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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Modellierung eines Zahnersatzes, bei welchem zunächst mittels eines Bildgebungsverfahrens Bilddaten einer oralen Patientensituation gesammelt und an eine Datenverarbeitungseinrichtung übermittelt werden, welche anhand der Bilddaten ein virtuelles Gebissmodell berechnet, wonach der Zahnersatz virtuell in das virtuelle Gebissmodell eingepasst wird und das Ergebnis mittels einer Kausimulation überprüft wird.
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Ein solches Verfahren ist bereits aus der deutschen Offenlegungsschrift
DE 10 2005 034 803 A1 vorbekannt. Es handelt sich hierbei um ein Verfahren zur Herstellung von Zahnersatz, bei dem zunächst durch ein intraorales Bildgebungsverfahren eine Aufnahme des Ober- und Unterkiefers eines Patienten angefertigt wird, welche dann ausgewertet und in digitale Form umgewandelt wird. Anhand der so gewonnenen Daten wird am Computer sodann ein virtuelles Modell der oralen Patientensituation erstellt und in dieses virtuelle Modell dann der geplante Zahnersatz ebenfalls virtuell eingefügt.
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Prinzipiell erfolgt hierdurch eine Virtualisierung der ansonsten mechanisch durchgeführten Arbeitsschritte einer Handbissnahme, einer Gesichtsbogenregistrierung und/oder eines Gerberregistrats zur Findung der Ruheschiebelage, wobei zunächst die Erstellung eines Abdrucks und die danach folgende Modellierung der Prothese und die Einpassung der Ersatzzähne erfolgen, welche dieser Prothese hinzugefügt werden. Es muss sich hierbei nicht notwendigerweise um eine Vollprothese handeln, vielmehr können auch Brücken, Implantate, Inlays, Kronen und dergleichen mehr eingesetzt werden, welche im Weiteren allgemein als „Zahnersatz“ bzw. „Prothese“ bezeichnet werden.
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Nach der Erstellung eines mechanischen Abdrucks und einer Gebissnachbildung, welche dann den geplanten Zahnersatz mitumfasst ist es in früheren Zeiten üblich gewesen, die Prothese in einem so genannten Artikulator auszuprobieren, also in eine Nachbildung eines menschlichen Kiefers einzusetzen und die Beweglichkeit des Gebisses so zu verifizieren. Dies ist deshalb erforderlich, weil es für den Patienten darauf ankommt, dass die Zähne nicht nur in das Gebiss hineinpassen, sondern sich auch in die Bewegungsabläufe so einfügen, dass die Anmutung und Funktion der ursprünglich vorhandenen Zähne möglichst realitätsgetreu nachgebildet wird.
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Um auf diesen Schritt im virtuellen Verfahren gemäß der Eingangs genannten Schrift ebenfalls zurückgreifen zu können, wird dort mit einem so genannten virtuellen Artikulator gearbeitet, welcher den Artikulator und dessen Bewegungsabläufe 1:1 in eine virtuelle Simulation abbildet. Die Eingangs genannte Schrift ermöglicht dadurch eine vollständig im Rechner zu erstellende Modellierung und deren Verifizierung durch den virtuellen Artikulator. Im Zahnlabor wird üblicherweise weiterhin mit dem analogen bzw. physikalischen Artikulator gearbeitet.
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Dies führt jedoch mithin nicht immer zu vollkommen zufriedenstellenden Ergebnissen, insbesondere nachdem bei vielen Personen auch die Bewegungsabläufe zwischen Ober- und Unterkiefer nicht den vom Artikulator bzw. virtuellen Artikulator bestimmten, idealen Bewegungsabläufen entsprechen.
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Vor diesem Hintergrund liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zu Grunde, die bereits bekannten Abläufe dahingehend zu verbessern, dass selbst bei ungewöhnlichen Bewegungsabläufen eine optimale Passform des Zahnersatzes erreicht werden kann.
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Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren zur Modellierung von Zahnersatz gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1. Weitere, sinnvolle Ausgestaltungen eines solchen Verfahrens können den Unteransprüchen entnommen werden.
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Erfindungsgemäß wird, zunächst ähnlich wie beim Stand der Technik, mittels eines Bildgebungsverfahren die orale Patientensituation dargestellt. Im Rahmen des Bildgebungsverfahrens werden zunächst Bilddaten gesammelt, welche an eine Datenverarbeitungseinrichtung weitergereicht werden. Diese berechnet anhand dieser Bilddaten ein virtuelles Gebissmodell, welches möglichst exakt mit der oralen Patientensituation übereinstimmt. Nach der Berechnung dieses virtuellen Gebissmodels werden die Ersatzzähne, zusammen mit einem Basisteil zur Halterung derselben, soweit erforderlich, in das virtuelle Gebissmodell eingepasst und das Ergebnis mittels einer Kausimulation überprüft.
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Im Unterschied zum Stand der Technik wird jedoch die Kausimulation anhand einer Bewegungssimulation der oralen Patientensituation vorgenommen. Hierzu wird, vor, während oder nach dem bildgebenden Verfahren zur Ermittlung der Bilddaten der oralen Patientensituation ein zusätzliches Motion Capture Verfahren angewendet, mit dem die Bewegungsabläufe der oralen Patientensituation aufgezeichnet werden. Hierdurch werden sämtliche Eigenheiten der natürlichen Bewegung der oralen Patientensituation miterfasst, so dass zum späteren Zeitpunkt bei der Kausimulation nicht etwa ein Standard-Bewegungsablauf, sondern der tatsächliche Bewegungsablauf lebensecht modelliert werden kann. Die mithilfe des Motion Capture Verfahrens erhaltenen Daten betreffend den Bewegungsablauf werden auf die Daten des virtuellen Gebissmodells so angewendet, dass das virtuelle Gebissmodell, einschließlich des darin eingepassten virtuellen Models des Zahnersatzes sich letzthin so bewegt, wie dies beim Patienten individuell und patientenspezifisch der Fall ist. Dysfunktionen und abnormer Wuchs am Kiefer können so bedarfsweise ebenfalls korrigiert werden.
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Anstelle des im Stand der Technik bekannten intraoralen Bildgebungsverfahrens können mit einigem Vorteil auch extraorale Bildgebungsverfahren eingesetzt werden, wie beispielsweise die Computertomographie, die Magnetresonanztomographie, eine Volumentomographie oder eine biologische Bildgebung beispielsweise mit Licht oder Ultraschall. Die gleichen Bildquellen können im Übrigen für das Motion Capture Verfahren zu Grunde gelegt werden. Diese Verfahren haben den Vorteil, dass diese in einem Stück den Gesamtzusammenhang der oralen Patientensituation erfassen können und eine lagerichtige Zusammensetzung der einzelnen intraoral erstellten Bildbestandteile hierdurch entfallen kann. Darüber hinaus sind diese Bildgebungsverfahren wesentlich angenehmer für den Patienten.
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Nach dem Aufstellen der Ersatzzähne bzw. des Zahnersatzes wird, wie bereits erwähnt, eine Kausimulation durchgeführt. Soweit dies erforderlich ist, können anschließend nach dieser Kausimulation Anpassungen am Zahnersatz vorgenommen werden, wobei diese Anpassungen sowohl am Zahnersatz als Ganzes, an dessen Basisteil zur Halterung der Ersatzzähne sowie an den Ersatzzähnen als solchen vorgenommen werden können. Es ist sowohl möglich, Anpassungen an den Ersatzzähnen vorzunehmen, wie auch andere Standard-Ersatzzähne auszuwählen um ein optimales Ergebnis zu erhalten.
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Nach Abschluss der Modellierung des Zahnersatzes bestehen zwei Möglichkeiten zur tatsächlichen Herstellung des Zahnersatzes, nämlich zum einen als komplett am Stück hergestellten Zahnersatzteils oder alternativ als zweiteiliges Zahnersatzstück bestehend aus einem Basisteil, welches mit dem Kiefer zu verbinden ist und den darin befestigten, vorzugsweise eingeklebten, Ersatzzähnen.
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Im letzteren Fall werden zur Erstellung einer Gussform die Ersatzzähne ausgeblendet und der hierdurch verbleibende Basisteil als Grundlage zur Erstellung einer Gussform bereitgehalten. Die Daten des verbleibenden Basisteils werden dann an eine Fertigungsmaschine übertragen, welche eine Gussform für den Basisteil herstellt, mit welcher dann der tatsächliche Abguss als Basisteil für den Zahnersatz hergestellt werden kann. Eine weitere Form kann mit einigem Vorteil zusätzlich als Bohrschablone hergestellt werden, anhand derer die Befestigung am Kiefer koordiniert werden kann.
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Um eine vollständig durchgängige, computergestützte Modellierung des Zahnersatzes bewerkstelligen zu können, ist es sinnvoll, eine Konvertierung der Bilddaten bzw. der hieraus entstandenen Daten des virtuellen Gebissmodells in das STL-Format oder ein anderes, vergleichbares Datenformat zur unmittelbaren Modellierung mittels Rapid Prototyping, CNC oder anderer vollautomatischer Herstellungsverfahren zu konvertieren. Eine solche Konvertierung, insbesondere in einem frühen Stadium der Modellierung, erlaubt eine vollständige Modellierung des Zahnersatzes im Rechner und eine anschließende Übersendung der Daten direkt an die Fertigungsmaschine, welche je nach dem gewählten Verfahren den Zahnersatz weitestgehend selbsttätig herstellen kann. Die Ersatzzähne werden bei einer Fertigung des Basisteils ohne dieselben dann in einem zweiten Arbeitsschritt später eingeklebt.
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Insbesondere beim Verfahren des Rapid Prototyping ist es jedoch möglich, den Zahnersatz direkt mit den Zähnen zu modellieren, so dass auf einen zweiten Arbeitsschritt verzichtet werden kann. In diesem Fall würde der gesamte Zahnersatz direkt aufgrund der Modellierung in einem einzigen Arbeitsschritt hergestellt werden können.
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Die vorstehend beschriebene Erfindung wird im Folgenden anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert.
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Es zeigt
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1 eine schematische Darstellung des Ablaufs des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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1 zeigt einen Ablauf eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Modellierung und anschließenden Herstellung eines Zahnersatzes für einen Patienten. Als erster Schritt wird Eingangs des Verfahrens eine Datenerhebung beim Patienten 1 durchgeführt. Eine derartige Datenerhebung beim Patienten 1 ist erforderlich, um eine exakt an die Gebissgeometrie des Patienten angepasste Zahnersatzmodellierung vornehmen zu können. Die Datenerhebung beim Patienten 1 teilt sich im Wesentlichen in zwei Bereiche auf. Zum einen wird ein Bildgebungsverfahren 2 durchgeführt, welches dazu dient, die genannte Gebissgeometrie des Patienten zu erfassen. Hierzu werden zunächst Bildaufnahmen, beispielsweise mit einem Computertomographen, angefertigt, welche die orale Patientensituation exakt abbilden. Die hierbei erhobenen Daten werden im Rahmen einer Datenkonvertierung 3 in das so genannte STL-Datenformat übertragen, welches für eine vollständige, computergestützte Modellierung besonders sinnvoll ist. Das STL-Datenformat stellt die Schnittstelle zu den Fertigungsmaschinen, insbesondere des Rapid Prototyping dar, welche eine Fertigung des Zahnersatzes an einem Stück ermöglicht.
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Aus den derart konvertierten Daten berechnet dann eine Datenverarbeitungseinrichtung ein virtuelles Gebissmodell 4, in welches sodann der Zahnersatz eingepasst wird 5. Das Einpassen des Zahnersatzes 5 umfasst im Wesentlichen die Schritte des Anpassens eines Basisteils sowie des Auswählens und Aufstellens der zu ersetzenden Zähne. Die Ersatzzähne können hierbei zunächst aus einer Datenbank mit vorgegebenen Zahnmodellen entnommen werden und an geeigneter Stelle positioniert werden. Eine Anpassung der einzelnen Zähne ist darüber hinaus ebenfalls möglich.
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Parallel zu diesen Abläufen wird ein Motion Capture Verfahren 6 gleichzeitig zu dem Bildgebungsverfahren 2 angewendet, welches die Bewegungsabläufe der tatsächlichen oralen Patientensituation während eines Kauvorgangs oder während sonstiger Bewegungsvorgänge darstellt. Aus den hieraus erhobenen Daten berechnet die Datenverarbeitungseinrichtung eine Bewegungssimulation, aufgrund derer in einem weiteren Schritt eine Kausimulation 7 durchgeführt werden kann. Die Kausimulation 7 erfolgt mit einer Konfiguration gemäß der ursprünglichen oralen Patientensituation, welche um den modellierten Zahnersatz ergänzt ist. Eventuelle Korrekturen 8 können iterativ in der Kausimulation 7 vorgenommen werden, bis das Ergebnis den Anforderungen entspricht. Die hierfür verwendeten Standard-Zähne aus der Zahndatenbank können hierbei noch am Rechner bearbeitet und ihre Ausrichtung, Position und ggf. Form individuell angepasst werden. Nach Abschluss der Anpassungen während der Kausimulation 7 werden dann die Ersatzzähne ausgeblendet 9 und das verbleibende Basisteil somit dargestellt. Die Daten des Basisteils werden dann im Rahmen einer Datenübertragung an eine Fertigungsmaschine 10 zur Herstellung verschickt, und gemäß diesen Daten sowohl eine Gussform als auch eine Bohrschablone 11, 12 erstellt. Anhand der Gussform wird dann in einem weiteren Herstellungsschritt das Basisteil hergestellt 13 und schließlich in dieses hergestellte Basisteil die Ersatzzähne, welche als Standardzähne mit gegebenenfalls vorgenommenen Anpassungen vorhanden sind, eingeklebt 14. Der letzte Schritt des Verfahrens stellt dann das Einsetzen des Zahnersatzes 15 in das Gebiss des Patienten dar. Hierbei wird eine Befestigung aufgrund der Bohrschablone mit dem Kiefer vorbereitet und bei Vorliegen des Zahnersatzes vollendet.
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Vorstehend beschrieben ist somit ein Verfahren zur Modellierung von Zahnersatz, welches in besonderem Maße auf die jeweils individuelle Patienten-Gebissgeometrie abstellt und gleichzeitig die Bewegungsabläufe, wie beim Patienten tatsächlich vorhanden, berücksichtigt. Insbesondere Dysfunktionen und abnormer Wuchs am Kiefer können so im Rahmen der Erstellung eines Zahnersatzes ebenfalls korrigiert werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Datenerhebung beim Patienten
- 2
- Bildgebungsverfahren
- 3
- Datenkonvertierung
- 4
- Berechnung eines virtuellen Gebissmodells
- 5
- Einpassen des Zahnersatzes
- 6
- Motion Capture Verfahren
- 7
- Kausimulation
- 8
- Korrekturen
- 9
- Ausblenden der Ersatzzähne
- 10
- Datenübertragung an eine Fertigungsmaschine
- 11
- Erstellung der Gussform
- 12
- Erstellung der Bohrschablone
- 13
- Herstellung des Basisteils
- 14
- Einkleben der Ersatzzähne
- 15
- Einsetzen des Zahnersatzes
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102005034803 A1 [0002]