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Die
Erfindung betrifft eine Kunststoff-Gießmasse für
die Dentaltechnik, deren Verwendung und aus ihr herstellbare Teile
sowie ein Verfahren zur Herstellung einer Zahnprothese. Allgemeiner
betrifft die Erfindung ein Material zur Herstellung von zahnmedizinischen
Prothesen und Hilfsmittel aus Polyurethan als Ersatz für die
im Stand der Technik entsprechenden Polymethacrylat- oder Polymethylmethacrylat(PMMA)-Systeme.
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Gebissprothesen
werden nach derzeitigem Stand der Technik unter anderem aus Acrylat-basierten Materialien
hergestellt. Diese sind zwar ausgehärtet gut (nach)bearbeitbar,
d. h. schleifbar, sind leicht, bieten eine glatte, optisch ansprechende
und hygienische Oberfläche, auf der sich Keime nicht leicht
ansiedeln, sind kostengünstig herstellbar und gut einzufärben,
die daraus hergestellten Prothesen sind jedoch relativ steif und spröde
und damit bruchempfindlich, was die Gebrauchsqualität schmälert.
So können aus MMA bzw. PMMA bestehende Prothesen beim Herunterfallen
aus Tischhöhe auf einen harten Untergrund leicht brechen.
Beim einseitigen Kauen von Speisen treten außerdem Verschränkungen
an einer Prothese auf, die zu einem lateralen Druck auf den Gaumen
(Spreizung) führen können, wenn die Prothese zu
steif ist. Dies ist bei Prothesen aus Acrylaten leicht der Fall.
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Ein
weiterer wesentlicher Nachteil der bekannten acrylatbasierten Prothesen
besteht darin, dass es bei der Verarbeitung und dem Gebrauch dieses
Materials in Folge der unvollständigen Polymerisationsreaktion zur
Freisetzung von wenigstens 0,1 bis 5% der Restmonomeren der verwendeten
Methylmethacrylate kommt (Schmalz, G./Arenholt-Bindslev,
D.: „Biokompatibilität zahnärztlicher
Werkstoffe", 1. Aufl., Elsevier, München 2005,
S. 256). Die Monomeren stehen jedoch im Verdacht Kontaktallergien (z.
B. Prothesenstomatitis) und andere gesundheitliche Beeinträchtigungen
zu verursachen.
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Die
Freisetzung von Restmonomeren hängt dabei von der Verarbeitungstemperatur
des Kunststoffs ab. Grundsätzlich werden für Acrylate
kalt- und heiß polymerisierende Systeme angeboten. Bei
den heiß polymerisierenden Systemen werden beheizte Küvetten
eingesetzt, um die Polymerisation des Acrylates durch Temperaturerhöhung
zu begünstigen und vollständiger ablaufen zu lassen.
Durch die Heißpolymerisation kann der Restmonomergehalt
unter 1% der eingesetzten Menge Monomer gesenkt, aber nicht gänzlich
vermieden werden.
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Es
besteht daher ein starkes Bedürfnis, ein Material für
die Dentaltechnik zu finden, dass diese gesundheitlichen Risiken
nicht mit sich bringt.
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Alternativ
zu Acrylaten werden in der Dentaltechnik auch andere Materialien
verwendet, die sich jedoch – insbesondere für
ganze Gebissprothesen oder – teilprothesen mit Kunstzähnen
und sattelförmigen Zahnhalteteilen aus demselben Material – unter
anderem aus Kostengründen bislang nicht durchgesetzt haben.
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Bekannt
sind auch Polyurethan-Materialien für die Dentaltechnik.
In der Regel wurde dabei wegen einer leichter zu handhabenden Verarbeitbarkeit
auf aromatische, zum Teil polyzyklische Isocyanate zurückgegriffen.
Diese stehen, wie alle aromatischen Verbindungen, im Verdacht teratogen,
mutagen und karzinogen zu wirken, bzw. durch physiologische Abbauprozesse
die Entstehung entsprechend humanökologisch nachteiliger
Stoffe zu bewirken, und sollten daher auch in der Dentaltechnik
vermieden werden.
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Die
US 4,816,597 offenbart die
Herstellung von blockierten aromatischen Isocyanaten zur Vorbehandlung
von Zähnen für die spätere Füllung
mit organischen Polymeren, auch die
US
4,225,696 greift ausdrücklich und ausschließlich
auf aromatische Isocyanate zurück.
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EP 0 222 899 beschreibt
die Verwendung von Polyurethan auf der Basis von hydroxylierten
Aminen und aromatischen Diphenylmethandiisocyanaten (MDI) zur Reparatur
oder Füllung von Kavitäten in Zähnen.
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US 6,136,886 offenbart die
Herstellung von Zähnen oder anderen Restaurationen von
Körperteilen auf der Grundlage einer Mischung, die im Wesentlichen
auf PMMA und Urethanmethacrylaten basiert und einige funktionelle
Eigenschaften von Urethanverbindungen einbezieht.
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US 3,629,187 und
US 4,787,850 beschreiben
die Herstellung von Dentalprothesen auf der Basis von Mischungen
aus aromatischen und/oder aliphatischen Isocyanaten, Polyolen und
Methacrylat-Monomeren, d. h. ebenfalls mit Hilfe von Materialien,
die Restmonomere enthalten.
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Die
US 4,360,344 beschreibt
die Verwendung eines weichen Polyurethans als Übergangsmaterial
zwischen dem Zahnersatz und dem Zahnfleisch, um Druckstellen zu
vermeiden. Da das weiche Polyurethan mit dem für die Zähne
vorgesehenen PMMA nicht kompatibel ist, muss ein die Zähne
haltendes weiteres Material vorgesehen werden, so dass sich für
das Zahnbett ein Komposit ergibt. Dies kompliziert die Herstellung
außerordentlich.
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Die
Aufgabe der Erfindung besteht daher darin, die oben geschilderten
Nachteile im Stand der Technik zu vermeiden und ein möglichst
bruchfestes, leicht flexibles, jedoch schleifbares und für
künstliche Zähne genügend hartes Kunststoffmaterial
für die Dentaltechnik zur Verfügung zu stellen,
das mit Hilfe von Gießtechniken, wie in Dentallabors gebräuchlich,
verarbeitet werden kann.
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Gelöst
wird diese Aufgabe durch eine Kunststoff-Gießmasse für
die Dentaltechnik, die aus mehreren Ausgangsstoffen besteht, die
zu wenigstens zwei bei Lagerung getrennten Komponenten zusammengefasst sind,
welche unmittelbar vor dem Gießen zusammengeführt
werden, wobei der Kunststoff ein Polyurethan ist, bei welchem die
eine Komponente der Gießmasse wenigstens ein aliphatisches
Isocyanat mit einer Funktionalität von größer
als 2,2 enthält, und eine weitere Komponente der Gießmasse
wenigstens ein Polyetherpolyol als isocyanatreaktiven Bestandteil
ent hält, welches zu mindestens 50% aus einem mit einem
mindestens trifunktionellem Amin gestarteten kurzkettigen Polyetherpolyol
mit einem Molekulargewicht kleiner 1000 besteht; wobei die Ausgangsstoffe
der Gießmasse so ausgewählt sind, dass die ausgehärtete
Gießmasse eine Shore D-Härte von größer
gleich 50 besitzt.
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Bei
der Erfindung sind vorzugsweise keinerlei aromatische Isocyanate
vorhanden, so dass hiermit im Zusammenhang stehende Gesundheitsrisiken
entfallen.
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Überraschend
wurde gefunden, dass ein Polyurethan als Basismaterial für
das gewünschte gießbare Kunststoff-Dentalmaterial
eingesetzt werden kann, bei welchem ausschließlich als
physiologisch unbedenklich geltende aliphatische Isocyanate in Verbindung
mit Polyetherpolyolen, die im Allgemeinen hydrolysestabil sind,
eingesetzt werden.
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Die
Verwendung von ausschließlich aliphatischen Isocyanaten
vermeidet die Probleme mit physiologisch schädlichen Abbauprodukten
der Aromaten. Die Polyether stellen gegenüber Polyestern
hydrolysestabilere Verbindungen dar und tragen damit zur Dauerhaltbarkeit
der Prothese bei. Die aufgrund des Reaktionsmechanismus' der Polyaddition
und der hohen Isocyanatreaktivität vollständige
Reaktion der Isocyanate mit den Polyolen verhindert eine Freisetzung
von Restmonomeren und vermeidet die damit zusammenhängenden Komplikationen.
Bevorzugt werden bei der Erfindung keine Amin- oder Zinnverbindungen
als Katalysatoren eingesetzt, so dass von einer physiologischen
Unbedenklichkeit des nach Aushärten erhaltenen Materials
als Prothesenmaterial bzw. allgemein als Material in der Dentaltechnik
ausgegangen werden kann.
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Erfindungsgemäß besteht
das Polyetherpolyol des isocyanatreaktiven Bestandteils zu mindestens
50 Gew.-%, weiter vorzugsweise zu mindestens 80 Gew.-% aus einem
mit einem mindestens trifunktionellen Amin gestarteten kurzkettigen
Polyetherpolyol, wobei die Eigenschaft „kurzkettig” hier
durch ein Molekulargewicht (MGw) kleiner
1000 und vorzugsweise kleiner 600 bzw. die OH-Zahl gekennzeichnet
wird. Das kurzkettige amingestartete Polyol hat in einer besonders
bevorzugten Ausführung eine OH-Zahl, die größer
als 300 ist.
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Als
Polyetherpolyole (gelegentlich auch als Polyetheralkohole, Polyetherpolyalkohole
oder Polyetherole bezeichnet) können die aus der Polyurethanchemie
bekannten Polyetherpolyole eingesetzt werden. Hierzu zählen
insbesondere die Propyl-, Ethyl- und gemischten Ethyl/Propyletherpolyole. Üblicherweise
werden die Polyetheralkohole in einer dem Fachmann bekannten Weise
durch Anlagerung von Alkylenoxiden an H-funktionelle Startersubstanzen
hergestellt. Die Reaktion zu Polyetherpolyolen wird basisch oder
mit DMC-Katalysatoren katalysiert.
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Als
Alkylenoxide werden hauptsächlich Ethylenoxid und/oder
Propylenoxid, grundsätzlich aber auch höhere Homologe,
wie Butylenoxid, Pentylenoxid usw., einzeln oder in beliebigen Gemischen
untereinander verwendet. Dabei kann die Verteilung der Ethylenoxid-Einheiten
im Falle verschiedener Ausgangsoxide statistisch oder blockweise
sein.
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Wie
im Stand der Technik bekannt, können als Starter für
die Herstellung von Polyetherpolyolen im Allgemeinen verwendet werden:
Trimethylolpropan, Glycerin, verschiedene Zucker, einzeln oder im
Gemisch mit Polyolen, sowie Alkanolamine, einzeln oder im Gemisch
mit den vorgenannten Substanzen, Ethylendiamin, vicinales TDA und
andere Amine, wiederum einzeln oder im Gemisch mit anderen Startern.
Die bei der vorliegenden Erfindung eingesetzten Polyetherpolyole
sind ausschließlich solche, die mit tertiären
Aminen – einschließlich der genannten Alkanolamine – gestartet
wurden.
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Bei
der Erfindung ist das Polyetherpolyol vorzugsweise ein propoxyliertes
Amin. Vorzugsweise wird Ethylendiamin als Starter verwendet.
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In
Weiterbildung der Erfindung enthält der isocyanatreaktive
Bestandteil, der in einer der Komponenten der Gießmasse
vorhanden ist, ausschließlich Polyetherpolyole und vorzugsweise
keine Polyesterpolyole. Die Polyetherpolyole sind im Gegensatz zu
Polyesterpolyolen weitgehend hydrolysestabil und übertragen
diese Eigenschaft auch auf die Polyurethankondensationsprodukte.
Da die ausgehärtete Dentalmasse bei Gebrauch, also im Mund
eines Protheseträgers, einem feuchten Medium ausgesetzt
ist, verbessert die Verwendung ausschließlich von Polyetherpolyolen
die Langzeitstabilität der aus dem erfindungsgemäßen
Material hergestellten Gegenstände.
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Als
Isocyanate sind für die Erfindung alle rein aliphatischen,
d. h. aromatenfreien bzw. mehrfachbindungsfreien Isocyanate einsetzbar.
Aliphatische Isocyanate sind solche der allgemeinen Summenformel: R-(NCO)x, wobei x die Funktionalität des
Isocyanats angibt und R ein aliphatischer oder ein cycloaliphatischer Rest
ist, vorzugsweise mit C4 bis C24,
und insbesondere aus einem langkettigen, unverzweigten Alkanyl bestehen
kann.
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In
Weiterbildung der Erfindung kann das Isocyanat wie in der Polyurethanchemie üblich
chemisch modifiziert sein, vorzugsweise in Form eines Isocyanurats,
eines Biurets, eines Allophanats oder eines Prepolymers.
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Das
bei der Erfindung bevorzugte Isocyanat ist ein Hexamethylendiisocyanat-Isocyanurat
(HDI-Trimer):
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Vorzugsweise
enthält die Kunststoff-Gießmasse in wenigstens
einer ihrer Komponenten einen Polyurethan-Katalysator, und zwar
weiter vorzugsweise eine Wismutverbindung. Die Wismutkatalysatoren
besitzen den Vorteil, dass die Reaktion von Polyol und Isocyanat
stärker katalysiert wird als die Wasser-Isocyanatreaktion.
Es ist weiterhin bevorzugt, bei der Erfindung Zinnkatalysatoren
und Aminkatalysatoren, außer gegebenenfalls einbaubare
Aminkatalysatoren, zu vermeiden.
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Bevorzugt
befinden sich in einer der oder beiden Komponenten übliche
Zusatz- und Hilfsstoffe und insbesondere anorganische und/oder organische
Farbstoffe.
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Die
Zusatz- und Hilfsstoffe, die hier in Frage kommen, sind dem Fachmann
grundsätzlich bekannt und umfassen zum Beispiel Alterungsschutzmittel,
UV-Schutzmittel, Füllstoffe und dergleichen. Grundsätzlich
ist die Zugabe von Hilfs- und Zusatzstoffen bei der Erfindung vermeidbar,
insbesondere kann auf Weichmacher völlig verzichtet werden.
Bevorzugt ist, wenn als Zusatz- und Hilfsstoffe ausschließlich
Farbstoffe und gegebenenfalls Füllstoffe zugegeben werden.
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Zur
Einfärbung der zahntechnischen Bauteile, die aus der erfindungsgemäßen
Gießmasse hergestellt werden sollen, sind anorganische
und/oder organische Farbstoffe erforderlich, die in der Zahntechnik
bekannt sind und daher hier nicht beschrieben werden müssen.
Für die rötliche Einfärbung des Zahnhalteteils
bzw. Zahnaufnahmebetts werden passende Farben gemischt. Anstelle
der Farbstoff- oder Pigmentpulver können auch eingefärbte
Fasern oder eingefärbte Füllstoffe verwendet werden.
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Die
Erfindung beruht unter anderem auf der Erkenntnis, dass sich mit
Hilfe der angegebenen Polyurethan-Ausgangsstoffe ein gut handhabbares
2-Komponenten-Gießharz für die Dentaltechnik bereitstellen lässt,
das so eingestellt werden kann, dass es zu einem Polyurethan-Material
mit einer Shore-D-Härte von wenigstens 50, vorzugsweise
wenigstens 60 oder besonders bevorzugt wenigstens 70, ausreagiert.
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Hierfür
wählt der Fachmann für die eine Komponente der
Gießmasse wenigstens ein aliphatisches Isocyanat mit einer
Funktionalität von größer als 2,2 aus
und für die andere oder eine weitere Komponente der Gießmasse
wenigstens ein Polyetherpolyol, welches zu mindestens 50% aus einem
mit einem mindestens trifunktionellen Amin gestarteten Polyetherpolyol
mit einem Molekulargewicht kleiner 1000 besteht, und stimmt die
Ausgangsstoffe der Gießmasse im oben angegebenen Rahmen
so aufeinander ab, dass die ausgehärtete Gießmasse
eine Shore-D-Härte von größer gleich
50 besitzt.
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Das
auf diese Weise erhaltene Material hat eine für den Anwendungszweck
gut geeignete Härte ohne spröde oder brüchig
zu sein. Die Härte ist für die Funktion und Wiederstandsfähigkeit
der Dentalmaterialien, insbesondere von Kunstzähnen, aber auch
von Zahnhalteteilen, unbedingt erforderlich. Sie schützt
das Material vor Zerkratzen und somit ästhetisch und funktionell
nicht tolerierbaren Gebrauchsschäden. Sie macht das Material
jedoch auch zahntechnisch bearbeitbar und stellt sicher, dass ein
daraus hergestellter roher Guss- oder Presskörper gut bearbeitet
und insbesondere geschliffen und poliert werden kann. Geschliffene
und polierte Oberflächen werden aus hygienischen Gründen
gefordert, da sich auf der glatten Oberfläche deutlich
weniger Keime ansiedeln können. PMMA-Materialien, die die
geforderte Härte gewährleisten, sind relativ zu
unelastisch und zu brüchig, besitzen also als Dentalmaterial
die oben bereits genannten Nachteile. Auf Grund seiner chemischen
Eigenart ist das erfindungsgemäße Polyurethanmaterial
sowohl genügend hart, also auch gleichzeitig von einer
gewissen Elastizität und Bruchfestigkeit, wie im Folgenden
mit Hilfe der physikalischen Eigenschaften von Ausführungsbeispielen
noch gezeigt wird. Die Härte entspricht dabei der üblicher
PMMA-Materialien, so dass die Austauschbarkeit zwischen üblichem,
bisher verwendetem PMMA und dem neuen PUR-Material gewährleistet
ist.
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Wegen
der ausgezeichneten Eignung im Dentalbereich umfasst die Erfindung
Kunstzahn-Aufnahmebetten bzw. Zahnhalteteile aus der erfindungsgemäßen
Gießmasse – die Masse kann dabei fleischfarben
eingefärbt sein-, Kunstzähne aus der Gießmasse – vorzugsweise
in der Farbe des Zahnschmelzes eingefärbt – sowie
ganze Dentalprothesen aus Zähnen und sattelförmigen,
auf dem Kiefernkamm des Benutzers aufsitzenden künstlichen
Zahnbetten, d. h. Kunstzahn-Aufnahmebetten oder Kunstzahnhalterungen.
Dabei kann es sich selbstverständlich um ganze Prothesen
(Totalprothesen) oder Teilprothesen und um vorläufige,
provisorische oder endgültige Prothesen handeln. Wie üblich
formt die Gießmasse dabei die wesentlichen Teile der Prothese,
zusätzliche Mittel aus anderen Materialien könnten
dabei an der Prothese, den Kunstzähnen oder den Zahnaufnahmebetten
angebracht sein. Im Falle einzelner Kunstzähne aus dem
erfindungsgemäßen Material können beispielsweise
bestimmte Verankerungsmittel (Verankerungsstifte) an dem Kunstzahn
angebracht sein.
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Allgemein
ausgedrückt umfasst die Erfindung generell die Verwendung
der erfindungsgemäßen Gießmasse für
provisorische oder endgültige Zahnprothesen oder Teilprothesen
oder Teile davon, Kunstzähne, Prothesen des Zahnhalteapparats,
Unterfütterungen, Erweiterungen, Veneers, Verblendschalen,
Schienen und Leisten für die Zahntechnik und Kiefernorthopädie
sowie als Reparaturmaterial und Prothesenfinishmaterial.
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Aus
werkstoffkundlicher Sicht weist die Erfindung den Vorteil auf, dass
das Material weniger spröde reagiert als die Materialien
nach dem Stand der PMMA-Technik und daher im Alltagsgebrauch haltbarer
sind.
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Zahnmedizinische
Prothesen und dentaltechnische Teile aus den erfindungsgemäßen
Materialien sind vom Tragegefühl wenigstens gleichwertig
zu bisherigen Prothesen und dentaltechnischen Teilen aus PMMA-Materialien,
da das erfindungsgemäße Material weniger steif
reagiert und sich damit den weichen Bedingungen im Gaumen und den
Belastungen beim Kauen besser anpasst. Die erfindungsgemäßen
Teile dünsten keine Monomeren aus und sind hypoallergen.
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Die
erfindungsgemäße Gießmasse kann in einer
Reihe von Verfahren, wie sie dem Zahntechniker heute bekannt sind,
eingesetzt werden. Allgemein bestehen keine Beschränkungen
in Bezug auf den Einsatz der neuen erfindungsgemäßen
Polyurethan-Gießmasse, so dass sie überall da
verwendet werden kann, wo bisher andere Kunststoff-Gießmassen
zum Einsatz kamen. Insbesondere kann die erfindungsgemäße
Polyurethan-Gießmasse in Ersatz bisher gebräuchlicher
acrylatbasierter Gießharze (MMA, PMMA) verwendet werden.
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Im
Rahmen der Erfindung ist allgemein ein Verfahren zur Herstellung
einer Zahnprothese mit insgesamt folgenden Schritten vorgesehen:
- – Herstellen von Kunstzähnen;
- – Herstellen eines ausschmelzbaren/verlierbaren Aufnahmebett-Modells
in funktioneller Verbindung mit den Kunstzähnen;
- – Herstellen einer Negativform zum Aufnahmebett;
- – Entfernen des Aufnahmebett-Modells unter Hinterlassen
eines in der Form entsprechenden Hohlraums;
- – Einbringen der erfindungsgemäßen
Gießmasse für das Aufnahmebett in den Hohlraum;
- – Aushärten lassen und Entformen der Prothese.
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Innerhalb
des Verfahrens sind verschiedene Alternativen möglich,
dies bezieht sich insbesondere auf die Reihenfolge der verschiedenen
Abform- und Dublierschritte. Die Kunstzähne können
aus dem erfindungsgemäßen Material hergestellt
werden, das dann in bekannter Weise enamelfarben eingefärbt
wird, oder es können aus anderen üblichen Materialien
hergestellte Kunstzähne verwendet werden. Unter anderem
sind Kunstzähne aus Keramik, Kunststoff oder doubliertem
Metall verwendbar.
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Das
ausschmelzbare bzw. verlierbare Modell des Aufnahmebettes wird in
der Regel aus Wachs hergestellt. Negativformteile, die nach dem
Ausschmelzen erhalten bleiben sollen, werden in der Regel aus Gips hergestellt.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren kann demnach unter
anderem als Küvettenverfahren, Stopf-Pressverfahren oder
Vorwallverfahren durchgeführt werden, wobei die Arbeitsweisen
bei diesen Verfahren dem Fachmann auf dem Gebiet grundsätzlich
bekannt sind.
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Im
Folgenden wird die Erfindung anhand von Beispielen näher
erläutert, die allein zur Illustration der Erfindung dienen
und den oben erläuterten, für den Fachmann ebenfalls
ausführbaren allgemeineren Rahmen der Erfindung nicht beschränken
sollen.
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Beispiel 1
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100
Gewichtsteile Ethylendiamin gestarteten Polyetherpolyols aus Propylenoxid
mit der OH-Zahl 620, 0,04 Gewichtsteile Wismuttrisneodecanoat (Coscat® 83, Vertellus Corp.) als Wismutkatalysator
und 0,12 Gewichtsteile eines einbaubaren Farbstoffes werden mit
einem Laborrührwerk mit 2000 bis 2500 UpM für
30 Sekunden intensiv gemischt. Der zur Einfärbung der späteren
Masse verwendete einbaubare Farbstoff ist eine Mischung aus Farbstoffen
(gelb, rot, blau, nämlich: Reactint Yellow X 15/Red X64/ Blue
X 17, von Miliken Chemical, Gent). Hinzu kommt eine Weißpaste
(AU 1, ISL-Chemie, Kürten) u. a. zur Einstellung der Opazität.
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Die
vorstehend angegebene Mischung aus Polyol, Katalysator und Farbstoff
wird dann mit 204,16 Gewichtsteilen eines aliphatischen Isocyanats
(Desmodur® 3600 N) mit einem NCO-Gehalt
von 23 erneut intensiv verrührt.
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Beispiel 2
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In
Abänderung von Beispiel 1 werden 80 Gewichtsteile Ethylendiamin
gestartetes Polyetherpolyol mit der OH-Zahl 620, 20 Gewichtsteile
eines Polyetherpolyols mit der OH-Zahl 447 und 1 Teil UV-Stabilisator
(Tinuvin®, Ciba, Basel) eingesetzt.
Ansonsten wird wie in Beispiel 1 verfahren.
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Die
flüssigen Zubereitungen der Beispiele 1 und 2 werden in
einem Exsikkator für 6 Minuten evakuiert. Nach dem Einfüllen
in eine Küvette wird diese nochmals für bis zu
6 Minuten evakuiert. Die gefüllte Küvette wird
zum Aushärten bei 60°C für 30 Minuten
im Trockenschrank gelagert. Auf diese Weise sind zahnmedizinische
Prothesen und dentaltechnische sowie kiefernorthopädische
Teile herstellbar, die nach den in Dentallaboren bekannten und verbreiteten
Verarbeitungsverfahren (z. B. Gießen in Küvetten,
Injektionsverfahren, Pressverfahren) hergestellt und weiterverarbeitet
werden können. Die Weiterverarbeitung besteht meist in Schleifen
und Polieren, was mit den in jedem Dentallabor vorhandenen Geräten
auch an dem neuen Material durchgeführt werden kann. Aus
dem erfindungsgemäßen Material hergestellte Prothesen
und Dentalkomponenten bieten zusätzlich die oben beschriebenen
Vorteile hinsichtlich der hypoallergenen Wirkung und einer dem Alltagsgebrauch
förderlichen Widerstandsfähigkeit.
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Lässt
man die erfindungsgemäßen und nach den oben angegebenen
Beispielen hergestellten Prothesen aus einer Höhe von etwa
1,5 m auf einen Steinboden fallen, brechen diese Prothesen nicht.
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Testversuche zu physikalischen
Eigenschaften
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Das
Polyurethanmaterial nach der Rezeptur aus Beispiel 1 (aliphatisches
Isocyanat = HDI-Isocyanurat, Desmodur® 3600,
Bayer) wurde hinsichtlich einiger physikalischer Eigenschaften mit
handelsüblichem Polymethylmethacrylat (PMMA)(PremEco®, Line Gießkunststoff,
Merz Dental GmbH, Lütjenburg) verglichen. Dazu wurden an
jeweils 3 Prüfkörpern Biegeversuche nach ISO
178: 1996 durchgeführt und die Härte
nach dem Shore-D Verfahren der ISO 7619: 2004 gemessen.
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Für
die Herstellung der Prüfkörper aus PMMA wurden
die beiden Komponenten (Pulver (aus PMMA, Dibenzoylperoxid und Farbstoffen)
und Flüssigkeit (aus MMA und Dimethacrylat)) nach Angaben
des Herstellers gemischt.
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Für
die vergleichenden Biegeversuche wurden Stäbe in einer
offenen Hohlform mit den Abmessungen 112 mm × 15 mm × 5
mm gegossen. Die Prüfkörper wurden nach 30 Minuten
bei 60°C im Trockenschrank entformt. Anschließend
wurden die Prüfkörper für 24 Stunden
im Normklima (23°C, 50% rel. Luftfeuchtigkeit) konditioniert.
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Nach
dieser Konditionierung wurde an den Prüfkörpern
die Härte nach dem Shore-D-Verfahren gemessen. Für
die Durchführung der Biegeversuche wurde eine feste Stützweite
von 80 mm und eine Prüfgeschwindigkeit von 2 mm/min verwendet.
Für die Normdurchbiegung (s
c =
3,5%) für diese Prüfkörper-Geometrie beträgt
die Auslenkung 7,5 mm. Ergebnisse (Prüfumfang: 3 Prüfkörper):
| Polyurethanprüfkörper
gemäß Beispiel 1 | Polymethylmethacrylat
Prüfkörper |
Biegeversuch: | | |
Fmax(N) | 192 σ =
10,7 | 202 σ =
12,8 |
nach
Wegstrecke (mm) | 12,25 σ =
0,37 | 7,12 σ =
0,06 |
E-Modul
(MPa) | 1885 σ =
8,8 | 2396 σ =
150,0 |
Biegefestigkeit
(MPa) | 70 σ =
0,3 | 70 σ =
4,4 |
Bemerkung | kein
Bruch | Bruch
bei Fmax vor Normdurchbiegung |
Härte
(Shore-D) | 77 | 77 |
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Das
verwendete PMMA hat keine Streckgrenze und ist bei einer Kraft von
202 N vor erreichen der Normdurchbiegung gebrochen. Das PUR hatte
bei einer Kraft von 192 N die Streckgrenze erreicht und ist bis zum
Abbruch des Versuchs bei einer Wegstrecke von 15 mm nicht gebrochen
Daher ist das PMMA im Vergleich zum PUR als spröder zu
bezeichnen.
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Für
die Alltagstauglichkeit dentaltechnischer Erzeugnisse und insbesondere
von Dentalprothesen bedeutet dies, dass eine Prothese aus dem erfindungsgemäßen
PUR weniger leicht zerbricht als eine Prothese aus PMMA (z. B. Sturz
vom Tisch auf harten Untergrund). Andererseits ist die Oberflächenhärte
(Shore D) beider Materialien identisch. Dadurch ist das neue Material
ebenso gut polierbar wie ein Acrylatmaterial, Keime setzen sich
nicht leicht fest, die hygienischen Anforderungen an Prothesematerialien
können vollständig erfüllt werden.
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Das
PUR reagiert beim Tragen etwas weicher und flexibler und kann sich
Verschränkungsbelastungen leichter anpassen. Es fühlt
sich für den Patienten an, wie ein PMMA-Material, besitzt
aber dabei die oben beschriebenen Vorteile.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- - US 4816597 [0008]
- - US 4225696 [0008]
- - EP 0222899 [0009]
- - US 6136886 [0010]
- - US 3629187 [0011]
- - US 4787850 [0011]
- - US 4360344 [0012]
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- - Schmalz, G./Arenholt-Bindslev,
D.: „Biokompatibilität zahnärztlicher
Werkstoffe”, 1. Aufl., Elsevier, München 2005,
S. 256 [0003]
- - ISO 178: 1996 [0049]
- - ISO 7619: 2004 [0049]