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Die vorliegende Erfindung betrifft ein vorzugsweise drahtloses, in lebendes Gewebe implantierbares medizinisches Mikrosystem, sowie dessen Verwendung. Mit „in lebendes Gewebe implantierbares Mikrosystem” soll gemeint sein, dass es in einem Gewebe eines lebendigen Lebewesens implantiert ist oder werden kann.
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In beispielsweise konventionellen Messsystemen wird eine Messgröße, wie zum Beispiel die Temperatur oder der Druck, von einem Sensor in eine elektrische Spannung umgewandelt. Die räumlich getrennten Sensoren werden per Leitung an ein Messsystem angeschlossen, in dem eine Verstärkung, Digital-Wandlung sowie Datenverarbeitung stattfindet. In dem Messsystem muss für jeden Sensor eine Leitung zwischen dem Messsystem und dem Sensor verlegt werden, was zu einem großen Verdrahtungsaufwand führt. Auf engem Raum kann die Verdrahtung schnell zu einer Randbedingung werden, die den Entwurfsraum einschränkt. Zudem ist eine analoge Signalübertragung anfällig für Störungen, insbesondere durch Leitungsübersprechen, Dämpfung und EM-Störungen aus der Umgebung.
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Je nachdem, wie weit die Sensoren und/oder Aktoren, z. B Elektroden, voneinander entfernt sind und wie hoch das Datenaufkommen ist, gibt es bereits verschiedene Technologien, um den Verdrahtungsaufwand zu reduzieren.
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Für Bussysteme auf einem Chip (System on Chip) gibt es entsprechende „Network on Chip (NoC)”, mit denen extrem hohe Übertragungsraten möglich sind.
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Für Schaltungen auf Platinenebene gibt es standardisierte Bussysteme, wie I2C und SPI. Durch die Standardisierung gibt es auf dem Markt viele Sensoren, welche direkt mit einer Elektronik zur Gewinnung der digitalen Messgröße ausgestattet sind und die Daten anschließend über eine entsprechende Busschnittstelle bereitstellen. Für größere Entfernungen gibt es diverse Feldbusse, wie z. B. CAN und LIN.
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Zwischen den oben beschriebenen Bussystemen auf einem Chip und den Bussystemen auf Platinenebene ergibt sich eine Lücke für Mikrosysteme, bei denen hunderte von Sensoren und/oder Aktoren, z. B. Elektroden auf wenigen Quadratzentimetern miteinander vernetzt werden sollen. Diese Lücke lässt sich mit den bekannten Bus-Strukturen nicht füllen, wenn eine große Anzahl von Sensoren auf sehr kleinem Raum versorgt werden soll.
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Für eine störungsfreie Signalübertragung beispielsweise zwischen Sensoren und einem Messsystem ist eine digitale Verbindung nötig. Für eine platzsparende Verbindung, die bei vielen Sensoren auf kleinem Raum nötig ist, muss anstelle einer Punkt-zu-Punkt-Verbindung zwischen dem Messsystem und den Sensor eine (serielle) Busverbindung verwendet werden. Dabei ist insbesondere problematisch, dass auf den Sensor-ICs für die Anbindung an einen digitalen Bus entsprechende Pad-Zellen nötig sind. Diese benötigen sehr viel Fläche und schränken somit die Integrationsdichte ein. Außerdem besitzen sie aus ESD-Schutz-Gründen eine elektrische Kapazität, welche an einem digitalen Bus mit vielen Teilnehmern einen großen Energieverbrauch bedeutet.
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Bekannte Systeme sind nicht für den Einsatz auf elastischen mikromechanischen Strukturen zur Verdrahtung optimiert und besitzen ein komplexes Busprotokoll oder sind in den Abmessungen zu groß, um auf kleinem Raum eine hohe Messauflösung zu erzielen.
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Im Stand der Technik gibt es bereits Lösungsansätze für verschiedene Teilaspekte.
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Im Bereich der neuronalen Implantate (Neuroimplantate) muss man unterscheiden zwischen intrakortikalen Messsystemen, die mit feinen Nadeln in das Gehirngewebe eindringen und ECoG-Elektroden-Arrays (Multielektrodenarrays) zur Erstellung eines Elektrokortikogramms, bei denen eine Matte mit flachen Elektroden auf der Gehirnoberfläche (Hirnrinde) aufliegt. Ganz allgemein weisen neuronale Schnittstellen, welche in ein Gehirn implantiert werden können, Elektroden auf, welche zur Ableitung von Neuronenaktivitäten, das heißt zum Messen von Gehirnströmen oder zur Stimulation bestimmter Gehirnareale, dienen. Hierfür werden etwa Elektrokortikogramm-Elektroden (ECoG-Elektroden) oder Cuff-Elektroden verwendet. Die Implantation von ECoG-Elektroden, bei der der Schädel geöffnet werden muss, ist beispielsweise bei der prächirurgischen Epilepsie-Diagnostik bekannt. ECoG-Elektroden werden auch bei der Resektion von Gehirntumoren eingesetzt, um durch Stimulation bestimmter Gehirnareale zu erkennen, ob es sich bei dem Gehirnareal um ein funktionell wichtiges Gehirnareal handelt, welches auf keinen Fall operativ entfernt werden sollte. Die mit Hilfe der ECoG-Elektroden gemessenen Gehirnströme können etwa einer Gehirn-Computer-Schnittstelle (Brain-Computer-Interface, BCI) zugefühhrt und dort ausgewertet werden. Mit dem Ergebnis der Auswertung kann beispielsweise eine Prothese gesteuert werden.
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Beim INI-System, wie es in R. R. Harrision, R. J. Kier, C. A. Chestek, V. Gilia, P. Nuyujukitan, S. Ryu, B. Greger, F. Solzbacher, und K. V. Shenoy, „Wireless Neural Recording With Single Low-Power Integrated Circuit", Ieee Trans. Neural Syst. Rehabil. Eng., Bd. 17, Nr 4, S. 322–329, 2009 beschrieben ist, wird ein mikrosystemtechnisch hergestelltes Nadelarray direkt auf einen passenden Elektronik-ASIC gebondet, so dass längere Leitungen entfallen. Das Nadelarray hat allerdings nur eine sehr kleine Fläche. Für größere Flächen wäre es zu unflexibel. In C.-W. Chang, P.-T. Huang, L.-C. Chou, S.-L. Wu, S.-W. Lee, C.-T. Chuang, K.-N. Chen, J.-C. Chiou, W. Hwang, Y.-C. Lee, C.-H. Wu, K.-H. Chen, C.-T. Chiu, und H.-M. Tong, „Through-silicon-via-based double-side integrated microsystem for neural sensing applications", in Solid-State Circuits Conference Digest of Technical Papers (ISSCC), 2013 IEEE International, 2013, S. 102–103 wird ein ähnlicher Ansatz verfolgt, nur dass die Elektronik im gleichen Substrat liegt, auf dem auch die Elektroden gefertigt sind.
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C. M. Lopez, A. Andrei, S. Mitra, M. Welkenhuysen, W. Eberle, C. Bartic, R. Puers, R. F. Yazicioglu, und G. Gielen, „An implantable 455-active-electrode 52-chamel CMOS neural probe", in Solid-State Circuits Conference Digest of Technical Papers (ISSCC), 2013 IEEE International, 2013, S. 288–289 betrifft eine einzelne Nadel, auf der 455 Messelektroden platziert sind.
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B. Rubehn, C. Bosman, R. Oostenveld, P. Fries, und T. Stieglitz, „A MEMS-based flexible multichannel ECoG-electrode array", J. Neural Eng., Bd. 6, Nr. 3, S. 036003, Juni 2009 betrifft eine passive ECoG-Elektroden-Matte mit 252 Elektroden. Die Elektroden sind alle einzeln an einen von insgesamt acht Steckern angeschlossen, sodass circa die Hälfte der Fläche nur für die Verdrahtung und die Stecker benötigt wird.
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Schließlich ist in J. Pistor, J. Hoeffmann, D. Rotermund, E. Tolstosheeva, T. Schellenberg, D. Boll, V. Gordillo-Gonzalez, S. Mandon, D. Peters-Drolshagen, A. Kreiter, M. Schneider, W. Lang, K. Pawelzik, und S. Paul, „Development of a fully implantable recording system for ECoG signals", in Design, Automation Test in Europe Conference Exhibition (DATE), 2013, 2013, S. 893–898 eine active ECoG-Elektroden-Matte mit 128 Elektroden beschrieben. Die Elektroden sind hier ebenfalls einzeln angebunden, wobei sich jedoch die Signalaufbereitung in Form von Verstärkern zentral auf der Matte befindet.
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Der vorliegenden Erfindung liegt somit die Aufgabe zu Grunde, ein Mikrosystem mit flächen- und energieeffizient integrierten Elektroden bereitzustellen.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein vorzugsweise drahtloses, in lebendes Gewebe implantierbares medizinisches Mikrosystem, umfassend eine flexible, vorzugsweise faltbare, mikromechanisch gefertigte Leiterplatte mit einer Vielzahl von Elektrodeneinheiten, wobei jede Elektrodeneinheit eine jeweilige Elektrode und einen jeweiligen damit verbundenen integrierten Schaltkreis, IC, mit einem AD- und/oder DA-Wandler aufweist, einer Schnittstelleneinrichtung und mindestens einem Eindrahtbus, der die ICs oder einen Teil derselben mit der Schnittstelle zur Kommunikation mit einem externen Gerät in Linientopologie elektrisch verbindet.
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Vorteilhafterweise weist jeder IC zusätzlich eine Signal- oder Datenverarbeitungs- oder -vorverarbeitungseinrichtung und/oder eine Datenspeicher- oder -zwischenspeichereinrichtung und/oder einen Verstärker auf. Dies liefert eine „intelligente” Schnittstelle.
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Vorteilhafterweise weist jeder IC eine eigene Taktquelle auf. Dies ist energieeffizienter als eine zusätzliche Taktleitung.
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Insbesondere kann dabei vorgesehen sein, dass die Taktquelle ein Quarz ist.
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Alternativ kann vorgesehen sein, dass die Taktquelle ein Ringoszillator ist und der Eindrahtbus gestaltet ist, um mit einem gegenüber Taktabweichungen der Eindrahtbusteilnehmer toleranten Busprotokoll betrieben zu werden. Ein Ringoszillator weist gegenüber einem Quarz bzw. einer separaten Taktleitung die Vorteile auf, dass er weniger Platz und Energie benötigt. Durch den Ringoszillator ergeben sich jedoch Frequenzschwankungen, insbesondere in Abhängigkeit von der Temperatur. Dies steht jedoch der Verwendung eines Ringoszillators nicht im Wege, solange das Busprotokoll gegenüber Taktabweichungen der Busteilnehmer ausreichend tolerant ist. Der Eindrahtbus sollte demzufolge mit einem gegenüber Taktabweichungen der Eindrahtbusteilnehmer (ICs) toleranten Busprotokoll betreibbar sein.
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Wiederum alternativ kann vorgesehen sein, dass das Mikrosystem zusätzlich eine Taktleitung zur synchronen Übertragung von Daten zwischen den Eindrahtbusteilnehmern und der Schnittstelleneinrichtung aufweist.
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Zweckmäßigerweise weist das Mikrosystem eine eigene interne oder externe Energieversorgung auf.
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Insbesondere kann dabei vorgesehen sein, dass das System eine Induktionsspule zur induktiven Versorgung mit elektrischer Energie aufweist.
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Bei einer besonderen Ausführungsform des Mikrosystems sind die Elektroden als Stimulationsmittel zum Stimulieren von lebendem Gewebe, in welches das medizinische Mikrosystem implantiert ist oder werden soll, mit einem elektrischen Impuls ausgebildet. Das Mikrosystem ist also in der Lage, über die Elektroden einen elektrischen Strom zur Stimulation an das Gewebe abzugeben.
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Alternativ können die Elektroden als Sensoren zum Messen eines in Zusammenhang mit lebendem Gewebe, in welches das medizinische Mikrosystem implantiert ist oder werden soll, stehenden Parameters ausgebildet sein.
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Weiterhin ist denkbar, dass das Mikrosystem ein neuronales Implantat (Neuroimplantat), insbesondere eine neuronale Schnittstelle, wie zum Beispiel ein neuronales Aufzeichnungssystem, ist.
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Es kann aber auch vorgesehen sein, dass die Elektroden als Stimulationsmittel zum Stimulieren von lebendem Gewebe, in welches das medizinische Mikrosystem implantiert ist oder werden soll, mit einem elektrischen Impuls und als Sensoren zum Messen eines in Zusammenhang mit lebendem Gewebe, in welches das medizinische Mikrosystem implantiert ist oder werden soll, stehenden Parameter ausgebildet sind.
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Weiterhin liefert die vorliegende Erfindung die Verwendung eines Mikrosystems nach einem der Ansprüche 1 bis 8 und 10 bis 12 zur Messung von Gehirnströmen.
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Schließlich ist auch an die Verwendung eines Mikrosystems nach Anspruch 9 oder 12 zur Stimulation bestimmter Hirnareale gedacht.
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Der Erfindung liegt die überraschende Erkenntnis zu Grunde, dass durch die Verwendung eines Eindrahtbusses in Linientopologie zum Anschließen der Elektrodeneinheiten sowie die Dezentralisierung der „Elektronik” eine flächen- und energieeffizientere Integration von Elektroden und somit eine höhere Auflösung, die durch die Anzahl der Elektroden (Kontaktflächen) auf einer vorbestimmten Fläche definiert ist, erzielt werden kann. Gleichzeitig ergeben sich auf Grund der Verteilung der Elektronik auf die einzelnen Elektrodeneinheiten über eine größere Fläche geringere Leistungsdichten. Dadurch werden Hot-Spots reduziert oder sogar vermieden. Dies kann eine Gewebeschädigung verhindern.
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Ganz allgemein liefert die vorliegende Erfindung eine leitungsgebundene Anbindung von vorzugsweise mikromechanisch gefertigten Elektrodenelementen auf einem vorzugsweise mikromechanisch gefertigten Substrat zum Aufbau eines Elektrodengitters mit sehr vielen Elektroden auf sehr engem Raum.
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Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich anhand der beigefügten und der nachfolgenden Beschreibung, in der ein Ausführungsbeispiel anhand der schematischen Zeichnungen im Einzelnen erläutert wird. Dabei zeigt:
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1 schematisch und nicht maßstabsgerecht ein Mikrosystem gemäß einer besonderen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung in Verbindung mit einem drahtlos verbundenen Computer;
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2 schematisch den Aufbau einer Elektrodeneinheit gemäß einer besonderen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung;
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3 verschiedene Phasen eines möglichen Busprotokolls für die vorliegende Erfindung
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4 ein Beispiel für das Synchronisierungssignal in der Synchronisierungsphase;
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5 ein Beispiel für eine Antikollisionssequenz in der Antikollisionsphase; und
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6 exemplarisch Datenverkehr in der Zugriffsphase des Eindrahtbusses.
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In der 1 ist ein drahtloses, in lebendes Gewebe implantierbares medizinisches Mikrosystem 10 (neuronales Aufzeichnungssystem zur simultanen Aufzeichnung von zum Beispiel 128 Kanälen) schematisch dargestellt, das eine flexible, vorzugsweise faltbare, mikromechanisch gefertigte Leiterplatte (Substrat) 12 mit einer Vielzahl von Elektrodeneinheiten, von denen nur einige mit der Bezugszahl 14 gekennzeichnet sind, aufweist. Das Konstrukt kann auch als eine flexible Matte mit einer Vielzahl von Elektrodeneinheiten 14 bezeichnet werden. Wie sich anhand der 2 ergibt, weist jede Elektrodeneinheit eine jeweilige Elektrode 16 und einen jeweiligen damit verbundenen integrierten Schaltkreis (IC) 18 auf. Im vorliegenden Beispiel sind die Elektroden 16 flach ausgebildet und dienen als Sensoren zur Aufnahme eines Elektrokortikogramms. Sie bilden somit ein ECoG-Elektroden-Array, das auf die Gehirnoberfläche aufgelegt werden kann. Jeder IC 18 enthält in diesem Beispiel eine Elektroden-Schnittstelle 20 mit einem Verstärker und einem AD-Wandler, eine mit der Elektroden-Schnittstelle 20 verbundene Datenvorverarbeitungseinrichtung 22, eine damit verbundene Datenspeichereinrichtung 24 und eine mit der Datenvorverarbeitungseinrichtung 22 verbundene Eindrahtbus-Schnittstelle 26 auf. Zudem sind noch ein Ringoszillator 28 und eine damit verbundene selbstkalibrierende Taktgewinnungseinrichtung 30 vorgesehen. Die Taktgewinnungseinrichtung 30 steht wiederum mit der Eindrahtbus-Schnittstelle 26 in Verbindung.
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Wie sich ferner aus der 1 ergibt, sind die Elektrodeneinheiten 14 über die jeweilige Eindrahtbus-Schnittstelle 26 mit einem jeweiligen von in diesem Beispiel zwei Eindrahtbussen 32 und 34 in Linientopologie mit einer ebenfalls auf der Leiterplatte 12 angeordneten zentralen Schnittstelleneinrichtung 36 verbunden.
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Die Schnittstelleneinrichtung 36 dient zur drahtlosen Kommunikation mit einem externen Gerät, in diesem Beispiel mit einem Computer 42, und weist dazu eine Rahmenantenne (loop antenna) (nicht gezeigt) auf. Es ist auch eine Induktionsspule (nicht gezeigt) zur Versorgung mit elektrischer Energie von außerhalb z. B. eines Schädels vorgesehen.
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Die Schnittstelleneinrichtung 36 kann als ein (Haupt-)ASIC ausgebildet sein. Die Signale der als Sensoren verwendeten Elektroden 16 werden in den ICs 18 bei Bedarf verstärkt, digitalisiert, zumindest vorverarbeitet und dann über die jeweilige Eindrahtbus-Schnittstelle 26 und den jeweiligen Eindrahtbus 32 bzw. 34 zur Schnittstelleneinrichtung 36 übertragen. Durch die Eindrahtbusse 32 und 34 wird das Platzproblem behoben, was sich normalerweise bei einer großen Anzahl von Sensoren ergibt. Durch die Digitalisierung der Signale am Ort des Sensors können die Signale störungsfrei zum jeweiligen IC und zur Schnittstelleneinrichtung 36 übertragen werden. Ein optimiertes Busprotokoll erlaubt die Implementierung auf kleinsten Chip-Flächen. Das Busprotokoll sieht in diesem Beispiel vor, dass sich die ICs 18 mit einer sparsamen Taktquelle, nämlich dem Ringoszillator 28, einen eigenen Takt generieren können und eine einfache Möglichkeit geboten wird, sich mit dem Bustakt des Eindrahtbusses 32 bzw. 34 zu synchronisieren. Für die genannten Funktionen des Busprotokolls wird die Verwendung des Eindrahtbusses in verschiedenen Phasen unterteilt, wie sie in 3 dargestellt sind.
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Die Linientopologie kann bei Bedarf mäanderförmig erfolgen, um beliebig geformte Substratflächen flächig auszufüllen, und bietet Überkreuzungsfreiheit.
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Der Aufbau der Verdrahtung kann durch Methoden der Mikrosystemtechnik vorzugsweise auf einem flexiblen Substrat erfolgen. Die Leiterstruktur ist beispielsweise in Dünnschichttechnik auf dem flexiblen Substrat aufgebracht. Zweckmäßigerweise wird ein asynchroner Eindrahtbus, d. h. ohne separate Taktleitung, verwendet.
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Die Datenspeichereinrichtung 24 kann zum Beispiel zur Kurzzeitspeicherung von ca. 8 Messwerten dienen. Zudem weist jeder IC 18 Pad-Zellen zum Anschluss an die Leiterstrukturen auf der Matte, darunter eine Tristate-Zelle für den Eindrahtbus, auf. Die Tristate-Zelle kann den Eindrahtbus 32 bzw. 34 wahlweise niederohmig auf GND oder VDD oder hochohmig auf VDD ziehen.
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Darüber hinaus weist jeder IC 18 einen Buscontroller (nicht gezeigt) auf, der die Kommunikation mit dem jeweiligen Eindrahtbus 32 bzw. 34 regelt.
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Zudem ist eine automatische Taktkalibrierung sinnvoll, weil ein stabiler Taktgenerator bei jeder Elektrodeneinheit zu viel Energie und Fläche benötigt und eine separate Taktleitung aufgrund der Bondpads ebenfalls zu viel Fläche und Energie verbrauchen würde.
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In diesem Beispiel ist das Busprotokoll darauf ausgelegt, dass die ICs 18 über einen jeweiligen Ringoszillator 28 und damit über keine präzise Taktquelle verfügen. Aus diesem Grund sendet die Schnittstelleneinrichtung 36 in regelmäßigen Abständen ein Synchronisierungssignal, wie dies in der die Synchronisierungsphase zeigenden 4 dargestellt ist. In diesem Ausführungsbeispiel ist der Bus im Leerlauf logisch 1. Zur Synchronisierung dient eine logisch 0 über 8 Takte. Eine solche lange Null-Phase ist im weiteren Busbetrieb ausgeschlossen. Die ICs 18 überwachen den Verkehr auf dem Eindrahtbus und die längste gemessene Pause wird verwendet, um aus dem eigenen Ringoszillator 28-Takt einen zum jeweiligen Eindrahtbus 32- bzw. 34-Takt passenden eigenen Takt zu erzeugen. Om Anschluss an die Pause erfolgen noch einige 0-1-Wechsel, an denen die ICs 18 überprüfen können, wie präzise ihre Synchronisierung ist (Jitter-Test). Falls sich bei der Überprüfung eine zu geringe Synchronität herausstellt, bleibt dem entsprechenden IC der Eindrahtbuszugriff verwehrt.
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Nach der Synchronisierungsphase wird der Eindrahtbus für einen Takt hochohmig auf 1 gelegt. In dieser Taktperiode haben die ICs 18 die Möglichkeit, den Eindrahtbus 32 bzw. 34 auf null zu ziehen und damit einen (Interruptrequest) IRQ auszulösen. So können zum Beispiel ereignisgesteuert bestimmte ICs 18 von der Schnittstelleneinrichtung 36 priorisiert abgefragt werden. Liegt ein IRQ vor, führt die Schnittstelleneinrichtung 36 eine Antikollisions-Sequenz durch, weil es möglich ist, dass mehrere ICs 18 gleichzeitig einen IRQ ausgelöst haben. Eine solche Antikollisions-Sequenz ist beispielhaft in der die Antikollisionsphase darstellenden 5 gezeigt. Sieht die Schnittstelleneinrichtung 36 einen IRQ, bleibt der Eindrahtbus 32 bzw. 34 hochohmig auf 1 seitens der Schnittstelleneinrichtung 36. Diejenigen ICs 18, die einen IRQ melden wollen, versuchen, ihre Adresse zu übertragen, mit starken Nullen und schwachen Einsen (bzw. Z). In einer Suche, die bis zu acht Adress-Bits erfordert, gewinnt derjenige IC 18 mit den meisten Nullen in der Adresse. Alle anderen ICs 18 können erst bei der nächsten Sequenz wieder einen IRQ melden. Die Antikollisions-Sequenz hat zur Folge, dass zum Abschluss die Schnittstelleneinrichtung 36 über die Adresse eines ICs 18 verfügt, den sie priorisiert abfragen sollte.
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Für den eigentlichen Datenverkehr dient die Phase „Zugriff”, die in 6 dargestellt ist. Für den Zugriff der Schnittstelleneinrichtung 36 auf einen IC 18 wird in der Zugriff-Phase die 6-Bit-Adresse des IC 18 gesendet, gefolgt von einer als Bank bezeichneten 2-Bit-Adresse für verschiedene Register/FIFOs auf dem adressierten IC 18. Es folgt weiterhin ein Lese-/Schreib-Bit sowie die Anzahl der Bits, die in Folge übertragen werden sollen. Weil das Datenbit 0 aufgrund der Synchronisierung nicht erlaubt ist, wird mittels Zero-Flags signalisiert, wenn eines der folgenden Daten-Bits Null sein soll. Danach folgen die bis zu sieben Daten-Bits, getrennt durch 1-Bits. Im Falle eines Null-Bits kann der Eindrahtbus 32 bzw. 34 auf logisch 1 verweilen. Schließlich wird noch eine Prüfsumme zwecks Fehlererkennung an den IC der Schnittstelleneinrichtung 36 übertragen. Der IC verfügt je nach Elektrodenzahl über mehrere Bus-Interfaces, welche parallel betrieben werden können. Der Ablauf wird von einer CPU (nicht gezeigt) in der Schnittstelleneinrichtung gesteuert, die frei programmierbar ist. Der Programmcode kann über ein Transceiver-Interface empfangen werden, ebenso wie die Messdaten über das Transceiver-Interface versendet werden können. Aufgrund der enormen Datenmengen, die bei mehreren hundert Elektroden anfällt, sowie der begrenzten Übertragungsrate, können die Daten bereits im IC in der Schnittstelleneinrichtung weiterverarbeitet werden. Denkbar wäre je nach Anwendung zum Beispiel eine Mustererkennung oder eine Datenkompression. Auch ereignisgesteuerte Datenübertragung, zum Beispiel ausgelöst durch den Interrupt eines ICs 18, wäre möglich. Für rechenintensive Aufgaben verfügt der IC neben der CPU über Hardware-Beschleuniger, welche speziell für die entsprechenden Rechenoperationen optimiert sind.
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Die Robustheit des Busprotokolls gegenüber möglichen Frequenzabweichungen der Ringoszillatoren 28 ergibt sich dadurch, dass der Ausgang des ungenauen Ringoszillators nur indirekt verwendet wird. Der IC 18 erkennt in regelmäßigen Abständen bestimmte Synchronisierungssymbole auf dem jeweiligen Eindrahtbus 32 bzw. 34, welche eine bekannte Zeitdauer haben. Der jeweilige IC 18 zählt während des Synchronisierungssymbols die Anzahl der Ringoszillatorsymbole und kann so die aktuelle Frequenz des eigenen Ringoszillators bestimmen.
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Der maximale Toleranzbereich des Eindrahtbusses ist aufgrund der genannten Selbstkalibrierung ein Parameter, der beim Design praktisch beliebig groß gestaltet werden kann. Toleranzen unterhalb der erwarteten Frequenz erkauft man sich mit einem langsamen Bustakt im Vergleich zur erwarteten Frequenz des Ringoszillators. Toleranzen oberhalb der erwarteten Frequenz erkauft man sich mit einem höheren Flächen- und Energiebedarf (breitere Zähler).
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Typischerweise laufen einfache Ringoszillatoren in modernen Fertigungstechnologien mit Frequenzen im Gigahertzbereich (bedingt durch Gatterlaufzeiten im Picosekundenbereich). Um Energie zu sparen, lässt sich durch Design-Maßnahmen die Soll-Frequenz (zum Beispiel durch eine reduzierte Betriebsspannung) in die Größenordnung von 100 MHz bringen.
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Wie groß die tatsächliche Frequenz des Ringoszillators ist, hängt maßgeblich von drei Faktoren ab: Fertigungsschwankungen, Temperatur- und Betriebsspannung (in der Literatur bekannt als PVT (Process, Voltage, Temperature)).
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Typische Fertigungs-Abweichungen betragen im genannten Beispiel bis zu 30%. Diese Abweichungen sind jedoch statisch und können daher vor der Verwendung ermittelt werden. Für die Robustheit des fertigen Systems spielt es keine große Rolle, weil Bauteile mit zu großen Abweichungen von der Verwendung ausgeschlossen werden können.
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Temperatur und Spannung hingegen können sich im laufenden Betrieb ändern. Dabei gilt für bei dem Ringoszillator verwendete CMOS-Schaltungen generell der Zusammenhang, dass eine niedrige Betriebsspannung und eine hohe Temperatur die Schaltung langsamer macht, während eine hohe Betriebsspannung und eine niedrige Temperatur die Schaltung schneller macht. Aus der gewählten Betriebsspannung und dem möglichen Temperaturbereich ergibt sich somit die minimale Frequenz
sowie die maximale Frequenz f
R,max =
des Ringoszillators.
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Für einen sicheren Betrieb ergibt sich folgende Bedingung:
- fR,max:
- maximal mögliche Frequenz des Ring-Oszillators (abhängig von Entwurfs-Parametern, bei minimal möglicher Temperatur und maximal möglicher Betriebsspannung)
- fR,min:
- minimal mögliche Frequenz des Ring-Oszillators (abhängig von Entwurfs-Parametern, bei maximal möglicher Temperatur und minimal möglicher Betriebsspannung) Breite des Zählers (Entwurfs-Parameter)
- fBus:
- Bus-Frequenz (Entwurfs-Parameter)
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Als Beispiel wurde die Frequenz eines eigens entworfenen Ringoszillators bei verschiedenen Temperaturen und Betriebsspannungen gemessen. Der Ringoszillator besteht auf 1841 Inverterstufen. Bei 125°C und einer Spannung von 2 V wurde eine Frequenz von 0,82 MHz gemessen. Bei 37°C und 3,94 V wurde eine Frequenz von 1,9 MHz gemessen. Die Frequenz des Ringoszillators ist linear abhängig von der Anzahl der Inverterelemente. Um Platz zu sparen, würde man den Ringoszillator für das vorgeschlagene Bussystem vorteilhafterweise aus wesentlich weniger Inverterstufen aufbauen. Für 7 Inverterstufen ergibt sich für die im Beispiel genannten möglichen Umgebungsbedingungen: FR,min = 215 MHz, fR,max = 500 MHz.
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Angenommen, der Bustakt soll aus Anforderungen der Datenübertragungsrate 1 MHz betragen, so müssten die Zählerbreite und das Synchronisierungsintervall wie folgt festgelegt werden:
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Das oben beispielhaft beschriebene Busprotokoll kommt mit Antikollision-Sequenz und Zugriff-Phase auf ca. 150 Takte zwischen zwei Synchronisationspausen und würde also auch bei niedrigeren Spannungen und höheren Temperaturen noch funktionieren.
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Ein 9-Bit breiter Zähler könnte bis 51 zählen und würde für Temperaturen über 37°C und Spannungen unter 3,94 V ausreichen. Ein 10-Bit breiter Zähler würde den Schaltungsaufwand (des Zählers) um etwa 10% erhöhen und den oberen Toleranzbereich um 100% erhöhen (bezogen auf die maximale Ringoszillator-Frequenz). Aufgrund der exponentiellen Abhängigkeit der oberen Toleranzgrenze von der Zählerbreite stellt die obere Toleranzgrenze für keine bekannte Anwendung eine technische Herausforderung dar.
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Als Fazit ist festzuhalten, dass sich in modernen Halbleiterprozessen problemlos Ring-Oszillatoren im GHz-Bereich realisieren lassen. Durch den exponentiellen Zusammenhang zwischen Zählerbreite und Maximalfrequenz des Ringoszillators stellt die obere Grenze des Toleranzbereichs keine technische Herausforderung dar. Solange die untere Toleranzgrenze, welche bei modernen Prozessen und entsprechenden Umgebungsbedingungen immer noch im GHz-Bereich gehalten werden kann, nicht in die Größenordnung der Busfrequenz kommt, können mit diesem Verfahren auf dem Bus Daten übertragen werden.
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Bei der oben beschriebenen ECoG-Elektrodenmatte ergeben sich im Vergleich zu einer herkömmlichen Elektrodenmatte, bei der viele Elektroden direkt an einen einzelnen IC angeschlossen sind, folgende Vorteile:
- – geringere Störungen durch Leitungsübersprechen, EM-Felder in der Umgebung, Signaldämpfung auf den Leitungen,
- – geringerer Verdrahtungsaufwand, insbesondere geringerer Flächenbedarf für die Verdrahtung; die Strukturen können einheitlich gestaltet werden und es kann insgesamt eine höhere Integrationsdichte erreicht werden,
- – durch eine Mäanderstruktur können beliebige Formen gewählt werden; insbesondere können dabei Knick-Stellen oder Einschnitte berücksichtigt werden,
- – durch die Überkreuzungsfreiheit wird nur eine einzige Verdrahtungsebene benötigt, so dass ein sehr dünnes und flexibles Substrat verwendet werden kann, und
- – geringere Leistungsdichte, weil die (analoge) Signalverarbeitung auf einer größeren Fläche verteilt wird.
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Die in der vorstehenden Beschreibung, in den Zeichnungen sowie in den Ansprüchen offenbarten Merkmale der Erfindung können sowohl einzeln als auch in den beliebigen Kombinationen für die Verwirklichung der Erfindung in ihren verschiedenen Ausführungsformen wesentlich sein.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Mikrosystem
- 12
- Leiterplatte
- 14
- Elektrodeneinheit
- 16
- Elektrode
- 18
- integrierter Schaltkreis
- 20
- Elektroden-Schnittstelle
- 22
- Datenvorverarbeitungseinrichtung
- 24
- Datenspeichereinrichtung
- 26
- Eindrahtbus-Schnittstelle
- 28
- Ringoszillator
- 30
- Taktgewinnungseinrichtung
- 32, 34
- Eindrahtbusse
- 36
- Schnittstelleneinrichtung
- 42
- Computer
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- R. R. Harrision, R. J. Kier, C. A. Chestek, V. Gilia, P. Nuyujukitan, S. Ryu, B. Greger, F. Solzbacher, und K. V. Shenoy, „Wireless Neural Recording With Single Low-Power Integrated Circuit”, Ieee Trans. Neural Syst. Rehabil. Eng., Bd. 17, Nr 4, S. 322–329, 2009 [0011]
- C.-W. Chang, P.-T. Huang, L.-C. Chou, S.-L. Wu, S.-W. Lee, C.-T. Chuang, K.-N. Chen, J.-C. Chiou, W. Hwang, Y.-C. Lee, C.-H. Wu, K.-H. Chen, C.-T. Chiu, und H.-M. Tong, „Through-silicon-via-based double-side integrated microsystem for neural sensing applications”, in Solid-State Circuits Conference Digest of Technical Papers (ISSCC), 2013 IEEE International, 2013, S. 102–103 [0011]
- C. M. Lopez, A. Andrei, S. Mitra, M. Welkenhuysen, W. Eberle, C. Bartic, R. Puers, R. F. Yazicioglu, und G. Gielen, „An implantable 455-active-electrode 52-chamel CMOS neural probe”, in Solid-State Circuits Conference Digest of Technical Papers (ISSCC), 2013 IEEE International, 2013, S. 288–289 [0012]
- B. Rubehn, C. Bosman, R. Oostenveld, P. Fries, und T. Stieglitz, „A MEMS-based flexible multichannel ECoG-electrode array”, J. Neural Eng., Bd. 6, Nr. 3, S. 036003, Juni 2009 [0013]
- J. Pistor, J. Hoeffmann, D. Rotermund, E. Tolstosheeva, T. Schellenberg, D. Boll, V. Gordillo-Gonzalez, S. Mandon, D. Peters-Drolshagen, A. Kreiter, M. Schneider, W. Lang, K. Pawelzik, und S. Paul, „Development of a fully implantable recording system for ECoG signals”, in Design, Automation Test in Europe Conference Exhibition (DATE), 2013, 2013, S. 893–898 [0014]