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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Hohlkörperbauteils der im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 angegebenen Art.
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Werden Hohlkörperbauteile, beispielsweise Nockenbuchsen eines Camtronic-Systems, in einer Bohrung durchgehend oder partiell gehärtet, so entsteht üblicherweise ein Eigenspannungszustand, der dazu führt, dass bei einer anschließenden Bearbeitung der Außenkontur sich die Innengeometrie im Vergleich zum nur gehärteten Zustand negativ verändern kann. Dies führt bei erhöhten Toleranzanforderungen, zum Beispiel im Falle einer innenliegenden Verzahnung, zu Problemen bis hin zur Unbrauchbarkeit des Bauteils. Mit anderen Worten führt der komplexe Eigenspannungszustand, der in einem innengehärteten Stahlkörper entsteht, dazu, dass wenn nach dem Härten insbesondere viel Material an der Außenkontur entfernt wird, sich die Innengeometrie aufgrund einer Neuverteilung der inneren Eigenspannungen ändert.
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Sowohl die
DE 963608 C als auch die
DE 3738809 A1 beschreiben ein gattungsgemäßes Verfahren zum Herstellen eines Hohlkörperbauteils, bei welchem das Hohlkörperbauteil lokal gehärtet wird. Die
DE 963608 C beschreibt dabei eine Buchse, die zunächst durchgehärtet und anschließend in einem zu bearbeitenden Bereich durch induktive Erwärmung in einen zähen Gefügezustand versetzt wird. Die
DE 3738809 A1 beschreibt ein Randschichthärten eines Nockens, wobei allerdings nur eine Härtung auf der Außenfläche des Nockens erfolgt.
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Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zum Herstellen eines Hohlkörperbauteils der eingangs genannten Art bereitzustellen, wodurch die Maßhaltigkeit eines Hohlkörperbauteils verbessert wird, welches lokal gehärtet und mechanisch nachbearbeitet wird.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Herstellen eines Hohlkörperbauteils mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen mit zweckmäßigen und nicht-trivialen Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Um eine verbesserte Maßhaltigkeit beim Herstellen eines Hohlkörperbauteils zu erzielen, welches lokal gehärtet und anschließend einer mechanischen Außenkonturbearbeitung unterzogen wird, ist es erfindungsgemäß vorgesehen, dass das gesamte Bauteil, oder ein Innenbereich des Hohlkörperbauteils und/oder ein an diesen Innenbereich angrenzender Bauteilbereich auf eine vorgegebene Temperatur vorgewärmt und im direkten Anschluss daran lokal gehärtet sowie anschließend eine Außenkontur des Hohlkörperbauteils mechanisch nachbearbeitet wird. Mit anderen Worten wird also erfindungsgemäß vorgeschlagen, das Hohlkörperbauteil zumindest im Bereich der Härtungszone zunächst vorzuwärmen. Auf diese Weise werden Eigenspannungen ausgeglichen, sodass anschließend bei einer spanenden Bearbeitung keine oder nur vernachlässigbare Verzüge im gehärteten Bereich auftreten. Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird insbesondere die Maßhaltigkeit der Innenkontur des Hohlkörperbauteils gewährleistet.
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In vorteilhafter Ausgestaltung der Erfindung ist es vorgesehen, dass der Innenbereich auf eine Temperatur zwischen 100°C und 700°C, insbesondere zwischen 150°C und 500°C, vorgewärmt wird. Dadurch kann die Eigenspannungsverteilung im zu härtenden Innenbereich besonders positiv beeinflusst werden, wodurch die Maßhaltigkeit des Hohlkörperbauteils, insbesondere bezüglich seiner Innengeometrie und/oder seiner Innenverzahnung, verbessert wird.
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Vorzugsweise kann das Vorwärmen in einem Ofen, induktiv oder mittels eines Strahlverfahrens, erfolgen. Der Innenbereich selbst kann dabei induktiv oder mittels eines Strahlverfahrens gehärtet werden.
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In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung der Erfindung ist es vorgesehen, dass der Innenbereich randschicht- oder durchgehärtet wird. Je nach Anforderungen an den betreffenden Innenbereich des Hohlkörperbauteils lassen sich so gezielt die erforderlichen mechanischen Eigenschaften einstellen.
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In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung der Erfindung ist es vorgesehen, dass der gehärtete Innenbereich mittels der in diesem Bereich und/oder in an diesem angrenzenden Bauteilbereich vorhandenen Restwärme angelassen wird. Mit anderen Worten wird das Vorwärmen derart ausgeführt, dass die dadurch zur Verfügung stehende Restwärme im Bauteil zum Anlassen nach dem Härten verwendet werden kann. Dies bringt keinen Mehraufwand in der Prozesskette mit sich, wobei ein zusätzliches, anlagengebundenes Anlassen unter Umständen vollständig entfallen kann. Dadurch kann der gesamte Herstellprozess kostengünstiger und schneller durchgeführt werden.
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Gemäß einer alternativen vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung ist es vorgesehen, dass der gehärtete Innenbereich in einem Ofen, induktiv oder mittels eines Strahlverfahrens, angelassen wird.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele sowie anhand der Zeichnung. Die vorstehend in der Beschreibung genannten Merkmale und Merkmalskombinationen sowie die nachfolgend in der Figurenbeschreibung genannten und/oder in den Figuren alleine gezeigten Merkmale und Merkmalskombinationen sind nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar, ohne den Rahmen der Erfindung zu verlassen.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend anhand schematischer Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
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1 eine schematische Seitenschnittansicht eines Nockenbuchsenrohlings, bevor dessen Außenkontur mechanisch nachbearbeitet worden ist;
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2 eine schematische Seitenschnittansicht einer aus dem Nockenbuchsenrohling hergestellten Nockenbuchse, wobei ein Teil der Außenkontur des Nockenbuchsenrohlings durch mechanische Nachbearbeitung entfernt worden ist;
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3 ein Diagramm, in welchem jeweilige Temperaturverteilungen schematisch dargestellt sind, welche sich beim Härteprozess in Abhängigkeit einer jeweils eingestellten Vorwärmtemperatur bzw. ohne Vorwärmen innerhalb des Nockenbuchsenrohlings ergeben; und in
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4 ein Diagramm, in welchem schematisch die Eigenspannungsverteilungen dargestellt sind, welche sich nach dem Härteprozess in Abhängigkeit von der jeweils gewählten Vorwärmtemperatur bzw. ohne Vorwärmen innerhalb des Nockenbuchsenrohlings einstellen.
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Ein Nockenbuchsenrohling 10 ist in einer schematischen Seitenschnittansicht in 1 gezeigt. Aus dem hier gezeigten Nockenbuchsenrohling 10 wird eine Nockenbuchse 12 – wie in 2 dargestellt – hergestellt, welche als sogenannte Camtronic-Nockenbuchse ausgebildet ist. Wie der Vergleich zwischen den 1 und 2 zeigt, wird bei der Bearbeitung des Nockenbuchsenrohlings 10 zur Darstellung der Nockenbuchse 12 eine große Menge von Material an der Außenoberfläche entfernt.
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Der Nockenbuchsenrohling 10 umfasst eine Innenbohrung 14 mit einer Innenverzahnung 16. Des Weiteren ist ein (in Axialrichtung an die Innenverzahnung anschließender) Innenbereich 18 zu erkennen, welcher als gehärteter Funktionsbereich dient und typischerweise rotationssymmetrisch bezüglich der Innenbohrung 14 ausgebildet ist. Der zu härtende Innenbereich 18 kann aber auch eine von der rotationssymmetrischen Gestalt abweichende Form haben. Auch kann die Härtezone im Innenbereich 18 unterbrochen sein.
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Um im Innenbereich 18 die funktional notwendigen mechanischen Eigenschaften herzustellen, ist eine lokale Härtung dieses Bereiches 18 vorgesehen. Hierzu wird der Innenbereich 18 und/oder ein an diesen Innenbereich 18 angrenzender, hier nicht näher bezeichneter Bauteilbereich auf eine vorgegebenen Temperatur TS2 oder TS3 vorgewärmt und anschließend lokal gehärtet.
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Im vorliegenden Ausführungsbeispiel wird der gesamte Nockenbuchsenrohling 10 oder alternativ der Innenbereich 18 und/oder ein an diesem Innenbereich 18 angrenzender Bauteilbereich auf eine Temperatur TS2, TS3 zwischen 100°C und 700°C, insbesondere zwischen 150°C und 500°C vorgewärmt. Das Vorwärmen kann dabei in einem dafür vorgesehenen Ofen oder induktiv oder auch mittels eines Strahlverfahrens erfolgen. Durch das Vorwärmen des Werkstoffbereichs in dem zu härtenden Innenbereich 18, beziehungsweise in der Nachbarschaft zur betreffenden Härtezone, wird die Eigenspannungsverteilung des Innenbereichs 18 sowie der benachbarten Bereiche positiv beeinflusst.
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Nach dem Vorwärmen des gesamten Nockenbuchsenrohlings 10 bzw. nach dem Vorwärmen von Teilbereichen des Nockenbuchsenrohlings wird der Innenbereich 18 entweder induktiv oder mittels eines Strahlverfahrens gehärtet. Je nach erforderlichen mechanischen Eigenschaften des als Funktionsbereichs dienenden Innenbereichs 18 wird dieser randschicht- oder durchgehärtet. Um die mechanischen Eigenschaften des Innenbereichs 18 noch weiter zu verbessern, kann es vorgesehen sein, dass der Innenbereich 18 nach dem Härten mittels der im Nockenbuchsenrohling 10 vorhandenen Restwärme angelassen wird. Das Vorwärmen kann also unter Umständen so ausgeführt werden, dass die dadurch zur Verfügung stehende Restwärme zum Anlassen nach dem Härten verwendet werden kann. Alternativ ist es auch möglich, dass der gehärtete Innenbereich 18 in einem dafür vorgesehenen Ofen oder induktiv oder auch mittels eines Strahlverfahrens angelassen wird, um die erforderlichen mechanischen Eigenschaften einzustellen.
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In 2 ist die im Wesentlichen fertig bearbeitete Nockenbuchse 12 dargestellt. Eine Außenkontur 20 des Nockenbuchsenrohlings 10 ist nach dem Härten und Anlassen mechanisch nachbearbeitet worden, um eine entsprechende Materialentnahme, wie in 2 zu erkennen, vorzunehmen. Diese Materialentnahme kann beispielsweise zur Darstellung einer Lagerfunktion dienen. Trotz des relativ massiven Eingriffs in die Bauteilgeometrie des Nockenbuchsenrohlings 10 treten aufgrund der zuvor vorgenommenen Schritte, nämlich dem Vorwärmen und dem erst sich daran anschließenden Härten, keine oder kaum Verzüge an der fertiggestellten Nockenbuchse 12 auf. Durch das Vorwärmen wird also die Eigenspannungsverteilung derart beeinflusst, dass anschließend keine beziehungsweise nur vernachlässigbare Verzüge im Bohrungsbereich 14 und/oder im Verzahnungsbereich 16 resultieren.
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Dadurch kann die Nockenbuchse 12 mit engeren Maßtoleranzen hergestellt werden. Im Falle einer als Camtronic-Nockenbuchse ausgebildeten Nockenbuchse 12 kann beispielsweise ein Lieferant entsprechende Nockenbuchsenrohlinge 10 mit der Innenverzahnung 16 und partieller Härtung im Innendurchmesser 14 anliefern. Die Geometrie im Inneren wird dabei einheitlich für eine Vielzahl von Motoren gewählt. Der Außendurchmesser des Nockenbuchsenrohlings 10 wird dabei so dimensioniert, dass durch eine spezifische Bearbeitung Camtronic-Nockenbuchsen für unterschiedliche Motoren erzeugt werden können. Durch das optimierte Härteverfahren wird die Maßhaltigkeit der Innenkontur gewährleistet.
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In 3 ist in einem Diagramm eine schematische Temperaturverteilung über der Tiefe d des Nockenbuchsenrohlings 10 aufgetragen, welche sich beim Härteprozess in Abhängigkeit der jeweils eingestellten Vorwärmtemperaturen TS2, TS3 ergibt, wobei TS2 kleiner als TS3 ist. Mit TS1 ist eine Temperaturverteilung über der Tiefe d des Nockenbuchsenrohlings bezeichnet, die sich ergibt, wenn das Bauteil vor dem Härten nicht vorgewärmt wird. Mit To ist dabei eine Temperatur an einer Bauteiloberfläche, mit TA die Austenitisierungstemperatur und mit TK die Kriechtemperatur bezeichnet. Der Einfluss der jeweils gewählten Vorwärmtemperaturen TS2 bzw. TS3 auf die Temperaturverteilung bezogen auf die Tiefe d des Nockenbuchsenrohlings 10 ist deutlich zu erkennen – insbesondere im Vergleich zur Temperaturverteilung TS1 ohne Vorwärmen.
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Wie aus 3 ferner erkennbar ist, wird bei einer hohen Vorwärmtemperatur TS3 die Kriechtemperatur Tk des Materials bis in eine vergleichsweise große Tiefe des Bauteils hinein überschritten, während bei einer geringeren Vorwärmtemperatur (Kurve TS2) oder gar ohne Vorwärmen (Kurve TS1) der Randbereich, in dem die Bauteiltemperatur oberhalb der Kriechtemperatur liegt, wesentlich schmaler ist. Mit anderen Worten führt eine dem Härten vorgelagerten Bauteilerwärmung dazu, dass sich härtebedingt entstehende Eigenspannungen in einem größeren Bauteilvolumen ausgleichen können; dieser Effekt ist umso stärker, je höher die Vorwärmtemperatur ist; er führt dazu, dass sich tendenziell geringere Zugeigenspannungsspitzen ausbilden.
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In 4 ist ein Diagramm einer schematischen Eigenspannungsverteilung σ als Funktion der Tiefe d des Nockenbuchsenrohlings 10 dargestellt. Es zeigt die Eigenspannungsverteilung σ, welche sich nach dem Härteprozess ohne Vorwärmen (Kurve TS1) beziehungsweise in Abhängigkeit der jeweils gewählten Vorwärmtemperatur TS2 oder TS3 (Kurven TS2 bzw. TS3) einstellt. Auf der Ordinatenachse ist also die Eigenspannung σ aufgetragen, wobei auf der Abszissenachse die Tiefe d aufgetragen ist. Positive Werte der Eigenspannungen bedeuten Zugeigenspannungen, negative Werte bedeuten Druckeigenspannungen.
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Wie aus der schematischen Darstellung in 4 zu erkennen ist, hängt eine jeweilige Zugeigenspannungscharakteristik, also der Bereich mit positiven Werten für die Eigenspannungsverteilung σ, von einem jeweiligen Temperaturgradienten beim Erhitzen ab und ist somit eine Funktion der jeweils gewählten Vorwärmtemperatur vor dem Härten. Mit zunehmender Temperatur im Bauteil vor dem Härten wird der Temperaturgradient flacher und daher die verformbare Zone breiter. Dies führt insgesamt zu einem Zugeigenspannungsverlauf mit relativ niedrigen Spitzenwerten im Vergleich zu solchen Zuständen, die mit geringerer Vorwärmtemperatur oder gar ohne Vorwärmen dargestellt werden.
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Wie oben beschrieben, werden im Nachgang des Härteprozesses, ausgehend von einer Außenfläche A des Nockenbuchsenrohlings 10, durch mechanische Bearbeitung in ausgewählten Bereichen des Nockenbuchsenrohlings 10 Volumenbereiche entfernt. Wenn eine mechanische Bearbeitung mit einer sehr großen Schnitttiefe S erfolgt, so kann dabei, wie in 4 schematisch dargestellt, bis in Bereiche erhöhter Zugeigenspannungen vorgedrungen werden. Im Falle hoher Zugeigenspannungsspitzen (wie z. B. in der Kurve TS1 verwirklicht) finden dabei größere Eigenspannungsumlagerungen statt, wodurch auch größere Verzugsbeträge insbesondere an der Innenoberfläche resultieren. Mit anderen Worten werden die Bereiche, die mit einer hohen Temperatur TS3 vorgewärmt wurden, geringere Eigenspannungsumlagerungen und damit geringere Bauteilverzüge aufweisen als Bereiche, die mit einer geringeren Temperatur TS2 oder gar nicht vorgewärmt wurden. Das Vorwärmen dient somit zur Einstellung eines für einen geringen Bauteilverzug günstigen Eigenspannungszustandes.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 963608 C [0003, 0003]
- DE 3738809 A1 [0003, 0003]