-
Kraftfahrzeuge, die ganz oder teilweise elektrisch angetrieben werden, nehmen an Bedeutung beständig zu. Ursachen hierfür sind das Verlangen der Menschen nach Mobilität, die Notwendigkeit, CO2-Emissionen zu reduzieren, sowie die Begrenztheit der Ölvorkommen. Derartige Fahrzeuge verfügen über wenigstens einen elektrostatischen oder elektrochemischen Energiespeicher, der einen Starter, einen Antrieb oder das Bordnetz des Kraftfahrzeugs mit elektrischer Energie zu versorgen eingerichtet ist. Typischerweise sind derartige Energiespeicher in Kraftfahrzeugen als Batterien oder als Doppelschichtkondensatoren ausgebildet und umfassen eine Vielzahl von Speicherzellen, die gewöhnlich wenigstens teilweise in Reihe geschaltet sind. Im Betrieb werden diese Speicherzellen wiederholt aufgeladen und entladen.
-
Bei der Herstellung solcher Energiespeicher treten oft Schwankungen auf, die zur Folge haben, dass die einzelnen Speicherzellen des Energiespeichers sich in ihrer Ladekapazität, im Lade- und/oder Entladeverhalten unterscheiden. Die Ladekapazität einer Speicherzelle ist dabei ein Maß für die elektrische Ladung, üblicherweise gemessen in Amperestunden, die diese Speicherzelle aufnehmen kann. Im Laufe des Betriebs des Energiespeichers nehmen die genannten Schwankungen der Eigenschaften der Speicherzellen in der Regel sogar noch zu. Infolge ungleicher Ladungszustände der Speicherzellen im Betrieb kann es daher insbesondere beim Laden mit konstantem Strom zur Überladung einzelner Speicherzellen kommen. Entsprechend besteht beim Entladen der Speicherzellen die Gefahr, dass einzelne von ihnen in die Tiefentladung geraten. Beides kann zur Schädigung der Speicherzellen, zur Verkürzung ihrer Lebensdauer und/oder zur Verringerung der Ladekapazität führen.
-
Um derartigen Schäden vorzubeugen, werden die Ladungszustände der Speicherzellen eines Energiespeichers regelmäßig aneinander angeglichen. Entsprechende Verfahren werden Symmetrierungsverfahren oder Balancing-Verfahren genannt. Das Angleichen der Ladungszustände kann dabei z. B. dadurch erfolgen, dass Speicherzellen mit höheren Ladezuständen über Entladewiderstände teilweise entladen werden, wobei Energie in Form von Wärme dissipiert wird (passive balancing), oder indem Ladung von den Speicherzellen mit höheren Ladezuständen ganz oder teilweise auf Speicherzellen mit niedrigeren Ladezuständen übertragen wird (active balancing). In beiden Fällen wird jeweils ein Soll-Ladezustand bestimmt, auf den eine gegebene Speicherzelle durch teilweises Auf- oder Entladen angeglichen werden soll. Da die Ladekapazität einer Speicherzelle insbesondere einen Aufund Entladeprozess der Speicherzelle entscheidend beeinflusst (z. B. bestimmt sie eine Ladezeit zum Auf- oder Entladen der Speicherzelle), kann das Symmetrieren mit umso größerer Genauigkeit und Effizienz durchgeführt werden, je genauer Ladekapazität der Speicherzelle, die herstellungs- und betriebsbedingt Schwankungen unterworfen ist, bekannt ist.
-
Der vorliegenden Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren vorzuschlagen, welches es gestattet, eine Ladekapazität einer Speicherzelle, die zum Speichern elektrischer und/oder chemischer Energie eingerichtet ist, möglichst genau und auf möglichst einfache Weise zu bestimmen. Der Erfindung liegt ferner die Aufgabe zugrunde, ein entsprechendes Speichersystem zum Durchführen des Verfahrens zu entwickeln.
-
Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 sowie durch ein Speichersystem zum Durchführen dieses Verfahrens. Spezielle Ausführungsformen sind in den Unteransprüchen beschrieben.
-
Vorgeschlagen wird also ein Verfahren zum Bestimmen einer Ladekapazität einer Speicherzelle, die zum Speichern elektrischer und/oder chemischer Energie eingerichtet ist, wobei das Verfahren wenigstens die folgenden Schritte umfasst:
- – Ermitteln eines Anfangsladezustandes der Speicherzelle,
- – wenigstens teilweises Aufladen oder Entladen der Speicherzelle für eine Ladezeitdauer,
- – Ermitteln eines Endladezustandes der Speicherzelle,
- – Bestimmen der Ladekapazität der Speicherzelle abhängig von dem Endladezustand und einem Soll-Ladezustand der Speicherzelle und/oder abhängig von einer Differenz zwischen dem Endladezustand und dem Soll-Ladezustand und/oder abhängig von einem Näherungswert der Ladekapazität.
-
Mit diesem Verfahren ist es möglich, die Ladekapazität der Speicherzelle mit großer Genauigkeit zu bestimmen. Insbesondere kann das Bestimmen der Ladekapazität ohne zusätzlichen Aufwand während eines normalen Betriebs der Speicherzelle, also beim Aufladen und/oder Entladen der Speicherzelle durchgeführt werden.
-
Üblicherweise ist die Speicherzelle als Speicherzelle einer Batterie oder als Doppelschichtkondensator ausgebildet. Zum Beispiel kann es sich um eine Blei-Säure-, eine Nickel- Metallhydrid-, eine Zink-Luft-, eine Lithium-Zink- oder eine Lithium-Ionen-Speicherzelle handeln. Gewöhnlich ist die Speicherzelle mit einer Vielzahl weiterer Speicherzellen wenigstens teilweise in Reihe geschaltet. In einem vollständig geladenen Zustand der Speicherzelle beträgt eine zwischen elektrischen Polen der Speicherzelle anliegende Ruhespannung typischerweise höchstens 50 V, höchstens 20 V, höchstens 10 V oder höchstens 5 V. Die Ladekapazität der Speicherzelle beträgt typischerweise zwischen 3 und 50 Amperestunden, abhängig vom Zelltyp und vom Alter der Zelle.
-
Das Ermitteln des Anfangsladezustands der Speicherzelle kann durch ein Erfassen einer Anfangsruhespannung der Speicherzelle vorgenommen werden. Abhängig von einer speziellen Bauart der Speicherzelle besteht gewöhnlich nämlich ein charakteristischer Zusammenhang zwischen der Ruhespannung und dem Ladezustand der Speicherzelle. Dieser charakteristische Zusammenhang wird als SOC-OCV-Kurve bezeichnet (SOC: state of charge, OCV: open circuit voltage). In Bezug auf das vorgeschlagene Verfahren kann das Ermitteln des Ladezustands der Speicherzelle also stets durch das Ermitteln der an der Speicherzelle anliegenden Ruhespannung ersetzt werden.
-
Das wenigstens teilweise Aufladen oder Entladen der Speicherzelle wird gewöhnlich mit Hilfe einer Ladevorrichtung vorgenommen. Typischerweise umfasst die Ladevorrichtung wenigstens einen elektrischen Widerstand, der parallel zur Speicherzelle schaltbar ist, z.B. mit Hilfe eines elektrischen Schalters. Die Ladevorrichtung kann aber auch beliebige andere aktive und/oder passive elektrische Komponenten umfassen. Die Ladezeitdauer ist diejenige Zeitdauer, die verstreicht, bis die Speicherzelle von dem Anfangsladezustand in den Endladezustand übergegangen ist, vorzugsweise durch kontinuierliches Aufladen oder Entladen. Der Anfangsladezustand kann dabei höher oder geringer sein als der Endladezustand.
-
Der Soll-Ladezustand wird üblicherweise vorgegeben und entspricht einem Ladezustand, an den die Speicherzelle angeglichen werden soll. Typischerweise hängt eine Differenz zwischen dem Näherungswert und der Ladekapazität stetig von einer Differenz zwischen dem Endladezustand und dem Soll-Ladezustand ab. Mit anderen Worten wird die Ladezeitdauer vorzugsweise so gewählt, dass der Endladezustand möglichst genau mit dem Soll-Ladezustand übereinstimmt. Die Differenz zwischen dem Endladezustand und dem Soll-Ladezustand ist dann ein Maß dafür, wie genau der Näherungswert mit der Ladekapazität übereinstimmt. Vorzugsweise wird das Bestimmen der Ladekapazität also in Form einer Korrektur des Näherungswertes vorgenommen. Der Näherungswert kann beispielsweise eine von einem Hersteller angegebene Nenn-Ladekapazität der Speicherzelle sein und von deren Bauweise und/oder von deren chemischer Zusammensetzung bestimmt sein. Der Näherungswert kann aber auch ein zu einem früheren Zeitpunkt mittels des vorliegend vorgeschlagenen Verfahrens bestimmter Wert der Ladekapazität der Speicherzelle sein.
-
Bei einer speziellen Ausführungsform wird der Soll-Ladezustand abhängig von einem Referenzladezustand wenigstens einer von der Speicherzelle verschiedenen Referenzspeicherzelle bestimmt.
-
Z. B. können zur Festlegung des Soll-Ladezustandes die Ladezustände einer Vielzahl von Speicherzellen eines Energiespeichers verglichen werden, wobei die Referenzspeicherzelle dann z. B. diejenige Speicherzelle mit dem geringsten Ladezustand ist. Der Soll-Ladezustand wird dann gleich dem Referenzladezustand gesetzt und die Ladezustände der übrigen Speicherzellen können dann beispielsweise durch passives Symmetrieren (Passive Balancing) an den Referenzladezustand angeglichen werden. Das vorliegend beschriebene Verfahren kann also in besonders vorteilhafter Weise mit einem Verfahren zum Symmetrieren der Speicherzellen eines Energiespeichers kombiniert werden bzw. während eines Symmetrierungsprozesses der Speicherzellen eines Energiespeichers durchgeführt werden. Das vorliegend beschriebene Verfahren kann dabei sowohl mit dem Passive-Balancing- als auch mit einem Active-Balancing-Verfahren kombiniert werden.
-
Bei einer weiteren speziellen Ausführungsform wird die Ladezeitdauer abhängig von
- – dem Anfangsladezustand und dem Soll-Ladezustand und/oder
- – der Differenz zwischen dem Anfangsladezustand und dem Soll-Ladezustand und/oder
- – dem Näherungswert und/oder
- – elektrischen Eigenschaften wenigstens eines Ladewiderstandes, über den das Aufladen und/oder das Entladen erfolgen, und/oder
- – einem Entladestrom der Speicherzelle und/oder
- – einem Innenwiderstand der Speicherzelle und/oder
- – einer SOC-OCV-Kurve der Speicherzelle
bestimmt.
-
Vorzugsweise wird die Ladezeitdauer derart gewählt, dass der Endladezustand nach dem Aufladen oder Entladen möglichst genau dem Soll-Ladezustand entspricht. Dadurch, dass beim Bestimmen der Ladezeit gemäß dieser Ausführungsform eine Vielzahl von Parametern berücksichtigt werden kann, kann das Bestimmen der Ladezeitdauer mit großer Genauigkeit vorgenommen werden. Eine Abweichung des Endladezustandes vom Soll-Ladezustand kann dann mit großer Genauigkeit als ein Maß für eine Abweichung der Ladekapazität von dem Näherungswert dienen, wodurch die Bestimmung der Ladekapazität verbessert wird.
-
Bei einer weiteren speziellen Ausführungsform umfasst das Bestimmen der Ladekapazität, dass die Ladekapazität gleich der Summe aus dem Näherungswert und einem Korrekturwert gesetzt wird, wobei der Korrekturwert positiv ist, wenn der Endladezustand größer ist als der Soll-Ladezustand, und wobei der Korrekturwert negativ ist, wenn der Endladezustand kleiner ist als der Soll-Ladezustand. Ein Vorzeichen des Korrekturwertes wird bei dieser Ausführungsform also abhängig davon gewählt, ob der Endladezustand größer oder kleiner ist als der Soll-Ladezustand.
-
Dadurch, dass gemäß dieser Ausführungsform überprüft wird, ob der nach dem Aufladen oder Entladen erreichte Endladezustand größer oder kleiner ist als der erwartete Soll-Ladezustand, kann also auf einfache Weise ermittelt werden, ob die Ladekapazität größer oder kleiner ist als der Näherungswert. Die Ladekapazität kann auf diese Weise besonders schnell und effektiv bestimmt werden.
-
Bei einer weiteren speziellen Ausführungsform hängt der Korrekturwert linear von einer Differenz zwischen dem Endladezustand und dem Soll-Ladezustand ab und/oder der Korrekturwert hängt linear von dem Näherungswert ab. Eine betragsmäßig große Abweichung des Endladezustands von dem erwarteten Soll-Ladezustand kann also eine entsprechend große Korrektur des Näherungswerts nach sich ziehen. Das Bestimmen der Ladekapazität kann damit besonders schnell und effektiv vorgenommen werden. Dadurch, dass der Korrekturwert linear von dem Näherungswert abhängt, können die bei großen Werten der Ladekapazität zu erwartenden großen Schwankungen in der Ladekapazität adäquat berücksichtigt und damit schnell und effektiv korrigiert werden. Bei einer Abwandlung dieser Ausführungsform kann der Korrekturwert auch von höheren Potenzen der Differenz zwischen dem Endladezustand und dem Soll-Ladezustand abhängen und/oder von höheren Potenzen des Näherungswertes abhängen. Höhere Potenzen sollen dabei alle Potenzen sein, deren Grad größer ist als Eins. Dadurch kann eine Genauigkeit der Bestimmung der Ladekapazität noch weiter verbessert werden.
-
Bei einer weiteren speziellen Ausführungsform ist der Korrekturwert nur dann von Null verschieden, wird also eine Korrektur der Ladekapazität nur dann vorgenommen, wenn ein Absolutbetrag der Differenz zwischen dem Endladezustand und dem Soll-Ladezustand größer ist als ein Toleranzwert. Damit wird gewährleistet, dass solche Abweichungen des Endladezustands von dem erwarteten Soll-Ladezustand nicht berücksichtigt werden, die lediglich auf die stets begrenzte Messgenauigkeit beim Ermitteln des Anfangsladezustands und/oder des Endladezustands zurückgehen. Typischerweise wird der Toleranzwert derart gewählt, dass er ein Maß für die Messgenauigkeit beim Ermitteln des Endladezustands und/oder des Anfangsladezustands darstellt. Der Toleranzwert kann z. B. anhand einer Vielzahl von Messungen des Anfangsladezustandes und/oder des Endladezustandes bestimmt werden. Beispielsweise kann der Toleranzwert dabei gleich einer Standardabweichung vom Mittelwert dieser Vielzahl von Messungen des Anfangsladezustandes und/oder des Endladezustands gesetzt werden. Der Toleranzwert kann also von der Standardabweichung abhängen und/oder mit dieser korrelliert sein.
-
Vorgeschlagen wird ferner ein Speichersystem zum Durchführen des zuvor beschriebenen Verfahrens. Dieses Speichersystem umfasst wenigstens
- – eine Speicherzelle zum Speichern elektrischer und/oder chemischer Energie,
- – eine Messvorrichtung zum Ermitteln mindestens eines Ladungszustandes der Speicherzelle,
- – eine Lade- oder Entladevorrichtung zum mindestens teilweisen Auf- und/oder Entladen der Speicherzelle und
- – eine Steuer- und Recheneinheit zum Ansteuern der Messvorrichtung, vorzugsweise auch der Entladevorrichtung, und zum Bestimmen einer Ladekapazität der Speicherzelle aus Ladezuständen der Speicherzelle.
-
Die Messvorrichtung kann dabei z.B. als Spannungsmessgerät ausgebildet sein. Die Lade- oder Entladevorrichtung umfasst typischerweise wenigstens einen Entladewiderstand, der parallel zur Speicherzelle schaltbar ist. Die Steuer- und Recheneinheit kann z. B. als programmierbarer Microcontroller oder als FPGA ausgebildet sein.
-
Bei einer speziellen Ausführungsform des Speichersystems kann die Speicherzelle Teil eines Energiespeichers eines Kraftfahrzeugs sein, wobei der Energiespeicher eingerichtet ist, einen Antrieb, einen Generator oder ein Bordnetz des Kraftfahrzeugs mit Energie zu versorgen. Typischerweise umfasst der Energiespeicher dann eine Vielzahl von Speicherzellen, die wenigstens teilweise in Reihe schaltbar sind oder geschaltet sind. Ein derartiger Energiespeicher mit einer Vielzahl von Speicherzellen kann besonders große Mengen an Energie speichern.
-
Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden anhand der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigen:
-
1 ein erfindungsgemäßes Speichersystem mit einem Energiespeicher, einer Messvorrichtung, einer Entladevorrichtung und einer Steuer- und Recheneinheit,
-
2 Speicherzellen des Energiespeichers aus 1, die jeweils unterschiedliche Ladezustände aufweisen,
-
3a–c eine Bestimmung einer Ladekapazität einer der Speicherzellen aus 1 und
-
4 Schritte eines Verfahrens zum Bestimmen einer Ladekapazität einer Speicherzelle, dargestellt in einem Ablaufdiagramm.
-
1 zeigt ein Speichersystem 101 mit einem Energiespeicher 102, einer Messvorrichtung 103, einer Entladevorrichtung 104 und mit einer Steuer- und Recheneinheit 105. Das Speichersystem 101 ist in einem Kraftfahrzeug angeordnet (hier nicht gezeigt). Insbesondere dient der Energiespeicher 102 dazu, einen Antrieb, einen Generator oder ein Bordnetz des Kraftfahrzeug mit elektrischer Energie zu versorgen. Der Energiespeicher 102 umfasst eine Vielzahl von Speicherzellen 102a bis 102n, die in Reihe geschaltet sind. Eine gestrichelte Linie zwischen den Speicherzellen 102c und 102n soll andeuten, dass zwischen diesen Speicherzellen 102c und 102n jeweils noch weitere Speicherzellen derselben Bauart angeordnet und in Reihe geschaltet sind. Bei den Speicherzellen 102a bis 102n handelt es sich jeweils um Lithium-Ionen-Speicherzellen. Eine Ruhespannung zwischen elektrischen Polen einer dieser Lithium-Ionen-Speicherzellen beträgt in einem vollgeladenen Zustand in etwa 4 V.
-
Die Messvorrichtung 103 umfasst eine Vielzahl von Spannungsmessgeräten 103a bis 103n. Jedes der Spannungsmessgeräte 103a bis 103n ist parallel zu jeweils einer der Speicherzellen 102a bis 102n des Energiespeichers 102 geschaltet. So ist beispielsweise das Spannungsmessgerät 103a eingerichtet, eine Spannung zwischen elektrischen Polen der Speicherzelle 102a zu messen. Entsprechend ist das Spannungsmessgerät 103b zum Messen einer elektrischen Spannung zwischen elektrischen Polen der Speicherzelle 102b eingerichtet etc.
-
Die Entladevorrichtung 104 ist als Printed Circuit Board (PCB) ausgebildet und umfasst eine Vielzahl von Entladewiderständen 106a bis 106n. Im vorliegenden Beispiel sollen die Entladewiderstände 106a bis 106n jeweils von gleicher Bauart sein und jeweils einen elektrischen Widerstand von 30 Ω haben. Über elektrische Schalter 107a bis 106n können die Entladewiderstände 106a bis 106n jeweils zu einer der Speicherzellen 102a bis 102n parallel geschaltet werden. Damit sind die Speicherzellen 102a bis 102n jeweils über wenigstens einen der Entladewiderstände 106a bis 106n entladbar. Über elektrische Verbindungen 108a bis 108n+1 sind die Speicherzellen 102a bis 102n jeweils eingerichtet, weitere hier nicht gezeigte Komponenten der Entladevorrichtung 104 mit elektrischer Energie zu versorgen, sofern die entsprechenden Schalter geschlossen werden.
-
Die Steuer- und Recheneinheit 105 ist als programmierbarer Microcontroller ausgebildet. Über eine elektrische Verbindung 111 ist sie mit der Messvorrichtung 103 verbunden. Damit ist die Steuer- und Recheneinheit 105 eingerichtet, von den Spannungsmessgeräten 103a bis 103n zwischen den Polen der Speicherzellen 102a bis 102n gemessene elektrische Spannungen auszulesen. Über eine in der Steuer- und Recheneinheit 105 gespeicherte charakteristische SOC-OCV-Kurve der Speicherzellen 102a bis 102n können zwischen den elektrischen Polen der Speicherzellen 102a bis 102n bestimmte Ruhespannungen in Ladezustände der jeweiligen Speicherzellen umgerechnet werden. Über eine elektrische Verbindung 112 ist die Steuer- und Recheneinheit 105 ferner mit der Entladevorrichtung 104 verbunden. Insbesondere ist die Steuer- und Recheneinheit 105 eingerichtet, die elektrischen Schalter 107a bis 107n anzusteuern und damit ein Entladen der Speicherzellen 102a bis 102n zu steuern und zu kontrollieren.
-
Im Folgenden soll ein Verfahren beschrieben werden, das es erlaubt, beim Symmetrieren der Speicherzellen 102a bis 102n Ladekapazitäten der Speicherzellen 102a bis 102n zu bestimmen. In einem ersten Schritt des Verfahrens werden mittels der Spannungsmessgeräte 103a bis 103n Anfangsladezustände 210a bis 210n der Speicherzellen 102a bis 102n ermittelt, wie in 2 dargestellt. Hier und im Folgenden sind wiederkehrende Merkmale jeweils mit identischen Bezugszeichen versehen. Für jede der Speicherzellen 102a bis 102n wird der jeweilige Ladezustand mindestens 20 Mal unmittelbar hintereinander gemessen und sodann der Mittelwert aus diesen Messungen gebildet. Die in 2 gezeigten Anfangsladezustände 210a bis 210n entsprechen den so bestimmten Mittelwerten und sind exemplarisch für die Zellen 102a, 102b, 102c und 102n dargestellt. Eine Standardabweichung vom jeweils bestimmten Mittelwert der Anfangsladezustände 210a bis 210n definiert jeweils einen Toleranzwert für die jeweilige Speicherzelle. Die Bedeutung dieser Toleranzwerte wird an späterer Stelle beschrieben.
-
2 ist entnehmbar, dass die Anfangsladezustände 210a bis 210n der Speicherzellen 102a bis 102n jeweils unterschiedlich sind. Sie werden in Prozent angegeben und beziehen sich auf Nenn-Ladekapazitäten 211a bis 211n der Speicherzellen. Die Nenn-Ladekapazitäten 211a bis 211n dienen jeweils als Näherungswert für die zu bestimmenden Ladekapazitäten der Speicherzellen 102a bis 102n. Im vorliegenden Fall sind die Nenn-Ladekapazitäten 211a bis 211n von einem Hersteller vorgegeben und betragen jeweils 15 Ah. Die Tatsache, dass die Anfangsladezustände 210a bis 210n der Speicherzellen 102a bis 102n jeweils unterschiedlich sind, kann z.B. auf Schwankungen beim Herstellungsprozess zurückzuführen sein. Im Betrieb des Energiespeichers 102 können diese Schwankungen z.B. durch eine inhomogene Temperaturverteilung im Energiespeicher 102 noch verstärkt werden. Vorliegend hat die Speicherzelle 102b den geringsten Anfangsladezustand 210b. Durch Passive Balancing sollen die Ladezustände der übrigen Speicherzellen an den Anfangsladezustand 210b der Speicherzelle 102b angeglichen werden. Durch den Anfangsladezustand 210b ist also ein Soll-Ladezustand 212 festgelegt, der in 2 durch eine gestrichelte Linie wiedergegeben ist. Der Soll-Ladezustand 212 heißt auch Referenzladezustand und die Speicherzelle 102b Referenzspeicherzelle. Das Angleichen der Ladezustände der Speicherzellen 102a und 102c bis 102n an den Soll-Ladezustand 212 erfolgt durch teilweises Entladen der Speicherzellen 102a und 102c bis 102n über die Endladewiderstände 106a und 106c bis 106n. Das Entladen der Speicherzellen 102a und 102c bis 102n, wird über die Steuer- und Recheneinheit 105 durch Ansteuern der elektrischen Schalter 107a und 107c bis 107n kontrolliert.
-
In Verbindung mit dem Angleichen der Ladezustände der Speicherzellen
102a und
102c bis
102n an den Soll-Ladezustand
212 werden die Ladekapazitäten der Speicherzellen
102a und
102c bis
102n bestimmt. Dies soll exemplarisch am Beispiel der Speicherzelle
102c beschrieben werden.
3a zeigt noch einmal den bereits in
2 dargestellten Anfangsladezustand
210c der Speicherzelle
102c mit der Nenn-Ladekapazität
211c, hier dargestellt durch eine gestrichelte Linie. Durch teilweises Entladen über den Entladewiderstand
106c soll der Ladezustand der Speicherzelle
102c an den Soll-Ladezustand
212 angeglichen werden. Dazu bestimmt die Steuer- und Recheneinheit
105 zunächst eine Ladezeitdauer Δt
c, welche benötigt wird, um die Speicherzelle
102c von ihrem Anfangsladezustand
210c über den Entladewiderstand
106c auf den Soll-Ladezustand
212 zu entladen. Die Ladezeitdauer Δt
c wird dabei wie folgt berechnet:
wobei
Dabei ist
- SOC(UC):
- der Anfangsladezustand (state of charge) 210c der Speicherzelle 102c in Abhängigkeit von einer Ruhespannung Uc der Speicherzelle 102c,
- SOC(UREF):
- der Soll-Ladezustand 212 in Abhängigkeit von der Referenzspannung URef = Ub der Speicherzelle 102b (siehe 2),
- C 0 / c:
- die Nenn-Ladekapazität 211c der Speicherzelle 102c, also ein Näherungswert für die zu bestimmende Ladekapazität 317c (3c) der Speicherzelle 102c,
- Ic:
- ein Entladestrom beim Entladen der Speicherzelle 102c über den Entladewiderstand 106c,
- Rc:
- ein ohmscher Widerstand des Entladewiderstands 106c und
- IASIC,c:
- ein beim Entladen der Speicherzelle 102c über die elektrische Verbindung 108c abfließender Strom.
-
Bei einer abgewandelten Ausführungsform kann die Ladezeit-dauer Δtc durch einen anderen Ausdruck gegeben sein, der z. B. ein Abklingen des Entladestroms Ic mit zunehmender Entladung der Speicherzelle 102c berücksichtigt. Auch ein Innenwiderstand der Speicherzelle 102c kann in die Berechnung der Ladezeitdauer Δtc einfließen. Der Strom IASIC,c ist wesentlich kleiner als der Entladestrom Ic, z. B. um einen Faktor 50.
-
Im nächsten Schritt schließt die Steuer- und Recheneinheit 105 den elektrischen Schalter 107c für die zuvor berechnete Ladezeitdauer Δtc. Dadurch wird die Speicherzelle 102c teilweise entladen. Nach Verstreichen der Ladezeitdauer Δtc wird der elektrische Schalter 107c wieder geöffnet, wodurch der Entladeprozess beendet wird.
-
Anschließend wird mittels des Spannungsmessgeräts 103c ein Endladezustand 313c der Speicherzelle 102c ermittelt. Dieser ist in 3b dargestellt. 3b zeigt deutlich, dass der Endladezustand 313c, den die Speicherzelle 102c nach dem teilweisen Entladen einnimmt, größer ist als der Soll-Ladezustand 212. Ein Absolutbetrag einer Differenz 314c zwischen dem Endladezustand 313c und dem Soll-Ladezustand 212 ist größer als ein Toleranzwert 315c, der gleich einer beim mehrfachen Messen des Anfangsladezustands 210c bestimmten Standardabweichung ist. Die Ursache dafür, dass der Endladezustand 313c von dem Soll-Ladezustand 212 abweicht, liegt darin begründet, dass die Ladekapazität 317c (3c) der Speicherzelle 102c nicht exakt durch die Nenn-Ladekapazität 211c (C 0 / c ) gegeben ist, die zur Berechnung der Ladezeitdauer Δtc herangezogen wurde, sondern von dieser abweicht.
-
Da der Absolutbetrag der Differenz
314c zwischen dem Endladezustand
313c und dem Soll-Ladezustand
212 größer ist als der Toleranzwert
315c, wird eine Korrektur der Ladekapazität
317c der Speicherzelle
102c vorgenommen. Das Bestimmen der Ladekapazität
317c umfasst, dass die Ladekapazität
317c gleich der Summe aus der Nenn-Ladekapazität
211c und einem Korrekturwert
316c gesetzt wird. Im vorliegenden Fall, in dem der Endladezustand
313c größer ist als der Soll-Ladezustand
212, nimmt der Korrekturwert
316c einen positiven Wert an. Der Ladezustand
317c der Speicherzelle
102c wird dabei wie folgt berechnet:
-
Dabei ist
- C 1 / c:
- der korrigierte Ladezustand 317c der Speicherzelle 102c,
- Uc,snd:
- die dem Endladezustand 313c entsprechende Ruhespannung der Speicherzelle 102c nach dem Entladen für die Ladezeitdauer Δtc und
- A:
- eine Konstante.
-
Sofern der Endladezustand 313c kleiner ist als der Soll-Ladezustand 212 und von dem Soll-Ladezustand 212 um mehr als den Toleranzwert 315c abweicht, wird das Pluszeichen zweckmäßigerweise durch ein Minuszeichen ersetzt. Die Konstante A kann z. B. empirisch bestimmt werden. Sie kann auch abhängig von einer Bauart der Speicherzelle und/oder einer chemischen Zusammensetzung der Speicherzelle bestimmt werden. Der korrigierte Ladezustand 317c der Speicherzelle 102c ist in 3c dargestellt. Der Endladezustands 313c wurde in 3c derart angepasst, dass sein relativer Wert bezogen auf die Ladekapazität 317c in 3c bzw. auf die Nenn-Ladekapazität 211c in 3b jeweils identisch sind.
-
In 4 ist das Verfahren zum Bestimmen der Ladekapazität der Speicherzellen 102a und 102c bis 102n noch einmal schematisch anhand eines Ablaufdiagramms dargestellt. In einem ersten Schritt 401 werden Anfangsladezustände der Speicherzellen ermittelt. Dazu wird eine Vielzahl von Messungen des Anfangsladezustands der einzelnen Zellen vorgenommen, aus denen jeweils der Mittelwert gebildet wird. Eine Standardabweichung der Vielzahl von Messungen von diesem Mittelwert definiert einen Toleranzwert für die jeweilige Zelle. In einem zweiten Verfahrensschritt 402 wird in Abhängigkeit von den Anfangsladezuständen der Speicherzellen ein Soll-Ladezustand ermittelt, an den die Ladezustände der Zellen angeglichen werden sollen. In einem dritten Verfahrensschritt 403 werden für die einzelnen Speicherzellen Ladezeitdauern berechnet. Dabei handelt es sich um diejenigen Zeitdauern, welche die einzelnen Speicherzellen benötigen, um von ihrem jeweiligen Anfangsladezustand auf den Soll-Ladezustand entladen zu werden. Zur Berechnung der Ladezeitdauern werden jeweils der Anfangsladezustand, der Soll-Ladezustand, ein Näherungswert der Ladekapazität sowie ein ohmscher Widerstand eines Entladewiderstandes herangezogen, über den die jeweilige Zelle entladen wird.
-
In einem vierten Verfahrensschritt 404 werden die Zellen für die zuvor berechnete Ladezeitdauer wenigstens teilweise entladen. Nach dem Entladen werden in einem fünften Verfahrensschritt 405 Endladezustände der Speicherzellen ermittelt. In einem sechsten Verfahrensschritt 406 werden die Endladezustände mit dem Soll-Ladezustand verglichen. Sofern ein Absolutbetrag der Differenz zwischen den Endladezustand und dem Soll-Ladezustand größer ist als der jeweils berechnete Toleranzwert, wird eine Korrektur der Ladekapazität der jeweiligen Zelle vorgenommen.
-
Obwohl das Verfahren zum Bestimmen der Ladekapazität hier nur im Zusammenhang mit dem Passive Balancing beschrieben wurde, lässt es sich selbstverständlich ebenso mit dem Active Balacing verbinden. Insbesondere kann es in ganz analoger Weise in Verbindung mit einem Aufladeprozess durchgeführt werden.