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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf das technische Gebiet der Berechnung von Verkehrsbelastungen.
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Die Planung von Verbesserungsmaßnahmen für die Verkehrsführung insbesondere in städtischen Gebieten bedarf einer detaillierten Analyse der aktuellen Verkehrssituation um den Einfluss von vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahmen abzuschätzen. Aufgrund der hohen Komplexität von Verkehrsnetzen in modernen Städten ist es schwierig den Zustand des Verkehrs und die Qualität der Verkehrsführung in einer gesamten Stadt einzig mittels Messungen zu erfassen. Daher werden die zur Verfügung stehenden Messdaten im Allgemeinen mit aus verschiedenen Modellen für das Verkehrsverhalten abgeleiteten Informationen angereichert. Für die Planung sind insbesondere auf Verkehrsmodellen basierende Abschätzungen über den Einfluss von vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahmen für die Verkehrsführung notwendig, bevor die Verbesserungsmaßnahmen implementiert werden. Verkehrsmodelle können dabei auf unterschiedliche Abstraktionsebenen und Detaillierungsgrade abzielen, wie beispielsweise auf einzelne Fahrzeuge, auf den gesamten Verkehrsfluss einer Strasse oder eines Straßenabschnitts, oder auch auf stadtteilweite oder stadtweite Verkehrssituationen. Damit sie die aktuelle Verkehrssituation in einer Stadt richtig widerspiegeln, sollten die Modelle jedoch ein gewisses Maß an Messdaten enthalten. Messungen von Verkehrsdichten bedingen oft ein beträchtliches Maß an manueller Interaktion, beispielsweise für Verkehrszählungen, Auswertungen von Luftbildern oder für die Durchführung von Befragungen von Verkehrsteilnehmern. Somit ist das Sammeln von solchen Messdaten, welche als Eingang für Verkehrsmodelle verwendet werden, ein zeitaufwändiger und teurer Vorgang. Dies gilt ebenso für die Aufbereitung dieser Daten, um sie als Beschreibung von Quell-Ziel-Beziehungen darstellen zu können.
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Messdaten welche in Verkehrsmodelle eingebettet werden um den Verkehr zu widerspiegeln, werden üblicherweise in Verkehrszählungen und Verkehrsbefragungen in einem zeitaufwändigen und kostspieligen Vorgang erhoben. Auch werden Verkehrsbewertungen durchgeführt oder Luftbilder ausgewertet, um exemplarische Start-Ziel-Beziehungen als Input für Verkehrsmodelle zu erhalten. Diese werden verwendet, um die tatsächliche Verkehrsnachfrage im betrachteten Bezugsraum zu reproduzieren. Die Verkehrsnachfrage wird in Start-Ziel-Matrizen (auch origin-destination-matrices oder OD-Matrices genannt) als Verkehrströme zwischen Start- und Endknoten repräsentiert. Alternativ werden Aktivitätspaare (auch activity pairs genannt) in agentenbasierten Verhaltensmodellen, welche mit Aktivitätsketten (auch activity chains genannt) verbindet werden können verwendet, um den Verkehrsfluss zwischen zwei Aktivitäten zu beschreiben. Verkehrsumlegungsalgorithmen (auch traffic assignment algorithms genannt) ordnen die Verkehrsnachfrage in den Start-Ziel-Matrizen oder Aktivitätsketten dem Verkehrsnetz zu.
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die Berechnung einer Verkehrsbelastung zu vereinfachen. Diese Aufgabe wird durch die in den unabhängigen Ansprüchen beschriebenen Merkmalskombinationen gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen werden durch die abhängigen Ansprüche beschrieben.
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Gemäß einem Aspekt betrifft die Erfindung ein Verfahren mittels welchem Eingangsdaten für ein Verkehrsmodell eines Verkehrsnetzes bereitgestellt werden. Dabei wird aus der Art der Verwendung zumindest eines an das Verkehrsnetz angeschlossenen Gebäudes ein Belegungsprofil abgeleitet. Das Belegungsprofil widerspiegelt eine zeitliche Änderung in der Belegung des zumindest einen Gebäudes
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Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein System zur Bereitstellung von Eingangsdaten für ein Verkehrsmodell eines Verkehrsnetzes. Das System zur Bereitstellung von Eingangsdaten umfasst ein Bereitstellungsmittel. Das Bereitstellungsmittel ist adaptiert, aus der Art der Verwendung zumindest eines an das Verkehrsnetz angeschlossenen Gebäudes ein Belegungsprofil des zumindest einen Gebäudes abzuleiten. Das Belegungsprofil widerspiegelt eine zeitliche Änderung in der Belegung des zumindest einen Gebäudes.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand der Figuren beispielsweise näher erläutert. Dabei zeigen:
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1 ein System zur Bereitstellung von Eingangsdaten für ein Verkehrsmodell gemäß einer Ausführungsform der Erfindung;
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2 das System von 1 mit dynamischen Wechseln von Belegungsprofilen und exemplarischen Abbiegewahrscheinlichkeiten.
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1 zeigt ein Ausführungsbeispiel eines elektronischen Systems S sowie eines Verfahrens zur Bereitstellung von Eingangsdaten 3a, 3b, 3c für ein Verkehrsmodell 1 eines Verkehrsnetzes N. Das System S umfasst das Verkehrsmodell 1, welches das Verkehrsnetz N abbildet. Das Verkehrsnetz N umfasst mehrere an unterschiedlichen Orten an das Verkehrsnetz (N) angeschlossene Gebäude 2a, 2b, 2c, 2d, 2e, 2f, 2g, 2h, 2i, Strassen 7, Verkehrsknoten 5 und Verkehrsnetzgrenzknoten 9. Die Strassen 7 und Verkehrsknoten 5 verbinden die Gebäude 2a–2i und die Verkehrsnetzgrenzknoten 9 miteinander. Das System S umfasst zudem ein Bereitstellungsmittel B und ein Berechnungsmittel C und ist mit einem geographischen Informationssystem GIS verbindbar. Die Gebäude 2a–2i sind in Kategorien unterteilt, welche die Art der Verwendung des Gebäudes beschreiben: Bürogebäude 2a, 2c, 2d, Wohngebäude 2b, 2e, 2f, 2g, 2h, sowie kommerzielle Gebäude 2i. Ein kommerzielles Gebäude 2i ist beispielsweise ein Einkaufszentrum.
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Das Bereitstellungsmittel B ist adaptiert, aus der Art der Verwendung der an das Verkehrsnetz N angeschlossenen Gebäude 2a–2i jeweils ein Belegungsprofil 3a, 3b, 3c abzuleiten, welches eine zeitliche Änderung in der Belegung des jeweiligen Gebäudes 2a–2i widerspiegelt. In dem in 1 dargestellten Ausführungsbeispiel ordnen die Belegungsprofile einer Tageszeit eine relative Belegung, die beispielsweise von 0–100% reichen kann, zu. Dabei ist das Belegungsprofil für die jeweilige Art der Verwendung eines Gebäudes vorzugsweise identisch. Jedem der Bürogebäude 2a, 2c, 2d ist somit das Belegungsprofil 3a zugeordnet, jedem der Wohngebäude 2b, 2e, 2f, 2g, 2h ist das Belegungsprofil 3b zugeordnet, und jedem der kommerziellen Gebäude 2i ist das Belegungsprofil 3c zugeordnet. Somit wird für jedes der Gebäude 2a–2i aus der Art seiner Verwendung ein Belegungsprofil 3a, 3b, 3c abgeleitet, welches eine zeitliche Änderung in der Belegung des jeweiligen Gebäudes 2a–2i widerspiegelt.
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Zudem ist das Bereitstellungsmittel vorzugsweise adaptiert, anhand der relativen Belegung sowie anhand struktureller Eigenschaften eines Gebäudes 2a–2i die Gesamtbelegung dieses Gebäudes 2a–2i in einem zeitlichen Verlauf abzuschätzen. Besonders geeignete strukturelle Eigenschaften sind dabei beispielsweise die Grundfläche, die bewohnbare oder nutzbare Fläche und/oder die Anzahl und/oder der Stil einzelner in dem betreffenden Gebäude angeordneter Wohnungen, Büros oder Verkaufsgeschäfte.
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Das Verkehrsmodell 1 in 1 zeigt Büro-, Wohn- und Geschäftsgebäude 2a–2i und die diesen zugeordneten Belegungsprofile 3a–3c während eines ganzen Tages. Dabei sind in den anhand von 1 dargestellten Ausführungsvarianten die Belegungsprofile 3a, 3b, 3c, oder genauer gesagt die relative Belegung, beispielsweise proportional zu einer Anzahl Personen in dem jeweiligen Gebäude. Alternativ oder zusätzlich können die Belegungsprofile 3a, 3b, 3c eine zeitliche Belegung im Wochenverlauf oder über eine andere geeignete Zeitspanne widerspiegeln.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist das Bereitstellungsmittel B mit einem geographischen Informationssystemen GIS verbunden. Das GIS übermittelt zumindest eine Information und/oder Informationen betreffend die Art der Verwendung und/oder die strukturellen Eigenschaften eines, mehrerer oder aller der Gebäude 2a–2i an das System S.
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2 zeigt die anhand von in 1 dargestellten Ausführungsbeispiele des Systems 1 in einem anderen Systemzustand. Dabei wurden durch das Berechnungsmittel C für die Gebäude 2a–2i aus den Belegungsprofilen 3a, 3b, 3c oder alternativ aus der Gesamtbelegung dieser Gebäude 2a–2i dynamische Wechsel der Belegungsprofile 2a, 2b, 2c und/oder der Gesamtbelegungen beispielsweise durch Ableitung nach der Zeit ermittelt. Diese dynamischen Wechsel sind durch die dynamischen Belegungsprofile 4a, 4b, 4c widerspiegelt, welche direkt eine Änderung der Belegung des zumindest einen Gebäudes 2a–2i widerspiegeln. Anstatt dass die dynamischen Belegungsprofile 4a, 4b, 4c aus den Belegungsprofilen 3a, 3b, 3c ermittelt werden, können die dynamischen Belegungsprofile 4a, 4b, 4c auch direkt im System S hinterlegt sein.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist das Bereitstellungsmittel adaptiert, einen Verkehrszufluss in das Verkehrsnetz N und/oder einen Verkehrsabfluss aus dem Verkehrsnetz N, basierend auf dynamischen Wechseln in dem Belegungsprofil 3a, 3b, 3c, 4a, 4b, 4c des zumindest einen Gebäudes 2a–2i, zu quantifizieren.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist das Berechnungsmittel adaptiert, die Verkehrsbelastung anhand der bereitgestellten Eingangsdaten 3a, 3b, 3c, 4a, 4b, 4c mittels des Verkehrsmodells 1 zu berechnen.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist das Berechnungsmittel adaptiert, eine Verteilung von Verkehrsteilnehmern über verschiedene Routen zu bestimmen. Dabei können Routen berechnet werden, welche in einer ersten Abstraktionsebene von einem Startpunkt über unterschiedliche Routen zu einem Ziel führen. In einer weiteren Abstraktionsebene werden Verteilungen verschiedener Routen für mehrere Starpunkt-Ziel-Paare berechnet. Dies ist beispielsweise anhand von 2 verdeutlicht, welche die dynamischen Wechsel von Belegungsprofilen 4a, 4b, 4c und exemplarische Abbiegewahrscheinlichkeiten α11, α21, α31, α41, β11, β12, β13, β14 darstellt.
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Die Eingangsdaten für das Modell können das Belegungsprofil 3a, 3b, 3c, 4a, 4b, 4c und/oder die Gesamtbelegung und/oder die strukturellen Eigenschaften umfassen.
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Vorzugsweise ist das Bereitstellungsmittel adaptiert, das Belegungsprofil 3a, 3b, 3c, 4a, 4b, 4c automatisch abzuleiten und/oder die Gesamtbelegung automatisch abzuschätzen.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird vorgeschlagen, Daten zur Verkehrsnachfrage in Verkehrsmodellen automatisch zu generieren und zu verwenden, wobei die Verkehrsmodelle auf die Verkehrsbelastung auf der Ebene von individuellen Strassen abzielen.
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Die Startknoten und Endknoten von individuellen Verkehrsbewegungen sind normalerweise Orte wo menschliche Interaktion stattfindet, Wohnorte oder Orte wo Waren gelagert, verarbeitet oder umgeschlagen werden. Als solche sind diese Start- und Endknoten als Gebäudestrukturen charakterisiert. Das Ausmaß von Verkehrsbewegungen zwischen einzelnen Orten ist mit den dynamischen Änderungen ihrer Belegung verknüpft. Eine bestimmte Anzahl Personen welche ein Gebäude verlassen oder in einem Gebäude ankommen, verwenden Verkehrsmittel welche zum Verkehr auf den das Gebäude umgebenden Strassen beitragen. Die Belegung der Gebäude wiederum ist mit der Art der Verwendung des Gebäudes verknüpft: Zum Beispiel haben abhängig von der Tageszeit, Wochentagen oder Wochenenden Wohngebäude normalerweise eine andere Belegung als Bürogebäude. Somit kann aus der Art der Verwendung eines Gebäudes ein Belegungsprofil abgeleitet werden, welches dynamische Änderungen in der Belegung des Gebäudes widerspiegelt. Zudem kann aus strukturellen Eigenschaften, wie Grundfläche, bewohnbare Fläche, Anzahl und Stil einzelner in dem Gebäude angeordneter Wohnungen die Gesamtbelegung eines Gebäudes abgeschätzt werden. In manchen Fällen können solche Daten aus geographischen Informationssystemen (GIS) und von städtischen Baubehörden erhalten werden. Ungefähre Belegungsprofile können aus solchen Daten auf automatisierte Weise und ohne die Notwendigkeit menschlicher Interaktion abgeleitet werden. Somit können auf Belegungsprofilen basierende Eingabedaten für Verkehrsmodelle vollständig automatisiert zur Verfügung gestellt werden. Dabei sind keine zusätzlichen Start-Ziel-Matrizen oder Aktivitätspaare notwendig um die Verkehrsnachfrage zu modellieren, sondern die Verkehrsbelastung im Verkehrsnetz kann direkt via eine dynamische Verkehrsumlegung unter Verwendung von Änderungen in den Belegungsprofilen als Verkehrsnetz-Input (Eingabedaten) berechnet werden.
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Verschiedene Schritte einer Ausführungsform einer dynamischen Verkehrsumlegung sind im Folgenden beschrieben:
- 1) Randbedingungen: Der Verkehrszufluss in oder Verkehrsabfluss aus dem Verkehrsnetz wird quantifiziert, basierend auf den dynamischen Wechseln in den Belegungsprofilen von Gebäuden und anderen Ersatzgrenzknoten in dem Verkehrsnetz. Gebäude mit zunehmender Belegung ziehen Verkehr an, während Gebäude mit abnehmender Belegung Quellen von Verkehr sind.
- 2) Berechnung von Endknoten für Verkehrsteilnehmer in Anbetracht von Gebäuden welche Verkehr anziehen.
- 3) Verteilung von Verkehrsteilnehmern über verschiedene Routen welche zu ihrem Ziel führen.
- 4) Dynamische Berechnung von Abbiegewahrscheinlichkeiten α11, α21, α31, α41, β11, β12, β13, β14 an Verzweigungen in Abhängigkeit von der Tageszeit für die Verteilung von Verkehrsteilnehmern entlang ihrer Routen durch das Verkehrsnetz. Dieser Ansatz wird vorzugsweise auf dem Cell Transmission Model von Daganzo und der Erweiterung von Verzweigungen von Flötteröd und Nagel basiert.
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Mit der Verwendung von automatisch zur Verfügung gestellten Belegungsprofilen ist es nicht mehr nötig komplexe Start-Ziel-Matrizen oder Aktivitätspaare zu erzeugen. Die Verkehrsbelastung in einem Verkehrsnetz kann ohne eine vorgängige Beschreibung von Verkehrsfluss zwischen Start und Ziel berechnet werden. Zudem kann die zeitaufwändige und kostspielige Erhebung von Verkehrsdaten verhindert werden. Daten können flächendeckend für eine beliebige Zeitperiode generiert werden.