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Elektrische Verteilsysteme können als Stromschienensysteme ausgebildet sein. Dabei sind die Stromschienen in Richtung des Stromsflusses langgestreckt als feste Leiter ausgebildet. Stromschienensysteme werden zum Transport und zur Verteilung elektrischer Energie eingesetzt. Typische Aufgaben eines Stromschienensystems sind beispielsweise die Verbindung von einem Transformator über einen Hauptverteiler zu einem Unterverteiler oder die Versorgung von Großverbrauchern. Ebenfalls werden Stromschienensysteme beispielsweise dazu verwendet, in Windenergieanlagen den im Turmkopf erzeugten Strom eines Generators zum Turmfuß zu leiten oder Strom vom Turmfuß in den Turmkopf zu transportieren, um dort die elektrischen Anlagen mit Energie zu versorgen.
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Typischerweise sind die Stromschienen eines Stromschienensystems in einem Schienenkasten untergebracht. Der Schienenkasten dient dem mechanischen Schutz und dem Zusammenhalt der Komponenten des Stromschienensystems. Er verhindert, dass ein unerwünschter elektrischer Kontakt zwischen Stromschienen und Umgebung stattfinden kann. Der Schienenkasten kann dabei so dimensioniert sein, dass zum Einen die Abstände zur Verhinderung eines unerwünschten elektrischen Kontakts gewahrt sind, und zum Anderen die Stromschienen innerhalb des Schienenkastens durch natürliche oder erzwungene Konvektion gekühlt werden.
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Die Stromschienen – oder auch Leiterschienen genannt – im Inneren eines Schienenkastens, können aus Kupfer, Aluminium oder ähnlich leitenden Materialen gefertigt sein. Die Stromschienen aneinandergrenzender Segmente werden typischerweise mittels einer Bolzenverbindung elektrisch miteinander verbunden. Dazu überlappen die Enden benachbarter Stromschienen, und es wird ein Bolzen angebracht, der Kraft auf die plan an- einanderliegenden Enden der benachbarten Stromschienen ausübt und diese gegeneinander presst.
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Eine weitere aus dem Stand der Technik bekannte Form einer Verbindung zwischen Stromschienen geschieht über einen sogenannten Klemmblock. Jede Stromschiene erstreckt sich in horizontaler Richtung ihrer Länge nach. Die Stromschienen werden über den Klemmblock verbunden, indem jede Stromschiene zwischen zwei leitenden Kontaktflächen geklemmt wird, die wiederum durch Isolierplatten gegeneinander isoliert sind. Die Enden der Stromschienen sind dabei abisoliert, wodurch die Kontaktierungsflächen für einen Kontaktierungsbereich der Stromschienenanordnung gebildet werden.
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Typischerweise wird in Stromschienensystemen für die einzelnen Stromschienen das gleiche Material verwendet, üblicherweise Kupfer oder Aluminium. Je nach Netzform und applikationsspezifischen Bedingungen gibt es unterschiedliche Leiterkombinationen innerhalb eines Stromschienensystems. Das Stromschienensystem umfasst aktive Leiter (beispielsweise die Phasen L1, L2, L3) und Neutral- und/oder Schutzleiter.
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Bei nahezu allen Anwendungen ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an die Stromtragfähigkeit der einzelnen Leiter. Schutzleiter (PE) und kombinierte Schutz- und Neutralleiter (PEN) können theoretisch vom Leitungsquerschnitt her kleiner dimensioniert werden, da im Normalbetrieb keine nennenswerte Strombeanspruchung auftritt und nur im Fehlerfall, beispielsweise im Kurzschlussfall, ein kurzzeitiger Strom zu übertragen ist. Je nach Dimensionierung des Gesamtsystems ist eine Reduktion des Querschnitts des PE- oder PEN-Leiters auf bis zu 25% des Querschnitts der aktiven Leiter (L1, L2, L3) möglich, wenn alle Stromschienen aus dem gleichen Material gefertigt sind.
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Neutralleiter (N) hingegen werden ebenfalls üblicherweise mit dem gleichen Leiterquerschnitt wie die aktiven Leiter der Phase versehen. In Anwendungen mit einem hohen Anteil an Oberwellen der dritten Oberschwingung und deren Vielfache treten auf dem Neutralleiter mitunter sehr große Ströme auf, die den Effektivwert des Stromes einer einzelnen Phase übersteigen kann. Solche Konstellationen sind beispielsweise in Verbrauchernetzwerken mit einem hohen Anteil an Schaltnetzteilen anzutreffen, zum Beispiel in Rechenzentren. In solchen Netzwerken kann der Neutralleiter beziehungsweise dessen Stromtragfähigkeit im Normalbetrieb die bestimmende Größe für die Dimensionierung des Stromschienensystems sein.
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Es ist Aufgabe der Erfindung, ein Stromschienensystem zur Verfügung zu stellen, bei dem das Problem der richtigen Dimensionierung des Querschnitts von Neutral- oder Schutzleiter gelöst wird, ohne Kompromisse in der geometrischen Gestaltung des Stromschienensystems einzugehen.
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Die Aufgabe wird gelöst gemäß Anspruch 1. Das Stromschienensystem umfasst ein Gehäuse mit mindestens einer ersten Stromschiene als aktiver Leiter und mindestens einer zweiten Stromschiene als Neutral- oder Schutzleiter, bei dem die ersten Stromschienen und die zweiten Stromschienen jeweils durch Isolationsmaterial voneinander getrennt und sandwich-artig miteinander verbunden sind, und wobei die mindestens eine erste Stromschiene aus einem anderen Material gefertigt ist als die mindestens eine zweite Stromschiene.
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Vorteilhaft ist hierbei, dass durch die Materialwahl der Stromschienen für den Neutral- oder Schutzleiter dem unterschiedlichen Bedarf an Stromtragfähigkeit für die verschiedenen Stromschienen Rechnung getragen wird.
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In einer Ausgestaltung weisen die mindestens eine erste Stromschiene und die mindestens eine zweite Stromschiene im Wesentlichen die gleiche äußere Bauform auf.
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Vorteilhaft hierbei ist, dass verhindert wird, dass für den Neutral- oder Schutzleiter eine andere geometrische Dimensionierung verwendet werden muss, die sich beispielsweise in Extrakomponenten im Schienenkasten widerspiegeln würde.
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In einer Ausgestaltung ist die mindestens eine erste Stromschiene aus Kupfer und die mindestens eine zweite Stromschiene aus Aluminium gefertigt. Alternativ kann die mindestens eine erste Stromschiene aus Aluminium und die mindestens eine zweite Stromschiene aus Kupfer gefertigt sein.
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In einer weiteren Ausgestaltung ist die mindestens eine zweite Stromschiene als gemeinsamer Schutz- und Neutralleiter ausgebildet. Alternativ weist das Stromschienensystem zwei zweite Stromschienen auf, wobei die erste zweite Stromschiene als Schutzleiter und die zweite zweite Stromschiene als Neutralleiter dient.
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In einer weiteren Ausgestaltung weist das Stromschienensystem drei erste Stromschienen als aktive Leiter auf.
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Die Erfindung wird im Weiteren anhand der nachfolgenden Figuren beschrieben.
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1 Stromschienensystem mit drei aktiven Leitern und einem Neutral- oder Schutzleiter;
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2 Stromschienensystem mit drei aktiven Leitern und zwei zweiten Stromschienen; und
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3 Stromschienensystem mit drei aktiven Leitern und drei zweiten Stromschienen.
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In 1 ist ein Stromschienensystem 100 mit drei ersten Stromschienen 201, 202, 203 und einer zweiten Stromschiene 301 dargestellt. Die drei ersten Stromschienen 201, 202, 203 sind aktive Leiter des Stromschienensystems 100 und werden als solche auch als L1, L2, L3 bezeichnet für die Phasen des Stromes. Die zweite Stromschiene 301 dient je nach applikationsspezifischen Bedingungen als Neutral- oder Schutzleiter. Die drei ersten Stromschienen 201, 202, 203 sind aus einem anderen Material gefertigt als die eine zweite Stromschiene 301. Die drei ersten Stromschienen 201, 202, 203 und die eine zweite Stromschiene 301 sind innerhalb des Gehäuses 500 angeordnet. Die drei ersten Stromschienen 201, 202, 203 und die zweite Stromschiene 301 können im Wesentlichen die gleiche äußere Bauform aufweisen.
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Beispielsweise können die drei ersten Stromschienen 201, 202, 203 aus Kupfer gefertigt sein und die zweite Stromschiene 301 aus Aluminium. Die zweite Stromschienen 301 kann beispielsweise ein Schutzleiter (PE) sein. Gegebenenfalls kann die zweite Stromschiene 301 ein gemeinsamer Schutz- und Neutralleiter (PEN-Leiter) sein.
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Wenn das Material der zweiten Stromschiene 301 aus Aluminium besteht und die zweite Stromschiene 301 im Wesentlichen die gleiche äußere Bauform aufweist wie die drei ersten Stromschienen 201, 202, 203 ergibt sich eine auf ca. 50 bis 60% verringerte Stromtragfähigkeit für die zweite Stromschiene 301 gegenüber den drei ersten Stromschienen 201, 202, 203, die aus Kupfer gefertigt sind. Vorteilhaft hierbei ist, dass das Material Aluminium wesentlich preiswerter als das Material Kupfer ist, und dadurch Materialkosten für die zweite Stromschiene 301 eingespart werden können. Des Weiteren ist vorteilhaft, dass das Material Aluminium wesentlich leichter als das Material Kupfer ist, wodurch das gesamte Stromschienensystem 100 leichter ausgeführt werden kann. Wenn die zweite Stromschiene 301 im Wesentlichen die gleiche äußere Bauform aufweist wie die aktiven Leiter 201, 202, 203 werden zusätzliche konstruktive Aufwände an den Schnittstellen des Stromschienensystems vermieden. Insgesamt kann damit das Stromschienensystem 100 kostenoptimiert hergestellt werden.
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Alternativ ist ebenfalls denkbar, dass beim Stromschienensystem 100 die drei ersten Stromschienen 201, 202, 203 aus Aluminium und die zweite Stromschiene 301 aus Kupfer gefertigt sind. In so einer Konfiguration ist die zweite Stromsschiene 301 beispielsweise ein Neutralleiter (N-Leiter). Wenn der N- Leiter beziehungsweise die zweite Stromschiene 301 aus Kupfer besteht und im Wesentlichen die gleiche äußere Bauform aufweist wie die aktiven Leiter 201, 202, 203, ergibt sich eine auf 150 bis 180% erhöhte Stromtragfähigkeit für die zweite Stromschiene 301. Ein solches System ist für Applikationen mit erhöhtem Bedarf an Stromtragfähigkeit für den N-Leiter beziehungsweise die zweite Stromschiene 301 konzipiert.
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Vorteilhaft hierbei ist, dass die zweite Stromschiene 301 als N-Leiter bezüglich der Stromtragfähigkeit nahe dem Optimum dimensioniert ist, ohne dabei die restlichen Leiter – die ersten Stromschienen 201, 202, 203 – überzudimensionieren. Wenn die zweite Stromschiene 301 im Wesentlichen die gleiche äußere Bauform aufweist wie die aktiven Leiter 201, 202, 203 sind keine zusätzlichen konstruktiven Aufwänd und/oder höhere Varianzen an den Schnittstellen eines solchen Stromschienensystems 100 für Abgangsstellen oder Verbindungsstellen notwendig, um den zusätzlichen N-Leiter der zweite Stromschiene 301 zu verwenden.
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Die zweite Stromschiene 301 kann als gemeinsamer Schutz- und Neutralleiter (PEN-Leiter) dienen.
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In 2 ist das Stromschienensystem 100 mit ersten Stromschienen 201, 202, 203 als aktive Leiter und zwei zweiten Stromschienen 301, 302 dargestellt. Die erste zweite Stromschiene 301 ist beispielsweise als Schutzleiter (PE-Leiter) und die zweite zweite Stromschiene 302 als Neutralleiter (N- Leiter) ausgebildet. Ebenfalls ist denkbar, dass das Stromschienensystem 100 mit zwei zweiten Stromschienen 301, 302 ausgestattet ist, die beide als Neutralleiter (N-Leiter) fungieren.
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In 3 ist ein Stromschienensystem 100 mit drei ersten Stromschienen 201, 202, 203 als aktive Leiter und mit drei zweiten Stromschienen 301, 302, 303 dargestellt. Die erste zweite Stromschiene 301 und die zweite zweite Stromschiene 302 können dabei beispielsweise als Neutralleiter (N-Leiter) dienen und die dritte zweite Stromschiene 303 als Schutzleiter (PE-Leiter).
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Gemäß den Ausführungsbeispielen in den 1, 2 und 3 sind die ersten Stromschienen 201, 202, 203 und die zweiten Stromschienen 301, 302, 303 jeweils durch Isolationsmaterial voneinander getrennt und sandwich-artig miteinander verbunden. Vorteilhaft hierbei ist, dass die unterschiedliche Stromtragfähigkeit der ersten Stromschienen 201, 202, 203 und der zweiten Stromschienen 301, 302, 303 auf Grund der unterschiedlichen Materialen es ermöglicht, dass die Stromschienen im Wesentlichen die gleiche äußere Bauform aufweisen können. Dadurch wird kein zusätzlicher konstruktiver Aufwand für die Schnittstellen des Stromschienensystems 100 (z.B. Abgangsstellen oder Verbindungsstellen) benötigt.
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Gemäß der 1, 2 und 3 umfasst das Stromschienensystem 100 drei erste Stromschienen 201, 202, 203 für die drei Phasen L1, L2, L3. Erfindungsgemäß kann das Stromschienensystem 100 auch eine andere Anzahl an ersten Stromschienen als aktive Leiter umfassen.