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Die Erfindung betrifft ein elektronisches Aktuatorsystem und ein Betriebsverfahren für ein Aktuatorsystem, insbesondere elektronisches Kraftfahrzeugbremssystem, mit den Merkmalen vom Oberbegriff der unabhängigen Ansprüche.
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Eine elektromechanisch betätigbare Kraftfahrzeugbremse mit einem Aktuator ist grundsätzlich bekannt, und umfasst einen Elektromotor, der durch eine elektronische Steuereinheit (ECU) anzusteuern ist. Die Fahrzeugbremse hat ein Betätigungselement (Bremskolben), der auf wenigstens einen Reibbelag wirkt und aus einer Ruhestellung in eine Betätigungsstellung verschiebbar ist, in der das Betätigungselement den Reibbelag gegen einen Reibring anlegt. Das Betätigungselement (Bremskolben) ist durch eine Elektromotor-Getriebeeinheit betätigbar. Der Reibbelag kann dadurch dosiert an einen Reibring angelegt werden.
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Aktuatoren in Kraftfahrzeugen, insbesondere Aktuatoren zur Betätigung von Kraftfahrzeugbremsen, sind stark unterschiedlichen Beanspruchungen und Betriebstemperaturen ausgesetzt. Weil eine definierte Bestromung des Aktuators im Rahmen von einer zuspannkraftabhängige Steuerung oder Regelung des Aktuators von aktuellen Betriebsparametern abhängig ist, soll eine präzise Datenerfassung und Einbezug in der implementierten Regelstrategie erfolgen. Insbesondere ist eine elektrische Nennleistung eines Aktuatorsystems nicht ohne weiteres mit einer mechanischen Ausgangsleistung gleichzusetzen. Beispielsweise ist der elektrische Widerstand eines Aktuatorsystems eine temperaturabhängig veränderliche Größe, die sich aus Teilwiderständen nämlich einem Widerstand von Versorgungsleitungen zwischen Elektronikeinheit und Elektromotor sowie aus einem Widerstand eines Elektromotors zusammensetzt. Die erzielte mechanische Wellenausgangsleistung/Zuspannkraft des Aktuatorsystems ist folglich von der Temperatur abhängig, so dass insbesondere präzise Kenntnis von Temperatur und elektrischem Gesamtwiderstand des Systems hilfreich ist, um die Regelstrategie der Steuereinheit zu verbessern. Es ist zwar grundsätzlich denkbar, dass die Steuereinheit zu diesem Zweck eine allgemein verfügbare Information über eine Umgebungstemperatur von einem CAN-Bussystem vom Kraftfahrzeug abgreift. Diese Information wird grundsätzlich von einem Außentemperaturfühler des Kraftfahrzeugs geliefert und in das Bussystem eingespeist. Weil eine lokale Temperatur eines Elektromotors jedoch betriebszustandsabhängig stark von der allgemeinen Umgebungstemperatur abweichen kann, ist dieses Verfahren für eine präzise Bewertung des Gesamtsystems nicht ausreichend.
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Zur Ermittlung einer Temperaturinformation von Elektromotoren ist es grundsätzlich bekannt, eine Aktuatortemperaturabschätzung – beispielsweise auf Grundlage von Einschaltfrequenz und/oder Einschaltdauer- jeweils in Abhängigkeit von der Zeit vorzusehen. Derartige Abschätzungen genügen den gestellten Anforderungen jedoch nicht. Eine zeitnahe, direkte und genaue Ermittlung des Gesamtwiderstands scheidet aus, weil die elektrischen Spulen ein zeitabhängiges Widerstandsverhalten aufweisen, das Bestimmungen oder Widerstandsmessungen unmittelbar nach dem Einschalten des Elektromotors prinzipbedingt verfälscht. Es ist deshalb vorgeschlagen worden, den Aktuator mit einem gesonderten Temperaturfühler zu versehen, der gesondert mit der Steuereinheit verbunden wird, was Herstellungskosten und Verkabelungsaufwand im Kraftfahrzeug erhöht.
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Obwohl die Problematik vorrangig am Beispiel einer Temperaturerfassung geschildert worden ist, gilt die Datenerfassungs- und Datenübermittlungsproblematik grundsätzlich auch für andere Daten eines Aktuatorsystems, wie beispielsweise eine Drehzahl vom Elektromotor, eine Position, eine Zuspannkraft oder ähnliches mehr entsprechend.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein verbessertes Aktuatorsystem und ein verbessertes Betriebsverfahren für ein Aktuatorsystem bei reduziertem Hardwareaufwand bereitzustellen, und gleichzeitig eine verbesserte Systemfunktionalität unter Berücksichtigung von aktuell ermittelten oder gemessenen Aktuatorinformationen, wie insbesondere eine lokal am Aktuator vorliegende Temperatur, Drehzahl, Betätigungskraft oder ähnlichem, zu ermöglichen.
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Die Aufgabe wird durch die kennzeichnenden Merkmale der unabhängigen Patentansprüche im Prinzip dadurch gelöst, dass Informationen oder Daten unter Nutzung einer ohnehin vorhandenen Versorgungsleitung zwischen Steuereinheit und Aktuator im Weitesten Sinne moduliert an die Steuereinheit übertragen werden, so dass zumindest eine gesonderte Datenleitung, ggf. sogar Sensoren zur Versorgung der Steuereinheit mit den jeweiligen Messdaten prinzipiell entfällt. Zur Übermittlung der Daten oder Informationen wird bevorzugt der ohnehin anliegende Aktuator-Stromverlauf derart unmittelbar nach dem Einschalten moduliert, dass die Steuereinheit die jeweilige Messgröße aus der Betrachtung des Stromverlaufes ermitteln kann. Beispielsweise handelt es sich bei der Messgröße um eine lokal erfasste Temperatur des Aktuators. Modulation bedeutet nach dem Verständnis der Erfindung wenigstens eine einmalige, und/oder periodische, gezielt durch elektrische Beeinflussung herbeigeführte elektrische Veränderung – wie insbesondere ein Puls – in dem Stromverlauf auf Grundlage der jeweils aktuell am Aktuator vorliegenden Messgröße (Temperatur, Drehzahl etc.). Die Modulation erfolgt unmittelbar nach dem Einschalten, bevor der Elektromotor zu drehen beginnt, und dessen Spulen ein Magnetfeld erzeugen. Durch diese Vorgehensweise ist keine spürbare Veränderung am Aktuatorverhalten erkennbar. Der Aktuator weist zur Durchführung des Verfahrens wenigstens eine Elektronikeinheit mit elektronischen Bauteilen zur Ausführung der Modulation auf. Die elektrische Versorgung der Elektronikeinheit erfolgt bevorzugt über die ohnehin vorhandenen elektrischen Versorgungsleitungen des Aktuators. Die Steuereinheit weist zur Auslesung und verarbeitbaren Umsetzung der Messgröße eine Elektronikeinheit zur Demodulierung vom modulierten Stromverlauf auf. Vorzugsweise ist vorgesehen, dass die Elektronikeinheit des Aktuators nach Ausführung des Mess- oder Bestimmungsvorgangs der Messgröße automatisch inaktiv wird. Es versteht sich, dass das Verfahren und die Vorrichtung auch umgekehrt betrieben werden kann, indem eine umgekehrte oder sogar wechselweise gerichtete Kommunikation von der Steuereinheit zu dem Aktuator und umgekehrt eingerichtet ist. Zum Datenaustausch ist eine Vernetzung mit anderen Kraftfahrzeugsystemen anhand einer elektrischen Versorgung möglich.
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Einzelheiten der Erfindung gehen aus Unteransprüchen zusammen mit der Beschreibung anhand der Zeichnung hervor. In der Zeichnung zeigt:
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1 exemplarisch ein bekanntes Parkbrems-Aktuatorsystem,
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2 Prinzipschaltbild einer ersten Variante vom Aktuator einschließlich elektronischer Steuereinheit,
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3 schematisches Diagramm zur Verdeutlichung vom Motorstromverlauf i über der Zeit t am Beispiel einer Parkbremsbetätigung, und
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4 stark vergrößerte Einzelheiten aus 3.
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Ein bekanntes Kraftfahrzeugbremssystem 1 gemäß 1 weist zumindest für jedes Rad einer Achse einen Aktuator 5 auf, der über eine oder mehrere elektrische Versorgungsleitungen 7 jeweils mit einer Steuereinheit 10 verbunden ist. 1 zeigt ferner eine elektrische Betätigung der Steuereinheit 10 über eine (ggf. mehrfach redundant ausgebildete) elektrische Leitung 12 zum Betätigungsschalter 14 der Feststellbremse, mit dem das Zuspannen oder Lösen der Feststellbremse durch den Fahrer des Kraftfahrzeugs initiiert werden kann. Die Steuereinheit 10 weist eine elektrische Spannungsversorgung 15 auf. Weiterhin können die Aktuatoren 5 Sensoren S, wie insbesondere Temperatursensoren, Drehzahlssensoren, Kraftsensoren oder ähnliche Geber, Schalter oder Betätigungselemente aufweisen, die über zusätzliche Datenleitungen 6 zur Informationsübermittlung mit der Steuereinheit 10 verbunden sind.
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Die nachstehende Erläuterung der Erfindung erfolgt beispielhaft anhand einer Temperaturerfassung bei einem elektromotorischen Gleichstrom-Aktuator eines Feststellbremssystems bei einem Kraftfahrzeug. Weitere Anwendungen eines elektronisch angesteuerten Aktuators 5 in Kraftfahrzeugen, sowie eine Erfassung anderer oder zusätzlicher physikalischer Betriebs- und Kenngrößen, sind ohne weiteres denkbar, ohne den Grundgedanken der Erfindung zu verlassen.
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Der 2 ist exemplarisch ein elektronischer Aufbau von einem erfindungsgemäßen Aktuator 5 mit Steuereinheit 10 und Versorgungleitungen 12 entnehmbar. Die Steuereinheit 10 verfügt über eine zentrale CPU mit einer H-Brückenschaltung. Erfindungsgemäß weist der Aktuator 5 zusätzlich eine Elektronikeinheit 8 zur Modulation vom Stromverlauf auf, die es der Steuereinheit 10 durch Messung ermöglicht, die jeweilige Messgröße zu erfassen. Die Modulierung erfolgt sehr schnell, unmittelbar nach Einschalten des Aktuators, und bevor der Elektromotor 28 Drehaktivität zeigt. Dies ist insbesondere der zusätzlich vergrößerten 4 entnehmbar.
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Zur Demodulierung und Weiterverarbeitung von den modulierten Geber- und/oder Sensorinformationen ist in der Steuereinheit 10 eine Elektronikeinheit 9 vorgesehen, die den Stromverlauf beobachtet, und dazu über einen A/D-Wandler mit der zentralen CPU verbunden ist. Ganz grundsätzlich ist es denkbar, dass der Aktuator 5 Sensoren S und/oder Geber wie beispielsweise Drehzahlsensoren, Kraftsensoren, Positionsschalter oder -sensoren oder ähnliche Informationsgeber aufweist, deren Information der Steuereinheit 10 auf die beschriebene Weise zugeführt werden.
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Generell kann der Elektromotor 28 konventionell mit Gleichstrom versorgt werden. Es ist jedoch auch möglich, die Erfindung bei einem Aktuator 5 anzuwenden, der von der Steuereinheit 10 moduliert mit Strom versorgt wird. Besonders bevorzugt erfolgt eine Datenübertragung koordiniert, gewissermaßen synchronisiert während Bestromungspausen in der Ansteuerung des Elektromotors 28. In diesem Zusammenhang ist es insbesondere möglich, dass ein Generatorstrom in Abhängigkeit von der zu übertragenden Information – beispielsweise von der herrschenden Temperatur ν am Aktuator 5, der momentanen Drehzahl n oder ählichem – automatisch unterschiedlich elektrisch moduliert ist.
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Die Modulationsart kann in diesem Zusammenhang einzelne oder mehrere Parameter des elektrischen Signals betreffen, wie beispielsweise dessen Frequenz oder dessen Amplitude. Modulation bedeutet eine zumindest einmalige oder periodische Veränderung vom beobachteten Stromverlauf. Sie kann insbesondere in einfachster Form als einmaliger Puls in dem Stromverlauf gemäß 3 und 4 vorliegen. Dazu kann die Elektronikeinheit 8 mit einer schnell und temperaturabhängig wirksamen Stromsenke versehen sein.
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Es ist weiterhin möglich, weitere Informationen und Daten zusätzlich zu der Temperaturinformation auf die Trägerinformation (Stromverlauf) aufzumodulieren. Mit anderen Worten ist es denkbar, mehrere voneinander unterschiedliche, und mit definiertem Abstand zueinander vorgesehene, Frequenzbänder für mehrere, unterschiedliche Daten und Informationen zu verwenden, die jeweils der Trägerinformation aufmoduliert sind, so dass gewissermaßen eine definierte Trennung zwischen mehreren Informationskanälen vorliegt. Der Abstand zwischen den einzelnen Frequenzbändern ist bevorzugt jeweils übereinstimmend gleich ausgebildet. Das Ergebnis ist eine vereinfachte Möglichkeit einer breitbandigen Informations- und Datenversorgung der Steuereinheit von dem Aktuator 5 in Richtung Steuereinheit 10, ohne jeweils eine zusätzliche Datenleitung 6 vorsehen zu müssen.
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Besonders bevorzugt ist die Modulationsart als Hochfrequenzmodulation ausgebildet. Andere Frequenzen sind prinzipiell möglich.
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Sämtliche Modulationsvarianten oder Abwandlungen können nebeneinander vorliegen und gleichzeitig vorgesehen sein. Die derart modulierte(Sensor-)information wird über die Versorgungsleitungen 12 an die Steuereinheit 10 übertragen, ausgelesen und elektronisch verwendet.
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In einer abgewandelten Variante ist es möglich, den Aktuator 5 zwar mit der gesonderten Sensorik S, Geber, Betätigungsmittel oder ähnlichem, wie beispielsweise einem Temperatursensor, zu versehen. Soweit der Sensor S oder Geber eine Außenstromversorgung erfordert, kann diese durch die Versorgungsleitung 12 durch die Steuereinheit 10 wahrgenommen werden. Die Informations- und Datenübertragung (Rückkanal) zurück an die Steuereinheit 10 erfolgt jeweils wie oben beschrieben moduliert anhand der Versorgungsleitung 12, so dass zumindest eine gesonderte Datenleitung 6 für die Sensorik S, Schalter, Geber, Betätigungsmittel rationalisiert ist.
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In Hinblick auf eine Applikation bei Bremssystemen ist beispielsweise eine Anwendung bei Aktuatoren 5 für Trommelbremsen oder Scheibenbremsen wie insbesondere hydraulisch und elektromechanisch betätigbare, kombinierte Bremssättel 23 möglich. Ganz grundsätzlich ist die Erfindung jedoch für das Energiemanagement bei jedem elektromechanisch betätigbaren Aktuator 5 in einem Kraftfahrzeug geeignet, welcher elektronisch von einer Steuereinheit 10 angesteuert ist, und wobei Messgrößen oder Daten des Aktuators 5 mit geringem Aufwand an die Steuereinheit 10 übermittelt und dort elektronisch verarbeitet werden sollen.
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Besonders vorteilhaft ist eine Vernetzung mehrerer Aktuatorsysteme im Kraftfahrzeug anhand einer Spannungsversorgung 15.
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Obwohl die elektrische Versorgung in der Zeichnung stets mit zwei Leitungen verdeutlicht worden ist könnte, ohne die Erfindung zu verlassen, prinzipiell zwecks zusätzlicher Verringerung der Leiterzahl, ein Eindrahtsystem Verwendung finden, bei dem ein elektrischer Pol (insbesondere Minus oder Masse) permanent auf eine Fahrzeugkarosserie aufgeschaltet ist.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Kraftfahrzeugbremssystem
- 2, 3
- Reibpartner (Reibbelag)
- 4
- Reibpartner (Bremsscheibe/Reibring)
- 5
- Aktuator
- 6
- Datenleitung
- 7
- Versorgungsleitung
- 8
- Elektronikeinheit (Aktuator)
- 9
- Elektronikeinheit (ECU)
- 10
- Steuereinheit (ECU)
- 11
- Entstörmittel
- 12
- Versorgungsleitung
- 13
- Hydraulikleitung
- 14
- Betätigungsschalter
- 15
- Spannungsversorgung
- 23
- Bremssattel
- 24
- Getriebe
- 28
- Elektromotor
- MPA
- Motor Pumpen Aggregat
- I
- Strom
- n
- Drehzahl (Aktuatoraktivität)
- t
- Zeit
- S
- Sensor
- ν
- Temperatur