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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Einfädeln eines ersten Bauteils in eine Aufnahmeöffnung eines zweiten Bauteils und/oder zum Einkämmen wenigstens eines Formschlusselements des ersten Bauteils in wenigstens ein komplementäres Formschlusselement des zweiten Bauteils nach dem Oberbegriff von Patentanspruch 1.
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Die Verwendung von Industrierobotern zur automatisierten Montage von Bauteilen ist dem Stand der Technik als allgemein bekannt zu entnehmen. Auch komplex geformte Bauteile wie Zahnradanordnungen, vollständige Getriebe und dergleichen sollen zunehmend automatisiert montiert werden. Oftmals müssen dazu komplexe Formschlusselemente, beispielsweise wie Getriebezahnräder, in formschlüssige Wirkverbindung gebracht werden. Hierbei kann es leicht zu einem Verkanten der Bauteile kommen, durch welches die Bauteile beschädigt werden können. Gleiches gilt für das Einfädeln von Bauteilen mit großer Längserstreckung in Aufnahmeöffnungen weiterer Bauteile, wie beispielsweise das Fügen einer Getriebewelle mit einem Getriebegehäuse. Auch hier kann es zum Verkanten und in der Folge zu Beschädigungen an den Bauteilen kommen.
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Um derartige Fehler des Fügeprozesses zu vermeiden, muss üblicherweise die Relativlage der beiden Bauteile exakt vermessen werden, so dass das Verkanten durch genaue Kenntnis der geometrischen Gegebenheiten während des Fügeprozesses vermieden werden kann. Dies setzt den aufwändigen Einsatz von präzisen Laserscannern, Bilderfassungssystemen oder dergleichen voraus.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren nach dem Oberbegriff von Patentanspruch 1 bereitzustellen, welches ein prozesssicheres und einfach durchzuführendes Einkämmen bzw. Einfädeln zweiter Bauteile ermöglicht.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst.
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Bei einem derartigen Verfahren zum Einfädeln eines ersten Bauteils in eine Aufnahmeöffnung eines zweiten Bauteils und/oder zum Einkämmen wenigstens einen Formschlusselements des ersten Bauteils in wenigstens ein komplementäres Formschlusselement des zweiten Bauteils wird das erste Bauteil in einem Manipulator eines Roboters gehalten und mittels des Roboters bewegt. Der verwendete Roboter weist eine Kraft-/Momentensensorik auf, mittels welcher eine auf den Manipulator wirkende Kraft gemessen wird.
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Erfindungsgemäß wird vorgesehen, dass das erste Bauteil zunächst in eine vorgegebene Relativlage zu dem zweiten Bauteil gebracht wird und aus dieser Relativlage eingefädelt und/oder eingekämmt wird. Während des Einfädelns und/oder Einkämmens wird die auf den Manipulator und damit auf das erste Bauteil wirkende Kraft beständig gemessen. Bei Überschreiten einer vorgegebenen Stelle der auf den Manipulator wirkenden Kraft wird die Einfädel- und/oder Einkämmbewegung unterbrochen und eine Korrekturbewegung durchgeführt.
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Mit anderen Worten wird über die Kraftmessung eine bevorstehende Verkantung oder Selbsthemmung zwischen den beiden Bauteilen frühzeitig erkannt und eine Korrektur durchgeführt, bevor es zu Beschädigung an den Bauteilen kommen kann. Hierdurch entfällt die Notwendigkeit, während des gesamten Einfädel- bzw. Einkämmprozesses hochpräzise Ortsmessungen an den beiden Bauteilen durchzuführen. Auf aufwändige Laserscanner und dergleichen kann daher gegebenenfalls verzichtet werden. Gleichzeitig braucht die ursprünglich angefahrene Relativlage zwischen den beiden Bauteilen nur locker definiert zu sein, da durch die Kraftrückkopplung und beständige Korrektur des Einfädel- bzw. Einkämmprozesses die beiden Bauteile zuverlässig in ihre Soll-Lage gebracht werden können.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung umfasst die Korrekturbewegung eine zumindest teilweise Umkehr eines vor dem Überschreiten der vorgegebenen Stelle durchgeführten Bewegungsablaufs des Roboters. Wird durch die Kraftüberschreitung eine drohende Verkantung erkannt, so wird das erste Bauteil also einen Teil seines bisherigen Bewegungspfades zurückbewegt. Da dieser Pfad bereits ohne Überschreitung der Kraftschwelle einmal abgefahren wurde, kann so sichergestellt werden, dass die Korrekturbewegung selbst nicht zu einer Verkantung führt. Nach der teilweisen Umkehr der Bewegung kann das Verfahren fortgesetzt werden, so dass durch Versuch und Irrtum schließlich die korrekte Positionierung der beiden Bauteile zueinander erzielt wird.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung umfasst die Korrekturbewegung eine translatorische und/oder rotatorische Änderung einer Relativlage des ersten Bauteils zum zweiten Bauteil. Dies ist insbesondere in Kombination mit der vorstehend beschriebenen teilweisen Umkehrung des Bewegungsablaufs im Rahmen der Korrekturbewegung zweckmäßig, da so ein neuer Ausgangspunkt für einen neuen Einfädel- oder Einkämmversuch gefunden wird.
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Von diesem neuen Ausgangspunkt wird vorzugsweise das Einfädeln und/oder Einkämmen fortgesetzt werden, bis entweder die beiden Teile korrekt positioniert also ineinander eingefädelt bzw. miteinander verkämmt sind, oder die Kraftschwelle erneut überschritten wird. In diesem Falle würde eine erneute Korrektur durchgeführt, so dass sich insgesamt ein iterativer Prozess ergibt.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform wird während des Einfädelns und/oder Einkämmens und/oder während des Durchführens der Korrekturbewegung das erste Bauteil oszillierend und/oder drehend bewegt. Durch eine derartige Oszillation können beginnende Verkantungen aufgelöst werden, die Teile werden ineinander „eingerüttelt”.
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Beim Einfädeln besonders langer Bauteile, wie beispielsweise Wellen für ein Getriebe, ist es darüber hinaus sinnvoll, einen zweiten Roboter vorzusehen, so dass das erste Bauteil mittels zweier Roboter gehalten und bewegt wird. Beide Roboter führen also die Einfädel- bzw. Einkämmbewegung sowie die notwendigen Korrekturbewegungen konzertiert aus, um das erste Bauteil sicher abzustützen. Gerade beim Einfädeln von Wellen oder dergleichen können somit Hebelmomente vermieden werden, die bei einer beginnenden Verkantung besonders schnell zu Beschädigungen der Bauteile führen könnten.
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Im Folgenden soll die Erfindung und ihre Ausführungsformen anhand der Zeichnung näher erläutert werden. Es zeigen:
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1A und 1B Verfahrensschritte beim Fügen eines Hohlrades in ein Automatikgetriebe für einen Kraftwagen;
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2A bis 2C Verfahrensschritte des Fügens eines Planetensatzes in das Automatikgetriebe gemäß 1;
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3 eine Schaltschieberplatte für ein Automatikgetriebe eines Kraftwagens mit zugeordneten Hydraulikkolben;
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4 eine schematische Darstellung des Fügens einer Hauptwelle in eine Automatikgetriebe für einen Kraftwagen.
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Um komplex geformte, formschlüssig ineinander greifende Bauteile wie beispielsweise Hohlräder 10 oder Planetensätze 12 für Automatikgetriebe 14 zu fügen, soll vorzugsweise ein Roboter 16 Verwendung finden. Da es beim Fügen der genannten Bauteile auf die Ausbildung einer präzisen Formschlussverbindung der gefügten Bauteile ankommt, ist eine besonders präzise Positionierung der Bauteile notwendig. Hierbei kann es bei robotischer Führung der Bauteile jedoch zu einem Verkanten der Bauteile gegeneinander kommen. Durch solche Verkantungen können die Bauteile Schaden nehmen, so dass sie gegebenenfalls ausgetauscht werden müssen.
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Um dies zu verhindern, wird der robotische Fügeprozess nicht durch ein einfaches vorprogrammiertes Bewegen der jeweiligen Teile relativ zueinander entlang eines vorbestimmten Pfades realisiert, sondern weist vielmehr einen Korrekturmechanismus auf, der Fehlpositionierungen und beginnende Verkantungen zu erkennen vermag. Hierzu weist ein Manipulator 18 des Roboters 16 einen Kraftsensor auf.
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Die zu fügenden Bauteile, beispielsweise die genannten Hohlräder 10, Planetensätze 12 oder Hauptwellen 20 werden zunächst vom Roboter 16 in eine vorgegebene Relativlage zu ihrem Fügepartner, hier dem Automatikgetriebe 10, verbracht. Aus dieser vorgegebenen Position werden die Bauteile vom Roboter 16 nun langsam in ihre Soll-Position gefahren, wobei mittels des Kraftsensors im Manipulator 18 ständig überprüft wird, ob die Bauteile bereits in Anlage an weiteren Bauteilen des Getriebes 10 sind. Ist dies der Fall, so kann bei Überschreiten einer bestimmten Kraftschwelle eine beginnende Verkantung erkannt werden. Der Fügeprozess wird dann gestoppt und die Korrektur der Relativlage der zu fügenden Bauteile und des Getriebes durchgeführt.
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Eine solche Korrektur kann durch Zurückbewegen des zu fügenden Bauteils auf dem vorher durchfahrenden Pfad realisiert werden. Gleichzeitig sind rotatorische und translatorische Lagekorrekturen denkbar. Nach Durchführen der Korrekturbewegung wird mit dem Fügeprozess unter Kraftüberwachung fortgefahren. Tritt wieder eine beginnende Verkantung auf, wird eine erneute Korrektur durchgeführt. Auf diese Art wird iterativ die Relativlage der Bauteile zueinander optimiert, bis die Bauteile ihre Soll-Lage erreicht haben und verkantungsfrei ineinander greifen.
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Beim Fügen besonders langer Teile, wie beispielsweise der Hauptwelle 20, kann ein zweiter Roboter 22 Anwendung finden, der über ein Halteelement 24 an seinem Manipulator 18 die Hauptwelle 20 stützt, so dass diese von zwei Robotern 16, 22 gehalten wird und im Wesentlichen kippmomentenfrei in Richtung des Pfeiles 26 in die zentrale Aufnahmeöffnung 28 des Automatikgetriebes 10 eingefädelt werden kann. Auch hier wird nach dem beschriebenen Mechanismus ein Verkanten durch Kraftüberwachung und entsprechende Korrekturbewegungen vermieden.
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Neben den gezeigten formschlüssig ineinander greifenden Wellen und Zahnradelementen können selbstverständlich auch andere Bauteile mithilfe des geschilderten Verfahrens besonders schonend gefügt werden. Ein Beispiel hierfür sind die Kolben 30 für eine Schaltschieberplatte 32 eines Automatikgetriebes, die in Aufnahmeöffnungen 34 der Schaltschieberplatte eingefädelt werden müssen. Auch hier ist eine Verkantung zu vermeiden, da es sich bei den Kolben um besonders empfindliche Bauteile handelt, die gleichzeitig für die notwendige Dichtigkeit der Kolbenführungen der Schaltschieberplatte verantwortlich sind. Werden die Kolben beim Einfädeln beschädigt, kann es zu einem Austritt von Hydrauliköl zwischen den Arbeitsräumen der Kolben 30 kommen, so dass die Schaltschieberplatte 32 ihre gewünschte Schaltfunktion nicht mehr erfüllen kann. Die Kolben 30 werden daher auf die beschriebene Art mithilfe eines Roboters 16 in die Aufnahmeöffnungen 34 unter Durchführung regelmäßiger Korrekturbewegungen bei beginnenden Verkantungen eingeführt. Das Einführen der Kolben 30 kann gleichzeitig durch eine oszillierende Bewegung des Manipulators 18 des Roboters 16 noch unterstützt werden. Durch solche Vibrationen des Manipulators 18 können die Kolben 30 schonend in die Aufnahmeöffnungen 34 eingerüttelt werden. Selbstverständlich kann auch die Schaltschieberplatte 32 von einem Roboter gehalten werden und oszillierend bewegt werden, um das Einfädeln der Kolben 30 zu erleichtern.
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Auch zum Einsetzen von Schrauben in Schrauböffnungen kann das genannte Verfahren Anwendung finden. Durch einen Roboter, der die Schrauben gezielt in die Schrauböffnungen einfädelt, wobei das geschilderte Verfahren Verwendung findet, kann eine Schraubenzuführung über Vibrationswendelförderer und zugeordnete Schläuche ersetzt werden. Hierdurch lassen sich Montagelinien wesentlich flexibler gestalten.
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Selbstverständlich beschränkt sich die Anwendung der Erfindung nicht auf die gezeigten Ausführungsbeispiele. Das beschriebene Verfahren zum verkantungsfreien Einfädeln bzw. Einkämmen von Bauteilen kann vielmehr immer dann Anwendung finden, wenn zwei Bauteile formschlüssig ineinander greifen bzw. wenn ein Bauteil in eine Aufnahmeöffnung eines weiteren Bauteils aufgenommen werden soll.