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Stand der Technik
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Die
Erfindung geht aus von einem Verfahren zur Ansteuerung von Rückhaltemitteln
nach der Gattung des unabhängigen Patentanspruchs 1, und
von einer korrespondierenden Vorrichtung zur Ansteuerung von Rückhaltemitteln
nach der Gattung des unabhängigen Patentanspruchs 9.
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Die
derzeitigen für die Seitencrashsensierung eingesetzten
Algorithmen arbeiten in der Regel ohne eine Crashtypdifferenzierung
zwischen verschiedenen Arten von Seitencrashs, wie beispielsweise
Pfahlseitencrashs oder Barrierenseitencrashs. Das bedeutet, dass
es nur eine generelle Auslöseschwelle gibt, bei deren Überschreitung
alle für den Seitencrash relevanten pyrotechnischen Zündmittel für
Seitenairbags, Vorhangairbags, Gurtstraffer usw. angesteuert werden.
Eine Veränderung dieser Auslöseschwelle in Abhängigkeit
eines erkannten Crashtyps wird nicht vorgenommen.
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In
der Offenlegungsschrift
DE
102 52 227 A1 wird ein Verfahren zur Ansteuerung von Rückhaltemitteln
beschrieben. Das beschriebene Verfahren erzeugt mindestens ein aufprallkennzeichnendes
Signal. Ab der Erkennung eines Aufpralls werden zeitlich definierte
Chrash-Phasen vorgegeben und für jede Crash-Phase werden
anhand des mindestens einen Signals ein Crash-Typ und eine Crash-Schwere
bestimmt. In Abhängigkeit von der Crash-Schwere und/oder
des Crash-Typs werden die entsprechenden Rückhaltemittel
angesteuert.
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In
der Patentschrift
US 6,095,553 werden
ein Seitenaufprallsystem und ein Verfahren zum Auslösen
eines Seitenairbags in einem Fahrzeug beschrieben. Das beschriebene
Seitenaufprallsystem umfasst zur Unterscheidung von verschiede nen
Aufprallarten mehrere Beschleunigungssensoren, wobei ein erster
Beschleunigungssensor zur Erkennung eines Pfahlseitencrashs im mittleren
Bereich einer Fahrzeugtür angeordnet ist, und wobei ein
zweiter Beschleunigungssensor zur Erkennung eines Barrierenseitencrashs
im seitlichen Bodenbereich des Fahrzeugs angeordnet ist. Zudem ist
ein weiterer Beschleunigungssensor als Sicherheitssensor an einem
sicheren Ort im Fahrzeug angeordnet. Die Beschleunigungssensoren
werden von einem Steuermodul ausgewertet, das mit den Sensoren verbunden
ist und ein Auslösesignal für den Seitenairbag
erzeugt, wenn der Sicherheitssensor und der erste Beschleunigungssensor
und/oder der zweite Beschleunigungssensor eine ausreichend hohe
laterale Beschleunigung detektieren, was auf einen Seitenaufprall
hinweist.
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Offenbarung der Erfindung
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Das
erfindungsgemäße Verfahren zur Ansteuerung von
Rückhaltemitteln mit den Merkmalen des unabhängigen
Patentanspruchs 1 hat demgegenüber den Vorteil, dass mindestens
zwei aufprallkennzeichnende zur Seitencrashklassifikation erzeugten
Signale auf unterschiedlichen physikalischen Größen
mit verschiedenen Crashcharakteristika basieren. Die unterschiedlichen
physikalischen Größen werden bei der Auswertung
zur Seitencrashklassifizierung miteinander kombiniert, um einen Pfahlseitencrash
und/oder einen Barrierenseitencrash zu erkennen und vorhandene Rückhaltemittel
in Abhängigkeit von der Seitencrashklassifizierung variabel
anzusteuern. Durch die erfindungsgemäße Unterscheidung
von Seitencrashs nach den Crashtypen ”Pfahlseitencrash” gegenüber ”Barrierenseitencrash” kann
die Rückhaltewirkung der Zündmittel für
die seitlichen Rückhaltemittel auf die verschiedenen Crashszenarien
optimiert werden. So kann beispielsweise aufgrund der nun vorliegenden
Crashtypinformation die Empfindlichkeit bzw. die Höhe der
Auslöseschwelle im eigentlichen Seitencrashalgorithmus auf
den vorliegenden Crashtyp optimiert werden. Noch weitergehend kann
der Seitencrashalgorithmus selbst durch Aufteilung in verschiedene
crashtypspezifische Pfade, die nur bei Vorliegen des jeweiligen Crashtyps
durchlaufen werden, verbessert werden. Mit diesen Maßnahmen
können die Auslösezeiten für die schnellen
Must-Fire-Seitencrashs sowie die Robustheit gegen langsamere No-Fire-Crashs
für die verschiedenartigen Crashtypen getrennt optimiert werden.
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Zusätzliches
Potenzial besteht darin, weitere Rückhaltemittel nur bei
Vorliegen eines bestimmten Crashtyps zur aktivieren, z. B. die Zündung
von Gurtstraffern bei einem Seitencrash nur im Fall eines Pfahlseitencrashs
vorzunehmen. Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht
zudem auch eine Erkennung von schwierig zu klassifizierenden schwachen Barrierenseitencrashs.
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Die
erfindungsgemäße Vorrichtung zur Ansteuerung von
Rückhaltemitteln umfasst zur Erzeugung von aufprallkennzeichnenden
Signalen mindestens zwei Sensoreinheiten und eine Auswerte- und Steuereinheit,
welche die erzeugten aufprallkennzeichnenden Signale empfängt
und zur Seitencrashklassifikation auswertet. Die mindestens zwei
Sensoreinheiten erzeugen in vorteilhafter Weise zwei aufprallkennzeichnende
Signale als unterschiedliche physikalische Größen
mit verschiedenen Crashcharakteristika, wobei die Auswerte- und
Steuereinheit die unterschiedlichen physikalischen Größen
bei der Auswertung zur Seitencrashklassifizierung miteinander kombiniert,
um einen Pfahlseitencrash und/oder einen Barrierenseitencrash zu
erkennen und die Rückhaltemittel in Abhängigkeit
von der Seitencrashklassifizierung variabel anzusteuern.
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Durch
Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung erfolgt die
Seitencrashklassifikation beispielsweise durch eine kombinierte
Auswertung von Signalen einer Drucksensoreinheit und eine Beschleunigungssensoreinheit,
wobei die beiden Sensoreinheiten vorzugsweise in der seitlichen
Fahrzeugperipherie angeordnet sind. Typischerweise wird die Drucksensoreinheit
in der Fahrzeugtür und die Beschleunigungssensoreinheit
an der B-Säule oder am Schweller angeordnet. Zur Diskriminierung werden
die verschiedenen Crasheigenschaften der von den verschiedenen Sensoreinheiten
erzeugten Signale ausgenutzt. So stellt ein Pfahlseitencrash beispielsweise
eine räumlich begrenzte Intrusion dar, d. h. ein Volumen,
welches beim Pfahlseitencrash in der Tür deformiert wird,
ist eher klein und das korrespondierende Drucksignal daher vergleichsweise schwach.
Ein in der Nähe des Pfahlauftreffpunkts angeordneter Beschleunigungssensor
misst dagegen wegen der starken lokalen Intrusion des Pfahls relativ schnell
ein vergleichsweise starkes Beschleunigungssignal. Bei einem Barrierenseitencrash
ist die Lage genau umgekehrt. Aufgrund der großflächigen Barriere
wird ein großes Volumen in der Tür deformiert,
und das Drucksignal steigt schnell auf hohe Werte an. Dagegen ist
das Beschleunigungssignal vergleichsweise gering bzw. steigt nur
langsam an, da die Kraft der Barriere großflächig
auf das Fahrzeug eingeleitet wird und sich nicht auf einen Auftreffpunkt
konzentriert.
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Durch
die in den abhängigen Ansprüchen aufgeführten
Maßnahmen und Weiterbildungen sind vorteilhafte Verbesserungen
des im unabhängigen Patentanspruch 1 angegebenen Verfahrens
zur Ansteuerung von Rückhaltemitteln und der im unabhängigen
Patentanspruch 9 angegebenen Vorrichtung zu Ansteuerung von Rückhaltemitteln
möglich.
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Besonders
vorteilhaft ist, dass ein erstes aufprallkennzeichnendes Signal
ein Beschleunigungssignal und/oder ein bearbeitetes Beschleunigungssignal
zur Verfügung stellt, das bei einem Pfahlseitencrash einen
starken Anstieg aufweist und bei einem Barrierenseitencrash einen
schwachen Anstieg aufweist, wobei ein zweites aufprallkennzeichnendes
Signal ein Drucksignal und/oder ein bearbeitetes Drucksignal zur
Verfügung stellt, das bei einem Pfahlseitencrash einen
schwachen Anstieg aufweist und bei einem Barrierenseitencrash einen
starken Anstieg aufweist. Das erzeugte Beschleunigungssignal kann
beispielsweise durch eine Tiefpassfilterung und/oder durch mindestens
eine Integration bearbeitet werden, um auf dem Beschleunigungssignal
basierende Signale zu erzeugen, die einfacher und sicherer ausgewertet
werden können. Dadurch ist es in vorteilhafter Weise möglich,
den oszillatorischen Charakter der erzeugten Beschleunigungssignale
zu unterdrücken und eine einfache und sichere Auswertung
zu ermöglichen. Das erzeugte Drucksignal kann beispielsweise
ebenfalls durch eine Tiefpassfilterung und/oder durch eine vorgebbare
Verzögerung bearbeitet werden, um auf dem Drucksignal basierende Signale
zu erzeugen, die einfacher und sicherer ausgewertet werden können.
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In
Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens
können die beiden aufprallkennzeichnenden Signale und/oder
bearbeitete aufprallkennzeichnende Signale für die Auswertung
als Achsen eines zweidimensionalen Merkmalsraums verwendet werden,
in dem eine Trajektorie eines korrespondierenden Seitencrash abgebildet
wird, wobei ein Barriereseitencrash erkannt wird, wenn die Trajektorie
in diesem Merkmalsraum einen steilen Anstieg aufweist, wobei ein
Pfahlseitencrash erkannt wird, wenn die Trajektorie in diesem Merkmalsraum
einen flachen Anstieg aufweist, und wobei eine Unterscheidung zwischen
den beiden Seitencrashtypen unter Verwendung einer Trennungskennlinie
durchgeführt wird.
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Diese
Trennungskennlinie kann als vom Beschleunigungssignal abhängige
Schwelle auf das Drucksignal interpretiert werden. Übersteigt
das Drucksignal oder ein verwendetes auf dem Drucksignal basierendes
Signal eine zugehörige Schwelle, die vom momentanen Beschleunigungssignal
oder von einem verwendeten auf dem Beschleunigungssignal basierenden
Signal bestimmt wird, dann wird ein Barriereseitencrash erkannt.
Die Kennlinienwerte können in vorteilhafter Weise als Applikationsparameter
gewählt werden, wobei die Trennungskennlinie typischerweise
monoton steigend ausgeführt wird. Zusätzlich oder
alternativ kann aus den beiden aufprallkennzeichnenden Signalen
und/oder den bearbeiteten aufprallkennzeichnenden Signalen für
die Auswertung ein Quotient gebildet werden, der gegen einen konstanten
und/oder veränderbaren Schwellwert verglichen wird, wobei
ein Barrierenseitencrash erkannt wird, wenn der Schwellwert überschritten wird.
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In
weiterer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens
können ein Grad der Tiefpassfilterung und/oder Integrationsparameter
und/oder Verzögerungsparameter und/oder Parameter der Trennungskennlinie
und/oder der Schwellwert als Applikationsparameter eingestellt werden,
wobei der Schwellwert in Abhängigkeit von einer Timerfunktion und/oder
des Beschleunigungssignals und/oder des bearbeiteten Beschleunigungssignals
verändert werden kann.
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Da
die Drucksignale generell etwas schneller ansteigen als Beschleunigungssignale
laufen die meisten Crashtrajektorien im oben beschriebenen zweidimensionalen
Merkmalsraum zunächst hauptsächlich entlang der
Drucksignalachse nach oben, und erst mit dem später einsetzenden
Beschleunigungsanstieg setzt auch die Bewegung nach rechts entlang
der Beschleunigungssignalachse ein. Dies erschwert die Unterscheidbarkeit
im zweidimensionalen Merkmalsraum insbesondere bei schwachen Barrierenseitencrashs,
die im Vergleich zu Pfahlseitencrashs keinen nennenswert stärkeren
Druckanstieg aufweisen. Im zweidimensionalen Merkmalsraum lassen
sich diese beiden Crasharten nicht trennen, da der Druckanstieg
schon erfolgt ist, bevor der Beschleunigungsanstieg einsetzt. Eine
entscheidende Verbesserung erzielt man hier, indem man als Drucksignal
ein verzögertes Drucksignal verwendet. Das Drucksignal
wird so lange verzögert, dass es zeitlich in etwa mit dem
Anstieg des Beschleunigungsmerkmals zusammenfällt. Trägt
man nun das verzögerte Drucksignal gegenüber dem
Beschleunigungssignal auf, so ist eine Unterscheidbarkeit im zweidimensionalen
Merkmals raum in vorteilhafter Weise gegeben. Ein verzögertes
Drucksignal kann leicht durch Zwischenspeicherung der originalen Drucksignale
erreicht werden, wobei die Größe der Verzögerung
in vorteilhafter Weise als Applikationsparameter ausgewählt
werden kann. Eine Alternative hierzu ist eine Tiefpassfilterung
der Drucksignale, wobei die Verzögerung sich dann durch
die Laufzeitverzögerung des Filters ergibt. In vorteilhafter
Weise kann dann der Grad der Tiefpassfilterung als Applikationsparameter
eingestellt werden.
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In
weiterer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens
beginnt die Auswertung in vorteilhafter Weise erst, wenn die beiden
aufprallkennzeichnenden Signale und/oder die bearbeiteten aufprallkennzeichnenden
Signale mindestens einen Startschwellwert überschreiten.
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In
Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Vorrichtung
umfassen die Rückhaltemittel mindestens einen adaptiven
Seitenairbag, der eine erste und zweite Airbagstufe und/oder ein
adaptives Ventil zur Regelung des Drucks im Seitenairbag umfasst,
wobei die Auswerte- und Steuereinheit bei einem erkannten Pfahlseitencrash
beide Airbagstufen des Seitenairbags aktiviert und/oder das adaptive
Ventil nach der Aktivierung des Seitenairbags geschlossen hält,
um den Druck zu erhalten, und wobei die Auswerte- und Steuereinheit
bei einem erkannten Barrierecrash nur eine Airbagstufe des Seitenairbags
aktiviert und/oder das adaptive Ventil nach der Aktivierung des
Seitenairbags öffnet, um den Druck abzusenken.
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Somit
ermöglichen Ausführungsformen der vorliegenden
Erfindung, dass eine Feinjustierung der Rückhaltewirkung
der Seitenairbags vorgenommen werden kann. So kann im Falle eine
Pfahlseitencrashs, der sich durch eine hohe lokale Intrusion auszeichnet,
ein möglichst harter Seitenairbag eingestellt werden, in
dem beide Airbagstufen gezündet werden bzw. das adaptive
Ventil nach der Aktivierung des Seitenairbags geschlossen bleibt.
Im Gegensatz dazu können die Belastungswerte für
den Insassen bei Barrierencrashs durch einen etwas weicheren Seitenairbags
optimiert werden. Dies wird erreicht, indem nur eine Airbagstufe
gezündet wird bzw. das adaptive Ventil nach Auslösung
des Seitenairbags mit einer gewissen Verzögerungszeit geöffnet
wird, um kontrolliert Luft abzulassen. Daher optimiert die crashtypoptimierte
Anpassung der Rückhaltesysteme bei einem Seitencrash in
vorteilhafter Weise die Belastungswerte für den Insassen
und reduziert das Verletzungsrisiko.
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Ausführungsbeispiele
der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden in
der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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1 zeigt
ein schematisches Blockdiagramm eines Fahrzeugs mit einer Ausführungsform einer
erfindungsgemäßen Vorrichtung zur Ansteuerung
von Rückhaltemitteln.
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2 zeigt
eine schematische Darstellung einer Pfahlseitencrashtrajektorie
gegenüber einer Barrierenseitencrashtrajektorie in einem
zweidimensionalen Merkmalsraum.
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3 zeigt
eine schematische Darstellung von zeitlichen Verläufen
eines Drucksignal, eines verzögerten Drucksignals und eines
Beschleunigungssignals bei einem schwachen Barrierenseitencrash.
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4 zeigt
eine schematische Darstellung von zeitlichen Verläufen
eines Drucksignal, eines verzögerten Drucksignals und eines
Beschleunigungssignals bei einem Pfahlseitencrash.
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5 zeigt
eine schematische Darstellung einer Pfahlseitencrashtrajektorie
gegenüber einen Barrierenseitencrashtrajektorie im zweidimensionalen
Merkmalsraum, wobei zur Erzeugung der Trajektorien die Drucksignale
verwendet wurden.
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6 zeigt
eine schematische Darstellung einer Pfahlseitencrashtrajektorie
gegenüber einen Barrierenseitencrashtrajektorie im zweidimensionalen
Merkmalsraum, wobei zur Erzeugung der Trajektorien die verzögerten
Drucksignale verwendet wurden.
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Ausführungsformen
der Erfindung
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Wie
aus 1 ersichtlich ist, umfasst eine Vorrichtung zur
Ansteuerung von Rückhaltemitteln 40 mehrere Sensoreinheiten 10, 20 zur
Erzeugung von aufprallkennzeichnenden Signalen 11.1, 11.2, 21.1, 21.2,
die in 3 und 4 darge stellt sind, und eine
Auswerte- und Steuereinheit 30, welche die erzeugten aufprallkennzeichnenden
Signale 11.1, 11.2, 21.1, 21.2 empfängt
und zur Seitencrashklassifikation auswertet. Wie aus 1 weiter
ersichtlich ist, werden auf beiden Seiten des Fahrzeugs 1 Sensoreinheiten 10, 20 verwendet,
die aufprallkennzeichnende Signale 11.1, 11.2, 21.1, 21.2 als
unterschiedliche physikalische Größen mit verschiedene Crashcharakteristiken
erzeugen. So sind erste Sensoreinheiten 10 als Drucksensoreinheiten
ausgeführt und erzeugen Drucksignale 11.1, 11.2.
Zweite Sensoreinheiten 20 sind als Beschleunigungssensoreinheiten
ausgeführt und erzeugen Beschleunigungssignale 21.1, 21.2.
Die Auswerte- und Steuereinheit 30 empfängt die
Drucksignale 11.1, 11.2 und die Beschleunigungssignale 21.1, 21.2 und
führt bei Bedarf in den Blöcken 31, 32, 33, 34 eine
Signalaufbereitung bzw. eine Signalbearbeitung durch. Zudem kombiniert
die Auswerte- und Steuereinheit 30 die unterschiedlichen
physikalischen Größen der erzeugten und/oder bearbeiteten
Drucksignale 11.1, 11.2 bzw. Beschleunigungssignale 21.1, 21.2 bei
der Auswertung zur Seitencrashklassifizierung miteinander, um einen
Pfahlseitencrash und/oder einen Barrierenseitencrash zu erkennen
und die Rückhaltemittel 40 in Abhängigkeit
von der Seitencrashklassifizierung Variabel anzusteuern. Die Sensoreinheiten 10, 20 sind vorzugsweise
in der seitlichen Fahrzeugperipherie angeordnet. Typischerweise
befindet sich die Drucksensoreinheit 10 in der Tür
und die Beschleunigungssensoreinheit 20 an der B-Säule
oder am Schweller.
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Im
dargestellten Ausführungsbeispiel umfassen die Rückhaltemittel 40 mindestens
einen adaptiven Seitenairbag mit einem adaptiven Ventil 47 zur Regelung
des Drucks im Seitenairbag. Die Auswerte- und Steuereinheit 30 aktiviert
bei einem erkannten Pfahlseitencrash den Seitenairbag und hält
das adaptive Ventil 47 nach der Aktivierung des Seitenairbags
geschlossen, um den Druck zu erhalten und einen harten Seitenairbag
zu erzeugen. Bei einem erkannten Barrierecrash aktiviert die Auswerte-
und Steuereinheit 30 den Seitenairbag und öffnet
nach der Aktivierung des Seitenairbags das adaptive Ventil 47 mit
einer vorgegebenen zeitlichen Verzögerung, um den Druck
im Seitenairbag kontrolliert abzusenken und einen weichen Seitenairbag
zu erzeugen. Bei einer alternativen nicht dargestellten Ausführungsform
umfassen die Rückhaltemittel 40 mindestens einen
adaptiven Seitenairbag, der eine erste und zweite Airbagstufe aufweist.
Die Auswerte- und Steuereinheit 30 aktiviert bei einem
erkannten Pfahlseitencrash beide Airbagstufen des Seitenairbags,
um einen harten Seitenairbag zu erzeugen. Bei einem erkannten Barrierecrash
aktiviert die Auswerte- und Steuereinheit 30 nur eine Airbagstufe
des Seitenairbags, um einen weichen Seitenairbag zu erzeugen. Zudem
können die beiden Maßnahmen bei einer weiteren
nicht dargestellten Ausführungsform miteinander kombiniert
werden.
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Nachfolgend
wird unter Bezugnahem auf 1 bis 6 das
erfindungsgemäße Verfahren zur Ansteuerung von
Rückhaltemitteln beschrieben. Das erfindungsgemäße
Verfahren wird verwendet, um im Auslösealgorithmus eine
Crashtypklassifizierung in die Kategorien ”Pfahlseitencrash” und ”Barrierenseitencrash” vorzunehmen.
Basierend auf dieser Information kann dann beispielsweise die Ansteuerung
des adaptiven Ventils 47 unterlassen oder vorgenommen werden.
Die crashtypoptimierte Anpassung der Rückhaltesysteme 40 im
Seitencrash optimiert die Belastungswerte für den Insassen
und reduziert das Verletzungsrisiko.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren ermittelt den Crashtyp
durch eine kombinierte Auswertung von den Signalen 11.1, 11.2 der
Drucksensoreinheit 10 und den Signalen 21.1, 21.2 der
Beschleunigungssensoreinheit 20. Zur Diskriminierung wird
folgendes grundsätzliche Verhalten ausgenutzt: Pfahlcrashs
stellen eine räumlich begrenzte Intrusion dar, d. h. das
Volumen, welches beim Pfahlcrash in der Tür bzw. in der
Fahrzeugseite deformiert wird, ist eher klein und das Drucksignal 11.2 daher
vergleichsweise schwach. Eine in der Nähe des Pfahlauftreffpunkts lokalisierte
Beschleunigungssensoreinheit 20 misst dagegen wegen der
starken lokalen Intrusion des Pfahls schnell ein vergleichsweise
starkes Signal 21.2. Bei Barrierencrashs ist die Lage genau
umgekehrt: wegen der großflächigen Barriere wird
ein großes Volumen in der Tür bzw. in der Fahrzeugseite
deformiert, und das Drucksignal 11.1 steigt schnell auf hohe
Werte an. Dagegen ist das Beschleunigungssignal 21.1 vergleichsweise
gering bzw. steigt nur langsam an, da die Kraft der Barriere großflächig
auf das Fahrzeug 1 eingeleitet wird und sich nicht auf
einen Auftreffpunkt konzentriert.
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Grob
zusammengefasst klassifizieren Ausführungsformen der vorliegenden
Erfindung Pfahlcrashs aufgrund ihrer Charakteristik ”schwacher
Anstieg des Drucksignals und starker Anstieg des Beschleunigungssignals” und
Barrierencrashs aufgrund ihrer Charakteristik ”starker
Anstieg des Drucksignals und schwacher Anstieg des Beschleunigungssignals”.
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Durch
eine Unterscheidung von Seitencrashs nach den Crashtypen ”Pfahlseitencrash” gegenüber ”Barrierenseitencrash” kann
die Rückhaltewirkung der Seitenzündmittel auf
die verschiedenen Crashszenarien optimiert werden. Neben der bereits beschriebenen
Verwendung zur Ansteuerung von adaptiven Ventilen sind auch weitere
Optimierungen denkbar. So können beispielsweise die Empfindlichkeit
bzw. die Höhe der Auslöseschwelle im eigentlichen
Seitencrashalgorithmus auf den vorliegenden Crashtyp optimiert werden.
Außerdem kann der Seitencrashalgorithmus selbst durch eine
Aufteilung in verschiedene crashtypspezifische Pfade, die nur bei Vorliegen
des jeweiligen Crashtyps durchlaufen werden, verbessert werden.
Dadurch können in vorteilhafter Weise die Auslösezeiten
für die schnellen Must-Fire-Seitencrashs sowie die Robustheit
gegen langsamere No-Fire-Crashs für die verschiedenartigen
Crashtypen getrennt optimiert werden.
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Zusätzliches
Potenzial besteht darin, weitere Rückhaltemittel nur bei
Vorliegen eines bestimmten Crashtyps zur aktivieren, z. B. die Zündung
von Gurtstraffern im Seitencrash nur im Fall von Pfahlcrashs vorzunehmen.
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Es
gibt nun verschiedene Möglichkeiten, dieses Trennungsprinzip
in einen Algorithmus umzusetzen. Eine besonders vorteilhafte Möglichkeit
besteht darin, die Trajektorie eines Crashs in einem zweidimensionalen
Merkmalsraum zu betrachten, der beispielsweise in 2, 5 und 6 dargestellt wird.
Auf einer Achse des Merkmalsraums ist dabei beispielsweise ein auf
dem Drucksignal 11.1, 11.2 basierendes Merkmal
p aufgetragen, das im folgenden Druckmerkmal p genannt wird. Auf
der anderen Achse ist ein auf dem Beschleunigungssignal 21.1, 21.2 basierendes
Merkmal a aufgetragen, das im folgenden Beschleunigungsmerkmal a
genannt wird. Beim Druckmerkmal p handelt es sich im einfachsten Fall
um das Drucksignal 11.1, 11.2 selbst, als Beschleunigungsmerkmal
a bietet sich wegen des oszillatorischen Charakters von Beschleunigungssignalen 21.1, 21.2 im
Seitencrash vorzugsweise ein stark tiefpassgefiltertes oder integriertes
oder zweifach integriertes Beschleunigungssignal an. Es kann auch vorteilhaft
sein, das Maximum des Beschleunigungsmerkmals a seit Crashbeginn,
d. h. ein zeitliches Maximum, zu halten, um ein ”Zurücklaufen” der
Trajektorie in x-Richtung zu vermeiden.
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Ein
zweidimensionaler Merkmalsraum ist in 2 dargestellt.
Trajektorien von Barrierenseitencrashs, von denen beispielhaft eine
Trajektorie 41 dargestellt ist, weisen einen starken Druckanstieg
und einen schwachem Beschleunigungsanstieg auf und zeigen im zweidimensionalen
Merkmalsraum einen steilen Anstieg. Trajektorien von Pfahlcrashs,
von denen beispielhaft eine Trajektorie 42 dargestellt
ist, weisen einen schwachen Druckanstieg und einen starken Beschleunigungsanstieg
auf und zeigen im zweidimensionalen Merkmalsraum einen schwachen Anstieg.
Eine Diskriminierung dieser Crashtypen kann nun mittels einer Trennungskennlinie 35 vorgenommen
werden. Diese Trennungskennlinie 35 kann als vom Beschleunigungsmerkmal
a abhängige Schwelle auf das Druckmerkmal p interpretiert
werden. Übersteigt das Druckmerkmal p den zugehörigen,
vom momentanen Beschleunigungsmerkmal a abhängigen Schwellwert,
so wird ein Barrierencrash erkannt. Die Kennlinienwerte sind in
vorteilhafter Weise als Applikationsparameter wählbar,
und typischerweise wird diese Trennungskennlinie 35 als monoton
steigend ausgewählt.
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Das
bislang beschriebene Konzept weist noch einen prinzipiellen Nachteil
auf. Dieser liegt darin begründet, dass Drucksignale 11.1, 11.2 generell etwas
schneller ansteigen als Beschleunigungssignale 21.1, 21.2.
Daher werden zur Seitencrashdetektion auch bevorzugt Drucksensoreinheiten
eingesetzt. Dieser systembedingte Vorteil der Drucksignale 11.1, 11.2 äußert
sich nun derart, dass die meisten Crashtrajektorien im oben beschriebenen
zweidimensionalen Merkmalsraum zunächst hauptsächlich entlang
der p-Achse nach oben laufen, und erst mit dem später einsetzenden
Beschleunigungsanstieg auch die Bewegung nach rechts einsetzt. Dies
erschwert die Trennbarkeit in diesem Merkmalsraum insbesondere für
schwache Barrierencrashs, die im Vergleich zu Pfahlcrashs keinen
nennenswert stärkeren Druckanstieg aufweisen.
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In 3 ist
beispielhaft ein schwacher Barrierencrash und in 4 ist
beispielhaft ein Pfahlcrash dargestellt, die sich im Drucksignal 11.1, 11.2 nicht unterscheiden.
Dagegen zeigt der Pfahlcrash einen stärkeren Anstieg des
Beschleunigungsmerkmals a. Wie aus 5 ersichtlich
ist, in der die Trajektorie 43 den Barrierenseitencrash
und die Trajektorie 44 den Pfahlseitencrash repräsentiert,
lassen sich im zweidimensionalen Merkmalsraum diese beiden Crashs nicht
trennen, da der Druckanstieg schon erfolgt ist, bevor der Beschleunigungsanstieg
einsetzt.
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Eine
entscheidende Verbesserung erzielt man hier, indem man als Druckmerkmal
a ein verzögertes Drucksignal 11.1' bzw. 11.2' verwendet.
Dies wird in 3 und 4 durch
die gestrichelten Drucksignale 11.1' bzw. 11.2' angezeigt,
die gegenüber den ursprünglichen Drucksignalen 11.1 bzw. 11.2 um
eine Zeitspanne T verzögert sind. Hier wurde das entsprechende
Drucksignal 11.1 bzw. 11.2 so weit verzögert,
dass es zeitlich in etwa mit dem Anstieg des Beschleunigungsmerkmals
a zusammenfällt. Trägt man nun als Druckmerkmal
p dieses verzögerte Drucksignal 11.1' bzw. 11.2' gegenüber
dem Beschleunigungsmerkmal a auf, so ist eine Trennbarkeit in diesem
zweidimensionalen Merkmalsraum gegeben. Wie aus 6 ersichtlich
ist, in der die Trajektorie 45 den Barrierenseitencrash
und die Trajektorie 46 den Pfahlseitencrash repräsentiert,
lassen sich im dargestellten zweidimensionalen Merkmalsraum diese
beiden Crashs unter Verwendung einer Trennungskennlinie 36 trennen,
da der Druckanstieg durch die Verzögerung zeitgleich mit
dem Beschleunigungsanstieg einsetzt. Das verzögerte Drucksignal 11.1', 11.2' kann
leicht durch Zwischenspeicherung der originalen Drucksignale 11.1, 11.2 erreicht
werden, wobei die Verzögerungszeitspanne T in vorteilhafter
Weise als Applikationsparameter ausgewählt werden kann.
Eine Alternative hierzu ist eine Tiefpassfilterung der Drucksignale 11.1, 11.2,
wobei die Verzögerung sich dann durch die Laufzeitverzögerung
des Filters ergibt. In vorteilhafter Weise kann dann der Grad der
Tiefpassfilterung als Applikationsparameter eingestellt werden.
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Anstelle
des hier ausgeführten zweidimensionalen Merkmalsraumes
sind auch andere Möglichkeiten zum Vergleich des Druckmerkmals
p und des Beschleunigungsmerkmals a denkbar. Beispielsweise kann
auch der Quotient von Druckmerkmal p und Beschleunigungsmerkmal
a gebildet werden und gegen einen Schwellwert verglichen werden.
Bei Schwellwertüberschreitung wird dann ein Barrierencrash
erkannt. Der Schwellwert selbst kann dabei konstant oder variabel,
beispielsweise als Funktion eines Timers oder des Beschleunigungsmerkmals
a, ausgeführt werden. Auch bei dieser Realisierungsmöglichkeit
bietet die Verzögerung des Druckmerkmals p entscheidende
Performancevorteile.
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In
vorteilhafter Weise beginnt die gesamte oben beschriebene Crashtypdiskriminierung
erst nachdem die Drucksignale 11.1, 11.2 und/oder
Beschleunigungssignal 21.1, 21.2 oder daraus abgeleitete
Merkmale p bzw. a eine gewisse Start schwelle überschritten
haben. So können hier beispielsweise dieselben Startschwellen
wie für den normalen Seitencrashalgorithmus verwendet werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - DE 10252227
A1 [0003]
- - US 6095553 [0004]