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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern oder Regeln einer Spritzgießmaschine mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
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Das Patent
DE 10 2004 051 109 B4 von Siemens beschreibt ein Verfahren für die verbesserte Umschaltung auf den Nachdruck durch Extrapolation. Es wird auch eine Sollwertvorgabe beim Beginn des Nachdruckes angeführt.
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Im Patent (Abs. [14]) wird erwähnt, dass keine schlagartige Umschaltung des Sollwertes erfolgt, sondern eine Sollwertüberführung mit definiertem Druckgradienten normal auf eine Profilstufe erfolgt. Ausgehend vom Startsollwert wird mit Hilfe einer Gradientenkurve ein Sollwert vorgegeben, der sich z.B. linear normal an die Druckstufe annähert. (Abs. [17])
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Im Anspruch 5 wird sehr allgemein angeführt, dass die Sollwerte mittels einer Funktion zwischen dem Startsollwert und dem Endsollwert festgelegt werden. In der Beschreibung werden beispielsweise eine Gradientenkurve bzw. Druck-Zeit-Profile mit definierten Druckgradienten dp/dt angeführt siehe Abs [51], [55], 3 , 4, und 7.
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Um hochdynamische Einspritzbewegungen zu ermöglichen, die auch hinsichtlich Laufruhe und Lebensdauer höchsten Ansprüchen genügen ist eine optimierte Planung der Bewegungsbahn (Trajektorie) für die Einspritzphase, der Nachdruckphase sowie speziell für den Übergang erforderlich. Neben dem Teil der geschwindigkeitsgeregelten Einspritzbewegung ist auch in der druckgeregelten Nachdruckphase ein dynamischer und ruhiger Verlauf der Maschine wesentlich.
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Um den Nachdruck zu steuern oder zu regeln, stellt man von vorneherein ein bestimmtes theoretisches Sollprofil zur Verfügung, welches idealer Weise ganz genau abgefahren werden würde. Dieses theoretische Profil besteht meist aus aneinander gereihten konstanten Druckwerten oder linearen Rampen. In der Praxis kann daher in den Übergängen dieser Vorgabe nur mit Abweichungen gefolgt werden.
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Um eine hohe Dynamik mit kurzen Beschleunigungszeiten und steilen Druckanstiegen zu erreichen sind idealerweise sprunghafte Änderungen der maximalen Momente bzw. der Kräfte des Antriebssystems erforderlich. Diese Vorgaben rufen aber teilweise unzulässige Beanspruchungen des i. A. elastischen und/oder spielbehafteten Antriebsstranges hervor. Diese unzulässigen Beanspruchungen zeigen sich durch Schwingungen des Antriebsstranges, hörbaren Schlägen und Lärm. Das Verhalten führt in Folge zu geringerer Lebensdauer aufgrund der entstehenden Belastungsspitzen in einzelnen Maschinenelementen wie z. B. Lager oder Spindeln.
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Um beim Stand der Technik eine schonende und verschleißarme Bewegung zu erreichen sind sanftere Verläufe der resultierenden Bewegungsbahnen nötig. In der Einspritz- und der Nachdruckphase kann dies bei Einsatz einer Regelung beispielsweise durch die Reduktion der Reglerverstärkung des Reglers oder eines unterlagerten Regelkreises wie Momentenregler oder Geschwindigkeitsregler erreicht werden. Dies hat den Nachteil, dass dadurch das Reglerverhalten verschlechtert wird und die Regelabweichungen zunehmen.
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In der Praxis wird die Änderung des Sollwertes durch die Vorgabe von Maximalrampen begrenzt. Um dadurch eine sanfte resultierende Bewegung zu erhalten, führt die notwendige Begrenzung zu einer merklichen Reduktion der möglichen Druckänderung, deutlich unter der vom Antrieb möglichen Dynamik.
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Eine weitere Möglichkeit ist es die Sollwerte durch einen Tiefpassfilter zu glätten.
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Durch den Filter werden jedoch die Bahnen verschliffen, was zu Abweichungen von den ursprünglichen Vorgaben führt.
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Ein weiterer Nachteil der Variante ist, dass der maximale Wert der resultierenden Ableitungen dabei von den ursprünglichen Sollwerten abhängt und daher im Vorhinein nicht exakt bestimmt werden kann.
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Im Stand der Technik wird die Verwendung von Abtastzeiten von unter 100 Mikrosekunden erwähnt. Gerade hier ist es sinnvoll Druckvorgaben möglichst glatt zu definieren, um entsprechend sinnvolle und realisierbare Sollwerte zu generieren und um bei steifen Antriebssystemen wie elektrisch betriebene Spritzgießmaschinen mit Spindelantrieben (gegenüber hydr. Antrieben) auch präzise und dynamische Regelungen realisieren zu können.
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Aus der
DE 10 2011 116 868 A1 ist eine Steuerung für eine Spritzgießmaschine bekannt, die zum Regeln des Drucks, der auf die in der Kavität befindliche Schmelze ausgeübt wird, Sollprofile verwendet werden, wobei der Solldruckverlauf und der Sollgeschwindigkeitsverlauf sowie gegebenenfalls deren erster und zweiter Ableitungen nach der Zeit als Führungsgrößen vorgesehen werden. Ferner beschreibt die
DE 11 2011 101 683 T5 eine Motorsteuervorrichtung, die einen ähnlichen Regelprozess ausführt.
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Aufgabe der Erfindung ist es, bei optimaler Nutzung der zur Verfügung stehenden Antriebskräfte bzw. Momente sowie der maximalen Geschwindigkeit zur Erzielung kurzer Füllzeiten der Kavität übermäßige Belastungen der Spritzgießmaschine zu vermeiden.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren nach Anspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen sind in den abhängigen Ansprüchen definiert.
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Die Erfindung stellt eine Möglichkeit zur Verfügung, wie man die oben diskutierten Abweichungen so schnell wie möglich, aber innerhalb der Grenzen des Systems an die ideale Sollwertvorgabe angleichen kann.
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Erfindungsgemäß erfolgt dies so, dass die erste und die zweite Ableitung des vom Druckmittel (z. B. Plastifizierschnecke oder gesonderter Einspritzkolben) ausgeübten Druckes in Form von oberen und unteren Grenzen beschränkt werden, wobei man in der Praxis natürlich versuchen wird, so nahe an den Grenzen zu bleiben, wie möglich, um ein möglichst rasches Angleichen an die ideale Bahn des Druckes erreichen zu können.
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Durch die Erfindung kann unter Berücksichtigung der Systemgrenzen eine realisierbare Vorgabe eines Druckes erzeugt werden, damit das Antriebssystem der Vorgabe folgen kann, ohne dass es sich in einer Begrenzung wie der Geschwindigkeitsgrenze oder der Momentengrenze befindet. Sobald es sich in einer Grenze befindet, können der Fehler und somit auftretende Schwankungen nicht mehr kompensiert werden. Das wirkt sich nachteilig in der Qualität der produzierten Teile aus.
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Mit der Erfindung werden die Anforderungen einer hohen Dynamik und eines harmonischen Laufes der Maschine erfüllt, die zudem positive Einflüsse auf die Regelung und somit auf die Qualität der Teile haben.
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Um eine harmonische Bewegung zu erhalten kann die Einhaltung weiterer Restriktionen, insbesondere der dritten Ableitung des vom Druckmittel ausgeübten Druckes, gewünscht sein. Als physikalische Bedeutung entspricht die dritte Ableitung des Druckes einer Momentenänderung/Kraftänderung des Antriebes. Auch diese sind in realen Systemen begrenzt.
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In der Erfindung können neben dem Übergang vom Umschaltpunkt auf den Nachdruck auch die Übergänge zwischen einzelnen Nachdruckstufen bzw. Profilabschnitten berücksichtigt werden. Der Druckverlauf ist so bestimmt, dass dieser vorgegebene Grenzen der ersten, zweiten und ggf. dritten Ableitung des vom Druckmittel ausgeübten Druckes einhält.
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Als spezielle Ausführungsvarianten könnte die zweite Ableitung des Druckes abhängig vom Druck begrenzt werden. Hintergrund dieser Idee ist, dass bei einem höheren Druck bereits mehr Moment im statischen Zustand benötigt wird und für die Beschleunigung des Antriebes des Druckmittels für einen Druckaufbau weniger Moment zur Verfügung steht. Im Gegensatz dazu, steht bei einem Druckabbau mehr Moment zur Verfügung und das System (die verfügbaren Leistungen und Momente) kann besser ausgenützt werden.
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Ähnliche Beziehungen können auch für die anderen Beschränkungen verwendet werden.
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Eine Möglichkeit, das Sollprofil zu erhalten, besteht darin, es aus einer Vielzahl von aneinander gereihten, stückweise definierten Funktionen zusammenzusetzen. Durch die Vorgabe bzw. der Berechnung der Parameter der Funktionen aufgrund der Grenzen in den einzelnen Abschnitten und das Aneinanderfügen kann das gesamte Profil ermittelt werden.
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Die Beschränkungen der Ableitungen des Druckes können zum Beispiel auch mittels geeigneter Filter realisiert werden. Es ist allgemein bekannt, dass (bevorzugt ausgehend von einer stufenförmigen Vorgabe) mittels n hintereinander ausgeführten Filtern n Ableitungen begrenzt werden können. Andere Möglichkeiten sind denkbar und dem Fachmann bekannt.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus den Figuren sowie der dazugehörigen Figurenbeschreibung.
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1 zeigt eine Überführung von zwei Abschnitten im Nachdruck mit unterschiedlichem Druckniveau, wo gemäß einer Ausführungsform der Erfindung die ersten drei Ableitungen des Sollwertes begrenzt sind. Es sind der Druckverlauf (p) in der obersten Darstellung, sowie die erste dp/dt und die zweite Ableitung d2p/dt2 des Solldruckes in den unteren Skizzen dargestellt.
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Bis zum Beginn der Überführung ist eine erste Stufe des Nachdruckes 2 wirksam. Der Zeitbereich des Überführens des Solldruckes ist mit der senkrechten Linie gekennzeichnet. Bei der ersten Markierung beginnt die Sollwertüberführung 1, welche mit den entsprechenden Ableitungen 1a und 1b dargestellt ist. Die zulässigen Grenzen der Ableitungen der Sollwertüberführung aMax, bMax sind ebenfalls dargestellt. Diese werden hier während des Übergangs exakt erreicht. In den Bereichen, wo die zweite Ableitung eine konstante Steigung aufweist, befindet sich die dritte Ableitung in der vorgegebenen oberen oder unteren Grenze. Die Überführung des Sollwertes endet in einer zweiten Stufe des Nachdruckes 3.
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Zu den Nachdruckstufen sind jeweils auch die Ableitungen dargestellt, 2a und 2b bzw. 3a und 3b.
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In der gewählten Darstellung hat der Betrag der oberen und unteren Grenze jeweils denselben Wert. In einer bevorzugten Ausführungsform können die Beträge der oberen und unteren Grenzen unterschiedliche Werte aufweisen, oder beispielsweise durch eine druckabhängige Funktion vorgegeben werden.
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In dieser Figur sind die Drücke in den einzelnen Abschnitten, zwischen denen der Sollwert übergeleitet wird, jeweils konstant. In einer weiteren Ausführungsform können die Drücke in den beiden Abschnitten auch konstante Steigungen aufweisen.
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Die folgenden Figuren zeigen mehrere unterschiedliche Überführungen vom Einspritzdruck auf den Nachdruck. In den Figuren sind jeweils der Druckverlauf, sowie die erste und die zweite Ableitung des Solldruckes dargestellt.
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2 zeigt den Übergang vom Einspritzdruck auf ein konstantes Nachdruckprofil. Im Umschaltpunkt kann der aktuelle Verlauf des Einspritzdruckes durch eine Gerade angenähert werden. Die Steigung des Druckes stimmt im Umschaltpunkt dadurch mit der linearen Approximation überein. Der Überführungssollwert setzt in dieser Ausführungsvariante auf dem aktuellen Druckistwert auf. Weiters startet die erste Ableitung des Überführungssollwertes mit der aktuellen Steigung des Druckes. Zu Beginn der Überführung befindet sich die zweite Ableitung des Druckes in der Grenze. Anschließend wird die Grenze der ersten Ableitung erreicht. Bevor der Überführungssollwert das vorgegebene Profil erreicht, wird wiederum der Grenzwert der zweiten Ableitung wirksam. Der Zeitpunkt des Umschaltens ist mit der senkrechten Linie TU gekennzeichnet. In diesem Punkt beginnt der Überführungssollwert 1 auf den Nachdruck, welcher mit den entsprechenden Ableitungen 1a und 1b dargestellt ist. Die zulässigen Grenzen der Ableitungen des Überführungssollwertes aMax, bMax sind ebenfalls dargestellt. Das vorgegebene Nachdruckprofil 3 beginnt mit dem Umschaltpunkt.
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Weiters sind zeitliche Ableitungen des Nachdruckprofils 3a und 3b dargestellt. Der erste Teil der Kurve zeigt den Druckverlauf vor dem Erreichen des Umschaltpunktes 5. Weiters sind eine lineare Approximation des Druckverlaufes 6 sowie die dazugehörige erste Ableitung 6a und zweite Ableitung 6b im Umschaltpunkt dargestellt.
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In 3 ist eine Überführung vom Einspritzdruck auf den Nachdruck dargestellt. Im Gegensatz zur vorherigen Figur wird hier die Grenze der ersten Ableitung nicht erreicht.
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In 4 ist eine Überführung vom Einspritzdruck auf einen fallenden Nachdrucksollwert dargestellt.
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In 5 ist eine weitere bevorzugte Ausführungsvariante der Überführung auf den Nachdruck dargestellt, wobei neben der Begrenzung der ersten beiden Ableitungen des Sollwertes auch die dritte Ableitung begrenzt wird. Dies ist in der begrenzten Steigung der zweiten Ableitung sichtbar. Durch diese Maßnahme erfolgt die Überführung noch harmonischer. Analog zu dieser Darstellung kann auch eine Solldrucküberführung von zwei Abschnitten im Nachdruck mit unterschiedlichen Steigungen erreicht werden.
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Als spezielle Ausführungsvarianten könnte die zweite Ableitung des Druckes abhängig von dem Druck begrenzt werden.
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In 6 ist ein druckabhängiger 7 und ein druckunabhängiger 8 Grenzwert für die zweite Ableitung dargestellt. Hintergrund der Idee ist, dass bei einem höheren Druck bereits mehr Moment im statischen Zustand benötigt wird und für die Beschleunigung des Antriebes für einen Druckaufbau weniger Moment zur Verfügung steht. Im Gegensatz dazu, steht bei einem Druckabbau mehr Moment zur Verfügung und das System (die verfügbaren Leistungen und Momente) kann besser ausgenützt werden. Ähnliche Beziehungen können auch für die anderen Grenzen verwendet werden.
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In 7a ist als Kurve 13 eine bisher übliche Sollwertvorgabe des Nachdruckes mit Begrenzung der Steigung (1. Ableitung) und als Kurve 12 der resultierende Nachdruck durch die Regelung dargestellt. In der 7b ist als Kurve 14 das resultierende Antriebsmoment abgebildet. Im Antriebsmoment erkennt man zu Beginn und am Ende der Druckänderung steile Momentenspitzen und -änderungen. Diese Verläufe können zu erhöhtem Verschleiß und Vibrationen im Antriebsstrang führen.
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In 7a ist weiters als Kurve 10 eine Sollwertvorgabe des Nachdruckes mit der Beschränkung der 2. und 3. Ableitung dargestellt. Den resultierenden Nachdruck zeigt Kurve 9. In der Darstellung des Momentes (Kurve 11 in 7b) erkennt man, dass die Momentenspitzen und -änderungen deutlich niedriger sind. Dadurch ist die Bewegung des Antriebstranges harmonischer, wodurch die Belastung und der Verschleiß der mechanischen Komponenten des Antriebstranges (wie Spindel und Lager) reduziert werden kann. Weiters kann durch die geänderte Sollwertvorgabe die Druckregelung verbessert und Vibrationen verhindert werden.