-
Die Erfindung bezieht sich auf eine Werkzeugmaschinenanlage zur spanenden Bearbeitung, insbesondere Dreh- und/oder Fräsbearbeitung, eines Werkstückes mit einer an einem Werkzeughalter angeordneten Schneidplatte, die zumindest eine Schneidkantenkombination mit Haupt- und Nebenschneidkante sowie einer diese Kanten verbindenden Spitze aufweist. Außerdem bezieht sich die Erfindung auf ein Verfahren zum Betrieb einer solchen Werkzeugmaschine.
-
Derartige Werkzeugmaschinen sind allgemein bekannt. Bei einer Drehbearbeitung wird das in eine entsprechende Werkstückhalterung eingespannte Werkstück bezüglich einer vorgegebenen Achse relativ zum Werkzeughalter gedreht. Gleichzeitig wird der Werkzeughalter mit der Schneidplatte in eine Bearbeitungsposition gebracht und entsprechend einem gewünschten Bearbeitungsergebnis vorgeschoben.
-
Bei einer Fräsbearbeitung wird das Werkstück im Wesentlichen stationär festgehalten, und alle zwischen Werkstück und Werkzeug bzw. Werkzeughalter für die Werkstückbearbeitung notwendigen Relativbewegungen werden im Wesentlichen nur durch Bewegungen des Werkzeughalters ausgeführt.
-
In der Regel besitzen Schneidplatten auf ihrer in Bearbeitungsrichtung weisenden Plattenseite mehrere Schneidkantenkombinationen auf, so dass sich die Schneidplatte nach Abnutzung einer Schneidkante bzw. Schneidkantenkombination in einer gedrehten Stellung am Werkzeughalter fixieren lässt, um das Werkstück wiederum mit einer unverbrauchten Schneidkante bzw. Schneidkantenkombination bearbeiten zu können.
-
Im Übrigen können die Schneidplatten auch als sogenannte Wendeplatten ausgebildet sein, das heißt auf beiden voneinander abgewandten Plattenseiten sind Schneidkantenkombinationen angeordnet, so dass die Schneidplatten gegebenenfalls auch gewendet werden können, um unverbrauchte Schneidkanten zum Einsatz zu bringen.
-
Die
WO 2008/142096 A1 zeigt eine Wendeschneidplatte, bei der die Schneidplattenkombinationen auf den beiden Plattenseiten in Draufsicht auf die Schneidplatte zueinander versetzt angeordnet sind.
-
In der älteren, jedoch nicht vorveröffentlichten
DE 10 2010 011 957 A1 wird eine spiegelbildlich aufgebaute Werkzeugmaschine dargestellt, bei der Schneidplatten mit getauschter Vorder- und Rückseite in spiegelbildlich aufgebauten Werkzeughaltern zum Einsatz kommen.
-
Aus der
WO 2008/142096 A1 ist eine spiegelbildlich konstruierte Werkzeugmaschine mit Werkzeugrevolvern als Werkzeughaltern bekannt.
-
Grundsätzlich besteht das Problem, dass die Schneidplatten vergleichsweise schnell stumpf werden und ausgetauscht werden müssen. Die damit verbundenen Werkzeugkosten sind beträchtlich, weil die Schneidplatten aus sehr hartem Material bestehen müssen und der Aufwand für die Herstellung, die mit großer Präzision erfolgen muss, entsprechend groß ist.
-
Deshalb ist es Aufgabe der Erfindung, eine Möglichkeit zu schaffen, möglichst viele Kanten einer Schneidplatte zur spanenden Bearbeitung eines Werkstückes einsetzen zu können.
-
Diese Aufgabe wird mit einer Werkzeugmaschinenanlage der eingangs angegebenen Art dadurch gelöst, dass zumindest zwei Bearbeitungsstationen mit zueinander im Wesentlichen spiegelgleichen Werkzeugen und Werkzeughaltern sowie zueinander im Wesentlichen spiegelgleichen Relativbewegungen zwischen Werkstück und Werkzeug bzw. Werkzeughaltern vorgesehen sind, und dass eine zuvor an der einen Bearbeitungsstation eingesetzte Schneidplatte in den Werkzeughalter der weiteren Bearbeitungsstation eingesetzt ist, wobei die Hauptschneidkante einer in der einen Bearbeitungsstation benutzten Schneidkantenkombination in der weiteren Bearbeitungsstation als Nebenschneidkante und die Nebenschneidkante der in der einen Bearbeitungsstation benutzten Schneidkantenkombination als Hauptschneidkante positioniert sind.
-
Die Erfindung beruht auf dem allgemeinen Gedanken, die in einer Bearbeitungsstation praktisch unbenutzt gebliebenen Nebenschneidkanten der Schneidplatten in einer weiteren Bearbeitungsstation mit gegenüber der erstgenannten Bearbeitungsstation entgegengesetzten Bewegungsabläufen als Hauptschneidkanten einzusetzen. Dabei nutzt die Erfindung die Erkenntnis, dass bei einer Werkstückbearbeitung nur die unmittelbar an die jeweilige Hauptschneidkante angrenzenden Bereiche der zwischen Haupt- und Nebenschneidkante angeordneten Spitze, die regelmäßig bogenförmig ausgebildet ist, verschlissen werden, während die an die Nebenschneidkante angrenzenden Bereiche der Spitze unverbraucht bleiben. Da bei der Erfindung mehrere Bearbeitungsstationen mit zueinander entgegengesetzten (gespiegelten) Bewegungsabläufen vorgesehen sind, wird die Möglichkeit geschaffen, die an der einen Bearbeitungsstation unverbraucht gebliebenen Nebenschneidkanten der jeweiligen Schneidplatte an der anderen Bearbeitungsstation als Hauptschneidkanten zu positionieren, so dass insgesamt eine verdoppelte Anzahl nutzbarer Hauptschneidkanten zur Verfügung steht. Dementsprechend wird die Nutzungsdauer der Schneidplatten verdoppelt.
-
Die Erfindung ist besonders geeignet für solche Schneidplatten, bei denen die gerundete Spitze der Schneidkantenkombination bzw. Schneidkantenkombinationen einen im Vergleich zur Dicke der vom Werkstück abgetragenen Späne großen Radius aufweist.
-
Im Übrigen wird hinsichtlich weiterer Einzelheiten der Erfindung auf die Ansprüche sowie die nachfolgende Erläuterung der Zeichnung verwiesen, anhand der eine besonders bevorzugte Ausführungsform der Erfindung näher beschrieben wird.
-
In der Zeichnung zeigt
-
1 zwei zueinander spiegelverkehrte Werkzeughalter an zwei Bearbeitungsstationen mit zueinander entgegengesetzten Bewegungsabläufen, wobei eine an der einen Bearbeitungsstation praktisch unbenutzt gebliebene Nebenschneidkante einer Schneidplatte an der anderen Bearbeitungsstation als Hauptschneidkante positioniert ist,
-
2 eine schematisierte perspektivische Darstellung einer bei der Erfindung nutzbaren Schneidplatte,
-
3 eine gegenüber 1 abgewandelte Ausführung.
-
1 zeigt einen ersten Werkzeughalter 1, in den eine Schneidplatte 2 eingesetzt ist. Dem Werkzeughalter 1 ist ein nur schematisch dargestellter Werkstückhalter 3 mit einem Werkstück 4 zugeordnet, welches sich mittels des Werkstückhalters 3 im dargestellten Beispiel um eine Vertikalachse 5 entgegen dem Uhrzeigersinn drehen lässt, so dass mit der Schneidplatte 2 bzw. mit deren Hauptschneidkante 6 sowie der Nebenschneidkante 7 bzw. mit der diese Kanten 6 und 7 verbindenden bogenförmigen Spitze 67 der Außenumfang des Werkstückes 4 spanend bearbeiten lässt.
-
Die Schneidplatte 2 ist in grundsätzlich bekannter Weise in eine den Rand der Schneidplatte 2 bereichsweise formschlüssig umfassende Ausnehmung des Werkzeughalters 1 eingesetzt und mittels einer Schraube 10 oder dergleichen fixiert. Im dargestellten Beispiel kann die Schneidplatte 2 nach Lösen der Schraube 10 um 180° um die Schraubenachse gedreht und am Werkzeughalter 1 in einer Lage fixiert werden, in der eine Hauptschneidkante 8 sowie eine Nebenschneidkante 9 bzw. die bogenförmige Spitze 89 arbeitswirksam werden.
-
Im Übrigen kann die Schneidplatte 2 als Wendeplatte ausgebildet werden, derart, dass in der Ansicht der 1 anstelle der Vorderseite V die Rückseite R der Schneidplatte 2 in Arbeitsrichtung weist und an der Rückseite R ausgebildete Schneidkanten arbeitswirksam werden.
-
Des Weiteren zeigt die 1 einen zum Werkzeughalter 1 spiegelgleichen Werkzeughalter 1', der mit einem entgegengesetzt zum Werkstückhalter 3 drehenden Werkstückhalter 3' kombiniert ist. Der Werkzeughalter 1' bietet die Möglichkeit, die Schneidplatte 2 in einer Lage aufzunehmen, die zur Lage im Werkzeughalter 1 spiegelgleich ist. Dies bedeutet im dargestellten Beispiel, dass die Schneidkanten 6 und 7 (bzw. 8 und 9) ihre Funktionen vertauschen, das heißt die im Werkzeughalter 1 als Hauptschneidkante positionierte Schneidkante 6 bildet im Werkzeughalter 1' die Nebenschneidkante, während die im Werkzeughalter 1 die Nebenschneidkante bildende Schneidkante 7 im Werkzeughalter 1' als Hauptschneidkante positioniert ist.
-
Im Beispiel der 1 hat die Schneidplatte 2 im Werkzeughalter 1' eine zu ihrer Position im Werkzeughalter 1 spiegelgleiche Position. Dies ist nur beispielhaft und soll zeigen, dass am Werkstück 4 gleiche Bearbeitungsergebnisse erzielt werden können, unabhängig davon, ob die Schneidplatte 2 im Werkzeughalter 1 oder 1' angeordnet ist.
-
Grundsätzlich ist es auch möglich, den Werkzeughalter 1' so auszubilden, dass die Schneidplatte 2 dort eine zur Lage im Werkzeughalter 1 nicht spiegelgleiche Lage einnimmt, etwa wenn am Werkstück 3 am Werkzeughalter 1' ein anderes Arbeitsergebnis als am Werkzeughalter 1 erzielt werden soll.
-
Erfindungswesentlich ist, dass beim Umsetzen der Schneidplatte 2 vom Werkzeughalter 1 zum Werkzeughalter 1' die Haupt- und Nebenschneidkanten 6 und 7 bzw. 8 und 9 jeweils ihre Funktionen austauschen, das heißt ein vorangehende Hauptschneidkante wird zur Nebenschneidkante und eine vorangehende Nebenschneidkante wird zur Hauptschneidkante.
-
In 2 ist die Schneidplatte perspektivisch und vergrößert dargestellt. Dabei wird insbesondere deutlich, dass die Schneidplatte 2 als Wendeplatte ausgebildet sein kann, wobei im dargestellten Beispiel die Vorderseite V der Schneidplatte 2 und deren Rückseite R in Draufsicht auf die Schneidplatte deckungsgleich sind, so dass die an der Vorderseite V ausgebildeten Schneidkanten 6, 7 und 8, 9 bzw. die Spitzen 67 und 89 konturengleich zu den Schneidkanten 6', 7' und 8', 9' bzw. zu den Spitzen 67' und 89' liegen. Für die bogenförmigen Spitzen 67 und 89 bzw. 67' und 89' können entsprechend dem gewünschten Arbeitsergebnis am Werkstück 4 bzw. 4' prinzipiell beliebig bemessene Radien vorgesehen sein.
-
Die dargestellte Schneidplatte ist aufgrund ihrer Stabilität insbesondere auch zum Schruppen geeignet. Im Beispiel der 1 ist eine Drehbearbeitung der Werkstücke 4 bzw. 4' vorgesehen, wobei die Werkzeughalter 1 bzw. 1' und der Schneidplatte 2 relativ stationär angeordnet sind, während der Werkstückhalter 3 bzw. 3' mit dem darin eingespannten Werkstück 4 bzw. 4' relativ zur Schneidplatte 2 um die Achse 5 bzw. 5' gedreht werden.
-
Grundsätzlich ist auch eine kinematisch umgekehrte Anordnung denkbar. Insbesondere ist auch eine Fräsbearbeitung des Werkstückes möglich, wobei das Werkstück relativ stationär festgehalten wird, während die Schneidplatte relativ zum Werkstück bewegt wird.
-
Die in 2 dargestellte Schneidplatte ist bei entsprechender Positionierung am Werkzeughalter zum Schruppen sowie zum Schlichten geeignet.
-
Gemäß 3 lässt sich die Erfindung auch dadurch verwirklichen, dass einerseits (vgl. die rechte Abbildung der 3) eine Werkzeugmaschine mit einem oben stationär angeordneten Werkzeughalter 1 und einer unten angeordneten Werkstückspindel 4, die das Werkstück relativ zum Werkzeughalter 1 dreht, eingesetzt wird, während in einer weiteren Bearbeitungsstation (vgl. linke Abbildung der 3) eine oben angeordnete Werkstückspindel und ein unten angeordneter Werkzeughalter vorgesehen sind. Relativ zu einem erdfesten Bezugssystem drehen beide Werkstückspindeln in gleicher Richtung, relativ zu einem jeweils zum Werkzeug 2 festen Bezugssystem und einer Blickrichtung gemäß den Pfeilen W zeigen die beiden Abbildungen entgegengesetzte Drehrichtungen der Werkstückspindeln.
-
Somit lässt sich die Erfindung mit zwei Werkzeugmaschinen unterschiedlicher Hersteller verwirklichen.