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Die Erfindung betrifft ein Getriebe, eine Windenergieanlage und ein Verfahren zur Herstellung eines Getriebes.
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Windkraftanlagen bzw. Windenergieanlagen (WEA) erreichen heute Antriebsleistungen von etwa 10 MW und werden in der Regel für einen zuverlässigen Betrieb von mindestens 20 Jahren ausgelegt. Der Betrieb derartiger WEA erfolgt zunehmend in Off-Shore-Windparks. Die Erreichbarkeit dieser WEA für planmäßige oder außerplanmäßige Wartungsarbeiten ist sowohl zeit- sowie auch sehr kostenintensiv. Zuverlässiger Betrieb bedeutet hierbei, dass im Bezug auf den Verschleiß der mechanischen Komponenten der WEA, die Beanspruchung höchstens zu einem Materialabtrag führt, der unter der Grenze des für das festgelegte Wartungsintervall zulässigen Beanspruchungsgrenze liegt. Eine Überschreitung des zulässigen Verschleißes führt entweder zu einer Verringerung der Leistungsfähigkeit oder bei Auftreten von diskontinuierlichen Verschleißraten und damit einhergehender Änderung des Verschleißmechanismus gegebenenfalls zu einem Totalausfall der Windenergieanlage.
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Mechanische Komponenten der WEA sind insbesondere ein Großgetriebe bzw. ein Rotorgetriebe, das im Antriebsstrang der WEA zur Drehmomentwandlung eingesetzt wird, und Getriebe zur Pitchverstellung von Rotorblättern der WEA.
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Eine tribologische Auslegung der Getriebe erfolgt durch Berechnungen, insbesondere numerische Berechnungen, und durch Versuche, wobei zur Auslegung unter anderem Materialien, Oberflächen, Geometrien, Schmierstoffe und dessen Viskosität berücksichtigt werden. Die Getriebe sind dabei derart ausgelegt, dass diese mit einer hohen Sicherheit über ihre gesamte Lebensdauer nicht ausfallen.
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Bei einer Art der Verschleißmessung ist eine Zwischendemontage des Getriebes mit anschließender Überprüfung der Kontaktflächen der Getriebebauteile erforderlich. Dies erfolgt beispielsweise bei einer Wartung der Windenergieanlage. Dabei ist allerdings nachteilig, dass nicht gewährleistet werden kann, dass die tribologischen Kontakte der Getriebebauteile nach der Montage wieder identisch zueinander angeordnet sind.
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Um eine Zwischendemontage zu vermeiden ist auch eine kontinuierliche Überwachung des Verschleißes möglich. Hierbei werden Druck und/oder Temperatursensoren im Kontaktbereich der Getriebebauteile unterhalb deren Kontaktflächen angeordnet. Durch die von den Sensoren gemessenen Druck- und Temperaturwerte können Rückschlüsse auf den Verschleiß der Getriebebauteile gezogen werden. Nachteilig hierbei ist, dass durch die Sensoren die Topografie im tribologischen Kontakt der Bauteile beeinflusst wird und des Weiteren die Sensoren durch die hohen Belastungen leicht zerstört werden können.
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Eine weitere Möglichkeit der Verschleißmessung besteht darin, bei der Wartung akustische Messverfahren oder Ölzustandssensorik einzusetzen.
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Dem gegenüber liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Getriebe und eine Windenergieanlage zu schaffen, die einen kostengünstigen und sicheren Einsatz ermöglichen. Des Weiteren liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde ein kostengünstiges Verfahren zur Herstellung eines derartigen Getriebes zu schaffen.
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Diese Aufgaben werden gelöst durch ein Getriebe nach den Merkmalen des Patentanspruchs 1, durch eine Windenergieanlage nach den Merkmalen des Patentanspruchs 12 und durch ein Verfahren nach den Merkmalen des Patentanspruchs 13.
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Erfindungsgemäß hat ein Getriebe, insbesondere ein Getriebe für eine Windenergieanlage (WEA) zumindest ein Getriebebauteil, das an einem verschleißbehafteten Bereich radioaktiv markiert ist. Bei dem Getriebe handelt es sich beispielsweise um ein Rotor, ein Pitch- oder ein Azimutgetriebe für eine WEA.
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Diese Lösung hat den Vorteil, dass bei einem auftretenden Materialabtrag an dem verschleißbehafteten Bereich im Einsatz des Getriebes ebenfalls radioaktive Markierungen abgetragen werden. Diese Markierungen werden über geeignete Strahlungsmessverfahren erfasst, insbesondere kontinuierlich erfasst. Hierdurch können dann Rückschlüsse auf den Verschleiß des markierten Getriebebauteils und auch auf das gesamte Getriebe gezogen werden. Beispielsweise wird eine Wartung des Getriebes erst ab einem bestimmten gemessenen Verschleiß durchgeführt. Dies führt dazu, dass keine unnötigen Wartungen am Getriebe durchgeführt werden müssen, womit Wartungsintervalle verlängert werden können. Auch wird durch die kontinuierliche Verschleißüberwachung ein Totalausfall des Getriebes vermieden.
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Vorzugsweise werden mehrere Bereiche eines Getriebebauteils oder ein oder mehrere Bereiche mehrerer Getriebebauteile unterschiedlich radioaktiv markiert. Hierdurch können mehrere Bereiche eines oder mehrerer Getriebebauteile oder ein Bereich mehrerer Getriebebauteile unabhängig voneinander auf Verschleiß überwacht werden.
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Die radioaktive Dotierung erfolgt vorzugsweise durch Protonen, Deuteronen und/oder α-Teilchen oder durch Implantation von radioaktiven Ionen. Die radioaktive Dotierung oder Implantation wird dann durch Bestrahlung des zu dotierenden Materials mit einem Zyklotron-Beschleuniger durchgeführt. Bei der Implantation können Markierungen aus Geometrien metallhaltiger Eisen-Kohlenstoff-Legierungen und/oder organischen Substanzen bestehen, wodurch im großtechnischen Maßstab sehr kostengünstig produziert werden kann.
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Mit Vorteil wird nur die Oberfläche des markierten Bereichs des Getriebebauteils radioaktiv markiert, insbesondere in einer Tiefe von 20 bis 200 μm.
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Das Getriebe weist bevorzugterweise zumindest einen Detektor zum Messen von beim Verschleiß des Getriebebauteils freigesetzten radioaktiven Teilchen auf.
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In weiterer Ausgestaltung der Erfindung werden die freigesetzten radioaktiven Teilchen durch den Detektor im Schmieröl des Getriebes erfasst.
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Bei dem Detektor kann es sich um ein kostengünstiges, handelsübliches Teilchenzählergerät handeln oder es wird ein für die Bauart des Getriebes und/oder dem Betriebsstandort und/oder an die zu erwartenden Umwelteinflüsse angepasster Teilchenzähler eingesetzt. Derartige Detektoren können durch hochpräzise Kalibrierung für ein Wartungsintervall und/oder für die gesamte Lebensdauer der WEA ohne Kalibrierungsänderungen eingesetzt werden.
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Um zu vermeiden, dass Umgebungsstrahlungen aus der Umwelt das Messergebnis des Detektors verfälschen, hat dieser einen Bleimantel.
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Die von dem zumindest einen Detektor erfassten Messdaten können über eine Messdatenübertragungseinrichtung zu einer Auswertvorrichtung, beispielsweise eine Datenverarbeitungsanlage, übertragen werden, wobei die Messdatenübertragungseinrichtung die Messdaten über elektromagnetische Wellen und/oder über elektrische Versorgungsleitungen und/oder über Internetprotokolldateien überträgt.
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Die Messung des Verschleißes durch den Detektor erfolgt vorzugsweise über ein Konzentrationsmessverfahren und/oder über ein Dünnschichtdifferenzenverfahren.
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Erfindungsgemäß hat eine Windenergieanlage ein vorstehend erläutertes Getriebe. Bei einer solchen Windenergieanlage können beispielsweise Wartungsintervalle verlängert werden. Ein Einsatz von radioaktiv markierten Getrieben in WEA ist auch deshalb sehr vorteilhaft, da die Getriebe in großen Höhen angeordnet sind. Die radioaktive Strahlung der markierten Getriebe ist zwar äußerst gering und liegt unter den zulässigen Grenzwerten, dennoch sind die Getriebe durch Ihre Anordnung weit entfernt und in der Regel unzugänglich für die normale Bevölkerung.
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Bei einem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung des Getriebes erfolgt die radioaktive Markierung von Getriebebauteilen im Produktions- und/oder Montageprozess des Getriebes. Für den Strahlenschutz sind hierfür keine besonderen Auflagen einzuhalten.
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Es ist denkbar entweder ein Getriebebauteil alleine, oder gleichzeitig eine Gruppe von Getriebebauteilen oder gleichzeitig das gesamte Getriebe durch eine Strahlungsquelle radioaktiv zu markieren.
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Sonstige vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstand weiterer Unteransprüche.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand einer vereinfachten schematischen Zeichnung näher erläutert.
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Die einzige Figur zeigt ein Getriebebauteil 1 eines Getriebes einer Windenergieanlage (WEA), das durch ein Zyklotron 2 radioaktiv markiert wird, wodurch eine kontinuierliche Verschleißmessung mit der Radionuklidtechnik (RNT) ermöglicht ist.
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Zur Vermeidung der im Eingangs erläuterten Stand der Technik äußerst aufwändigen Auslegung, Überwachung und Wartung von derartigen Getrieben, insbesondere Großgetrieben, sind Getriebebauteile des Getriebes radioaktiv markiert. Hierdurch ist im Einsatz der Getriebe eine kostengünstige kontinuierliche Überwachung ermöglicht.
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Die radioaktive Markierung wird entweder durch Implantation radioaktiver Ionen in das Getriebebauteil oder durch radioaktive Dotierung erreicht.
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Die radioaktive Dotierung erfolgt durch die Dünnschichtaktivierung, die hinlänglich aus dem Stand der Technik bekannt ist, weswegen im Folgenden nur das für die Erfindung Wesentliche erläutert ist. Bei der Dotierung wird ein verschleißbehafteter Bereich, beispielsweise im Getriebebauteil 1 ausgebildete Getriebezähne 4, mit hochenergetischen geladenen Teilchen, insbesondere Protonen, Deuteronen oder α-Teilchen durch das Zyklotron 2 bzw. den Zyklotronbeschleuniger mit einem Strahl 6 beschossen. Durch Kern-Reaktionen werden dabei radioaktive Isotope (beispielsweise Fe + D → 57CO, wobei Fe = Eisen, und D = Deuteronen) im Material des Getriebebauteils erzeugt, die trotz ihrer äußerst geringen Konzentration (im Verhältnis von etwa 10–11 von aktiven zu unveränderten Kernen), eine von einem Detektor gut messbare Gammastrahlung aussenden. Die radioaktiv markierte Schichttiefe bei diesem Verfahren kann präzise eingestellt werden und beträgt typischerweise, von der Oberfläche des Getriebebauteils aus gemessen, 20 bis 200 μm. Die Halbwertszeiten der radioaktiven Isotope sind je nach erzeugtem Isotop unterschiedlich, wobei sowohl kurzlebige als auch längerlebige Isotope erzeugt werden können, beispielsweise 22Na (Natrium) mit einer Halbwertszeit von 2,6 Jahren. Somit können die verschleißbehafteten Getriebebauteile für Ihre gesamte Lebensdauer oder für definierte Instandhaltungsintervalle radioaktiv aktiviert werden. Aufgrund der geringen Strahlungsintensität der radioaktiv markierten Getriebebauteile sind keine Sicherheitsvorkehrungen oder eine Umsetzung von behördlichen Auflagen zum Strahlenschutz notwendig.
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Die radioaktive Dotierung ist bei den meisten metallischen Werkstoffen sowie einer großen Anzahl von Polymeren möglich. Die radioaktive Markierung ändert vorteilhafterweise die mechanischen oder chemischen Eigenschaften des Materials des Getriebebauteils nicht.
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Neben der radioaktiven Dotierung kann die Markierung der Getriebebauteile auch durch Implantation radioaktiver Ionen erfolgen, was ebenfalls hinlänglich aus dem Stand der Technik bekannt ist. Bei der Implantation werden radioaktive Ionen im Zyklotron beschleunigt und in einem gerichteten Strahl auf die zu markierenden Bereiche des Getriebebauteils gelenkt. Im Unterschied zur radioaktiven Dotierung finden keine Kernreaktionen statt, da die eingeschossenen Ionen lediglich im Material deponiert werden. Die Eindringtiefe bei der Implantation liegt etwa bei 10 μm. Die Implantation ist dabei mit positiv oder negativ geladenen Ionen möglich, mit Neutronen lässt sich nur eine integrale Aktivierung erreichen.
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Die Tiefe der radioaktiven Aktivierung hängt insbesondere von den zu erwartenden Verschleißraten, den für ein bestimmtes Wartungsintervall zulässigen Verschleißraten und/oder den die Grenzen der Beanspruchung definierenden tribologischen Zustand ab.
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Im Einsatz des radioaktiv markierten Getriebebauteils gelangt bei einem Verschleiß der markierten Oberfläche radioaktiv markiertes Material in ein Getriebeöl bzw. Schmiermittel des Getriebes. Das radioaktiv markierte Material im Getriebeöl ist über einen Detektor, insbesondere einem herkömmlichen Teilchenzähler, bestimmbar. Die Messung durch den Detektor ist kontinuierlich möglich, also auch während des Betriebs und im Einsatz des Getriebes in der WEA. Auf diese Weise kann der Beanspruchungsgrad kritischer Reibstellen in Getriebebauteilen sehr präzise kontinuierlich festgestellt werden. Durch die Messung kleinster linearer Verschleißraten sind in kurzer Messzeit Lebensdauervorhersagen möglich. Es können kritische Verschleißerscheinungen frühzeitig erkannt werden, die bei Nichterkennen zu kostenintensiven Betriebs- oder Maschinenstörungen führen würden.
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Die Verschleißmessung erfolgt mit einem oder mehrerer am Getriebe angeordneter Detektoren. Als Messverfahren wird entweder das Dünnschichtdifferenzenverfahren (DBV) oder das Konzentrationsmessverfahren (KMV) eingesetzt. Diese Verfahren sind aus dem Stand der Technik bekannt. Im Folgenden werden diese deswegen der Einfachheit halber nur grob beschrieben.
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Beim Dünnschichtdifferenzenverfahren ist der Detektor an einer Gehäusewand des Getriebes angeordnet und misst die Abnahme der radioaktiv markierten Schicht des Getriebebauteils aufgrund von Verschleiß während des Betriebsablaufs.
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Beim Konzentrationsmessverfahren ist der Detektor in einem Durchflussbereich von dem Schmieröl bzw. Schmiermittel des Getriebes angeordnet und misst die Konzentration der radioaktiven Verschleißpartikel im Schmieröl. Der Verschleiß verschleißbehafteten, radioaktiv markierten Bereich des Getriebebauteils ist etwa proportional zur gemessenen Aktivitätskonzentration im Schmieröl.
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Unterschiedliche verschleißbehaftete Bereiche eines oder mehrerer Bauteile können mit unterschiedlichen radiochemischen Teilchen, also mit unterschiedlichen Atomkerne, radioaktiven Ionen und/oder Implantaten, radioaktiv markiert werden. Hierdurch ist die selektive Erfassung der unterschiedlichen verschleißbehafteten Bereiche mit dem oder den Detektor/en möglich.
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Die Wahl der radioaktiven Teilchen ermöglicht es neben tribologischen Zustandsänderungen auch korrosive Prozesse zu detektieren. Insbesondere der durch die Überlagerung von tribologischen und korrosiven Prozessen wirkende Wasserstoffverschleiß (Versprödung durch Wasserstoff und anschließende Ermüdungsrisse), der zu einem frühzeitigen Gesamtausfall des Bauteils führen kann, ist so detektierbar. Dieser Prozess ist insbesondere für den Betrieb von Off-Shore-WEA relevant, da er bevorzugt durch Wasser, feuchter Luft oder salzhaltigen Umgebungsbedingungen in Wälzkontakten auftritt.
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Die Auswertung der Verschleißmessung erfolgt mittels eines Klassierungsverfahrens, bei dem insbesondere durch statistische Berechnungen eine Bestimmung des zum jeweiligen Zeitpunkt vorliegenden Beanspruchungszustands des Getriebes ermöglicht wird.
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Die Signalübertragung von den Detektoren erfolgt über eine den Detektoren nachgeschaltete elektrische Messdatenübertragungseinrichtung mittels Funkwellen und/oder über stromführende Versorgungsleitungen und/oder über Internetprotokolldateien zu geeigneten Auswertestationen, insbesondere Datenverarbeitungsanlagen.
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Offenbart ist ein Getriebe für eine Windenergieanlage, wobei zumindest ein Getriebebauteil des Getriebes in einem verschleißbehafteten Bereich radioaktiv markiert ist. Somit ist der Verschleiß des Getriebebauteils durch die freigesetzten radioaktiven Teilchen messbar.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Getriebebauteil
- 2
- Zyklotron
- 4
- Getriebezähne
- 6
- Strahl