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Die Erfindung betrifft ein Blechbauteil aus einem hochfesten Stahl mit einem in einem Lastfall hauptsächlich auf Biegung beanspruchten Mittelbereich und einem in dem Lastfall hauptsächlich auf Zug beanspruchten Randbereich, ein Kraftfahrzeug mit einem ebensolchen Blechbauteil sowie ein Verfahren zur Herstellung eines ebensolchen Blechbauteils.
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Gattungsbildende Blechbauteile sind im Stand der Technik bekannt und finden häufig bei Strukturbauteilen im Automobilbau Anwendung. Je nach Anwendungsfall sind entsprechende Blechbauteile bereits bei bestimmungsgemäßer Lasteinwirkung, d. h. bei einer Belastung, die keine strukturverformenden Missbrauchslasten wie beispielsweise Crash-Ereignisse mit einer charakteristischen Mindestaufprallgeschwindigkeit umfasst, dynamisch hoch belastet. Trotz dieser hohen Beanspruchung muss sichergestellt sein, dass bei einer Überschreitung einer bestimmungsgemäßen Lasteinwirkung in entsprechenden Blechbauteilen eine anforderungsgemäße Schadenskette bzw. eine gezielt einstellbare Verformungskinematik eintritt, um beispielsweise in einem Crash-Ereignis ein gezieltes Deformationsverhalten in den jeweiligen Blechbauteilen einstellen zu können, wodurch ein möglichst großer Betrag von kinetischer Aufprallenergie in plastische Verformung der betroffenen Strukturbauteile umwandelbar ist, so dass eine schädliche Energieeinwirkung auf Passagiere des betroffenen Kraftfahrzeugs minimiert und dadurch das Verletzungsrisiko signifikant gesenkt werden kann.
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In der Druckschrift
DE 10 2005 054 847 B3 wird ein Strukturbauteil aus einem warmumgeformten und pressgehärteten Stahlwerkstoff vorgeschlagen, welches nach einem Endumformprozess einer gezielten Wärmebehandlung bei Temperaturen von 320°C bis 400°C ausgesetzt wird und dadurch bis zu einer Grenzbelastung hochfeste Struktureigenschaften, bei einer Überschreitung der Grenzbelastung jedoch die notwendige Duktilität erhält, um gezielt im Rahmen einer definierten Schadenskette bzw. einer Deformationskinematik einen die Grenzbelastung übersteigenden Energieeintrag abzubauen.
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Hochfeste Blechbauteile weisen häufig Flanschstrukturen auf, an die weitere Blechbauteile aus funktionalen und/oder geometrischen Gründen gefügt werden müssen. Hierbei ist es bei Blechbauteilen üblich, entsprechende Flanschstrukturen der jeweiligen Bauteile stoffschlüssig miteinander zu verbinden, beispielsweise durch Punkt-, Loch- und/oder Schutzgasschweißen. Der hierbei notwendige Wärmeeintrag zur Herstellung der stoffschlüssigen Verbindung führt jedoch lokal zu einer Schwächung der jeweiligen Fügestelle, die insbesondere bei Zugbelastungen das Risiko von Rissbildungen an und/oder um die jeweilige Fügestelle deutlich erhöht.
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Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Blechbauteil anzugeben, welches einerseits hochfeste mechanische Eigenschaften bei dynamischen Belastungen aufweist, andererseits jedoch eine Flanschfläche umfasst, an die wenigstens ein weiteres Bauteil stoffschlüssig fügbar ist, ohne dass die Flanschfläche an den jeweiligen Fügestellen bei Zugbelastungen ein erhöhtes Risiko von Rissbildungen aufweist.
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Die Erfindung ergibt sich aus den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Die Aufgabe ist mit einem Blechbauteil aus einem hochfesten Stahl, aufweisend eine Zugfestigkeit von mindestens 1000 N/mm2, mit einem in einem Lastfall hauptsächlich auf Biegung beanspruchten Mittelbereich und einem in dem Lastfall hauptsächlich auf Zug beanspruchten Randbereich, wobei an den Randbereich mindestens ein zweites Bauteil anschweißbar ist, dadurch gelöst, dass zumindest ein Teilbereich des Randbereichs, an dem das zweite Bauteil anschweißbar ist, bis zu dem Mittelbereich als separates duktiles Einsatzteil mit einer Zugfestigkeit von weniger als 500 N/mm2 ausgebildet und mit dem Blechbauteil stoffschlüssig verbunden ist. Eine Flanschstruktur, die erfindungsgemäß in einem auf Zug belasteten Randbereich des Blechbauteils liegt und an die das zweite Bauteil stoffschlüssig angebunden wird, erfährt bei dem Anfügevorgang des zweiten Bauteils einen fügebedingten Wärmeeintrag an den jeweiligen Fügestellen, der allerdings auf Grund der Duktilität der Flanschstruktur mit einer Zugfestigkeit von weniger als 500 N/mm2 nicht das Risiko von Rissbildungen an den jeweiligen Fügestellen bei dynamischen Belastungen erhöht, da ein entsprechendes Risiko nur bei hochfesten Strukturen mit entsprechend höheren Zugfestigkeiten auftritt. Die Anbindung des den Randbereich zumindest teilweise abdeckenden separaten duktilen Einsatzteils an das hochfeste Blechbauteil erfolgt wiederum stoffschlüssig, ruft an den Fügestellen jedoch ebenfalls kein erhöhtes Risiko von Rissbildungen bei dynamischen Belastungen hervor, da diese Fügestellen an den Mittelbereich des Blechbauteils angrenzen, der in einem erfindungsgemäßen Lastfall vornehmlich auf Biegung belastet wird, wobei keine erhöhte Gefahr von Rissbildungen an den stoffschlüssigen Fügestellen entsteht.
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Eine erste bevorzugte Ausführungsform der Erfindung sieht vor, die stoffschlüssigen Verbindungen zwischen dem hochfesten Blechbauteil und dem separaten duktilen Einsatzteil sowie zwischen dem separaten duktilen Einsatzteil und dem zweiten Bauteil als stoffschlüssige Verbindung, vorzugsweise als Punktschweißung mit mehreren Schweißpunkten, auszuführen. Dadurch steht ein schnelles und gut automatisierbares Fügeverfahren zur Verfügung, das beispielsweise in eine Karosserierohbaufertigung einfach integrierbar ist, da keine neuen Fügetechniken implementiert werden müssen. Ferner wird durch das vorgeschlagene Fügungsverfahren die Möglichkeit geschaffen, die Fügestellen exakt dort zu platzieren, wo sie auf Grund von Erfordernissen bestimmter Kraftübertragungspfade benötigt werden.
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Bevorzugt ist das Blechbauteil aus einem hochfesten Stahlwerkstoff gefertigt, der nach einem Warmumform- und einem Presshärtungsprozess eine Zugfestigkeit Rm zwischen 1200 und 1400 N/mm2, eine Streckgrenze Rp0,2 von 950 bis 1250 N/mm2 und eine Bruchdehnung A von 6–12% aufweist. Durch Verwendung eines entsprechenden Werkstoffes ist sichergestellt, dass einerseits hohe dynamische Belastungen, die das Blechbauteil während einer bestimmungsgemäßen Belastung erfährt, ohne strukturelle Beeinträchtigung durch das Blechbauteil ertragen werden können, andererseits bei einer Überbelastung die notwendige Duktilität vorhanden ist, um ein gezieltes Deformationsverhalten einstellen zu können. Stahlwerkstoffe mit den genannten Eigenschaften sind im Stand der Technik beispielsweise unter den Markennamen BTR 165 oder Usibor bekannt.
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Vorteilhaft ist das vorgeschlagene Blechbauteil derart gestaltet, dass der gesamte in dem Lastfall auf Zug belastete Randbereich als separates duktiles Einsatzteil ausgebildet ist. Auf diese Weise kann eine möglichst große Flanschfläche zur stoffschlüssigen Anbindung des zweiten Bauteils bereitgestellt werden, so dass auch größere Überlappungen zwischen dem Randbereich und dem zweiten Bauteil ohne Beeinträchtigung der Rissbeständigkeit der Fügestellen bei Zugbelastungen darstellbar sind, wie sie beispielsweise bei erhöhten Anforderungen an Kräfte, die über die Fügestellen übertragbar sein müssen, auftreten.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform ist das erfindungsgemäße Blechbauteil ein Bauteil eines Kraftfahrzeugs, vorzugsweise einer Rohkarosserie eines Kraftfahrzeugs. Dort ist es idealerweise in einem entsprechenden Rohbauverbund an dynamisch hochbelasteten Bauräumen verbaut, welche bei Überbeanspruchung zusätzlich imstande sein müssen, ein definiertes Deformationsverhalten darstellen zu können.
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Als zusätzliche bevorzugte Weiterbildung der Erfindung wird vorgeschlagen, das Blechbauteil als A-Säule eines Kraftfahrzeugs auszuführen, da eine entsprechende Verwendung einerseits hohe strukturelle Festigkeit erfordert, andererseits aber auch die Notwendigkeit mit sich bringt, ohne Reduktion der Beständigkeit gegenüber Rissbildung bei Zugbelastung weitere Bauteile an das Blechbauteil stoffschlüssig fügen zu können.
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In bevorzugter Weise ist das zweite Bauteil, das an das separate Einsatzteil des Blechbauteils stoffschlüssig angebunden wird, eine Beplankung, welche im Falle einer Verwendung eines erfindungsgemäßen Blechbauteils als A-Säule in einem Kraftfahrzeug als Kantenflanschbeplankung ausgebildet ist.
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Die Aufgabe wird weiter mit einem Kraftfahrzeug gelöst, das ein erfindungsgemäßes Blechbauteil umfasst.
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Schließlich wird die Aufgabe auch mit einem Verfahren zur Herstellung eines Blechbauteils aus einem hochfesten Stahl, aufweisend eine Zugfestigkeit von mindestens 1000 N/mm2, mit einem in einem Lastfall hauptsächlich auf Biegung beanspruchten Mittelbereich und einem in dem Lastfall hauptsächlich auf Zug belasteten Randbereich, wobei an den Randbereich mindestens ein zweites Bauteil anschweißbar ist, gelöst. Erfindungsgemäß wird in einem ersten Verfahrensschritt ein separates duktiles Einsatzteil mit einer Zugfestigkeit von weniger als 500 N/mm2 zumindest mit einem Teilbereich des Randbereichs des Blechbauteils stoffschlüssig, vorzugsweise durch Punktschweißen mit mehreren Schweißpunkten, verbunden. In einem zweiten Verfahrensschritt erfolgt, ebenfalls durch stoffschlüssiges Verbinden und ebenfalls bevorzugt durch Punktschweißen mit mehreren Schweißpunkten, eine Anbindung des zweiten Bauteils an das separate duktile Einsatzteil.
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Als alternative Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird vorgeschlagen, die beiden Verfahrensschritte in ihrer Abfolge vertauschbar zu gestalten.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der – gegebenenfalls unter Bezug auf die Zeichnungen – zumindest ein Ausführungsbeispiel im Einzelnen beschrieben ist. Gleiche, ähnliche und/oder funktionsgleiche Teile sind mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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Es zeigen:
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1 eine Seitenansicht eines erfindungsgemäßen Blechbauteils, ausgebildet als A-Säule eines Kraftfahrzeugs, mit einem teilweise als separates duktiles Einsatzteil ausgebildeten Randbereich,
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2 eine Seitenansicht eines erfindungsgemäßen Blechbauteils, ausgebildet als A-Säule eines Kraftfahrzeugs, mit einem vollständig als separates duktiles Einsatzteil ausgebildeten Randbereich,
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3 ein Ablaufschema eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Blechbauteils.
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1 zeigt als erstes Ausführungsbeispiel ein erfindungsgemäßes Blechbauteil 10 aus einem hochfesten Stahlwerkstoff, aufweisend eine Zugfestigkeit von mindestens 1000 N/mm2, als A-Säule eines Kraftfahrzeugs. Das Blechbauteil 10 umfasst einen in einem Lastfall erfindungsgemäß hauptsächlich auf Biegung beanspruchten Mittelbereich 12 sowie einen in dem Lastfall erfindungsgemäß hauptsächlich auf Zug beanspruchten Randbereich 14. Der Randbereich 14 ist in 1 zumindest in einem Teilbereich als separates duktiles Einsatzteil 16 mit einer Zugfestigkeit von weniger als 500 N/mm2 ausgebildet und an das Blechbauteil 10 stoffschlüssig, vorzugsweise durch Punktschweißen über mehrere Schweißpunkte 18a, gefügt. An den Randbereich 14 wiederum ist ein zweites Bauteil, vorzugsweise eine Beplankung, stoffschlüssig, wiederum vorteilhaft durch Punktschweißen mit mehreren Schweißpunkten 18b, fügbar. Auf Grund der zumindest teilweisen Ausbildung des Randbereichs 14 als separates duktiles Einsatzteil 16 entsteht durch einen bei dem stoffschlüssigen Fügen des zweiten Bauteils an das Einsatzteil 16 entstehenden Wärmeeintrag kein erhöhtes Risiko von Rissbildungen an den Fügestellen bei Zugbeanspruchung, während an den Fügestellen zwischen dem duktilen Einsatzteil 16 und dem Blechbauteil 10 auf Grund der in dem Mittelbereich 12 hauptsächlich vorherrschenden Biegebeanspruchung ebenfalls kein erhöhtes Risiko von Rissbildungen an den Fügestellen auftritt.
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In 2 ist eine bevorzugte Weiterbildung eines erfindungsgemäßen Blechbauteils 10 dargestellt, welche dadurch ausgezeichnet ist, dass der Randbereich 14 vollständig als separates duktiles Einsatzteil 16 ausgebildet ist. Auf diese Weise entsteht in dem Randbereich 14 eine größere Flanschstruktur, an die das zweite Bauteil stoffschlüssig, wiederum bevorzugt durch Punktschweißen mit mehreren Schweißpunkten 18b, fügbar ist, wodurch auch eine größere Überlappung zwischen dem separaten duktilen Einsatzteil 16 und dem zweiten Bauteil umsetzbar ist.
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3 schließlich zeigt ein Abschlaufschema eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Blechbauteils 10, umfassend einen in einem Lastfall erfindungsgemäß hauptsächlich auf Biegung beanspruchten Mittelbereich 12 und einen in dem Lastfall hauptsächlich auf Zug beanspruchten Randbereich 14. In einem ersten Verfahrensschritt 100 erfolgt ein stoffschlüssiges Verbinden, vorzugsweise durch Punktschweißen mit mehreren Schweißpunkten 18a, eines separaten duktilen Einsatzteils 16 an zumindest einen Teilbereich des Randbereichs 14. In einem zweiten Verfahrensschritt 102 erfolgt ein stoffschlüssiges Fügen, wiederum bevorzugt durch Punktschweißen mit mehreren Schweißpunkten 18b, eines zweiten Bauteils an das separate duktile Einsatzteil 16. Vorteilhaft ist das erfindungsgemäße Verfahren derart gestaltet, dass die Verfahrensschritte 100 und 102 in ihrer Abfolge vertauschbar gestaltet sind, ohne das Herstellungsergebnis des Blechbauteils 10 in seinen Eigenschaften zu verändern.
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Obwohl die Erfindung im Detail durch bevorzugte Ausführungsbeispiele näher illustriert und erläutert worden ist, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen. Es ist daher klar, dass eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten existiert. Es ist ebenfalls klar, dass beispielhaft genannte Ausführungsformen wirklich nur Beispiele darstellen, die nicht in irgendeiner Weise als Begrenzung etwa des Schutzbereichs, der Anwendungsmöglichkeiten oder der Konfiguration der Erfindung aufzufassen sind. Vielmehr versetzen die vorhergehende Beschreibung und die Figurenbeschreibung den Fachmann in die Lage, die beispielhaften Ausführungsformen konkret umzusetzen, wobei der Fachmann in Kenntnis des offenbarten Erfindungsgedankens vielfältige Änderungen, beispielsweise hinsichtlich der Funktion oder der Anordnung einzelner, in einer beispielhaften Ausführungsform genannter Elemente, vornehmen kann, ohne den Schutzbereich zu verlassen, der durch die Ansprüche und deren rechtliche Entsprechungen, wie etwa weitergehenden Erläuterungen in der Beschreibung, definiert wird.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Blechbauteil
- 12
- Mittelbereich
- 14
- Randbereich
- 16
- Separates duktiles Einsatzteil
- 18a
- Schweißpunkt zwischen Blechbauteil und separatem duktilen Einsatzteil
- 18b
- Schweißpunkt zwischen separatem duktilen Einsatzteil und zweitem Bauteil
- 100
- Erster Verfahrensschritt
- 102
- Zweiter Verfahrensschritt
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102005054847 B3 [0003]