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Die
Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Durchführung einer
Rollprobe bei einem Schienenfahrzeug sowie auf eine zur Durchführung dieses Verfahrens
ausgebildete Steuerungseinrichtung für ein Schienenfahrzeug.
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Bei
Schienenfahrzeugen ist in verschiedenen Betriebssituationen eine
sog. Rollprobe durchzuführen.
Bei dieser Rollprobe wird kontrolliert, ob sich die Räder bzw.
die Radsätze
drehen. Dies kann beispielsweise im Rahmen einer Bremsprobe oder
bei verschiedenen Problemen am Fahrwerk, beispielsweise nach Feststellung
des Zustandes ”Rad
dreht nicht”,
geschehen.
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Für eine herkömmliche
Rollprobe sind zwei Personen erforderlich und das Fahrzeug muss
vorher an geeigneter Stelle anhalten. Ein Triebfahrzeugführer fährt das
Triebfahrzeug langsam an und lässt es
rollen. Eine zweite Person, beispielsweise ein Zugbegleiter, steht
auf der Strecke und kontrolliert, ob die Räder/Radsätze sich drehen.
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Dies
ist insbesondere bei Störungen
am Fahrwerk erforderlich, d. h. normalerweise auf offener Strecke.
Diese Vorgehensweise ist nicht nur aufwändig und mitunter gefährlich sondern
führt auch
zu Betriebsbeeinträchtigungen
des Schienenfahrzeugs, wie Verspätungen
und Störungen.
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Ebenfalls
bekannt ist für
gewisse Ausnahmefälle
eine sog. ”vereinfachte” Rollprobe
durchzuführen.
Auch hier fährt
der Triebfahrzeugführer
das Triebfahrzeug langsam an, lässt
es rollen, kontrolliert dann aber das Rollen der Räder über eine
Verzögerung
seines Fahrzeugs.
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Ausgehend
hiervon liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren
zur Durchführung einer
Rollprobe für
ein Schienenfahrzeug anzugeben, das weniger aufwendig durchführbar ist.
Außerdem
soll eine Steuerungseinrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens angegeben
werden.
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Hinsichtlich
des Verfahrens wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zur
Durchführung
einer Rollprobe bei einem Schienenfahrzeug mit den Schritten:
- a) Erfassen aktueller Drehzahlen von der Rollprobe
zu unterziehenden Rädern
oder Radsätzen,
- b) Erfassen oder Ermitteln einer aktuellen Referenzgeschwindigkeit
des Schienenfahrzeugs,
- c) Vergleichen der in Schritt a) erfassten Drehzahlen im Hinblick
auf das Vorliegen einer Proportionalität zwischen den Drehzahlen und
der Referenzgeschwindigkeit.
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Bei
dem vorgeschlagenen Verfahren werden fahrzeugseitig vorhandene Informationen
genutzt, d. h. diejenigen Informationen, die von den bereits vorhandenen
Drehzahlgebern stammen, welche an allen Rädern bzw. Radsätzen sowie
Antrieben angebaut sind. Dabei werden typischer Weise ein oder mehrere
Drehzahlgeber pro Rad bzw. Radsatz vorgesehen. Bei frei rollenden
Rädern
bzw. Radsätzen sind
die erfassten Drehzahlen direkt proportional zur Geschwindigkeit
des Schienenfahrzeugs. Insofern bedeutet die Feststellung einer
Proportionalität
zwischen den Drehzahlen und der Geschwindigkeit des Schienenfahrzeugs,
das die geprüften
Räder bzw. Radsätze frei
drehen.
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Die
Drehzahl- oder auch Geschwindigkeitssignale der zu kontrollierenden
Achsen werden mit einer Referenzgeschwindigkeit des Schienenfahrzeugs
verglichen. Das Ergebnis dieses Vergleichs gibt Aufschluss darüber, ob
die zu prüfenden
Räder bzw.
Radsätze
frei rollen oder nicht. Damit wird die Rollprobe in das Schienenfahrzeug
selbst verlagert. Es kann darauf verzichtet werden, das Schienfahrzeug
zur Durchführung
der Rollprobe anzuhalten. Es besteht kein Bedarf, das Schienenfahrzeug
bis zu einer geeigneten Stelle weiter zu fahren. Ebenfalls ergibt
sich keinerlei Notwendigkeit, bei Bedarf für die Durchführung der
Rollprobe das Gegengleis zu sperren. Auch kann darauf verzichtet
werden, dass Personal ggf. auf offener Strecke zur Durchführung der Rollprobe
aussteigen muss.
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Als
weitere Vorteile des Verfahrens sind zu nennen, dass sich weniger
Verspätungen
und Störungen
im Schienenfahrzeugbetrieb ergeben, die Durchführung der Rollprobe ist ungefährlicher
für das Zugpersonal,
der Personalaufwand wird vermindert, eine Automatisierbarkeit der
Rollprobe ist gegeben und es kann mit weniger Folgeschäden bei
tatsächlichen
Defekten von Fahrwerken gerechnet werden.
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Der
Verfahrensschritt c) ist so zu verstehen, dass in irgendeiner Weise
eine Proportionalität
zwischen den erfassten Drehzahlen und der Referenzgeschwindigkeit
geprüft
wird. Dabei können
alle Drehzahlwerte zunächst
in Geschwindigkeiten ein Vergleich mit Referenzgeschwindigkeit bezogen
werden. Ebenso ist es möglich,
zunächst
proportional Faktoren zu bilden, und zwar zwischen Drehzahl und Referenzgeschwindigkeit,
und dann proportional Faktoren miteinander zu vergleichen. Auch
kann die Referenzgeschwindigkeit in eine Referenzdrehzahl umgerechnet
werden, wonach dann wiederum der Vergleich stattfindet. Es ist auch
zu berücksichtigen, dass
bei der Ausführung
des Verfahrens eine zu tolerierende Abweichung von der Referenzgeschwindigkeit
einbezogen werden kann. Ein Toleranzband um die Referenzgeschwindigkeit
herum kann dazu benutzt werden, verschiedene Einflussfaktoren zu
berücksichtigen,
z. B. Messungenauigkeiten, Unterschiede der Raddurchmesser (Verschleiß der Räder), Übertragungswege
der Informationen, Gleitvorgänge
im Bremsmodus, Schleudervorgänge/Schlupf im
Beschleunigungsmodus usw..
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Der
Schritt c) kann von einer Steuerungseinrichtung durchgeführt werden,
die das Ergebnis der durchgeführten Rollprobe
ausgibt. Eine solche Ausgabe des Ergebnisses kann beispielsweise
von einem Fahrzeugführer
wahrgenommen werden, der daraufhin erforderliche Maßnahmen
auslöst.
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Alternativ
dazu ist es auch möglich,
dass die Steuerungseinrichtung bei negativem Ergebnis der Rollprobe
automatisch erforderliche Reaktionen auslöst. Bei der Anwendung nach
einem Fehler am Fahrwerk könnte
dies eine Zwangsbremse, eine Traktionssperre oder die Deaktivierung
der Bremse an dem betroffenen Rad bzw. Radsatzes sein.
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Der
Schritt c) kann bei definierten Betriebsmodi durchgeführt werden,
z. B. Bremsen, Rollen, Beschleunigen oder bei Anwendung bei Fahrwerkstörungen kombiniert
mit den Modi mit oder ohne Traktion am betroffenen Rad bzw. Radsatz
sowie mit oder ohne Bremsen des betroffenen Rades.
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Zur
Gewinnung eines verlässlicheren
Ergebnisses für
die Rollprobe kann der Schritt c) mehrfach durchgeführt werden,
und zwar für
unterschiedliche Geschwindigkeiten des Schienenfahrzeugs. Alternativ
kann der Schritt c) über
einen definierten Geschwindigkeitsbereich hinweg durchgeführt werden, die
einerseits eine ausreichende Messgenauigkeit gestalten und andererseits
das Erkennen von Störungen
ermöglichen.
Vorteilhafter Weise kann die Festlegung des Geschwindigkeitsbereiches
in Abhängigkeit
der möglichen
Störungsfälle und
der Erkennung des Proportionalität
erfolgen.
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Die
oben genannte Aufgabe wird hinsichtlich der Steuerungseinrichtung
zur Durchführung
des Verfahrens gelöst
durch eine Steuerungseinrichtung für ein Schienenfahrzeug, mit:
Einer Erfassungseinrichtung für
aktuelle Drehzahlen von Rädern
oder Radsätzen
des Schienenfahrzeugs, einer Erfassungseinrichtung für eine aktuelle
Geschwindigkeit des Schienenfahrzeugs, wobei die Steuerungseinrichtung
ein Vergleichsmodul zum Vergleichen der erfassten aktuellen Drehzahlen
und der erfassten bzw. ermittelten aktuellen Referenzgeschwindigkeit des
Schienenfahrzeugs im Hinblick auf das Vorliegen einer Proportionalität ausgebildet
ist.
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Eine
solche Steuerungseinrichtung, die mit der Schienenfahrzeug-Hauptsteuerung
identisch sein kann, ist in der Lage, das zuvor erläuterte Verfahren
zum Durchführen
einer Rollprobe auszuführen.
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Dabei
kann vorgesehen sein, dass die Steuerungseinrichtung zur Ausgabe
des Ergebnisses der durchgeführten
Rollprobe ausgebildet ist, beispielsweise an einen Fahrzeugführer.
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Bei
negativem Ergebnis der Rollprobe ist denkbar, dass die Steuerungseinrichtung
automatisch erforderliche Reaktionen auslöst.
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Ausführungsbeispiele
der Erfindung werden nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnung noch
näher erläutert. Die
einzige Figur zeigt in schematischer Blockdiagrammdarstellung eine
Steuerungseinrichtung zur Durchführung
eines Verfahrens gemäß der Erfindung.
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Die
einzige Figur zeigt eine zentrale Steuereinrichtung S, bei der es
sich auch um eine modifizierte Version der bei Schienenfahrzeugen üblicher Weise
eingesetzten Zugsteuereinrichtung handeln kann. Diese Steuereinrichtung
S steht in Datenverbindungen, unter anderem zu einer oder mehrerer Erfassungseinrichtungen
für Drehzahlen
ED1, ..., EDx. Diese Erfassungseinrichtungen ED1, ..., EDx können beispielsweise
durch einen Drehzahlgeber verwirklicht sein, der an einem Rad oder
Radsatz angeordnet ist und eine aktuelle Drehzahl oder Drehgeschwindigkeit
erfasst und die zugehörigen
Daten der Steuereinrichtung S zuleitet. Die Erfassung kann auch über eine
andere Steuerung im Schienenfahrzeug erfolgen, z. B. ein Antriebssteuergerät, ein Bremssteuergerät oder ein
Datenspeichergerät.
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Die
Steuereinrichtung S steht außerdem
in einer Datenverbindung mit einer Erfassungseinrichtung für eine Schienenfahrzeuggeschwindigkeit
EG. Diese Geschwindigkeit dient als Referenzgeschwindigkeit. Sie
kann z. B. ermittelt werden mit Hilfe eines Drehzahlgebers an einem
ungebremsten Laufrad oder einem ungebremsten Laufradsatzes. Alternativ kann
die Steuereinrichtung die Referenzgeschwindigkeit auch mit einem
geeigneten Mittelwertverfahren aus den einzelnen Drehzahlen ED1
bis EDx ermitteln so dass die Erfassungseinrichtung für die Referenzgeschwindigkeit
EG ein Teil der Steuereinrichtung S ist (gestrichelte Linie).
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In
der Steuereinrichtung S ist beispielsweise ein Softwareprogramm
hinterlegt, welches derart ausgestaltet ist, dass ein Vergleich
zwischen den Daten von der Erfassungseinrichtung für Drehzahlen ED
und von der Erfassungseinrichtung für die aktuelle Zuggeschwindigkeit
EG gezogen wird. Der Vergleich ist derart, dass eine Proportionalität zwischen den
erfassten Drehzahlen einerseits und der Schienenfahrzeuggeschwindigkeit
andererseits berechnet wird. Eine solche Proportionalität ist gleichbedeutend mit
der Feststellung, dass sich die der Probe unterzogenen Räder bzw.
Radsätze
frei drehen können.
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Die
Steuereinrichtung S stellt nun fest, welches Ergebnis die Rollprobe
erbringt. Das Ergebnis wird dann auf einer Anzeigeeinrichtung A
ausgegeben, so dass beispielsweise ein Zugführer aufgrund des Ergebnisses
erforderliche Maßnahmen
einleiten kann. Alternativ kann die Steuereinrichtung S die erforderlichen
Maßnahmen
selbst einleiten, z. B. bei Bedarf beim Bremssystem eine Zwangsbremse
anfordern oder z. B. bei Bedarf der zentralen Steuerung bzw. dem
Diagnosesystem eine anstehende Meldung bzgl. „stehendes Rad” zurücknehmen
inkl. ggf. vorliegender betrieblichen Beschränkungen. Ferner könnte die
Steuereinrichtung S beim Anwendungsfall „Störung am Fahrwerk” je nach
Ergebnis der Rollprobe beispielsweise beim Antriebssystem AS die
Deaktivierung des Antriebes oder beim Bremssystem BS die Deaktivierung
der Bremse am betroffenen Rad, Radsatz bzw. Fahrwerk auslösen bzw.
anfordern.
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Die
Steuereinrichtung S ist derart ausgebildet, dass das Vergleichen
der von den Erfassungseinrichtungen ED1, ..., EDx, EG stammenden
Daten bei definierten Betriebsmodi durchgeführt wird. Diese sind: Bremsen,
Rollen und Beschleunigen, bei Bedarf mit oder ohne aktivierter Bremse
bzw. Antrieb am betreffenden Rad bzw. Radsatz.
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Der
Schritt des Vergleichens der erfassten Daten wird außerdem mehrfach
durchgeführt
und zwar für
unterschiedliche Geschwindigkeiten des Schienenfahrzeugs bzw. ständig über einen
definierten Geschwindigkeitsbereich hinweg, der sich dadurch auszeichnet,
dass einerseits eine ausreichende Messgenauigkeit gestattet ist
und andererseits Störungen
erkannt werden können.
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Sobald
Verdachtsmomente bestehen, dass die getesteten Räder bzw. Radsätze nicht
frei rollen oder erforderliche Drehzahlsignale gestört sind,
kann als Rückfallebene
eine traditionelle Rollprobe durchgeführt werden, wie sie eingangs
erläutert
worden ist.