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Bei Kraftfahrzeugen mit elektrifiziertem oder teilelektrifiziertem Antriebsstrang (BEV: battery electric vehicle; HEV: hybrid electric vehicle; PHEV: plug-in hybrid electric vehicle) werden der elektrische Antriebsmotor sowie andere Komponenten, wie insbesondere ein elektrisch angetriebener Klimakompressor, mit vergleichsweise hoher elektrischer Spannung von teilweise mehreren hundert Volt betrieben. Die mit Hochspannung betriebenen Komponenten bilden mit der Hochspannungsquelle und weiteren Elementen (z.B. Leistungselektronik, Ladegerät) ein Hochspannungssystem, das auch als Traktionsnetz bezeichnet wird. Neben dem Traktionsnetz weisen elektrifizierte Kraftfahrzeuge regelmäßig noch ein zweites elektrisches System auf, das im Wesentlichen dem Bordnetz eines konventionellen Kraftfahrzeuges entspricht und folglich mit relativ niedriger Spannung (insbesondere 12 V oder 24 V) betrieben wird.
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Im Kundendienst muss das Traktionsnetz vor Arbeiten an diesem deaktiviert werden, um zu vermeiden, dass das Wartungspersonal durch Berührung mit unter hoher Spannung stehenden Teilen des Traktionsnetzes gefährdet wird. Ein solches Deaktivieren erfolgt in drei Schritten: Zunächst wird eine Spannungsfreiheit des Traktionsnetzes hergestellt, dann wird das Traktionsnetz gegen ein unbeabsichtigtes oder missbräuchliches Wiedereinschalten gesichert und schließlich wird die Spannungsfreiheit noch positiv festgestellt.
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Derzeit erfolgt die Herstellung der Spannungsfreiheit zum einen mittels eines sogenannten „Hochvolt-Service-Disconnect“ (HV-SD), bei dem es sich prinzipiell um einen Stecker handelt, der das Traktionsnetz direkt unterbricht, beispielsweise in dem eine Brücke oder eine Sicherung des Traktionsnetzes manuell entfernt wird. Weiterhin kann auch ein sogenannter „Niedervolt-Service Disconnect“ (LV-SD) vorgesehen sein, der die Schütze des Traktionsnetzes in Folge einer direkten Unterbrechung ihrer Spannungsversorgung öffnet.
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Bei den bekannten Verfahren erfolgt ein Sichern gegen Wiedereinschalten auf einfache Weise, indem der HV-SD oder der LV-SD weggeschlossen oder abgeschlossen wird. Zusätzlich kann vorgesehen sein, dass der HV-SD und/oder der LV-SD durch verriegelbare Attrappen (sogenannte „Dummies“) ersetzt werden, so dass die unzugänglich gemachten Service-Disconnects nicht durch andere ersetzt werden können.
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Das Feststellen der Spannungsfreiheit als dritter und letzter Schritt des dreistufigen Deaktivierungsprozesses erfolgt durch eine Spannungsmessung an festgelegten Messpunkten.
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Sofern das Traktionsnetz reaktiviert werden soll, wird der HV-SD bzw. der LV-SD wieder eingesetzt.
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Das bekannte Verfahren zur Deaktivierung und Reaktivierung eines Traktionsnetzes eines Kraftfahrzeuges weist den Nachteil auf, dass es nicht wirklich sicher ist.
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Die Handlungen „Entfernen des Service-Disconnect“ und „Ersetzen des Service-Disconnect“ durch einen Dummy gehören zwar regelmäßig zu vorgeschriebenen Prozessschritten im Rahmen des Kundendienstes, die durch das Wartungspersonal protokolliert werden müssen, es gibt jedoch keine Maßnahme, die sicherstellt, dass eine Reaktivierung des Traktionsnetzes erst dann durchgeführt wird, wenn dies im Rahmen der geführten Fehlersuche angewiesen wird. Ein Ersetzen eines Dummys durch den entsprechenden Service-Disconnect führt bei den bekannten Systemen sofort zu einer Reaktivierung des Traktionsnetzes. Sollte dies fahrlässig oder auch vorsätzlich zu früh erfolgen, d.h. vor der vollständigen Herstellung der Berührsicherheit, ist jede am Fahrzeug arbeitende Person gefährdet, einen gegebenenfalls tödlichen Stromschlag zu erleiden.
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Aus der
DE 197 10 416 A1 ist ein Hochspannungssteckverbinder bekannt, der bei der elektrischen Verbindung einer Hochspannungsquelle mit den damit gespeisten Komponenten, wie insbesondere einem elektrischen Antriebsmotor, eines elektrifizierten Kraftfahrzeuges zum Einsatz kommen soll. Der Hochspannungssteckverbinder weist neben Kontaktelementen, an denen im Betrieb des Traktionsnetzes die Hochspannung anliegt, zusätzlich noch einen Überwachungsschalter auf, der mit einer Steuereinheit verbunden ist. Eine Betätigung des Überwachungsschalters, die bei einem Lösen des Steckverbinders von einem komplementären Gegensteckverbinder erfolgt, führt zu einer Deaktivierung der Hochspannungsquelle durch die Steuereinheit. Dadurch soll vermieden werden, dass an den dann frei zugänglichen Kontakten des Steckverbinders weiterhin eine Hochspannung anliegt.
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Weiterhin ist aus der
DE 10 2009 036 672 A1 eine Schaltvorrichtung für ein Kraftfahrzeug bekannt, durch das die Schütze eines Hochspannungssystems eine Kraftfahrzeugs geöffnet und dadurch das Hochspannungssystem unterbrochen werden kann. Die Schaltvorrichtung umfasst zwei Trennelemente sowie ein Betätigungselement, wobei durch eine Betätigung des Betätigungselements ein erstes der Trennelemente geöffnet wird. Über eine mechanisch ausgebildete Verzögerungsvorrichtung führt dies dann zu einem Öffnen des zweiten Trennelements mit einer definierten zeitlichen Verzögerung. Die Schaltvorrichtung kann in Form eines Notausschalters ausgebildet sein, der in der betätigten Stellung (mit geöffneten Trennelementen) verriegelt und zur Absicherung gegen ein ungewolltes oder missbräuchliches Wiedereinschalten des Hochspannungssystems nur durch einen Schlüssel oder ein spezielles Werkzeug wieder entriegelt werden kann.
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Eine weitere Möglichkeit zur Steigerung einer Sicherheit während Wartungsarbeiten bei Kraftfahrzeugen mit einem Hochvoltsystem kann auch eine erforderliche Authentifizierung für eine erneute Inbetriebnahme des Hochvoltsystems darstellen wie es beispielhaft in der
DE 10 2011 104 819 A1 offenbart ist.
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Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes Hochspannungssystem eines Kraftfahrzeugs sowie ein Verfahren zur De- und Reaktivierung eines solchen Hochspannungssystems anzugeben. Insbesondere lag der Erfindung die Aufgabe zugrunde, die Wartung eines Hochspannungssystems eines Kraftfahrzeugs sicherer zu machen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß dem unabhängigen Patentanspruch 1 sowie durch ein Hochspannungssystem gemäß dem nebengeordneten Patentanspruch 6 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sowie des erfindungsgemäßen Hochspannungssystems sind Gegenstand der jeweiligen abhängigen Patentansprüche und ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung der Erfindung.
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Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, die Sicherheit bei Arbeiten an einem Hochspannungssystem eines Kraftfahrzeugs dadurch zu erhöhen, dass durch die Kombination einer manuellen sowie einer Software-gestützten Unterbrechung des Hochspannungssystems eine zu frühe Reaktivierung des Hochspannungssystems verhindert werden kann, wenn die Rückgängigmachung der Software-gestützten Unterbrechung an bestimmte Bedingungen geknüpft wird, die einen Berührschutz für das dann reaktivierte Hochspannungssystem sicherstellen.
Ein erfindungsgemäßes Hochspannungssystems eines Kraftfahrzeugs umfasst demnach zumindest eine Hochspannungsquelle, einen mit der Hochspannungsquelle elektrisch verbundenen Hochspannungsverbraucher, ein manuell (d.h. von einer Person) zu betätigendes Trennelement, wobei durch ein Öffnen des Trennelements das Hochspannungssystem unterbrochen wird, und ein (nicht gezwungenermaßen mit Hochspannung betriebenes) Steuersystem, wobei das Öffnen des Trennelements von dem Steuersystem erkannt wird und das Steuersystem daraufhin das Hochspannungssystem gegen ein Schließen einer (der) Unterbrechung sichert, und wobei das Steuersystem ein Schließen der Unterbrechung des Hochspannungssystems erst bei einem Vorliegen definierter Voraussetzungen zulässt.
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Bei einem erfindungsgemäßen Verfahren zur Deaktivierung und - darauf folgend - zur Reaktivierung eines elektrischen Hochspannungssystems eines Kraftfahrzeugs erfolgt eine Deaktivierung durch die Schritte:
- - Öffnen eines manuell zu betätigenden Trennelement, wodurch das Hochspannungssystem unterbrochen wird,
- - automatisches Erkennen des Öffnens des Trennelements durch ein Steuersystem und
- - Sichern einer (der) Unterbrechung des Hochspannungssystems gegen ein Schließen mittels des Steuersystems.
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Die Reaktivierung erfolgt dann (in beliebiger Reihenfolge) durch die Schritte:
- - Schließen des manuell zu betätigenden Trennelements und
- - Zulassen eines Schließens der Unterbrechung des Hochspannungssystems durch das Steuersystem bei einem Vorliegen definierter Voraussetzungen.
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Dabei ist nicht erforderlich, jedoch möglich, dass die durch das Öffnen des Trennelements bewirkte Unterbrechung des Hochspannungssystems und die von dem Steuersystem gesicherte Unterbrechung identisch sind, d.h. dieselbe Stelle des Hochspannungssystems betreffen.
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Ein „Sichern“ einer Unterbrechung gegen ein Schließen mittels des Steuersystems, bedeutet, dass eine auf beliebige Art und Weise (und insbesondere durch das Steuersystem selbst) bewirkte Unterbrechung nicht wieder geschlossen werden kann.
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Als „Hochspannung“ wird erfindungsgemäß eine elektrische Spannung verstanden, die ≥ 60 V bei Gleichspannung und/oder ≥ 30 V bei Wechselspannung beträgt und insbesondere auch deutlich darüber liegen, beispielsweise 300 V oder 400 V betragen kann.
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Die definierten Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit das Steuersystem ein Schließen der von diesem gesicherten Unterbrechung zulässt, können einen Code umfassen, der von dem Steuersystem oder einer mit dem Steuersystem signalleitend verbunden Vorrichtung, insbesondere einem Wartungsgerät, generiert und über eine Ausgabevorrichtung (ggf. in das Wartungsgerät integriert) angezeigt wird. Dann kann weiter vorgesehen sein, dass dieser Code manuell in eine Eingabevorrichtung (ggf. in das Wartungsgerät integriert) eingegeben werden muss, um eine Freischaltung zu bewirken.
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Dabei kann das Schließen der Unterbrechung direkt mit der Eingabe des Codes erfolgen. Es kann jedoch auch vorgesehen sein, dass die Eingabe des Codes lediglich ein Schließen der Unterbrechung ermöglicht, so dass für das tatsächliche Schließen beispielsweise ein weiterer Schließbefehl in die Steuereinrichtung oder die damit signalleitend verbundene Vorrichtung eingegeben werden muss. Würde der Code in diesem Fall nicht eingegeben, so würde die Eingabe des Schließbefehls kein Schließen bewirken. Die Steuereinrichtung würde demnach den Schließbefehl ignorieren.
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Alternativ oder zusätzlich können die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit das Steuersystem ein erneutes Schließen der von diesem gesicherten Unterbrechung zulässt, auch einen Anschluss eines temporär an das Steuersystem anzuschließenden Wartungsgeräts erfordern. Bei dem Wartungsgerät kann es sich um die Eingabevorrichtung handeln, in die der Code manuell eingegeben werden kann. Zusätzlich oder alternativ kann das Wartungsgerät auch so ausgebildet sein, dass dieses automatisch die an dem Hochspannungssystem des Kraftfahrzeuges vorzunehmenden Wartungstätigkeiten vorgibt und/oder protokolliert und erst nach Abschluss aller Wartungstätigkeiten eine Freigabe erteilt, durch die die Unterbrechung des Hochspannungssystems durch das Steuersystem wieder geschlossen werden kann. Das Wartungsgerät kann somit so ausgebildet sein, dass dieses eine Freigabe zum Schließen der von dem Steuersystem gesicherten Unterbrechung von einem Wartungszustand des Hochspannungssystems oder des Kraftfahrzeugs abhängig macht.
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In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens kann vorgesehen sein, dass das Steuersystem gegen ein Schließen der Unterbrechung des Hochspannungssystems durch Öffnen oder ein Geöffnethalten (mindestens) eines Schützes sichert.
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Als „Schütz“ wird erfindungsgemäß ein Schalter für große elektrische Leistungen verstanden, wie er regelmäßig in einem Hochspannungssystem von elektrifizierten Kraftfahrzeugen zum Einsatz kommt. Erfindungsgemäß sollen unter dem Begriff „Schütz“ auch solche Schalter für große elektrische Leistungen verstanden werden, die strukturell einem Relais zugeordnet werden können.
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Weiterhein bevorzugt kann vorgesehen sein, dass das Steuersystem in ein Niederspannungssystem integriert ist, d.h. mit Niederspannung betrieben wird. Das Steuersystem kann dann den oder die (vorzugsweise elektromechanisch betätigten) Schütze mittels Niederspannung ansteuern.
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Unter „Niederspannung“ wird erfindungsgemäß eine elektrische Spannung verstanden, die < 60 V bei Gleichspannung und/oder < 30 V bei Wechselspannung beträgt.
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Bei dem Niederspannungssystem kann es sich besonders bevorzugt um ein weitgehend konventionelles Bordnetz handeln, wie dies von konventionellen aber auch von bekannten elektrifizierten Kraftfahrzeugen bekannt ist. Besonders bevorzugt ist vorgesehen, dass das Steuersystem in ein Batteriemanagementsystem eines Bordnetzes des Kraftfahrzeuges integriert ist bzw. das Batteriemanagementsystem die erfindungsgemäßen Funktionen des Steuersystems erfüllt.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. In den Zeichnungen zeigt:
- 1: ein erfindungsgemäßes Hochspannungssystem in einer schematischen Darstellung.
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Die 1 zeigt in einer schematischen Darstellung eine Ausführungsform eines erfindungsmäßen Hochspannungssystems eines Kraftfahrzeugs.
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Dieses umfasst eine Hochspannungsquelle in Form eines HV-Batteriesystems 10 mit einer Vielzahl von in Reihe geschalteten Batteriezellen 12. Über zwei HV-Leitungen 14 ist das HV-Batteriesystem 10 mit einer Leistungselektronik 16 verbunden, die einen Wechselrichter 18 umfasst, der die von dem HV-Batteriesystem 10 bereit gestellte Gleichspannung in eine Dreiphasen-Wechselspannung für einen mit der Leistungselektronik 16 verbundenen elektrischen Antriebsmotor 20 des Kraftfahrzeugs umwandelt. In die das HV-Batteriesystem 10 mit der Leistungselektronik 16 verbindenden HV-Leitungen ist jeweils ein Schütz 22 integriert, die elektromechanisch geöffnet oder geschlossen werden können. Hierzu werden die Schütze 22 von einem Steuersystem in Form eines Batteriemanagementsystems 24, wie dies von sowohl (teil- )elektrifizierten als auch konventionellen Kraftfahrzeugen bekannt ist, angesteuert. Dabei sind die Schütze 22 geschlossen, solange diese mit der Steuerspannung des Batteriemanagementsystems 24 beaufschlagt sind. Im geschlossenen Zustand unterbrechen die Schütze 22 die HV-Leitungen nicht.
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Das Batteriemanagementsystem 24 ist in ein Niederspannungssystem, das Bordnetz, des Kraftfahrzeugs integriert, wird somit mit Niederspannung (z.B. 12 V) betrieben. Das Batteriemanagementsystem 24 steuert die Schütze 22 ebenfalls mit Niederspannung an. Das Niederspannungssystem umfasst weiterhin noch eine Niederspannungsquelle 26, die (konventionelle) Fahrzeugbatterie, und weitere elektrische Komponenten und Verbraucher, die in der 1 nicht dargestellt sind.
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In das Hochspannungssystem ist weiterhin noch ein sogenannter Hochvolt-Service-Disconnect (HV-SD) 28 integriert. Hierbei handelt es sich um einen Stecker (ggf. mit integrierter Sicherung), der beim Herausziehen das Hochspannungssystem direkt unterbricht.
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Zur Deaktivierung des Hochspannungssystems im Rahmen eines erfindungsgemäßen Verfahrens wird zunächst manuell, insbesondere von Wartungspersonal im Rahmen einer Wartung des Kraftfahrzeugs, der HV-SD 28 entfernt. Dadurch wird das Hochspannungssystem unterbrochen und zumindest die im Rahmen der Wartung zugänglichen und damit berührbaren Komponenten des Hochspannungssystems spannungsfrei geschaltet. Dadurch ist grundsätzlich bereits ein sicheres Arbeiten an dem Kraftfahrzeug und insbesondere auch an dem Hochspannungssystem des Kraftfahrzeugs möglich.
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Unter „spannungsfrei“ wird erfindungsgemäß eine elektrische Spannung verstanden, die ≤ 25 V und insbesondere ≤ 20 V bei Gleichspannung und/oder ≤ 30 V bei Wechselspannung und besonders vorzugsweise 0 V (bei Gleich- und Wechselspannung) beträgt.
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Problematisch dabei ist jedoch, dass das Hochspannungssystem durch ein erneutes Stecken des HV-SD 28 wieder unmittelbar unter Hochspannung stehen könnte. Ein versehentlich oder missbräuchlich erfolgendes, zu frühes Stecken des HV-SD kann somit zu einer Gefährdung des Wartungspersonal führen.
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Bei konventionellen Verfahren zur Deaktivierung eines Hochspannungssystems eines Kraftfahrzeugs soll dies - neben einer intensiven Schulung des Wartungspersonals - dadurch verhindert werden, dass der HV-SD 28 weggeschlossen wird, bis die Wartung an dem Hochspannungssystem des Kraftfahrzeugs abgeschlossen ist und insbesondere im Rahmen einer sogenannten „Geführten Fehlersuche“, bei der mittels eines Wartungsgeräts 30, das temporär an eine Schnittstelle des Kraftfahrzeugs angeschlossen wird, dem Wartungspersonal definierte, von möglichen Einträgen eines Fehlerspeichers des Kraftfahrzeugs abhängige Wartungsschritte vorgegeben werden, zu einem Stecken des HV-SD 28 aufgefordert wird. Zusätzlich kann der HV-SD 28 noch durch einen abschließbaren „Dummy“, d.h. eine Attrappe, ersetzt werden, die verhindern soll, dass der weggeschlossene HV-SD 28 durch einen baugleichen HV-SD ersetzt wird.
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Ein weiterer Schritt bei konventionellen Verfahren zur Deaktivierung eines Hochspannungssystems eines Kraftfahrzeugs ist dann noch die Feststellung der Spannungsfreiheit, wobei von dem Wartungspersonal mittels eines Messgeräts die Spannung bzw. ein Nicht-Anliegen einer Spannung an definierten Messpunkten gemessen und gegebenenfalls in einem Wartungsprotokoll protokolliert bzw. bestätigt wird.
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Beide Schritte, d.h. sowohl das Wegschließen und gegebenenfalls Ersetzen des HV-SD 28 durch einen Dummy als auch das Feststellen der Spannungsfreiheit sind vorzugsweise ebenfalls Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens, wobei insbesondere das Feststellen der Spannungsfreiheit weiterhin bevorzugt auch teil- oder vollautomatisch ablaufen kann, indem beispielsweise mittels fahrzeuginterner Messvorrichtungen (ggf. in das Batteriemanagementsystem integriert) die Spannung bestimmt wird. Das Ergebnis dieser Spannungsbestimmung kann dann qualitativ (spannungsfrei: ja/nein) und/oder quantitativ (Messwert der Spannungsmessung) über beliebige Anzeigevorrichtungen, beispielsweise ein Display 32 des Wartungsgeräts 30 und oder ein in das Kraftfahrzeug integriertes Display (z.B. das sogenannte „Kombiinstrument“ in den Armaturen) angezeigt werden.
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Trotz des Wegschließens des HV-SD 28 und dem Ersetzen durch einen Dummy sind konventionelle Verfahren zur Deaktivierung eines Hochspannungssystems nicht vollständig gegen Manipulationen abgesichert.
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Das erfindungsgemäße Verfahren verbessert die Sicherheit, indem software-technisch sichergestellt wird, dass ein versehentlich oder missbräuchlich erfolgendes, zu frühes Stecken des HV-SD 28 nicht zu einer Reaktivierung des Hochspannungssystems führen kann.
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Hierzu ist vorgesehen, dass das Batteriemanagementsystem 24 erkennt, dass der HV-SD 28 entfernt wurde. Dies erfolgt in dem hier beschrieben Ausführungsbeispiel, indem der HV-SD 28 zudem Teil einer separaten Stromschleife des Niederspannungssystems ist, die unterbrochen wird, wenn der HV-SD 28 entfernt wird. Durch eine Überprüfung des Stromkreises hinsichtlich dessen Zustands (geschlossen/offen) kann das Entfernen des HV-SD 28 sicher erkannt werden.
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Alternativ kann auch vorgesehen sein, den Spannungslevel an einem Ausgangspin des HV-SD 28 zu messen. Wenn der HV-SD 28 entfernt wird, unterbricht er dann die Spannungsversorgung der Schütze 22. Dieser Spannungsabfall kann ebenfalls als Indikator für das Entfernen des HV-SD 28 verwendet werden.
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Eine weitere Alternative kann darin bestehen, dass die Differenzspannung über dem HV-SD 28 bestimmt wird. Wenn dieser entfernt und damit das Hochspannungssystem an dieser Stelle unterbrochen wird, entsteht eine Spannungsdifferenz über den beiden nun offenen Kontakten.
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Wenn das Batteriemanagementsystem erkannt hat, das der HV-SD 28 entfernt wurde, wechselt es in einen speziellen Betriebsmodus: „verriegelt“. In diesem Betriebsmodus ist ein Schließen der Schütze 22 nicht möglich. Jegliche Befehle, die Schütze 22 zu schließen, z.B.: „Klemme 15 Wechsel“, d.h. Betätigung des Zündschlüssels oder eines Startknopfs des Kraftfahrzeugs, entsprechende Sollzustandsvorgaben durch den HV-Koordinator (die Steuerungsinstanz des Hochspannungssystems, die die Aktivierung/Deaktivierung des Hochspannungssystems koordiniert und kontrolliert) sowie Stellgliedtests, werden ignoriert.
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Beim Übergang in den Betriebsmodus „verriegelt“ erzeugt das Batteriemanagementsystem 24 einen Code, beispielsweise einen Zahlencode, den es im Werteblock seines Speichers ablegt. Dieser Zahlencode kann von dem Wartungspersonal mittels des direkt oder indirekt mit dem Batteriemanagementsystem 24 verbundenen Wartungsgeräts 30 ausgelesen werden.
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Das Batteriemanagementsystem 24 verlässt den Betriebsmodus „verriegelt“ erst wieder, wenn - nach dem Abschluss einer insbesondere durch das Wartungsgerät 30 geführten Fehlersuche - der Code korrekt in das Wartungsgerät 30 eingegeben (hierzu umfasst diese eine Eingabevorrichtung, z.B. in Form einer Tastatur 34) und an das Batteriemanagementsystem 24 gesendet wurde. Erst dann können die Schütze 22 wieder geschlossen werden, d.h. erst dann bewirken die entsprechenden Befehle zum Schließen der Schütze, dass diese auch tatsächlich schließen.
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Die Eingabe des Codes stellt dabei eine weitere Maßnahme zur Erhöhung der Sicherheit für das Wartungspersonal dar, da damit dessen Zustimmung zur Reaktivierung des Hochspannungssystems eingeholt wird. In einer alternativen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens kann auch vorgesehen sein, dass das Batteriemanagementsystem 24 den Betriebsmodus „verriegelt“ automatisch wieder verlässt, wenn der entsprechende Zeitpunkt in der geführten Fehlersuche erreicht ist. Dies kann beispielsweise durch ein Setzen eines Anpasskanals und/oder einer Grundeinstellung erfolgen.
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Zusammenfassend wird in dem hier beschriebenen Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Verfahrens das Hochspannungssystem durch zumindest die folgenden Verfahrensschritte deaktiviert:
- - In der geführten Fehlersuche erfolgt eine Aufforderung durch das Wartungsgerät 30, den HV-SD 28 zu entfernen.
- - Das Batteriemanagementsystem 24 delektiert, das der HV-SD 28 entfernt wurde.
- - Das Batteriemanagementsystem 24 generiert einen Zahlencode.
- - Der Zahlencode wird im Speicher des Batteriemanagementsystems 24 abgelegt.
- - Die Spannungsfreiheit wird festgestellt.
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Daraufhin sind Arbeiten am Hochspannungssystem weitgehend gefahrlos möglich.
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Die Reaktivierung des Hochspannungssystem bei dem hier beschriebenen Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Verfahrens umfasst zusammenfassend zumindest die folgenden Verfahrensschritte:
- - Wenn in der geführten Fehlersuche der Prozessschritt „Wiedereinschalten des Hochspannungssystems“ erreicht wird (d.h. nach Abschluss der Wartungsarbeiten am Kraftfahrzeug), liest das Wartungsgerät 30 den Wertespeicher des Batteriemanagementsystem 24 mit dem Zahlencode aus.
- - Das Wartungspersonal reaktiviert das Batteriemanagementsystem 24 , indem es den auf dem Display 32 des Wartungsgeräts 30 angezeigten Zahlencode in eine entsprechende Eingabemaske auf dem Display 32 des Wartungsgeräts 30 eingibt und so in das Batteriemanagementsystem 24 zurückschreibt. Dieser Prozessschritt kann zu Nachweiszwecken beispielsweise im Wartungsgerät 30 protokolliert werden.
- - Das Batteriemanagementsystem 24 vergleicht den generierten Zahlencode mit dem von dem Wartungsgerät 30 zurückgeschriebenen Zahlencode. Bei Übereinstimmung wird der Modus „Verriegelt“ verlassen und die Schutze 22 können durch die entsprechenden Schließbefehle wieder geschlossen werden.
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Eine alternative, nicht in der Zeichnung dargestellte Ausführungsform sieht vor, das Hochspannungssystem manuell durch ein Entfernen eines sogenannten „Niedervolt-Service-Disconnects“ (LV-SD) zu unterbrechen. Ein Entfernen des LV-SD unterbricht den Stromkreis, über den die Schütze 22 von dem Batteriemanagementsystem 30 mittels Niederspannung angesteuert werden. Dies führt - sofern in Folge der entsprechenden Steuerbefehle nicht bereits erfolgt - zu einem Öffnen der Schütze und gleichzeitig zu einem Wechsel des Batteriemanagementsystems 30 in den Betriebsmodus: „verriegelt“, der verhindert, dass (bei zu früh gestecktem LV-SD) durch die entsprechenden Schließbefehle die Schütze geschlossen werden können.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- HV-Batteriesystem
- 12
- Batteriezellen
- 14
- HV-Leitung
- 16
- Leistungselektronik
- 18
- Wechselrichter
- 20
- Antriebsmotor
- 22
- Schütz
- 24
- Batteriemanagementsystem
- 26
- Niederspannungsquelle
- 28
- HV-SD
- 30
- Wartungsgerät
- 32
- Display
- 34
- Tastatur