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Verfahren und Vorrichtung zum Positionieren, Vermessen und Bearbeiten von Radsätzen von Schienenfahrzeugen in einer Drehmaschine
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Die Erfindung bezieht sich auf das Gebiet des Maschinenbaus und betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Positionieren, Vermessen und Bearbeiten von Radsätzen von Schienenfahrzeugen in einer Drehmaschine, wie sie beispielsweise bei Schienenfahrzeugen, wie Eisenbahn oder Straßenbahn, eingesetzt werden können.
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Radsätze von Schienenfahrzeugen, wie Eisenbahnen, unterliegen einer laufleistungsabhängigen Revisionspflicht und werden in Abhängigkeit von den Nutzungsbedingungen in aufwendigen Reparaturprozessen wieder in Stand gesetzt. Dazu sind verschiedene Verfahren und Vorrichtungen bekannt.
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Aus der
DE 20 2005 018 753 U1 ist eine ortsfeste Messeinrichtung zur geometrischen Qualitätsprüfung von Radsätzen für Schienenfahrzeuge bekannt, die Radsätze in zwei Radsatzaufnahmen drehbar aufnimmt. Die Vermessung der Radsätze erfolgt, indem über Profilsensoren das Profil der Laufflächen der Radscheiben und weiterhin über Sensoren die Rundlaufabweichung des Wellenmittelteils und der Wellenschenkel erfasst wird.
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Es ist auch bekannt, Radsätze mit einer Portal-Radsatzdrehmaschine zu bearbeiten (
DE 10 2006 055 299 A1 ). Ein Maschinenständer überbrückt portalartig ein Werkstattgleis und weist auf jeder Seite einen Spindelstock mit einer Hauptspindel auf, die wiederum eine Planscheibe mit Einrichtungen zum Zentrieren und zur drehenden Mitnahme des Radsatzes aufweist. Weiterhin ist ein Werkzeugsupport mit Werkzeugen zwischen den Spindelstöcken vorhanden. Die Eisenbahnradsätze werden mit einem Radsatzhebebock vom Werkstattgleis in die Portal-Radsatzdrehmaschine gehoben.
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Weiterhin ist bekannt, die Radsätze von Eisenbahnen direkt am Wagen zu bearbeiten. Der Radsatz wird direkt auf dem Gleis mittels eines Werkzeuges bearbeitet, wobei über ein Führungssystem die Position des Werkzeuges kontrolliert wird (
US 2010 000 5935 A1 ).
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Nachteilig bei den bekannten Lösungen ist, dass die Bearbeitung von Radsätzen von Schienenfahrzeugen aufwändig ist, sowie komplizierte Verfahrensabläufe und logistische Zwischenschritte erfordert.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Positionieren, Vermessen und Bearbeiten von Radsätzen von Schienenfahrzeugen in einer Drehmaschine anzugeben, bei dem die Verfahrensabläufe vereinfacht, logistische Zwischenschritte vermieden und die Prozesszeit verringert wird.
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Die Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen angegebene Erfindung gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zum Positionieren, Vermessen und Bearbeiten von Radsätzen von Schienenfahrzeugen in einer Drehmaschine wird der Radsatz axial gelagert und über eine form- und/oder kraftschlüssige Verbindung ein Drehmoment von der Drehmaschine auf den Radsatz übertragen, wobei der Radsatz über ein Vermessungssystem in seiner Lagerung kontrolliert und/oder vor oder vor und nach einer Bearbeitung vermessen wird, die Vermessungsdaten von einem Computer verarbeitet werden, der einen minimal notwendigen Abtrag an der Achse und/oder an den Radscheiben steuert, und entsprechend den ausgewerteten Daten der Radsatz mechanisch bearbeitet wird.
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Vorteilhafterweise wird für das Vermessungssystem ein optisches und/oder taktiles Vermessungssystem eingesetzt.
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Ebenfalls vorteilhafterweise werden für das optische Vermessungssystem Laser und für das taktile Vermessungssystem Messfühler eingesetzt.
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Weiterhin vorteilhafterweise werden die Vermessungsdaten von einem Computer aufgenommen, mit vorgegebenen Abmessungen des Radsatzes verglichen und danach der minimal notwendige Abtrag ermittelt und die Vermessungsdaten protokolliert.
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Und auch vorteilhafterweise werden die Vermessungsdaten von dem Computer kontrolliert und/oder ein Protokoll wird angefertigt.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung zum Positionieren, Vermessen und Bearbeiten von Radsätzen von Schienenfahrzeugen in einer Drehmaschine enthält eine Vorrichtung zur axialen Lagerung des Radsatzes, eine Vorrichtung zur Übertragung des Drehmoments der Drehmaschine auf den Radsatz, einen Reitstock, ein Vermessungssystem, mindestens einen Träger für Werkzeuge und/oder Vermessungseinheiten und einen Computer zur Verarbeitung der Vermessungsdaten und/oder zur Steuerung der Bearbeitung des Radsatzes.
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Vorteilhafterweise sind die Vorrichtung zur axialen Lagerung des Radsatzes und der Reitstock der Drehmaschine mit jeweils einer Pinole ausgestattet.
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Ebenfalls vorteilhafterweise ist die Vorrichtung zur Übertragung des Drehmoments Bestandteil der Vorrichtung zur axialen Lagerung des Radsatzes.
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Weiterhin vorteilhafterweise ist die Vorrichtung zur Übertragung des Drehmoments auf den Radsatz eine an der Spindelnase der Drehmaschine und/oder am Radsatz befestigte Mitnehmerscheibe, die einen oder mehrere elastisch gelagerte Bolzen zur lösbaren form- und/oder kraftschlüssigen Verbindung mit dem Radsatz aufweist.
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Und auch vorteilhafterweise ist das Vermessungssystem ein optisches und/oder taktiles Vermessungssystem.
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Vorteilhaft ist es auch, wenn das optische Vermessungssystem eine oder mehrere Laservorrichtungen und das taktile Vermessungssystem eine oder mehrere Messfühler aufweist.
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Und auch vorteilhaft ist es, wenn der Träger für die Werkzeuge und/oder die Vermessungseinheiten ein in x-, y- und/oder z-Richtung bewegbarer Maschinensupport ist.
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Und ebenfalls vorteilhaft ist es, wenn Lünetten und/oder Hebezeuge zum Einsetzen und Herausheben des Radsatzes vorhanden sind.
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Mit der erfindungsgemäßen Lösung wird es erstmals möglich, Radsätze von Schienenfahrzeugen mit einem vergleichsweise einfachen Verfahren in einer Drehmaschine zu positionieren, dort zu vermessen und auch zu bearbeiten. Die Zeit, die für das Positionieren, das Vermessen und das Bearbeiten der Radsätze benötigt wird, ist die Prozesszeit.
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Ein Radsatz besteht in der Regel aus einer Achse und mindestens zwei Radscheiben. Zusätzlich können Lager und darauf aufmontierte Traversen aufgebaut sein.
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Ein derartiger Radsatz wird erfindungsgemäß in eine Drehmaschine gehoben und dort axial gelagert wird.
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Vorteilhafterweise kann der Radsatz über an der Drehmaschine vorhandene Lünetten oder Hebezeuge angehoben werden. Im Falle des Vorhandenseins von An- und/oder Aufbauten am Radsatz müssen die Vorrichtungselemente der Drehmaschine daran angepasst oder diese vor Einsatz in der Drehmaschine von dem Radsatz entfernt werden.
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Erfindungsgemäß wird der Radsatz auf der einen Seite in einer Vorrichtung zur axialen Lagerung und auf der anderen Seite auf einem Reitstock axial positioniert. Vorteilhafterweise können an den Radsätzen vorhandene Öffnungen in den Stirnflächen der Achse des Radsatzes für die axiale Lagerung verwendet werden. Dadurch können aufwändige Zusatzvorrichtungen an der Drehmaschine und vor allem Spannmarken an der Achse des Radsatzes vermieden werden. Die Vorrichtung zur axiale Lagerung weist eine Spindelnase auf, die vorteilhafterweise eine Pinole enthält. Der Reitstock weist vorteilhafterweise eine Pinole auf.
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Die Vorrichtung zur axialen Lagerung des Radsatzes kann mit einem weiteren erfindungsgemäßen Element versehen sein, welches eine form- und/oder kraftschlüssige Verbindung zwischen der Vorrichtung zur axialen Lagerung und dem Radsatz herstellt. Dieses weitere erfindungsgemäße Element ist die Vorrichtung zur Übertragung des Drehmomentes, welches ein unmittelbares Vorrichtungselement der Vorrichtung zur axialen Lagerung ist, oder auch ein separates Vorrichtungselement sein kann. Durch diese Verbindung wird das Drehmoment der Drehmaschine auf den Radsatz übertragen. Diese Verbindung ist lösbar. Mit Hilfe dieser Verbindung wird der Radsatz in Drehung versetzt. Vorteilhafterweise ist diese Verbindung mit der Spindelnase der Vorrichtung zur axialen Lagerung verbunden.
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Sowohl im ruhenden Zustand aber vor allem während der Drehung des Radsatzes erfolgt die Vermessung sowohl der Radscheiben als auch der Achse des Radsatzes. Die Vermessung erfolgt vorteilhafterweise optisch über einen oder mehrere Laser, die an einem oder mehreren Trägern befestigt und vorteilhafterweise in x-, y- und/oder z-Richtung frei positionierbar sind. Die Anzahl der Laser richtet sich einerseits nach der Anzahl der zu vermessenden Positionen, der Beweglichkeit der Träger und der zur Verfügung stehenden Messzeit. Daher ist es vorteilhafter, mittels mehrerer Laser an mehreren Punkten zu messen. Ebenso kann die Messung vorteilhafterweise über einen Messfühler erfolgen. Es ist möglich, dass der Radsatz in seiner Lagerung während des gesamten Verfahrens vermessen und kontrolliert wird. Da sich durch die feste axiale Lagerung nach dem Positionieren des Radsatzes keine Änderungen in der Position des Radsatzes ergeben oder Änderungen in der Position des Radsatzes berücksichtigt werden können, kann eine ortsgenaue Bearbeitung des Radsatzes erfolgen.
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Die ermittelten Messwerte des Vermessungssystems werden von einem Computer verarbeitet und protokolliert. Die Verarbeitung erfolgt mittels Speicherung der Daten und Vergleich mit vorgegebenen Datensätzen. Diese vorgegebenen Datensätze können gesetzliche und/oder Vorgaben des Kunden oder Betreibers der Schienenfahrzeuge sein. Diese vorgegebenen Daten richten sich in erster Linie nach dem Verschleiß des jeweiligen Radsatzes und den Mindestabmessungen für Radsätze.
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Der Computer ermittelt bei dem Vergleich die Positionen und Flächen, die nicht mit den vorgegebenen Daten übereinstimmen. Anhand dieser Daten wird die Position mit der größten Annäherung an die vorgegebenen Daten und so die Position mit dem minimalen Abtrag bei der nachfolgenden Bearbeitung ermittelt. Dadurch ist für den gesamten Radsatz insgesamt nur ein minimaler Abtrag notwendig, der dazu führen kann, dass der Radsatz eine längere Lebensdauer erhalten kann, da die minimal möglichen vorgegebenen Abmessungen erst nach einer längeren Laufzeit erreicht werden. Die Vermessung kann auch Werte ergeben, die eine so geringe Abweichung der Daten zeigen, dass eine nachfolgende Bearbeitung nicht notwendig ist.
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Wenn die Daten ermittelt sind, an welchen Positionen eine Bearbeitung und welcher Abtrag realisiert werden muss, erfolgt die Bearbeitung mittels der Werkzeuge der Drehmaschine. Diese Werkzeuge sind wiederum an einem oder mehreren Trägern positioniert, wobei diese Träger sowohl die Werkzeuge als auch Elemente des Vermessungssystems tragen können. Auch die Träger für die Werkzeuge können vorteilhafterweise in x-, y- und/oder z-Richtung frei positionierbar sein.
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Der Einsatz der Werkzeuge kann auch mittels des Computers gesteuert werden.
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Nach der Bearbeitung kann vorteilhafterweise der Radsatz nochmals vermessen und die ermittelten Daten protokolliert werden. Danach wird die form- und/oder kraftschlüssige Verbindung zwischen Drehmaschine und Radsatz gelöst und der Radsatz aus der Drehmaschine gehoben.
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Erfindungsgemäß sind alle Arten von Drehmaschinen einsetzbar, die derartige Radsätze aufnehmen können. Bevorzugt sind CNC-gesteuerte Drehmaschinen, die über den Computer aufgrund der Vermessungsdaten positionsgenau gesteuert werden können.
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Vorteile der erfindungsgemäßen Lösung bestehen vor allem darin, eine komplette Lösung für die Positionierung, Vermessung und Bearbeitung von Radsätzen vorliegen zu haben, mit dem durch minimale Abtragungen an genau bestimmbaren Positionen die Lebensdauer von Radsätzen erhöht werden kann. Zur Erhöhung der Betriebssicherheit der Radsätze sind alle Schritte nachvollziehbar protokollierbar.
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Nachfolgend wird die Erfindung an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert.
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Beispiel 1
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Eine CNC-Drehmaschine weist Lünetten auf, die einen Radsatz eines Eisenbahnwaggons anheben und so positionieren, dass auf der einen Seite der Reitstock in die zentrische Bohrung in der Stirnseite der Achse des Radsatzes und auf der anderen Seite die Vorrichtung zur axialen Lagerung, ebenfalls in die zentrische Bohrung der anderen Stirnseite der Achse des Radsatzes eingreift. Aufgrund dieser Positionierung ist eine freie Drehbarkeit des Radsatzes in der Drehmaschine gegeben. Die Achse des Radsatzes hat einen Durchmesser von 160 mm, und die Radscheiben einen Durchmesser von 920 mm und eine Breite von 135 mm.
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Die Vorrichtung zur axialen Lagerung weist drehmaschinenseitig eine Spindelnase auf, an der eine metallische Mitnehmerscheibe mit einem Durchmesser von 490 mm befestigt ist. Die Mitnehmerscheibe weist gegenüberliegend zwei Bohrungen mit einem Durchmesser von 50 mm auf. An der Achse des Radsatzes ist eine weitere Mitnehmerscheibe aus gleichem Material, Abmessungen und Bohrungen, wie die Mitnehmerscheibe an der Spindelnase, befestigt. Zur schlupffreien Drehmomentenübertragung wird eine lösbare Verbindung der Mitnehmerscheibe an der Spindelnase und der Mitnehmerscheibe am Radsatz über Bolzen aus Stahl 16MnCr5 mit einer Elastomerhülle realisiert, die jeweils in die Bohrungen der Mitnehmerscheiben eingefügt werden.
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Nachfolgend erfolgt die Vermessung des Radsatzes über elf Laser, von denen 7 auf dem Werkzeugträger der Drehmaschine und zwei auf je zwei weiteren speziell schwenkbaren Träger befestigt sind. Die Laser vermessen die Radscheiben und die Achse des Radsatzes. Die gemessenen Daten werden an einen Computer übermittelt und dort im Vergleich mit dem vorgegebenen Datensatz verarbeitet.
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Nach Ermittlung der Daten werden die Positionen ermittelt, an den eine Abtragung von Material erforderlich ist und ebenso, wie viel von dem Material an jeder Position abgetragen werden muss. Somit wird für den gesamten Radsatz die minimale notwendige Abtragung am Radsatz errechnet und bestimmt.
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Anhand dieser Daten beeinflusst der Computer die Drehmaschine und die darin befindlichen Werkzeuge. Die Werkzeuge sind auf dem Werkzeugträger der Drehmaschine angeordnet.
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Nach der Bearbeitung wird mittels der Laser der Radsatz erneut vermessen und die ermittelten Daten protokolliert. Danach wird der Radsatz aus der Drehmaschine mittels eines Kranes herausgehoben.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren konnte die Prozesszeit des Radsatzes durch Minimierung des Abtrages um 20 % verringert werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 202005018753 U1 [0004]
- DE 102006055299 A1 [0005]
- US 20100005935 A1 [0006]