sortieren im mikrofluidischen System
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5 – zeitlicher Verlauf der Kapazitätsänderung bei strömungsgetriebener Partikelbewegung
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6 – zeitlicher Verlauf der Kapazitätsänderung bei sedimentationsgetriebener Partikelbewegung
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7 – Ausführungsbeispiel für das Aufkonzentrieren im mikrofluidischen System
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8 – Geometrie zur Erzeugung eines Unterdrucks auf Basis des Venturi-Prinzips
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9 – Nichtlinearer Zusammenhang zwischen dem angelegten Eingangsdruck und dem sich einstellenden Druck im Detektorkanal
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Die Erfindung beruht auf der Interaktion der Partikel mit einem elektrischen Feld zum Nachweis und zur Analyse. Diese Interaktion kann auf zwei Weisen genutzt werden, um die Anwesenheit einzelner Partikel zu detektieren und Aussagen über deren Zusammensetzung zu treffen: mittels induziertem Durchbruch und über die Änderung der Kapazität der Elektrodenanordnung. Eine detaillierte Beschreibung der Prinzipien erfolgt weiter unten.
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Ein Detektor besteht somit aus einer Anordnung von Elektroden, die ein elektrisches Feld erzeugen durch welches der partikelbehaftete Luftstrom geführt wird. Mehrere Detektoren in serieller und/oder paralleler Anordnung bilden das Gesamtsystem. Ein mikrofluidisches Netzwerk verbindet die einzelnen Komponenten und stellt die Verbindung zur Umgebung her.
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Das mikrofluidische System zur Führung des partikelbehafteten Luftstroms geht über das der optischen Detektoren hinaus und erfüllt wesentliche, zusätzliche Funktionen: es teilt den Luftstrom auf mehrere, parallel angeordnete Detektoren auf, sortiert die Partikel anhand des aerodynamischen Durchmessers, konzentriert die Partikel durch gezieltes Entfernen überschüssigen Luftvolumens und kontrolliert die Fließgeschwindigkeit am Ort des Detektors.
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Im Gegensatz zu herkömmlichen Partikeldetektoren wird keine Saugpumpe zur Erzeugung des Luftstroms verwendet, sondern das Venturi-Prinzip genutzt. Dies ermöglicht den parallelen Betrieb der Detektoren ohne gegenseitige Querbeeinflussung aufgrund von Verstopfung.
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Das Zusammenspiel aus Detektor und mikrofluidischen System ist wesentlich für die beschriebene Anordnung. Nur in Kombination kann die angestrebte Funktion erfüllt werden.
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Eine Prinzipdarstellung der erfindungsgemäßen Vorrichtung ist in 1 gezeigt. Sie umfasst mehrere Ausprägungen von Komponentenanordnungen. Allen Varianten gemein ist, dass ein Vorfilter (6) am Einlass (E) Partikel entfernt, die größer als der festgelegte Größenbereich sind. Die Pumpe (17) erzeugt einen konstanten Überdruck und erzeugt so über die Venturi-Strukturen (V) in jedem Detektorkanal den notwendigen Unterdruck für den Luftstrom. Die weiteren Funktionen werden in den nächsten Abschnitten näher erläutert.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung umfasst mehrere Partikeldetektoren in serieller und/oder paralleler Anordnung. In 2 ist eine Ausführungsform eines Partikeldetektors dargestellt. Er umfasst zwei gegenüberliegende Elektroden (2), wobei eine Elektrode mit dem Hochspannungspotential verbunden ist und die andere Elektrode mit der Auswerteeinheit. Außerdem ist mindestens eine Elektrode mit einem Dielektrikum (3) versehen. Die Feldstärke im Zwischenraum zweier Elektroden (2) wird durch die angelegte Spannung so eingestellt, dass es noch nicht zu einem elektrischen Durchbruch kommt. Ein Partikel (P) verzerrt das elektrische Feld (4) aufgrund seiner Permittivität so, dass Feldspitzen entstehen und der elektrische Durchbruch initiiert wird. Der Stromimpuls wird gemessen und das Ereignis zum Zählen des Partikels genutzt. Die angelegte Spannung muss knapp unterhalb der Durchbruchspannung eingestellt werden, sodass keine ungewollten Durchbrüche ohne Anwesenheit eines Partikels auftreten und damit falsche Zählimpulse entstehen.
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Der Signalverlauf des beschriebenen Detektors ist in 3 gezeigt. Ein Partikel löst zwar den Durchbruch (19) aus, den Verlauf des elektrischen Durchschlags beeinflusst er aber nicht in einem Maße, sodass aus den direkt messbaren Größen wie z. B. dem fließenden Strom oder der Dauer der Entladung Rückschlüsse auf seine Größe oder Eigenschaften gezogen werden können. Die Bestimmung der Partikelgröße leistet daher zum einen das mikrofluidische System durch die Vorselektion anhand des aerodynamischen Durchmessers (s. u.). Zum anderen kann die Auslöseschwelle des Partikelzählers aber durch die Feldgeometrie bestimmt werden: ist die Feldgeometrie groß gegenüber dem Partikel, reicht die durch ihn verursachte Feldverzerrung nicht aus, um eine Entladung zu zünden. Durch eine Hintereinanderschaltung (Kanal b in 1) mehrerer Detektoren (D1) mit variierender Geometrie kann so eine Größenunterscheidung realisiert werden.
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Für den kontinuierlichen Betrieb ist es erforderlich, dass die Elektroden des Detektors nicht in einem Maße beschädigt werden, das den Feldverlauf und die Durchbruchsspannung beeinflusst. Die bei einer Entladung freigesetzte Energie kann aber genau das hervorrufen. Eine wesentliche Neuerung des Messprinzips stellt daher die Ausnutzung einer dielektrisch behinderten Entladung dar: mindestens eine Elektrode der Anordnung ist mit einem Dielektrikum (3 in 2) versehen, die die Emission weiterer Ladungsträgern aus den Elektroden verhindert. Die induzierte Entladung kann demnach nicht durch das selbständige Nachführen von Ladungsträgern erhalten werden und ist somit in Größe und Dauer limitiert: sie ist selbststoppend. Die damit beabsichtige deutliche Reduktion der freigesetzten Energie verhindert die Beschädigung der Elektrodenanordnung sowie des Partikels.
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Weiterhin ist es für den kontinuierlichen Betrieb des Detektors notwendig, dass sich keine Partikel in der unmittelbaren Umgebung der Elektrodenanordnung anlagern und die Feldgeometrie beeinflussen. Der primäre Mechanismus dieser Anlagerung ist das Einfangen elektrisch geladener Partikel durch Elektrophorese. Mit einer vorteilhaften Ausgestaltung des mikrofluidischen Systems kann dies verhindert werden (s. u.).
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Wie bereits erwähnt, kann die Anwesenheit einzelner Partikel auch über die Änderung der Kapazität der Elektrodenanordnung detektiert werden. Für dieses Messprinzip können die gleichen Elektrodenanordnungen verwendet werden wie für die Detektion mit der induzierten Entladung (2). Nun wird allerdings eine Kapazitätsmessschaltung damit gekoppelt, die eine ausreichende Auflösung und Genauigkeit bietet. Die Gesamtkapazität der Anordnung wird fortlaufend in diskreten Zeitabständen gemessen und Änderungen registriert. Da alle Feststoffe und Flüssigkeiten eine Permittivität größer als Luft besitzen, muss sich die Kapazität der Anordnung bei Anwesenheit eines Partikels zwangsläufig erhöhen. Ziel ist es, diese Erhöhung zu detektieren und auszuwerten. Mit der Kapazitätsmessung lässt sich neben der Anzahl und Größe der Partikel auch deren Zusammensetzung klassifizieren, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (s. u.). Die Kapazitätsänderung ist zunächst abhängig von beiden Partikeleigenschaften Größe und Permittivität. Ein großes Staubpartikel mit einer niedrigen Permittivität kann dieselbe Kapazitätsänderung hervorrufen wie ein kleines Partikel mit einer hohen Permittivität. Betrachtet man nur die Kapazitätsänderung, ist eine Unterscheidung zwischen den Partikeln nicht möglich. Durch die vorteilhafte Ausgestaltung des mikrofluidischen Systems können aber die Voraussetzungen geschaffen werden, um diese Unterscheidung zu ermöglichen.
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Das mikrofluidische System erfüllt mehrere Aufgaben, die für den Betrieb der Anordnung erforderlich sind. Es stellt die für die Funktion der Detektoren wesentlichen Voraussetzungen her. Die Aufgaben des mikrofluidischen Systems werden im Folgenden erläutert und ihr Zusammenspiel mit den Detektorprinzipien herausgestellt. Dabei wird zwischen den Komponenten, die dem Detektor vorgeschaltet sind, und den nachgeschalteten Komponenten unterschieden.
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Die vorgeschalteten Komponenten üben eine lenkende Funktion aus. D. h. sie steuern und manipulieren den Partikelstrom. Folgende Aufgaben werden den vorgeschalteten Komponenten zugeordnet:
- • Größenselektives Sortieren des Partikelstroms in parallele Kanäle: Die Partikel werden aufgrund ihrer aerodynamischen Eigenschaften von einem Luftstrom beeinflusst und können mit ihm auf kurvenförmige Bahnen gelenkt werden. Sie folgen dann den Strömungslinien des Luftstroms. Sind die Kurvenradien hingegen genügend klein oder die Fließgeschwindigkeit hoch, überwiegt wiederum die Trägheit der Partikel und diese können dann der Strömungslinie nicht mehr folgen. Dieser Vorgang wird in der Literatur mit virtueller Impaktion bezeichnet. Ob der Einfluss der Trägheit bei einer gegebenen Strömungslinie überwiegt, kann mit der Stokes-Zahl beschrieben werden. Eine wichtige Eigenschaft der Stokes-Zahl ist, dass sie abhängig vom aerodynamischen Durchmesser des Partikels ist. Eine Verzweigung innerhalb des fluidischen Systems kann also so ausgeführt werden, dass sie den Partikelstrom gleichzeitig der Größe nach aufteilt. Ein Ausführungsbeispiel ist in 4 gezeigt. Die vorselektierten Partikel werden dann in die für diesen Größenbereich optimierten Detektoren geführt.
- • Größenunabhängiges Aufteilen des Partikelstroms auf parallele Kanäle: Alternativ kann eine Verzweigung aber auch so ausgeführt werden, dass der Partikelstrom nicht größenselektiv beeinflusst wird, um z. B. einen Teil des Luftstroms durch einen Bypass am Detektor vorbeizuführen.
- • Kontrolle der Fließgeschwindigkeit am Ort des Detektors: Die Kontrolle der Fließgeschwindigkeit ist eine wesentliche Voraussetzung für die Funktion der Detektoren und stellt somit eine der Neuerung der erfindungsgemäßen Vorrichtung dar. Mit der Fließgeschwindigkeit wird indirekt auch die Geschwindigkeit der Partikel beeinflusst. Der Nachweis durch induzierte Entladung und die Kapazitätsmessung stellen dabei unterschiedliche Anforderungen an diese Funktion:
• Für die kontinuierliche Funktion der Elektrodenanordnung auf Basis der induzierten Entladung ist es wesentlich, dass sich keine geladenen Partikel aufgrund von Elektrophorese in der Nähe der Elektroden ansammeln. Wird die Partikelgeschwindigkeit am Ort des Detektors aber so hoch gewählt, dass die Flugbahn des Partikels nicht wesentlich durch die Krafteinwirkung geändert wird, kann eine Anhaftung vermieden werden (Kanal a in 1).
• Für die Kapazitätsmessschaltung ist es wiederum erforderlich, dass die Messfrequenz der Messschaltung und die Fließgeschwindigkeit der Partikel im Zusammenhang mit der Feldgeometrie aufeinander abgestimmt sind. Somit wird die Verweilzeit des Partikels im elektrischen Feld so beeinflusst, dass mindestens eine Messung durchgeführt werden kann, solange der Partikel vollständig in das Feld eingedrungen ist und die maximale Kapazitätsänderung hervorgerufen hat. 5 zeigt die Signalkurve unter diesen Bedingungen. Unter der Voraussetzung, dass die Kapazitätsänderung über der Auflösungsgrenze der Messschaltung liegt und die Größe des Partikels zuvor z. B. durch größenselektives Sortieren bestimmt wurde, kann nun eine Aussage über Größe und Permittivität das Partikels getroffen werden, was wiederum eine Klassifizierung der Zusammensetzung ermöglicht. Es gilt zu betonen, dass die Information über die Partikelgröße nicht am Ort des Detektors gewonnen wird, sondern zuvor mit der größenselektierenden Anordnung des mikrofluidischen Systems (Kanal a in 1).
• Beeinflusst man die Fließgeschwindigkeit hingegen so, dass die Partikelbewegung nicht mehr durch das Fluid sondern durch die Sedimentation (hervorgerufen durch Gravitation) bestimmt wird, kann man anhand des aufgenommen Messsignals Permittivität und Partikelgröße voneinander unterscheiden. Eine Voraussetzung für diese Betriebsart ist, dass der Luftstrom vertikal geführt wird und die Partikel somit durch den Detektor hindurch zum Ausgang des Systems fallen. Beide Informationen werden nun am Ort des Detektors gewonnen. Die sich einstellende Sedimentationsgeschwindigkeit eines Partikels ist wiederum von dessen aerodynamischen Durchmesser abhängig. Aus der Verweilzeit im Detektor lässt sich bei bekannter Länge der Verweilerstrecke die Sedimentationsgeschwindigkeit und damit die Partikelgröße berechnen. Die nun bekannte Partikelgröße kann für die Berechnung der Permittivität aus der Kapazitätsänderung herangezogen werden (Kanal c in 1). Der Signalverlauf bei sedimentationsgetriebener Partikelbewegung ist in 6 dargestellt.
- • Aufkonzentration durch Entfernen überschüssigen Luftvolumens: Eine weitere neue Funktion, die mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung realisiert wird, ist die Aufkonzentration von Partikeln, die zu klein für eine direkte Analyse sind. Eine mikrofluidische Anordnung entfernt überschüssiges Luftvolumen, sodass sich die Partikel im reduzierten Luftstrom eines Kanals anreichern (s. 7). In diesem Kanal sind ein Detektor für die Kapazitätsmessung und ein Detektor für die induzierte Entladung hintereinander in Reihe geschaltet. Die Feldgeometrie der Kapazitätsmessung ist so gestaltet, dass sich genug Partikel im Feld befinden, um eine messbare Kapazitätsänderung hervorzurufen. Im Anschluss werden einzelne Partikel mit dem Entladungsdetektor gezählt. Mithilfe der beschriebenen Anordnung gelingt es, die Partikelzahl zu bestimmen und generelle Aussagen über deren Permittivität zu treffen (Kanal d in 1).
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Der durch einen Partikeldetektor hindurchfließende Partikelstrom wird durch eine nachgeschaltete Venturi-Düse erzeugt. Die Venturi-Düse setzt sich aus einem Abschnitt mit konvergierendem Querschnitt, einem Ansaugbereich und einem Abschnitt mit divergierendem Querschnitt zusammen. Am Ort des kleinsten Querschnitts, dem Ansaugbereich, tritt bei geeigneter Wahl der Strömungsverhältnisse im Venturi-Kanal ein Unterdruck auf, der dazu genutzt werden kann, in einem mit diesem Ansaugbereich verbundenen Kanal eine Strömung zu erzeugen. 8 zeigt beispielhaft eine Venturi-Düse mit einem Detektorkanal, der im Ansaugbereich mit der Düse verbunden ist.
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Der Vorteil gegenüber einer flussgeregelten Saugpumpe am Ausgang eines Detektorkanals offenbart sich beim parallelen Betrieb mehrerer Venturi-Düsen mit konstantem Eingangsdruck. Dazu soll ein Vergleich mit elektrischen Schaltungen gezogen werden: Die Pumpe mit Druckspeicher stellt einen konstanten Druck bereit, der analog zu einer elektrischen Spannung betrachtet werden kann. Der sich einstellende Strom wird durch den elektrischen Widerstand bzw. den fluidischen Widerstand im Kanal bestimmt. Der fluidische Widerstand bestimmt sich aus der Geometrie des Kanals. D. h. der Widerstand ist eine konstante, im Entwurfsprozess festgelegte Größe. RVenturi = f(Geometrie) ≅ const.
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Aufgrund seines kleinen Querschnitts hat der Ansaugbereich der Venturi-Düse auch den größten Einfluss auf den fluidischen Widerstand. Der Ansaugbereich dominiert daher den Gesamtwiderstand RVenturi der Venturi-Düse. Der im Ansaugbereich entstehende Unterdruck wiederum erzeugt den Fluss im Detektorkanal. Er ist also von der Form der Venturi-Düse, deren fluidischen Widerstand und dem angelegten Überdruck abhängig. Dabei ist nur der angelegte Druck ein globaler Parameter, der sich auf alle Venturi-Düsen auswirkt. pVenturi = f(p1, RVenturi)
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Unter der Voraussetzung, dass die Pumpe einen konstanten Druck bereitstellt, gibt es also keine Wechselwirkung zwischen parallelen Venturi-Düsen. Wird die Venturi-Düse eines Detektors verstopft, dann hat dies keinen Einfluss auf die anderen Detektoren, da sich deren Fluss nicht ändert. Dies ist ein Unterschied gegenüber einer flussgeregelten Saugpumpe, die den Luftstrom direkt durch die Detektorkanäle leitet: Wird ein Detektorkanal z. B. durch eine Verstopfung blockiert, dann erhöht sich bei konstantem Gesamtfluss die Flussrate durch die verbleibenden Detektoren. Diese Rückwirkung auf alle Detektoren beeinflusst somit die gesamte Funktion des Detektors.
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Ein weiterer Vorteil der miniaturisierten Venturi-Strukturen ist im nichtlinearen Zusammenhang zwischen angelegtem Überdruck und dem sich einstellenden Unterdruck zu finden. Denn eine Verdopplung des Eingangsdrucks führt nicht zu einer Verdopplung des Unterdrucks im Detektorkanal. Stattdessen folgt der Druck pv im Ansaugbereich (27) der in 9 dargestellten, nichtlinearen Druckkennlinie, wenn die geometrischen Abmessungen der Venturi-Düse geeignet gewählt sind. Die Druckkennlinie kann mit Hilfe der Länge und Breite des Kanals im Ansaugbereich (28) sowie dem Öffnungswinkel im Auslassbereich (28) beeinflusst werden. Dies ermöglicht es, neben der Flussrate sogar die Flussrichtung nur über den angelegten Eingangsdruck p einzustellen. Damit können verstopfte Detektorkanäle durch Hochdruckimpulse in regelmäßigen Abständen gereinigt werden.
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Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die in den Detektoren verwendete dielektrische Barriere den kontinuierlichen Betrieb einer Messanordnung ermöglicht, die auf dem induzierten elektrischen Durchschlag basiert, da sie selbstlöschend ist und die Begrenzung der umgesetzten Energie eine Beschädigung der Anordnung verhindert. Bei der Nutzung der Kapazitätsmessung erlaubt die Kontrolle der Fließ- und damit der Partikelgeschwindigkeit am Ort des Detektors die Bestimmung von Partikelgröße und Permittivität. Weiterhin entkoppelt die Erzeugung des Partikelstroms durch den Detektorkanal mit Venturi-Düsen die Strömungen zwischen parallel geschalteten Detektoren. Das Gesamtsystem ist damit weniger anfällig gegenüber der Verstopfung einzelner Detektoren. Das nichtlineare Verhalten der Venturi-Strukturen ermöglicht die Einstellung von Flussrate und Flussrichtung über einen einzigen Parameter: dem Eingangsdruck.
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Bei der erfindungsgemäßen Lösung erweist sich als besonders vorteilhaft, dass Aussagen über Flüssigkeitsanteil (aufgrund der hohen Permittivität von Wasser mit εr = 88) im Feinstaub realisierbar sind. Optische Partikelzähler liefern dazu keinerlei Aussagen. Zudem ist eine Präparation der Partikel wie z. B. durch eine Kondensationskammer oder Aufladung nicht erforderlich. Beide Detektionsprinzipien nutzen die Permittivität eines Partikels für die Messung. Die Permittivität von Festkörpern oder Flüssigkeiten ist aber immer höher als die von Luft, weswegen theoretisch jeder Partikel detektiert werden kann. Die Sensitivität eines Detektors ist daher lediglich von der Feldgeometrie bzw. der Genauigkeit der verwendeten Auswerteschaltung abhängig.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Isolierendes/Dielektrisches Grundsubstrat
- 2
- Elektrode
- 3
- Dielektrische Barriere
- 4
- Elektrisches Feld
- 5
- Entladung
- 6
- Vorfilter
- 7
- Einheit für die Größenselektion
- 8
- vorgeschaltete mikrofluidische Komponenten
- 9
- Einheit zum Einstellen der Partikelgeschwindigkeit
- 10
- Einheit zum Herstellen der sedimentationsgetriebenen Partikelbewegung
- 11
- Einheit für die Aufkonzentration
- 12
- Hochspannungsversorgung
- 13
- Auswerteeinheit
- 14
- A/D-Wandlung
- 15
- Druckspeicher
- 16
- Druckregelventil
- 17
- Pumpe
- 18
- nachgeschaltete mikrofluidische Komponenten
- 19
- Entladungsereignis
- 20
- Größenselektierende Verzweigung
- 21
- Abzweig (Kanal) mit kleinen Partikeln
- 22
- Abzweig (Kanal) mit großen Partikeln
- 23
- Aufkonzentrator
- 24
- Partikelfreier Zweig mit großem Luftstrom (Bypass)
- 25
- Mikrokanal für Aerosolstrom mit kleinem Luftstrom
- 26
- konvergierender Querschnitt
- 27
- Ansaugbereich
- 28
- divergierender Querschnitt
- A
- Auslass
- D1
- Partikeldetektor mit induzierter Entladung
- D2
- Partikeldetektor mit Kapazitätsänderung
- E
- Einlass
- EA
- Einlass Aerosol
- EP
- Eingangsdruck
- G
- Strömungsrichtung des Partikelstroms
- P
- Partikel
- V
- Venturi-Düse
- Z1
- Querschnitt von Abzweig 21
- Z2
- Querschnitt von Abzweig 22
- Z3
- Querschnitt des Bypasses 24
- Z4
- Querschnitt des Mikrokanals 25
- α
- Abzweigwinkel Größenselektion
- β
- Abzweigwinkel Aufkonzentration
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102006032906 B4 [0007, 0009]
- DE 3414542 C2 [0007, 0013]
- DE 19536705 A1 [0007, 0011]
- DE 102004059650 A1 [0007, 0013]
- DE 102010029575 A1 [0007, 0012]
- EP 0644415 A1 [0010]