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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Durchführung eines Reversiervorgangs in einem Automatgetriebe eines Kraftfahrzeugs gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
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In einem Automatgetriebe wird bei einem Reversiervorgang, d. h. bei einem Wechsel der Fahrposition von D nach R oder von R nach D kurzzeitig der Kraftfluss im Getriebe aufgehoben bzw. es kann beim Wechsel des kraftschließenden Schaltelements für die neue Fahrstufe kurzfristig kein Moment an den Getriebeabtrieb übertragen werden.
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Dies kann dazu führen, dass Situationen entstehen können, bei denen sich das Fahrzeug entgegen der dem Fahrerwunsch entsprechenden Richtung ohne Eingriffsmöglichkeit durch den Fahrer bewegt bzw. beschleunigt, was zu Unfällen führen kann. Insbesondere kann dies bei einer Fahrbahnneigung entgegen der neuen Fahrtrichtung der Fall sein.
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Aus der
DE 10 2006 014 941 A1 der Anmelderin geht ein Verfahren zum Betreiben eines Automatgetriebes eines Kraftfahrzeugs, insbesondere eines Stufenautomatgetriebes hervor, wobei das Automatgetriebe mindestens fünf Schaltelemente aufweist, wobei zur Momentübertragung bzw. Kraftübertragung in einem Vorwärtsgang und in einem Rückwärtsgang mindestens drei Schaltelemente geschlossen sind und wobei beim sogenannten reversierenden Gangeinlegen zur Überführung des Automatgetriebes von einem Rückwärtsgang in einen Vorwärtsgang oder von einem Vorwärtsgang in einen Rückwärtsgang mindestens eines der im einzulegenden Vorwärtsgang bzw. Rückwärtsgang geschlossenen Schaltelemente des Automatgetriebes modulierend geschlossen wird.
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Gemäß der
DE 10 2006 014 941 A1 kann ein erstes Schaltelement dauerhaft geschlossen bleiben, wobei ein zweites Schaltelement zur Ausführung des reversierenden Gangeinlegens vom geschlossenen Zustand zwischenzeitlich in einen teilbefüllten Zustand überführt wird, in welchem das zweite Schaltelement kein oder annähernd kein Drehmoment überträgt. Während dieses Zeitraums, in welchem das zweite Schaltelement kein oder annähernd kein Drehmoment überträgt, wird ein Wechsel zwischen dritten Schaltelementen durchgeführt wird, wobei anschließend das zweite Schaltelement modulierend geschlossen wird.
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Aus der
DE 102 39 392 A1 der Anmelderin ist ein Verfahren zum Steuern eines Automatgetriebes für ein Kraftfahrzeug bekannt, mit einem Anfahrelement und mehreren Schaltelementen, mit einer Kupplungsschlupffunktion, bei deren Aktivierung ein über ein erstes Schaltelement übertragenes Antriebsmoment eines Antriebsmotors des Kraftfahrzeugs reduziert ist und das erste Schaltelement dabei gesteuert oder geregelt in einem zumindest annähernd geöffneten Zustand gehalten wird, sowie mit einer Rollverhinderungsfunktion, über die bei aktivierter Kupplungsschlupffunktion ein zweites Schaltelement zur Generierung eines einem Aufnahmemoment des Anfahrelementes äquivalenten Reaktionsmomentes am Abtrieb des Automatgetriebes derart in einem zumindest annähernd geschlossenen Zustand gesteuert oder geregelt gehalten wird, dass am Abtrieb des Automatgetriebes ein gegen ein Bergabrollen entgegen einer angeforderten Bewegungsrichtung des Kraftfahrzeugs wirkendes Bremsmoment ansteht. Hierbei ist ein drittes Schaltelement geschlossen und das zweite Schaltelement wird in Abhängigkeit einer aktuellen Fahrzeugneigung angesteuert.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Durchführung eines Reversiervorgangs in einem Automatgetriebe eines Kraftfahrzeugs anzugeben, im Rahmen dessen die kraftschlussfreie Zeit beim Reversieren reduziert wird. Insbesondere soll verhindert werden, dass sich das Fahrzeug während eines Reversiervorgangs unkontrolliert entgegen der neuen Fahrerwunschrichtung bewegt.
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Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Patentanspruchs 1 gelöst. Weitere erfindungsgemäße Ausgestaltungen und Vorteile gehen aus den Unteransprüchen hervor.
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Demnach wird ein Verfahren zur Durchführung eines Reversiervorgangs in einem Automatgetriebe eines Kraftfahrzeugs vorgeschlagen, im Rahmen dessen das kraftschließende Schaltelement des Zielgangs zumindest vorbefüllt wird, bevor das kraftlösende Schaltelement des aktuellen Gangs geöffnet wird.
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Im Rahmen einer Weiterbildung der Erfindung wird das kraftschließende Schaltelement des Zielgangs zumindest vorbefüllt, bevor das kraftlösende Schaltelement des aktuellen Gangs geöffnet wird, wenn eine Tendenz zum unbeabsichtigten Wegrollen des Fahrzeugs, vorzugsweise eine Tendenz zum Rollen entgegen der dem Fahrerwunsch entsprechenden Fahrtrichtung erkannt wird.
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Eine Tendenz zum Rollen entgegen der dem Fahrerwunsch entsprechenden Fahrtrichtung wird beispielsweise mittels einer Fahrbahnneigungserkennung anhand der Signale eines Neigungssensors in Verbindung mit der bekannten oder berechneten Fahrzeugmasse detektiert.
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Gemäß der Erfindung wird beim Reversiervorgang anstatt des aus dem Stand der Technik bekannten seriellen Wechsels der beteiligten Schaltelemente, das kraftschließende Schaltelement des Zielgangs zumindest vorbefüllt, bevor das kraftlösende Schaltelement des aktuellen Gangs geöffnet wird.
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Im Rahmen einer Weiterbildung der Erfindung wird das kraftschließende Schaltelement des Zielgangs parallel zugeschaltet bevor das kraftlösende Schaltelement des aktuellen Gangs geöffnet wird, wodurch das Getriebe verblockt wird. Dies kann nur bei Fahrzeugstillstand oder bei einer sehr geringen Abtriebsdrehzahl durchgeführt werden. Der Reversiervorgang wird beendet, wenn das kraftlösende Schaltelement des aktuellen Gangs gezielt geöffnet wird.
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Wenn das kraftschließende Schaltelement des Zielgangs vorbefüllt aber nicht zugeschaltet wird, bevor das kraftlösende Schaltelement des aktuellen Gangs geöffnet wird, wird das Getriebe nicht verblockt. In vorteilhafter Weise wird die Dauer der kraftschlussfreien Zeit beim Reversieren im Vergleich zum seriellen Ab- und Zuschalten der Schaltelemente erheblich reduziert.
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Das hier vorgestellte Verfahren kann bei Erkennung einer Tendenz zum unbeabsichtigten Wegrollen des Fahrzeugs entgegen der dem Fahrerwunsch entsprechenden Fahrtrichtung durchgeführt werden. Hierbei können zur Erfassung der Fahrzeugbewegung die Abtriebsdrehzahl, der Abtriebsdrehzahlgradient, der Bremsdruck und/oder das Bremsmoment herangezogen werden, wobei zur Erkennung des Kraftflusses die Turbinendrehzahl und zur Berechnung des entgegen der dem Fahrerwunsch entsprechenden Fahrtrichtung wirkenden Momentes die Fahrbahnneigung und die Fahrzeugmasse verwendet werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann vorzugsweise bei Getrieben, beispielsweise Mehrstufengetrieben in Planetenbauweise, durchgeführt werden, bei denen sich der erste oder zweite Vorwärtsgang und der Rückwärtsgang lediglich durch ein Schaltelement unterscheiden.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand der beigefügten Figuren für den Fall eines Planentengetriebes mit einem hydrodynamischen Anfahrelement beispielhaft näher erläutert. Hierbei unterscheiden sich der erste Vorwärtsgang und der Rückwärtsgang lediglich durch ein Schaltelement, wobei für jeden Gang insgesamt drei hydraulisch betätigbare Schaltelemente benötigt werden. In den Figuren stellen dar:
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1: Die zeitlichen Verläufe der Getriebeposition, der Motordrehzahl, der Turbinendrehzahl, der Abtriebsdrehzahl, der Drücke des ersten und zweiten nicht kraftschließenden beteiligten Schaltelementes und der Drücke des kraftschließenden Schaltelementes des Zielgangs und des kraftlösenden Schaltelementes des aktuellen Gangs bei einem Reversiervorgang in der Ebene nach dem Stand der Technik;
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2: Die zeitlichen Verläufe der Getriebeposition, der Motordrehzahl, der Turbinendrehzahl, der Abtriebsdrehzahl, der Drücke des ersten und zweiten nicht kraftschließenden beteiligten Schaltelementes und der Drücke des kraftschließenden Schaltelementes des Zielgangs und des kraftlösenden Schaltelementes des aktuellen Gangs bei einem Reversiervorgang gemäß der Erfindung mit Rolltendenz in Richtung der dem Fahrerwunsch entsprechenden Fahrtrichtung; und
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3: Die zeitlichen Verläufe der Getriebeposition, der Motordrehzahl, der Turbinendrehzahl, der Abtriebsdrehzahl, der Drücke des ersten und zweiten nicht kraftschließenden beteiligten Schaltelementes und der Drücke des kraftschließenden Schaltelementes des Zielgangs und des kraftlösenden Schaltelementes des aktuellen Gangs bei einem Reversiervorgang gemäß der Erfindung mit Rolltendenz entgegen der Richtung der dem Fahrerwunsch entsprechenden Fahrtrichtung.
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In den beigefügten Figuren stellt Kurve A den zeitlichen Verlauf der Getriebeposition dar, wobei die zeitlichen Verläufe der Motordrehzahl n_mot, der Turbinendrehzahl n_t und der Abtriebsdrehzahl n_ab durch die Kurven B, C und D wiedergegeben werden. Kurven E und F zeigen den zeitlichen Verlauf der Drücke p_v1kzu, p_kzu des ersten und zweiten nicht kraftschließenden beteiligten Schaltelementes, die sowohl für die Position R als auch für die Position D benötigt werden, wobei Kurven G und H den zeitlichen Verlauf der Drücke p_v2kzu, pkzu_neu des kraftlösenden Schaltelementes des aktuellen Gangs und des kraftschließenden Schaltelementes des Zielgangs wiedergeben.
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Bezugnehmend auf 1 wird zum Zeitpunkt t_0 ein Wechsel der Fahrstufe von R nach D eingeleitet, wobei zu diesem Zeitpunkt das kraftlösende Schaltelement des Rückwärtsgangs vollständig geöffnet wird. Nach dem Stand der Technik wird anschließend das kraftschließende Schaltelement des Zielgangs der Fahrstufe D, der in der Regel der erste Vorwärtsgang ist, vorbefüllt und geschlossen, was zum Zeitpunkt t_1 erfolgt. Durch die serielle Ansteuerung der Schaltelemente wird der Kraftfluss im Getriebe für die Zeitdauer t_1 – t_0 unterbrochen, was für den Fall einer ebenen Fahrbahn problemlos ist, da das Fahrzeug im kraftflussfreien Bereich maximal bis zum Stillstand weiter verzögert.
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Gegenstand der 2 ist ein gemäß der Erfindung durchgeführter Reversiervorgang mit Rolltendenz in Richtung der dem Fahrerwunsch entsprechenden Fahrtrichtung. Hierbei das kraftschließende Schaltelement des Zielgangs zum Zeitpunkt t_3 vorbefüllt, bevor das kraftlösende Schaltelement des aktuellen Gangs zum Zeitpunkt t_4 geöffnet wird.
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Die Verschiebung des Befüllzeitpunkts des kraftschließenden Schaltelementes des Zielgangs ist in 2 durch den Pfeil I veranschaulicht. Da sich das Fahrzeug tendenziell im kraftflussfreien Zustand in Richtung der neuen Fahrtrichtung bewegt, ist die erfindungsgemäße Vorgehensweise aus Sicherheitsgründen nicht erforderlich, resultiert jedoch in einer Verbesserung der Reaktionszeiten beim Reversiervorgang.
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In 3 ist die Situation bei einem Reversiervorgang gemäß der Erfindung mit Rolltendenz entgegen der Richtung der dem Fahrerwunsch entsprechenden Fahrtrichtung veranschaulicht.
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Hierbei wird bei Erkennung der Rolltendenz das kraftschließende Schaltelement des Zielgangs zum Zeitpunkt t_5 vorbefüllt und bei einer sehr geringen Abtriebsdrehzahl oder im Stillstand zum Zeitpunkt t_6 zugeschaltet, bevor das kraftlösende Schaltelement des aktuellen Gangs geöffnet wird, wodurch das Getriebe verblockt wird und ein Wegrollen ohne Eingriffsmöglichkeit durch den Fahrer verhindert wird. Zur Beendigung des Reversiervorgangs wird anschließend das kraftlösende Schaltelement des aktuellen Gangs geöffnet, was bei dem in 3 gezeigten Beispiel zum Zeitpunkt t_7 erfolgt.
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Die Befüllung des kraftschließenden Schaltelementes des Zielgangs bei erkanntem Reversierwunsch wird gemäß einer Variante der Erfindung gestartet, wenn die Fahrbahnneigung eine vorgegebene Schwelle überschreitet, was beispielsweise anhand eines Neigungssensors oder über GPS-Daten erkannt werden kann und die Abtriebsdrehzahl n_ab eine erste vorgegebene Schwelle unterschreitet, wobei die Schwelle in Abhängigkeit des Abtriebsdrehzahlgradienten variiert werden kann, so dass auf diese Weise eine Stillstandsvorerkennung mittels der Auswertung des Abtriebsdrehzahlgradienten, dessen Verlauf proportional zur Fahrzeugverzögerung ist, durchgeführt wird.
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Für den Fall, dass das kraftschließende Schaltelement des Zielgangs unabhängig von der Fahrbahnneigung vorbefüllt wird, wird die Befüllung bei erkanntem Reversierwunsch gestartet, wenn die Abtriebsdrehzahl n_ab die erste vorgegebene Schwelle unterschreitet.
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Das Zuschalten des kraftschließenden Schaltelementes des Zielgangs wird bei erkannter Tendenz zur Fahrzeugbewegung entgegen der Richtung der dem Fahrerwunsch entsprechenden Fahrtrichtung durchgeführt, wenn das Summenmoment eine vorgegebene Schwelle überschreitet, wobei das Summenmoment der Differenz zwischen dem Hangabtriebsmoment und dem Bremsmoment entspricht und die Abtriebsdrehzahl n_ab eine zweite vorgegebene Schwelle unterschreitet. Die zweite Schwelle kann analog zur ersten Schwelle in Abhängigkeit des Abtriebsdrehzahlgradienten variiert werden.
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Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, kann das Ansteuerdruckniveau des kraftschließenden Schaltelementes des Zielgangs in Abhängigkeit der Abtriebssdrehzahl n_ab, um auf den Einfluss der Fahrzeuggeschwindigkeit reagieren zu können, des Abtriebsdrehzahlgradienten, welcher der Fahrzeugverzögerung bzw. Fahrzeugbeschleunigung entspricht, um auf den Einfluss der Fahrzeugverzögerung bzw. Fahrzeugbeschleunigung reagieren zu können und/oder der Turbinendrehzahl n_t, um auf den Einfluss des getriebeinternen Zustands reagieren zu können, gesteuert angehoben werden, um das kraftschließende Schaltelemente des Zielgangs zuzuschalten.
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Für den Fall, dass das kraftschließende Schaltelement des Zielgangs nach der Befüllung unabhängig von der Fahrbahnneigung zugeschaltet wird, erfolgt das Zuschalten, wenn die Abtriebsdrehzahl n_ab die zweite vorgegebene Schwelle unterschreitet.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann zudem mit einer getriebe- oder fahrzeugseitigen Hillholderfunktion kombiniert werden.
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Bezugszeichen
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- n_ab
- Abtriebsdrehzahl
- n_mot
- Motordrehzahl
- n_t
- Turbinendrehzahl
- p_v1kzu
- Druck des ersten nicht kraftschließenden beteiligten Schaltelementes, welches für beide Fahrstufen benötigt wird
- p_kzu
- Druck des zweiten nicht kraftschließenden beteiligten Schaltelementes, welches für beide Fahrstufen benötigt wird
- p_v2kzu
- Druck des kraftlösenden Schaltelementes des aktuellen Gangs
- p_kzu_neu
- Druck des kraftschließenden Schaltelementes des Zielgangs
- A
- zeitlicher Verlauf der Getriebeposition
- B
- zeitlicher Verlauf der Motordrehzahl n_mot
- C
- zeitlicher Verlauf der Turbinendrehzahl n_t
- D
- zeitlicher Verlauf der Abtriebsdrehzahl n_ab
- E
- zeitlicher Verlauf des Drucks p_v1kzu des ersten nicht kraftschließenden beteiligten Schaltelementes
- F
- zeitlicher Verlauf des Drucks p_kzu des zweiten nicht kraftschließenden beteiligten Schaltelementes
- G
- zeitlicher Verlauf des Drucks p_v2kzu des kraftlösenden Schaltelementes des aktuellen Gangs
- H
- zeitlicher Verlauf des Drucks p_kzu_neu des kraftschließenden Schaltelementes des Zielgangs
- I
- Verschiebung des Befüllzeitpunkts des kraftschließenden Schaltelementes des Zielgangs
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102006014941 A1 [0004, 0005]
- DE 10239392 A1 [0006]