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Die vorliegende Erfindung betrifft die Herstellung von Kunststoffverbundbauteilen, insbesondere von gewebeverstärkten Kunststoffteilen.
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Dabei werden die Gewebe oder textilen Strukturen vor dem Einbringen in ein Formwerkzeug und vor dem Durchtränken mit Reaktionsharzen mit Störstellen versehen. Die Störstellen erhöhen die mechanische Verformbarkeit der Gewebe.
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Ein grundlegendes Problem bei der Herstellung von Verbundwerkstoffen aus textilen Geweben und Reaktionsharzen ist die mangelnde 3-dimensionale Verformbarkeit der verwendeten textilen Strukturen. Oft können Standardgewebe, Preprägs oder Organobleche nicht eingesetzt werden oder müssen vor dem Einbringen in die 3-dimensionalen Werkzeuge bearbeitet werden.
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Bei vielen Verfahren werden ungerichtete Faservliese eingesetzt, die sich wegen der lockeren Struktur gut 3-dimensional in Pressverfahren verformen lassen. Nachteilig ist bei diesen häufig für weniger beanspruchte Teile eingesetzten Geweben, dass das Verfahren nur geringe Fasergehalte im Bauteil (< 50 Vol-%) zulässt und keine definierte Ausrichtung der verstärkenden Fasern erlaubt.
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Unter Gewebe werden textile Flächengebilde verstanden, bei denen mindestens zwei Fadensysteme, die Kette (Kettfaden) und der Schuss (Schussfaden) rechtwinklig verkreuzt werden, wobei die vorgespannten Kettfäden den Träger bilden, in den sukzessiv die Schussfäden von einer Webkante zur anderen durch die gesamte Webbreite eingezogen werden. Die für die Gewebeherstellung erforderliche Vorrichtung ist der Webstuhl.
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Je nachdem, welche Kettfäden beim Weben angehoben bzw. gesenkt werden, entstehen unterschiedliche Gewebearten. Das daraus entstehende Warenbild mit mal oben, mal unten liegenden Kett- bzw. Schussfäden nennt man Bindung. Die Anzahl der Kett- und Schussfäden, nachdem sich die Bindung wiederholt, bezeichnet man als Rapport.
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Nicht nur diese Bindungen beeinflussen die Eigenschaften eines Gewebes, (wie beispielsweise das Aussehen, die Schiebefestigkeit oder die Drapierbarkeit); auch durch die Verwendung unterschiedlicher Garne (Dicke, Farben etc.) ist dies möglich.
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Gewebe haben eine Ober- und eine Unterseite, die als rechte und linke Warenseite bezeichnet werden. Wenn Ober- und Unterseite das gleiche Aussehen haben, so spricht man von „gleichbindigem” oder ”gleichseitigem” Gewebe, beispielsweise bei der Leinwandbindung.
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Eine wichtige Kenngröße für Gewebe ist die Fadendichte, die in Fäden pro cm für Kette und Schuss getrennt angegeben oder ausgezählt wird. Bei vielen Geweben ist die Schussfadendichte geringer als die Kettfadendichte, um die Produktionszeit möglichst gering zu halten.
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Die meisten Gewebe sind einlagige Gewebe mit jeweils nur einem Kett- und einem Schussfadensystem. Werden mehrere Kett- oder Schussfadensysteme verwendet, spricht man von verstärkten Geweben.
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Wichtige Kenngrößen eines textilen Gewebes sind:
- – Verwendetes Fasermaterial (Angabe zum Beispiel als: 50% Baumwolle 50% Polyester)
- – Flächengewicht in g/m2
- – Fadendichte (Anzahl Kett- und Schussfäden pro Längeneinheit)
- – Bindungsart
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Gewebe sind anisotrop. Das heißt, die mechanischen Eigenschaften eines Gewebes hängen von der Richtung, in der eine Kraft einwirkt, ab. Bei Zugbelastung in Kett- oder in Schussrichtung dehnen sich Gewebe z. B. nur wenig. Wirkt die Zugbelastung dagegen diagonal, z. B. unter 45°, so sind Gewebe sehr dehnbar, auch wenn sie aus nicht dehnbaren Fäden gewebt wurden. Weiterhin zeigen Gewebe in Zugversuchen häufig zwei verschiedene Steifigkeiten: Zu Beginn wird die Wellenform der sich verkreuzenden Fäden glatt gezogen (geringere Steifigkeit). Wenn die Fäden nahezu gestreckt vorliegen, wird das Gewebe steifer. Man spricht dann vom Substanzmodul. Gewebe sind bei hohen Fadendichten besonders widerstands- und strapazierfähig. Gesteigert wird dieser Effekt noch, wenn Zwirne anstelle von einfachen Garnen eingesetzt werden. Webware wird an Webmaschinen hergestellt und ist nicht so dehnbar wie gewirkte Ware. Die einzelnen Waren unterscheiden sich durch die Art der Bindung.
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Man unterscheidet zwischen 3 Bindungen:
Leinwandbindung: Je nach Faser und Garnart, Fadendichte und Ausrüstung ergibt die Leinwandbindung Gewebe mit hoher Scheuer- und Schiebefestigkeit.
Köperbindung: Köperbindige Gewebe oder Twills können je nach Bindung und Fadendichte weich und locker sein, aber auch dicht, glatt und strapazierfähig.
Atlasbindung: Diese Gewebe sind glatt, gleichmäßig und glänzend. Durch die geringe Anzahl an Bindungspunkten hat das Gewebe einen weichen Fall und allgemeine Geschmeidigkeit.
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Natürlich hängen die Eigenschaften von Geweben auch von der Garnqualität und der Garnstärke ab.
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Eine andere Möglichkeit zur Herstellung von 3-dimensionalen Teilen ist die Verwendung von Gestricken und Gewirken. Gestricke lassen sich nahezu beliebig verformen. Sie eignen sich damit für Bauteile, bei denen die Drapierfähigkeit von Geweben nicht ausreicht. Die Festigkeit und Steifigkeit der Fasern wird umso besser ausgenutzt, je stärker sie verstrickt werden. Nachteilig ist bei der Anwendung von Gestricken und Gewirken neben dem niedrigen Fasergehalt im Bauteil die aufwendige und teure Herstellung der textilen Einlagen.
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Näheres zur Drapierbarkeit von textilen Strukturen ist im Buch von Burkhard Wulfhorst, Textile Fertigungsverfahren, Hanser Verlag 1998, beschrieben.
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Das Problem der mangelhaften Drapierbarkeit von Standardgeweben kann durch ein gesteuertes Unterbrechen der Langfaserstrukturen im Gewebe verbessert werden. Dabei werden z. B. mittels Laserstrahlung in gewissen Abständen einzelne Langfaserbündel unterbrochen.
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Falk, Technische Textilien 2007, Nr. 1, S. 53–55 beschreibt ein Verfahren des definierten Auftrennens von fixierenden Fadenmaschen in einem zweischichtigen Multiaxialgelege aus Kohlenstofffasern und Kettfäden aus Polyester (PES, insbes. Polyethylenterephthalat) mittels Laserdurchstrahlschweißen. Dabei wurde der Umstand genutzt, dass schwarze Kohlenstofffasern die Laserstrahlung absorbieren und die Wärme dann durch Wärmeleitung auf den angrenzenden, nicht laseraktiven PES-Faden übertragen wird. Die Untersuchung richtete sich dabei auf Gelegeplatten mit Epoxydharzmatrix.
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Es wurde dadurch eine verbesserte dreidimensionale Drapierfähigkeit (Dehnvermögen) erreicht.
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Nachteilig an dem hier offenbarten Verfahren ist jedoch, dass die Laserausrüstung aufwendig und teuer ist und das Verfahren zudem nur auf gewisse Arten von Fasern beschränkt ist (Fasern bzw. Kunststoffe, die Laserstrahlung absorbieren).
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Somit stellte sich die Aufgabe, ein alternatives Verfahren bereitzustellen, das möglichst einfach und kostensparend ist und zudem bei einer möglichst großen Anzahl von Gewebearten anwendbar ist.
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Diese Aufgabe konnte nun überraschenderweise durch Verwendung mechanischer Hilfsmittel, wie z. B. durch Stanzen oder Schneiden, gelöst werden. Auch sind beheizte Nadeln oder Messer, die selektiv thermoplastische Faseranteile unterbrechen, möglich.
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Der Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist somit ein Verfahren zur Herstellung von Kunststoffverbundbauteilen durch Einbringen mindestens einer textilen Struktur enthaltend mindestens ein Garn in Form von Fasern und/oder Faserbündeln in ein Formwerkzeug, wobei mindestens ein Garn zunächst an mindestens einer Stelle mechanisch unterbrochen und dann mit mindestens einem Reaktionsharz getränkt wird.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist auch ein Kunststoffverbundbauteil, herstellbar nach dem erfindungsgemäßen Verfahren.
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Die mechanischen Unterbrechungen im erfindungsgemäßen Sinne werden in dieser Offenbarung auch als Störstellen bezeichnet.
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Wie oben erwähnt, kann das Problem der mangelhaften Drapierbarkeit von Standardgeweben durch ein gesteuertes Unterbrechen der Langfaserstrukturen im Gewebe verbessert werden. Dabei werden erfindungsgemäß zum Beispiel mit einer Schneideeinrichtung in unregelmäßigen Abständen einzelne Langfaserbündel unterbrochen. Die Häufigkeit dieser Unterbrechungen hängt von der nötigen Drapierfähigkeit (Dehnvermögen) ab. Die Störstellen können auch über das Gewebe verschieden dicht verteilt sein.
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Die Anzahl und der Abstand der in das Gewebe einzubringenden Störstellen hängt von der Gewebeart und den Anforderungen an die Verformbarkeit ab. Die Störstellen können dichter oder weniger dicht verteilt sein, auch können die Störstellen bevorzugt an bestimmten Stellen der textilen Struktur eingebracht werden. Je nach dem verwendeten Verfahren können die Störstellen anisotrop (beispielsweise durch Schnitte) oder isotrop (Löcher) sein.
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In einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens werden im Mittel pro Quadratzentimeter zwischen 0,1 und 10, bevorzugt zwischen 0,3 und 5 und besonders bevorzugt 0,5 bis 5 mechanische Unterbrechungen eingebracht.
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1 zeigt ein Gewebe mit Köperbindung (Twill), das zum Zweck einer höheren Verformbarkeit (Drapierbarkeit) mit Bruchstellen versehen wurde.
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In Abhängigkeit vom Verfahren können bei Mischungen verschiedener Garne auch nur bestimme Garntypen unterbrochen werden, beispielsweise bei Mischungen aus Glas- und Thermoplastfäden.
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Die Erzeugung der Störstellen erfolgt erfindungsgemäß mechanisch, z. B. durch Stanzen oder Schneiden. Besonders einfach und kostengünstig ist das Einbringen der Störstellen mittels rotierender Messerwalzen.
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In einer Ausführungsform der Erfindung erfolgt die mechanische Unterbrechung durch Schneiden.
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In einer weiteren Ausführungsform der Erfindung erfolgt die mechanische Unterbrechung durch Stanzen.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung erfolgt die mechanische Unterbrechung durch rotierende Messerwalzen.
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In einer weiteren Ausführungsform der Erfindung ist das Werkzeug zur mechanischen Unterbrechung, zum Beispiel das Stanz- und/oder Schneidwerkzeug und/oder die rotierende Messerwalze, beheizt. Dadurch können, abhängig von der eingestellten Temperatur des Werkzeugs, selektiv gewisse bei der jeweiligen Temperatur schmelzende thermoplastische Fasern unterbrochen werden.
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Es können erfindungsgemäß auch mehrere verschiedene Arten der Erzeugung von Unterbrechungen eines Garns verwendet werden. Zum Beispiel kann die Einbringung der Störstellen gleichzeitig oder aufeinander folgend durch Stanzen und Schneiden erfolgen; dabei können die verschiedenen mechanischen Verfahren beispielsweise gleichzeitig an jeweils räumlich unterschiedlichen Stellen eines Garns zum Einsatz kommen.
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Die modifizierten, besonders gut drapierfähigen Gewebe können mit allen bekannten Reaktionsharzen wie Epoxiden, Polyurethanen, ungesättigten Polyesterharzen, Gusspolyamiden verwendet werden und nach bekannten Verfahren, wie beispielsweise dem RTM-, RIM- oder Vakuuminjektionsverfahren verarbeitet werden.
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In einer Ausführungsform der Erfindung ist mindestens ein Garn ausgewählt aus der Gruppe enthaltend Kohlenstoff-, Glas-, Polyamid- oder Polyesterfaser.
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Natürlich können die modifizierten textilen Strukturen auch zur Herstellung von sogenannten Organoblechen auf Basis von thermoplastischen Kunststoffen verwendet werden. Als besonders geeignet dafür sind Polypropylene und Polyamide, die beispielsweise als Pulver in die Gewebe oder textile Strukturen mittels beheizter Kalander eingearbeitet werden.
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Näheres zu Harzen und zur Verarbeitung dieser Harze mit textilen Strukturen zu Werkstoffen oder zu Organoblechen ist im Buch von Helmut Schürmann, Konstruieren mit Faser-Kunststoff-Verbunden (VDI-Buch, Springer Verlag 2007) zu finden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Burkhard Wulfhorst, Textile Fertigungsverfahren, Hanser Verlag 1998 [0016]
- Falk, Technische Textilien 2007, Nr. 1, S. 53–55 [0018]
- VDI-Buch, Springer Verlag 2007 [0040]