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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung und Regelung eines elektrohydraulischen Bremssystems für Kraftfahrzeuge umfassend eine elektrisch steuerbare Druckbereitstellungseinrichtung, welche umfasst eine Zylinder-Kolbenanordnung mit zumindest einem in einem hydraulischen Druckraum durch einen elektromechanischen Aktuator elektromotorisch verfahrbaren Druckkolben, welcher zum Druckaufbau in einer Druckaufbaurichtung und zum Druckabbau in entgegengesetzter Druckabbaurichtung verschoben wird, wobei eine Anzahl hydraulisch betätigbarer Radbremsen vorgesehen ist, welche jeweils über ein elektrisch betätigbares Einlassventil mit dem hydraulischen Druckraum und über ein elektrisch betätigbares Auslassventil mit einem Bremsflüssigkeitsbehälter verbindbar sind, und wobei ein Vordruck bestimmt wird und durch das Verfahren des Druckkolbens im Druckraum eingestellt wird. Sie betrifft weiterhin ein entsprechendes Bremssystem.
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Automatische Regelsysteme wie ABS, ESP, TCS sind aus modernen Kraftfahrzeugen nicht mehr wegzudenken und erhöhen die Sicherheit der Fahrzeuginsassen in hohem Maße. Sie greifen in der Regel dann ein, wenn eine instabile fahrdynamische Situation detektiert wird (Durchdrehen der Räder, Schleudern etc.) und überführen das Fahrzeug durch gezieltes Abbremsen und Freigeben einzelner Räder wieder in einen stabilen fahrdynamischen Zustand. Während bei konventionellen hydraulischen Bremssystemen, bei denen der gesamte Bremsdruck vom Fahrer durch Muskelkraft aufgebracht werden muss, diese Regelsysteme nur gezielt Bremsdruck verringern können und selbständig keinen höheren als den Fahrerdruck erzeugen können, sind aktive, insbesondere elektrohydraulische, Bremssysteme dafür ausgelegt, dass vom System her auch Druck selbständig bzw. aktiv erzeugt bzw. aufgebaut werden kann.
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Bei Regelungsvorgängen wird dabei ein Vordruck aufgebaut. Vordruck bezeichnet hierbei den Druck im hydraulischen Druckraum, in dem der Druckkolben verschoben wird.
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Aus der
DE 10 2011 076 675 A1 ist ein Verfahren zur Regelung eines aktiven Bremssystem bekannt, das einen geeigneten Vordruck für eine Vielzahl denkbarer Situationen ermittelt, die sich aus einer laufenden Fahrerbremsung bzw. aktiven Regelfunktionen im Komfort- und Sicherheitsbereich ergeben.
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In der
DE 10 2011 077 329 A1 wird darüber hinaus beschrieben, wie eine deutliche Komfortverbesserung speziell im Falle einer laufenden ABS-Regelung erzielt werden kann, indem der Vordruck auf das absolute Minimum beschränkt wird, das jeweils durch die höchste Druckanforderung aller ABS-geregelten Radkreise vorgegeben ist. Der Druck im Vordruckraum wird dazu genau auf das jeweils höchste geforderte Druckniveau gefahren. Der Vorteil dieser Strategie besteht darin, dass nun das Rad mit dem jeweils höchsten Vordruck direkt an den Vordruckraum angeschlossen ist, sein Druck wird also ohne Betätigung des entsprechenden Einlassventils geregelt. Damit ist mit dem mechanisch steifen Vordruckraum mindestens eine Radbremse direkt verbunden. Dieser „weiche“ bzw. hydraulisch elastische Verbraucher führt dazu, dass der Druck im Vordruckraum gut eingeregelt werden kann. Dies ist der Fall, da das Verfahren des Kolbens um einen kleinen Kolbenweg in dieser Konfiguration auch nur eine kleine Druckmodulation bewirkt.
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Wenn dagegen die Einlassventile aller Radkreise geschlossen sind, lässt sich in dem steifen Vordruckraum nur schwer ein gewünschter Druck einstellen. Ein leichtes Rückfahren des Kolbens lässt den Druck dann nämlich sofort auf null absinken. Ein Vorfahren des Kolbens in Richtung Druckaufbau bewirkt anders herum einen großen Druckgradienten: einige Millimeter Verfahrweg können ausreichen, um den Vordruck zwischen 0 bar und einem Maximaldruck von beispielsweise 200 bar zu variieren. Beim Einstellen einer zu hohen Kreisverstärkung für den Druckregler kann es dabei zu Instabilitäten der gesamten Regelstrecke und damit zu starken Schwingungen im Vordruck kommen.
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Es ist daher Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren bereitzustellen, das zuverlässig und präzise den jeweils geforderten Anforderungsdruck liefert. Zudem soll eine entsprechende Vorrichtung bereitgestellt werden.
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In Bezug auf das Verfahren wird diese Aufgabe dadurch gelöst, dass der Druckkolben während eines Regelungsvorganges, insbesondere ABS, nicht verfahren oder nur in Druckaufbaurichtung verfahren wird.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Die Erfindung geht von der Überlegung aus, dass es für die zuverlässige Durchführung eines Regelungsvorganges immens wichtig ist, dass stets die geforderte, insbesondere die höchste, Druckanforderung bedient werden kann. Denn nur dann kann bei einem Regelungsvorgang wie beispielsweise einem ABS-Bremsvorgang sichergestellt werden, dass bei dem Fahrzeug präzise und zielgerichtet die Räder abgebremst werden und eine stabile und ungefährliche fahrdynamische Situation realisiert wird. Bei Regelungsvorgängen, bei denen der Druckkolben zum Druckabbau verfahren wird, können aufgrund seiner Trägheit die entsprechenden Drücke nicht schnell genug und/oder aufgrund unerwünschter Schwankungen nicht präzise genug eingestellt werden.
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Wie nunmehr erkannt wurde, lässt sich dieser Druckanforderung genügen, indem der Druckkolben während eines Regelvorganges ausschließlich entweder seine Stellung hält, wobei er den Druck in der Druckkammer aufrechterhält, oder sich zum Druckaufbau bewegt. Der Druckkolben wird also nicht in die entgegengesetzte Richtung verfahren bzw. verschoben und damit zum Druckabbau genutzt. Dadurch wird verhindert, dass durch ein derartiges Zurückfahren der Druck in dem Druckraum stark absinkt und dann bei einer erneuten Druckanforderung der nötige Druck nicht schnell genug aufgebaut werden kann oder unerwünschte Druckschwankungen auftreten, so dass der Regelungsvorgang nicht präzise genug ausgeführt werden kann.
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Es ist aus den oben genannten Gründen für die Güte der Vordruckregelung förderlich, zu jedem Zeitpunkt wenigstens einen offenen Radkreis bzw. Bremskreis mit dem Vordruckraum bzw. Druckraum zu verbinden. Um dies vollständig zu realisieren, müsste der Vorderruck so eingestellt werden, wie es das ABS des Hochdruckrades, also des Rades, für das der höchste Bremsdruck benötigt wird, fordert. Insbesondere beim Raddruckabbau im Falle einer erkannten Radblockierneigung muss aber eine möglichst schnelle und präzise Druckabbaumodulation erfolgen, die der Druckkolben aufgrund der hohen trägen Massen des gesamten Motorantriebs nicht schnell und präzise genug umsetzen kann. Um die für präzisen Druckabbau hierfür erforderliche Dynamik zu erreichen, müsste eine extrem aufwändige Motortechnik zum Einsatz kommen, die aus Kostengründen und der mangelnden Robustheit nicht zweckmäßig wäre.
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Vorteilhafterweise erfolgt daher während eines Regelvorganges der Druckabbau in einer Radbremse ausschließlich durch Schließen des zugeordneten Einlassventils und Öffnen des zugeordneten Auslassventils. Durch das Schließen des Einlassventils wird verhindert, dass Druckmittel aus dem Druckraum nachströmt, während aus der Radbremse das Druckmittel durch das geöffnete Auslassventil in den Bremsflüssigkeitsbehälter bzw. das Druckmittelreservoir abfließt. Sobald genügend Druckmittel abgeflossen ist, wird das Auslassventil wieder geschlossen.
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Der Aktuator umfasst vorteilhafterweise einen Elektromotor, der eine rotatorische Bewegung einer Motorwelle in eine translatorische Bewegung des Druckkolbens umwandelt, wobei bei einer ersten Drehrichtung der Druckkolben zum Druckaufbau in Druckaufbaurichtung und bei einer zweite Drehrichtung zum Druckabbau entgegengesetzt zur Druckaufbaurichtung verschoben wird. Dabei können der ersten Drehrichtung beispielsweise positive Drehzahlen und der zweiten Drehrichtung negative Drehzahlen der Motorwelle zugeordnet werden, d. h., Drehungen in der ersten Drehrichtung haben immer positive Drehzahlen. Die Bedingung, dass der Druckkolben stets nicht oder nur in Druckaufbaurichtung geschoben bzw. verfahren werden soll, lässt sich in diesem Fall so formulieren, dass nur Drehzahlen größer oder gleich Null zugelassen werden.
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In einer bevorzugten Ausführungsform wird während eines Regelvorganges der im Druckraum eingestellte Vordruck immer derart gewählt, dass er jeweils dem größten Rad-Solldruck der Radbremsen entspricht. Dadurch wird sichergestellt, dass dieser Druck gewissermaßen instantan für eine oder mehrere Bremsen zur Verfügung steht und keine Verzögerungen durch noch notwendiges Druckaufbauen entstehen.
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Der Druckkolbens wird entgegengesetzt zur Druckaufbaurichtung zum Ansaugen von Druckmittel vorteilhafterweise ausschließlich dann verfahren, wenn eine Saugbedingung erfüllt ist. Der Grund, weshalb bei dem geschilderten Verfahren ein Saugvorgang notwendig werden kann, ist, dass sich der Druckmittelvorrat im Vergleich zu Verfahren, bei denen auch während eines Regelvorganges zum Druckabbau der Druckkolben bewegt wird, beim erfindungsgemäßen Verfahren der Druckmittelvorrat während der Regelvorgangs stets abnimmt und daher schneller erschöpft sein kann. Ist kein Druckmittel mehr im Druckraum vorhanden, kann auch kein Druck mehr in einem oder mehreren Radkreisen mehr aufgebaut werden. Damit dies wieder möglich wird, muss der Druckraum wieder gefüllt werden. Die Saugbedingung ist vorteilhafterweise dann erfüllt, wenn das Druckmittelvolumen des Druckmittels im Druckraum einen vorgegebenen Mindestsollwert unterschreitet. Das heißt, wenn dieser Mindestsollwert unterschritten wird, wird in jedem Fall ein Saugvorgang durchgeführt, damit wieder genug Druckmittel für nachfolgende Druckaufbauten zur Verfügung steht.
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Die Saugbedingung kann vorzugsweise auch dann erfüllt sein, wenn das Druckmittelvolumen des Druckmittels im Druckraum einen vorgegebenen Mindestgrenzwert unterschreitet und innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne kein Druckaufbau, der einen vorgegebenen Druckwert überschreitet, erwartet wird. Das heißt, die harte Grenze, die durch den Mindestsollwert gegeben ist, ist zwar noch nicht erreicht. Der Druckmittelvorrat ist aber schon derart gering, so dass bereits zu diesem Zeitpunkt der Vorrat vorsorglich aufgefüllt wird, sofern keine großen Druckaufbauten erwartet werden. Dies kann beispielsweise so realisiert werden, dass versucht wird, die fahrdynamische Phase des Bremsmanövers zu erkennen und aufgrund von Erfahrungswerten oder vorgegebenen Werten eine Prognose bzw. Extrapolation durchzuführen. Ein Saugvorgang dauert ca. 200–300 ms, so dass dies auch ungefähr dem Zeitraum entspricht, über den eine Prognose erstellt werden muss. Wird doch unerwarteter Weise ein hoher Druckaufbau notwendig, wird werden die Drehrichtung des Motors und damit die Verfahrrichtung des Kolbens wieder reversiert und Druck wird aufgebaut.
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Die Bedingung, dass ein Mindestvolumen unterschritten wird entspricht dabei der Bedingung bzw. kann auch als Bedingung formuliert werden, dass ein vorgegebener Kolbenweg in Druckaufbaurichtung überschritten wird.
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In Bezug auf das Bremssystem wird die oben genannte Aufgabe dadurch gelöst, dass eine elektronischen Steuer- und Regeleinheit (ECU) vorgesehen ist, die ein Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche ausführt. Das Verfahren kann dabei vorteilhafterweise als ein auf der Steuer- und Regeleinheit ausführbares Computerprogramm vorliegen. Das heißt, das Programm enthält Anweisungen zur Durchführung des geschilderten Verfahrens.
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Die Vorteile der Erfindung liegen insbesondere darin, dass durch die Begrenzung der Kolbenbewegung auf das Halten des Druckes im Druckraum oder den Druckaufbau ein Regelungsvorgang zuverlässig und sehr nahe an dem verlangten Druckverlauf verlaufen kann, wodurch eine besonders sichere Kontrolle des Fahrzeuges in diesen Situationen ermöglicht wird.
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Dadurch, dass der Druckabbau ausschließlich durch das Ansteuern von Ventilen durchgeführt wird, wird der Verschleiß der Komponenten des Aktuators gering gehalten, da der Motor kein schnelles Umkehren bzw. Reversieren der Motorachse durchführen muss. Auch der Verschleiß der Komponenten der Zylinder-Kolbenanordnung wird gering gehalten, da schnelle Umkehrbewegungen des Kolbens während eines Regelvorganges nicht notwendig sind.
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Durch die Durchführung eines Saugzyklus, wenn die Erschöpfung des Druckmittelvorrates im Druckraum droht, wird sichergestellt, dass bei zukünftigen Druckanforderungen wieder Druck in wenigstens einem der Radbremskreise aufgebaut werden kann.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand einer Zeichnung näher erläutert. Darin zeigen in stark schematisierter Darstellung:
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1 ein elektrohydraulisches Bremssystem mit einer Steuer- und Regeleinheit zur Durchführung des Verfahrens in einer bevorzugten Ausführungsform, und
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2 ein Diagramm mit zeitlichen Verläufen von Bremsdrücken und Motordrehzahlen.
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Ein in 1 dargestelltes aktives bzw. elektrohydraulisches Bremssystem 2 umfasst eine Druckbereitstellungseinrichtung 8, welche einen elektromechanischen Aktuator 14 umfasst. Dieser umfasst einen Elektromotor 20 und ein Getriebe 26 und verschiebt zum Druckaufbau einen Druckkolben 32 in einen hydraulischen Druckraum 38 in Druckaufbaurichtung 44. Durch den Druckkolben 32 und den Druckraum 38 ist eine Zylinder-Kolbenanordnung 40 realisiert. Der Druckkolben 32 fährt dabei von einer Ruheposition 50 in eine Druckposition 56, wodurch ein definiertes Druckmittelvolumen aus dem Druckraum 38 über eine Leitung 62, ein geöffnetes Trennventil 68 und eine weitere Leitung 74 in einen Radkreis 80 geschoben wird, wo sie durch ein zunächst geöffnetes Einlassventil 88 in eine Bremsleitung 94 und weiter in eine Radbremse 100 verschoben wird. Damit wird in der Radbremse 100 ein Bremsdruck erzeugt. In der 1 ist nur ein Radkreis 80 dargestellt. Bei einem Kraftfahrzeug sind gewöhnlich vier Radkreise 80 vorgesehen, die jeweils über ein Trennventil 68 mit dem Druckraum 38 verbindbar sind. Eine elektronische Steuer- und Regeleinheit 142 dient zur Ansteuerung der oben beschriebenen Komponenten.
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Ein Bremsdruckabbau, wie er in bekannten Systemen durchgeführt wird, kann erfolgen, indem der Druckkolben 32 wieder in Richtung seiner Ruheposition 50, also entgegengesetzt zur Druckaufbaurichtung 44, verschoben bzw. zurückgefahren wird. Ein schneller Bremsdruckabbau, wie er im Falle einer ABS-Regelung benötigt wird, ist aber auch, wie hier vorgeschlagen, über die Betätigung des Einlassventils 88 und eines Auslassventils 106 möglich, welches in eine Abfuhrleitung 112 geschaltet ist, durch die der Radbremskreis 80 bzw. die Bremse 100 mit einem Bremsflüssigkeitsbehälter 118 bzw. Reservoir verbunden ist. Zum Abbau des Bremsdruckes wird das Einlassventil 88 geschlossen und das Auslassventil 106 für eine bestimmte Zeit geöffnet. Dadurch strömt Bremsflüssigkeit bzw. Druckmittel aus der Radbremse 100 über die Bremsleitung 94 durch das Auslassventil 106 und über die Abfuhrleitung 112 in den Bremsflüssigkeitsbehälter 118. Diese Maßnahme des Druckabbaus ist dann sinnvoll, wenn die Druckkammer bzw. der Druckraum 38 mehrere Radkreise parallel bedient. Damit der Druck in einem Radkreis im Normalbetrieb nie höher ist als der Druck in der Vordruckkammer bzw. dem Druckraum 38, ist ein Rückschlagventil 124 zum Einlassventil 88 parallel geschaltet. In eine von der Leitung 62 abzweigende Leitung 130 ist ein Rückschlagventil 136 geschaltet.
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In alternativer Ausgestaltung des Bremssystems 2 kann der Druckraum 38 aus Sicherheitsgründen mehr-, insbesondere zweikreisig, ausgeführt sein mit mehreren Druckkammern, wobei die Druckkammern den Radkreisen bzw. Bremskreisen diagonal oder achsweise (Schwarz-weiß) zugeordnet sein können. In diesem Fall würden mehrere Trennventile 68 verwendet werden (eines für jeden Bremskreis).
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird auf der Steuer- und Regeleinheit 142 ausgeführt und wird in einer bevorzugten Ausführungsform anhand der in 2 dargestellten Signalverläufe erläutert. Dabei ist auf einer x-Achse 150 die Zeit t und auf einer y-Achse 152 der Druck P aufgetragen.
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Der Fahrer erzeugt während eines Bremsvorganges durch seine Bremsbetätigung (beispielsweise durch Drücken eines Bremspedals) eine Druckanforderung, welche durch ein Druckanforderungssignal 200 repräsentiert wird. Die höchste Druckanforderung aller Räder ist durch ein Maximaldruckanforderungssignal 206 dargestellt. Da kein höherer als dieser Druck im Gesamtsystem benötigt wird, kann exakt dieser Druck in dem Druckraum 38 eingestellt werden. Die Radbremse 100, die genau diesen Druck benötigt (diese bremst das Rad mit der höchsten Druckanforderung) kann direkt und ohne Aktivierung des zugehörigen Einlassventils 88 mit dem Druckraum 38 verbunden bleiben. Da die Druckkontur des Maximaldruckanforderungssignals 206 sehr scharf ist (dies ergibt sich daraus, dass das ABS zur präzisen Regelung sehr schnell mit Druckabbau reagieren muss), ist es nahezu unmöglich, mit einem elektromotorischen Antrieb derart exakt zu modulieren.
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In realen Bremssystemen würde sich in etwa der Verlauf eines Modulationssignals 212 ergeben. Dieser weist einen zeitlichen Verzug gegenüber dem gewünschten Maximaldruckanforderungssignal 206 auf. Zudem ist er durch ein Einschwingverhalten gekennzeichnet, was nach einem starken Druckabbau zu einem Unterschwingen führt (z. B. kurz nach einem Zeitpunkt 218), so dass also zu viel Druck abgebaut wird und zu schwach gebremst wird. Im Falle eines starken Unterschwingens wird unter Umständen Bremsflüssigkeit aus den Bremskreisen gezogen, deren Einlassventile 88 geschlossen sind, indem das jeweilige Rückschlagventil 124 öffnet. Wenn anschließend der Druck wieder auf den gewollten Wert einschwingt, kann der Druckaufbau aber nicht in diese Bremskreise gelangen, da ihre Einlassventile 88 geschlossen sind und die Rückschlagventile 124 in dieser Richtung sperren. Damit kann durch das Unterschwingen im Vordruckverlauf das Druckniveau in eigentlich abgetrennten und nicht zu modulierenden Radkreisen 80 ungewollt verringert werden, was zu einem ungewollten und mitunter gefährlichen Verlust an Bremswirkung führen würde.
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Bei der Modulation des Drucks in dem Druckraum 38 gilt grundsätzlich, dass ein Druckaufbau dadurch erzielt wird, dass der Druckkolben 32 in Druckaufbaurichtung 44 (in 1 nach links) verfahren wird. Dies wird im vorliegenden Ausführungsbeispiel mit positiven Drehzahlen N des Elektromotors 20 erreicht. Für den Druckabbau mit Hilfe des Elektromotors 20 muss dieser in Gegenrichtung, also mit negativen Drehzahlen N laufen, damit der Druckkolben 32 entgegengesetzt zur Druckaufbaurichtung 44 verfahren wird (in 1 nach rechts). Ein derartiger Druckabbauvorgang mit Hilfe des Elektromotors ist auch in der 2 dargestellt. Dabei ist auf einer x-Achse 156 die Zeit und auf einer y-Achse 158 die Motordrehzahl N aufgetragen.
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Ein Motordrehzahlsignal 224 stellt die Motordrehzahl des Elektromotors 20 als Funktion der Zeit dar. Um den Druck gemäß der ABS-Anforderung nach einem Zeitpunkt 218 zu reduzieren, werden negative Drehzahlen N benötigt, welche durch einen gestrichelten Signalabschnitt 236 dargestellt sind. Das Umschalten bzw. Reversieren der Drehrichtung des Elektromotors 20 benötigt aber eine gewisse endliche Reversierzeit, durch die u.a. auch die oben diskutierten unerwünschten Unterschwinger im Druckverlauf entstehen.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren, welches eine Regelstrategie für das Bremssystem 2 umfasst, werden diese Nachteile behoben. Es ist daher vorgesehen, während einer Regelung, insbesondere einer ABS-Regelung, nie zuzulassen, dass der Druckkolben 32 sich entgegengesetzt zur Druckaufbaurichtung 44 bewegt. Hinsichtlich des Elektromotors 20 bedeutet dies, dass während des Regelungsvorganges keine negativen Drehzahlen erlaubt bzw. eingestellt werden, d. h., der Elektromotor 20 dreht ausschließlich in positiver Richtung (Druckaufbau) oder steht still (Druckhalten). Im Druckraum 38 erfolgt somit immer nur ein aktiver Druckaufbau oder ein Halten des Drucks durch den Elektromotor 20. Dies wird erreicht, indem zur Einstellung des angeforderten Druckes in der Druckkammer 38 eine Begrenzung der Solldrehzahl des Elektromotors 20 vorgesehen wird. Im konkreten Fall werden nur Solldrehzahlen NSoll zugelassen, die größer oder gleich Null U/min (Umdrehungen pro Minute) sind. Die in den Bremskreisen bzw. Radkreisen 80 erforderlichen Druckabbauten im Falle von erkannten Radblockierneigungen werden dann über das dem Rad zugeordnete Ventilpaar 88/106 bewirkt. Wenn der Elektromotor 20 in dieser Zeit keine negativen Drehzahlen verfahren kann (wie im Signalabschnitt 236), bleibt der Vordruck jetzt auf einem konstanten Niveau stehen, das zuvor zum Zeitpunkt 218 erreicht wurde. Damit ergibt sich ein Druckverlauf 242.
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Es ist nun noch zu beachten was passiert, wenn die jeweilige Radbremse 100 nach dem ventilgesteuerten Druckabbauwieder mit dem Druckraum 38 verbunden wird. Dieser liegt dann ja auf einem höheren bzw. zu hohen Niveau, so dass ein ungewollter Drucksprung im Radkreis 80 zu einem Zeitpunkt 248 zu erwarten wäre. Ein derartiger Drucksprung tritt allerdings aufgrund der hydraulischen Gegebenheiten des Bremssystems 2 nicht ein. Der Druckraum 38 weist nämlich ein hydrodynamisch steifes Verhalten auf: bereits die Entnahme eines sehr kleinen Flüssigkeitsvolumens bewirkt im Wesentlichen einen Zusammenbruch des Vordruckes bzw. ein Absenken auf ein niedrigeres Vordruckniveau. Auf Grund dieser Tatsache kann der Radkreis 80 trotz der Druckdifferenz zum Druckraum 38 bedenkenlos durch Öffnen des Einlassventils 88 mit diesem hydraulisch verbunden bzw. kurzgeschlossen werden. Es erfolgt nämlich gewissermaßen ein automatischer Druckangleich des Drucks im Druckraum 38 an den Druck des zugeschalteten Radkreises 80. Um den im Radkreis 80 gewünschten Druckaufbau zwischen dem Zeitpunkt 248 und einem Zeitpunkt 254 zu erreichen, wird sogar wieder ein Verfahren des Druckkolbens 32 in Druckaufbaurichtung 44 und damit ein Drehen des Elektromotors 20 mit positiven Drehzahlen benötigt, damit noch etwas Druckmittelvolumen aus dem Druckraum 38 in den jetzt offenen Radkreis 80 nachgeschoben werden kann.
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Durch die beschriebene Regelstrategie, bei der ein Verfahren des Druckkolbens 32 entgegengesetzt zur Druckaufbaurichtung 44 und damit negative Drehzahlen vermieden werden, lässt sich im jeweiligen Radkreis 80 ein Druckverlauf erzielen, der tatsächlich sehr nahe an dem gewünschten Maximaldruckanforderungssignal 206 liegt und keine wesentlichen Unterschwinger aufweist.
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Die Belastungen für den Elektromotor 20 und das Getriebe 26 werden dadurch erheblich reduziert. Das schnelle Reversieren der Drehrichtung des gesamten Antriebs führt bei bekannten Systemen zu einem großen Verschleiß und zu einem hohen Stromverbrauch mit sehr hohen Stromspitzen. Diese Nachteile werden mit dem dargestellten Konzept des kontinuierlichen Volumenschiebens in nur einer Richtung vermieden.
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Die Tatsache, dass der Druckkolben 32 entweder gar nicht oder nur in Druckaufbaurichtung 44 verfahren wird, führt dazu, dass das System bzw. der Druckmittelvorrat im Druckraum 38 schneller erschöpfbar ist als bei bekannten Systemen. Mit anderen Worten, die Druckposition 56 nähert sich zu einem bestimmten Zeitpunkt einer Endposition 58. Ist dies geschehen, ist kein weiterer Druckaufbau möglich. Damit dies wieder möglich wird, muss zur Füllung des Druckraumes 38 mit Druckmittel ein Saugzyklus eingelegt werden, indem das Trennventil 68 geschlossen und der Druckkolben 32 möglichst schnell entgegengesetzt zur Druckaufbaurichtung 44 in die Ruheposition 50 bzw. Startposition verfahren wird, was über negative Motordrehzahlen erreicht wird. Über das Rückschlagventil 136 wird dann über die Leitung 130 Druckmittel bzw. Bremsflüssigkeit aus dem Bremsflüssigkeitsbehälter 118 gesaugt und der Regelvorgang kann anschließend wieder normal weiterlaufen. Vorliegend werden also negative Drehzahlen bzw. ein Verfahren des Druckkolbens entgegengesetzt zur Druckaufbaurichtung 44 nur während eines derartigen Saugzyklus erlaubt.
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Bezugszeichenliste
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- 2
- Bremssystem
- 8
- Druckbereitstellungseinrichtung
- 14
- Aktuator
- 20
- Elektromotor
- 26
- Getriebe
- 32
- Druckkolben
- 38
- Druckraum
- 40
- Zylinder-Kolbenanordnung
- 44
- Druckaufbaurichtung
- 50
- Ruheposition
- 56
- Druckposition
- 58
- Endposition
- 62
- Leitung
- 68
- Trennventil
- 74
- Leitung
- 80
- Radkreis
- 88
- Einlassventil
- 94
- Bremsleitung
- 100
- Radbremse
- 106
- Auslassventil
- 112
- Abfuhrleitung
- 118
- Bremsflüssigkeitsbehälter
- 124
- Rückschlagventil
- 130
- Leitung
- 136
- Rückschlagventil
- 142
- Steuer- und Regeleinheit
- 150
- x-Achse
- 152
- y-Achse
- 156
- x-Achse
- 158
- y-Achse
- 200
- Druckanforderungssignal
- 206
- Maximaldruckanforderungssignal
- 212
- Modulationssignal
- 218
- Zeitpunkt
- 224
- Motordrehzahlsignal
- 236
- Signalabschnitt
- 242
- Druckverlauf
- 248
- Zeitpunkt
- 254
- Zeitpunkt
- T
- Zeit
- P
- Druck
- N
- Motordrehzahl
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102011076675 A1 [0004]
- DE 102011077329 A1 [0005]