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Gebiet der Erfindung
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Die Erfindung betrifft Radialwellendichtringe, und insbesondere Radialwellendichtsysteme mit integrierter Lauffläche.
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Stand der Technik
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Zur Abdichtung von Wellen, wie etwa Kurbelwellen in Fahrzeugen, werden Radialwellendichtringe verwendet. Diese bieten über eine an die Welle anliegende Dichtlippe mit radial wirkender Dichtkraft eine Abdichtung gegen Flüssigkeiten (wie etwa Öl) und eindringenden Schmutz. Allerdings tragen bis an die Dichtlippe vordringende Schmutzpartikel mit der Zeit dazu bei, dass die Dichtung verschleißt und somit die erwünschte Dichtwirkung nicht mehr gegeben ist. Schließlich führt der Schmutzeintrag oft zu einem Totalausfall der Dichtung. Solche Partikel können auch in abzudichtenden Flüssigkeiten enthalten sein, etwa in verschmutztem Öl.
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Um den Dichtungsbereich vor Schmutz zu schützen, werden im Stand der Technik oftmals zusätzliche Staublippen oder Schmutzlippen auf der Luftseite der Dichtung verwendet, die ebenfalls an der Welle anliegen. Diese sind aber natürlich durch den Kontakt mit der Welle ebenso einem ständigen Verschleiß durch dazwischen geratende, abrasive Schmutzpartikel ausgesetzt. Andererseits bietet eine nicht anliegende Staublippe nur einen begrenzten Schutz. Eine deutliche Verbesserung für die Dichtwirkung und Haltbarkeit solcher Radialwellendichtungen wurde schließlich mit einem System erreicht, bei dem durch ein integriertes Laufflächenelement mit einseitig hochgezogenem Rand Schmutz von den Dichtlippen und Staublippen ferngehalten wird. Das Laufflächenelement der Dichtung wird direkt auf die Welle aufgepresst, so dass die Dichtung nicht mehr auf der Welle selbst läuft, sondern auf der integrierten Lauffläche dieses Elements. Dieses Dichtungssystem ist auch unter dem Begriff „Flat Install”-Dichtung bekannt.
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Ein Nachteil solcher und anderer Wellendichtringe mit integrierter Lauffläche ist, dass eine Bearbeitung der Lauffläche oder eine Veränderung des Materials dieses Laufflächenelements nur mit einigem Aufwand möglich ist. Das Laufflächenelement muss einerseits über die Beschaffenheit der Oberfläche eine gute Abdichtung ermöglichen, andererseits muss es die gesamte Dichtkraft aufnehmen und fest auf der Welle aufsitzen. Durch die komplexe Form mit hochgezogenem Rand und die notwendigen Materialbedingungen muss dieses Laufflächenelement in einem aufwändigen und kostenintensiven mechanischen Bearbeitungsprozess hergestellt werden, um die notwendige Oberflächenqualität der Lauffläche zu erreichen.
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Es ist daher Aufgabe der Erfindung, einen Wellendichtring bereitzustellen, der eine integrierte Lauffläche und gleichzeitig eine vereinfachte Bearbeitung dieser Lauffläche erlaubt. In der japanischen Patentschrift
JP 2007 177 815 A ist eine Radialwellendichtung beschrieben, bei der mittels eines aufgebrachten Rings eine gestufte Oberfläche geschaffen wird, um das Umklappen der Dichtlippen und damit das Versagen der Dichtung im Betrieb zu verhindern.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Im folgenden werden beispielhafte Ausführungsformen der Erfindung unter Bezugnahme auf die Zeichnungen genauer beschrieben, wobei
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1 zwei Wellendichtringe nach dem Stand der Technik im Schnitt zeigt;
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2 eine erfindungsgemäße Dichtungsanordnung im Schnitt zeigt; und
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3 eine alternative erfindungsgemäße Anordnung mit einem Hülsenanschlag zeigt.
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Beschreibung beispielhafter Ausführungsformen
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In 1a ist ein Radialwellendichtring nach dem Stand der Technik gezeigt. Wie bereits in der Einleitung beschrieben, wird die Dichtwirkung einer solchen Dichtung über die Anpressung einer elastomeren Dichtlippe 2, z. B. aus PTFE, in radialer Richtung an die Welle 10 erreicht. Die Dichtlippe 2 ist auf einem Träger 4 angebracht, der fest mit einem Gehäuse verbunden sein kann oder z. B. dort eingepresst werden kann. Um eine gute Abdichtung zu erreichen und den Abrieb und somit Verschleiß der Dichtlippe möglichst gering zu halten, sind hohe Anforderungen an die Oberflächenqualität der Welle 10 im Kontaktbereich 12 der Dichtlippe 2 gestellt. Unter anderem darf die Oberflächenrauheit üblicherweise bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten, und eine Schleifstruktur, die zusammen mit der Drehbewegung der Welle Fluid in den Dichtraum fördern könnte, muss vermieden werden. Daher muss die Welle in diesem Bereich 12 entsprechend durch Schleifverfahren bearbeitet werden. Allerdings sorgen Schmutzpartikel, die im Betrieb von der Luftseite oder auch der Fluidseite der Wellendichtung bis zur Dichtlippe vordringen, für einen ständigen Verschleiß der Dichtung durch Abrieb. Sowohl die Dichtlippe 2 als auch die bearbeitete Lauffläche der Welle 10 kann durch abrasive Partikel beschädigt werden und die Dichtwirkung verschlechtern oder sogar aufheben. Eine ebenfalls an der Welle anliegende Staublippe 6 kann das Eindringen von Schmutz und Staub bis zu einem gewissen Grad verringern, ist aber demselben Verschleiß ausgesetzt und kann besonders unter harten Betriebsbedingungen eine Leckage nicht vollständig verhindern.
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1b zeigt ein weiteres Wellendichtring-System. Um eindringende Schmutzpartikel von der Dichtlippe
2 fernzuhalten, wird in diesem System neben dem eigentlichen Dichtelement ein zusätzliches Laufflächenelement
20 verwendet, das direkt auf der Welle
10 aufgebracht und fixiert wird. Das Laufflächenelement
20 läuft mit der Welle
10 mit und umfasst mindestens einen hülsenförmigen Bereich. Die Dichtlippe
2 des Dichtelements, die wieder auf einem Trägerelement
4 aufgebracht bzw. angespritzt ist, steht somit in Kontakt mit einem Bereich des Laufflächenelements
20, so dass anstelle der Oberfläche der Welle
10 nun die Oberfläche des Laufflächenelements
20 im Dichtungsbereich entsprechend bearbeitet werden muss. An mindestens einer Seite ist der Rand des Laufflächenelements
20 in diesem Beispiel radial nach oben gezogen, also näherungsweise senkrecht zur Wellenoberfläche. Im Bereich dieses hochgezogenen Rands sind vom Trägerelement
4 wegführend vor der Dichtlippe zwei nicht an der Lauffläche anliegende Staublippen in näherungsweise axialer
22 bzw. radialer
24 Richtung vorgesehen, so dass eine Art labyrinthische Kammer entsteht, welche ein Vordringen von Schmutzpartikeln bis zur Dichtlippe
2 effektiv verhindert. Der Effekt wird zusätzlich durch die Fliehkraft im Betrieb verstärkt, da Partikel, die nur in den ersten Teilbereich der Dichtung eindringen, durch die Drehbewegung der Welle
10 und damit des Laufflächenelements
20 wieder herausgeschleudert werden können und nicht weiter zur Dichtlippe gelangen. Wenn der hochgezogene Laufflächenrand so gestaltet wird, dass er mit dem Rand des Dichtelements abschließt, kann die vollständige Dichtung (also Dichtelement und Laufflächenelement) auf einfache Weise mittels eines planen Werkzeugs in das Wellengehäuse eingepresst werden. Dieses Dichtungssystem ist unter dem Namen „Flat Install” bekannt; weitere Details sind beispielsweise der
WO 03/083330 zu entnehmen.
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Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung wird nun auf ein Laufelement 20 einer beliebigen integrierten Wellendichtung, das im Einsatz direkt auf die Welle 10 aufgesetzt wird, ein zusätzliches Bauteil in Form einer Hülse 30 aufgebracht. Eine beispielhafte Ausführungsform, basierend auf dem System aus 1b, ist in 2 gezeigt. Diese Laufhülse 30 kann nach Bedarf bearbeitet werden und aus geeigneten Materialien hergestellt werden. Wie aus der Zeichnung ersichtlich ist, wird die Laufhülse mindestens in dem Kontaktbereich der Dichtung angeordnet, so dass die Außenfläche der Laufhülse nun die Lauffläche der Dichtung bildet. Somit ist keine Bearbeitung der Oberfläche des komplex gestalteten Laufelements mehr nötig, sondern die gesamte Oberflächenbearbeitung sowie die Materialauswahl für die Lauffläche kann auf die deutlich einfacher herzustellende Hülse verlagert werden. Die übrigen Bestandteile des Dichtungssystems können beliebig aufgebaut sein, in dem Beispiel aus 2 sind wieder das Trägerelement 4 mit den angespritzten Staublippen 22 und 24 vorhanden.
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Die Hülse 30 kann auch mit sehr geringer Materialdicke gefertigt werden, da die gesamte Krafteinwirkung der Dichtung auf das direkt darunter liegende Laufelement 20 übertragen wird. Aus demselben Grund können auch Materialien verwendet werden, die für das Laufelement selbst nicht in Frage kommen würden. Mögliche Materialien sind unter anderem Stahl, wie etwa korrosionsfreier Stahl, aber auch Aluminium, hochfeste Kunststoffe, Keramiken und jedes andere als Lauffläche geeignete Material. Damit kann auch die Dichtwirkung im Vergleich zu bisherigen Dichtungen noch wesentlich verbessert werden, da nun beim Auswahl des Materials für die Laufhülse 30 und der anliegenden Dichtlippe 2 nur auf optimale Dichteigenschaften der jeweiligen Materialpaarung geachtet werden muss, während die übrigen Eigenschaften und Materialkosten für solche dünnen Hülsen nur eine vergleichsweise geringe Rolle spielen. Es sollte beachtet werden, dass die in 2 und 3 gezeigten Größenverhältnisse nicht den tatsächlichen Materialdicken entsprechen sollen, sondern nur zur Skizzierung des Dichtungsaufbaus gewählt wurden.
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Die Herstellung solcher Hülsen kann sehr einfach durch Bearbeitung entsprechender Rohre erreicht werden. Die Oberfläche beliebig langer Rohrstücke kann wie gewünscht bearbeitet werden, und anschließend oder sogar im gleichen Bearbeitungsschritt können die Rohrstücke durch herkömmliche Trennverfahren auf die benötigte Hülsenlänge geschnitten werden. Somit ist eine gleichzeitige Bearbeitung einer Vielzahl von Hülsen möglich, was sowohl Fertigungszeiten als auch Kosten im Vergleich zur Herstellung einzelner, oberflächenbehandelter Laufflächenelemente deutlich reduziert. Da die Länge einer Hülse leicht zu verändern ist, können so auch in wenigen Schritten Hülsen für unterschiedliche Dichtungsmodelle hergestellt werden. Somit könnten bestimmte Laufflächen auf diese Weise als Hülsen standardisiert werden und in Dichtungen verschiedener Bauart eingesetzt werden.
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Als Bearbeitung der Oberfläche kommen beispielsweise Schleifprozesse in Frage, wobei für die Bearbeitung von Rohren bekannte Standardschleifverfahren angewendet werden können. Ebenso können Drehverfahren oder andere spanende Bearbeitungsverfahren zur Herstellung der gewünschten Oberfläche eingesetzt werden. Üblicherweise wird als Lauffläche eine Oberfläche hoher Güte mit einer maximalen Rauheit und drallfreiem Schliff gewünscht, doch es ist ebenso möglich, bestimmte Schliffbilder zu erzeugen, so dass eine Mikrostruktur mit bestimmten Funktionen entsteht. Eine solche Struktur kann wiederum, insbesondere im Zusammenspiel mit der Dichtlippe und anderen Bestandteilen der Dichtung, die Dichtwirkung verbessern.
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Die Oberfläche kann außerdem optional z. B. durch Härten des Rohres oder einzelner Hülsen, durch Aufbringen von Hartbeschichtungen (wie etwa Titanoxidschichten) oder anderen Schutzschichten vor Abnutzung geschützt werden. Wieder ergibt sich ein Vorteil daraus, dass nicht das gesamte, auf der Hülse aufgebrachte Laufelement mit solchen Verfahren behandelt werden muss, sondern nur die Laufhülse selbst, die sich auf den geringen Bereich der Dichtlippe beschränken kann und damit wesentlich schmaler als das ganze Laufelement sein kann. Andererseits ist, je nach Einsatzbereich, nicht zwingend eine Beschichtung oder andere Behandlung der Laufhülse notwendig. Zum Beispiel treten beim Einsatz von Edelstahl keine Probleme mit Korrosion auf.
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Die fertige Hülse wird dann schließlich auf das Laufelement der Dichtung aufgebracht. Die Fixierung der Hülse auf diesem Element kann beispielsweise durch Aufpressen, Aufschrumpfen (z. B. im Fall von Kunststoffhülsen) oder Aufkleben erreicht werden. Die Wahl des Fixierungsverfahren und der verwendeten Hilfsmittel (Klebemittel, Hitzeeinwirkung etc.) hängt wesentlich von den verwendeten Materialien für Laufelement und Hülse sowie vom gewünschten Einsatzbereich der Dichtung ab.
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Bei der Herstellung einer Dichtung mit integriertem Laufelement kann das Laufelement 20 mit einer geringen Vertiefung 26 von der Länge der Hülse oder mit mindestens einem Anschlag 26 versehen werden, so dass die Laufhülse beim darauffolgenden Aufschieben automatisch in der richtigen Position angeordnet wird. Dies ist in 3 skizziert. Die Vertiefung im Laufelement kann zum Beispiel so bemessen sein, dass nach Aufbringen der Laufhülse eine stufenlose Fläche entsteht, so dass also die Dicke des Laufelements im Bereich der Hülse gerade um die Dicke der Laufhülse selbst verringert ist. Die Länge der Vertiefung soll mindestens der Länge der Laufhülse entsprechen, kann sich aber auch einseitig bis zum Ende des Laufelements (wie in 3) oder über fast die gesamte Länge des Laufelements erstrecken. Insbesondere für den Fall von aufgeschrumpften Laufhülsen kann das Laufelement auch beidseitig leichte Anschläge aufweisen, oder sowohl Länge als auch Tiefe der Vertiefung können im wesentlichen der Abmessung der Laufhülse entsprechen, so dass eine feste Einbauposition für die Hülse gebildet wird.
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Ebenso kann auf dem Laufelement eine Struktur vorgesehen sein, die den Halt der Hülse auf dem Laufelement verbessert. Wahlweise kann auch die Innenseite der Laufhülse mit einer entsprechenden Struktur versehen werden, so dass die beiden Strukturen zumindest teilweise ineinandergreifen und einen festen Sitz der Hülse sicher stellen. Alternativ kann die Laufhülse auf der Innenseite mit einer Beschichtung (z. B. elastomere Schicht) versehen werden, die den Halt auf dem Laufelement verbessert, oder bereits in einem der vorherigen Schritte (z. B. noch als ganzes Rohr) innen mit einem Klebemittel beschichtet werden, um das anschließende Aufkleben der Hülse zu vereinfachen.
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Da die Hülse direkt auf das Laufelement aufgebracht wird, kann die fertige Dichtung im Fall der oben beispielhaft beschriebenen Flat-Install-Systeme weiterhin problemlos in einem Teil mittels eines planen Werkzeugs gegen das Kurbelgehäuse eingepresst werden. Auf diese Weise ist auch die einfache Handhabung durch den Benutzer weiter gewährleistet. Insgesamt verändert die erfindungsgemäße Laufhülse den generellen Aufbau von Wellendichtungen mit integrierter Lauffläche nicht, so dass alle Vorteile der Laufflächenintegration vollständig bestehen bleiben. Damit ist ein Einsatz solcher Laufhülsen auch bei jedem beliebigen Wellendichtungssystem möglich und nicht auf die als Beispiel beschriebenen Flat-Install-Dichtungen beschränkt. Die zusätzliche Hülse auf dem Laufelement ist bei anderen Dichtungen mit PTFE-Dichtlippen, aber ebenso auch mit anderen Dichtanordnungen einsetzbar. Bei Abnutzung der Lauffläche ist es auch möglich, die teuren Trägerelemente der Dichtung, also das Laufelemente und das eigentliche Dichtelement, zu erhalten und nur die Hülse selbst auszutauschen.