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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Fahrzeuges, bei
dem mittels erfasster Fahrzustandsgrößen eine
Hinterachslenkung gesteuert wird.
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Aus
dem Stand der Technik sind verschiedene Verfahren und Vorrichtungen
zur Steigerung einer Fahrsicherheit beim Führen eines Fahrzeuges
bekannt.
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Eine
derartige Vorrichtung zur Stabilisierung eines Fahrzeuges in kritischen
Fahrsituationen offenbart die
DE 10 2004 036 565 A1 , wobei die Vorrichtung
ein Fahrdynamikregelungssystem sowie ein Hinterachslenksystem umfasst.
Dabei ist vorzugsweise eine Verteilereinheit vorgesehen, welche
aus einer Reglerausgangsgröße sowohl eine Stellanforderung
für das Fahrdynamikregelungssystem als auch eine Stellanforderung
für einen Lenksteller des Hinterachslenksystems erzeugt.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Betrieb
eines Fahrzeuges anzugeben, welches die Fahrsicherheit und einen
Komfort insbesondere für einen Fahrer des Fahrzeuges erhöht.
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Die
Aufgabe wird erfindungsgemäß mit einem Verfahren
gelöst, welches die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale
aufweist.
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Vorteilhafte
Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren zum Betrieb eines
Fahrzeuges wird mittels erfasster Fahrzustandsgrößen
eine Hinterachslenkung gesteuert. Erfindungsgemäß wird
die Hinterachslenkung in einem störungsfreien Betrieb des
Fahrzeuges bei einer Überschreitung eines Geschwindigkeitsgrenzwertes deaktiviert,
wobei bei einer gleichzeitig erfassten Querstörung diese
zumindest gemindert oder kompensiert wird, indem die Hinterachslenkung
aktiviert wird und ein Hinterachs-Lenkwinkel eingestellt wird.
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Daraus
ergibt sich in vorteilhafter Weise, dass ein Fahrer des Fahrzeuges
unterstützt und entlastet wird, da dieser die Querstörungen
nicht selbst korrigieren muss. Weiterhin besteht der Vorteil, dass dieser
automatische Lenkeingriff anhand der Einstellung des Hinterachs-Lenkwinkels
keine für den Fahrer störenden Rückwirkungen,
beispielsweise in einem Lenkrad zur Betätigung einer Vorderachs-Lenkung,
verursacht, so dass eine Komforterhöhung erzielt wird.
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Ausführungsbeispiele
der Erfindung werden im Folgenden anhand von Zeichnungen näher
erläutert.
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Dabei
zeigen:
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1 schematisch
ein Einspurmodell eines Fahrzeuges mit Hinterachslenkung,
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2 schematisch
einen zeitlichen Verlauf einer auf das Fahrzeug wirkenden Querstörung,
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3 schematisch
einen zeitlichen Verlauf einer Gierrate des Fahrzeuges bei der wirkenden Querstörung
gemäß 2 mit und ohne Verstellung eines
Hinterachs-Lenkwinkels,
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4 schematisch
einen zeitlichen Verlauf des Hinterachs-Lenkwinkels des Fahrzeuges
bei der wirkenden Querstörung gemäß 2 mit
und ohne Verstellung des Hinterachs-Lenkwinkels gemäß 3,
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5 schematisch
einen zeitlichen Verlauf eines Gierwinkels des Fahrzeuges bei der
wirkenden Querstörung gemäß 2 mit
und ohne Verstellung des Hinterachs-Lenkwinkels gemäß 3,
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6 schematisch
einen zeitlichen Verlauf einer Spurabweichung des Fahrzeuges bei
der wirkenden Querstörung gemäß 2 mit
und ohne Verstellung des Hinterachs-Lenkwinkels gemäß 3,
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7 schematisch
einen Raumbedarf des Fahrzeuges auf einer Fahrbahn bei der wirkenden Querstörung
gemäß 2 mit und ohne Verstellung des
Hinterachs-Lenkwinkels gemäß 3,
und
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8 schematisch
eine Vorrichtung zum Betrieb des Fahrzeuges.
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Einander
entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen
versehen.
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1 stellt
ein Einspurmodell eines dreiachsigen Fahrzeuges F mit einer Vorderachse
VA, einer Antriebsachse AA und einer Hinterachse HA dar, wobei die
Hinterachse als so genannte Nachlaufachse ausgeführt ist.
Das Fahrzeug F umfasst eine Vorderachslenkung VAL und eine Hinterachslenkung
HAL, so dass ein Vorderachs-Lenkwinkel δVA und
ein Hinterachs-Lenkwinkel δHA einstellbar
sind. Durch die zusätzliche Einstellung des Hinterachs-Lenkwinkels δHA ergibt sich insbesondere der Vorteil,
dass ein geringerer Wendekreis des Fahrzeuges F erzielt wird, was
wiederum zu einer Vereinfachung eines Rangiervorganges des Fahrzeuges
F führt. Dabei wird der Hinterachs-Lenkwinkels δHA insbesondere unabhängig von dem
Vorderachs-Lenkwinkel δVA eingestellt.
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Auf
das Fahrzeug F wirkt eine Querstörung QS, bei welcher es
sich um eine Kraft handelt, welche quer zur Längsachse
des Fahrzeuges F auf einen Druckpunkt DP wirkt. Aufgrund einer Hebellänge e
zwischen dem Druckpunkt DP und einem Schwerpunkt SP des Fahrzeuges
F bewirkt die Querstörung QS im dargestellten Ausführungsbeispiel
der Erfindung eine Drehung des Fahrzeuges F um dessen Hochachse,
wobei die Drehung des Fahrzeuges um einen in 5 näher
dargestellten Gierwinkel ψ bezogen auf die Zeit t anhand
der Messgröße Gierrate ψ' wiedergegeben
wird.
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Die
Querstörung QS kann beispielsweise aus Seitenwindböen,
permanentem Seitenwind, einer Fahrbahnquerneigung oder Spurrinnen
in einer Fahrbahnoberfläche resultieren und dazu führen, dass
das Fahrzeug F aus seiner Fahrspur bewegt wird, was zu einer Beeinträchtigung
eines Komforts und einer Fahrsicherheit führt.
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Deshalb
sieht das erfindungsgemäße Verfahren vor, dass
die während eines störungsfreien Betriebes des
Fahrzeuges F bei einer Überschreitung eines Geschwindigkeitsgrenzwertes
deaktivierte Hinterachslenkung HAL bei einer gleichzeitig erfassten
Querstörung QS aktiviert wird und der Hinterachs-Lenkwinkel δHA derart eingestellt wird, dass die Querstörung
QS zumindest gemindert oder kompensiert, d. h. der Gierrate ψ'
entgegengewirkt wird. Dadurch ist es vorteilhafter Weise möglich,
dass einerseits ein manueller Eingriff eines Fahrers des Fahrzeuges
F entfallen kann oder dass dieser zumindest unterstützt
wird und andererseits der Eingriff in den Betrieb des Fahrzeuges
F nicht zu negativen Rückwirkungen insbesondere in einem
Lenkrad des Fahrzeuges F führt.
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In
dem störungsfreien Betrieb des Fahrzeuges F, d. h. wenn
keine Querstörung QS erfasst wird, wird die Hinterachslenkung
HAL wie bereits beschrieben bei Überschreitung des vorgegebenen
Geschwindigkeitsgrenzwertes zur Erhöhung der Sicherheit
deaktiviert.
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In 2 ist
ein Verlauf der Querstörung QS, welche auf das Fahrzeug
F wirkt, in Abhängigkeit von der Zeit t idealisiert dargestellt.
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Die 3 bis 7 zeigen
zeitliche Verläufe verschiedener Fahrzustandsgrößen
des Fahrzeuges F bei der wirkenden Querstörung QS gemäß 2. Dabei
sind die Verläufe der Fahrzustandsgrößen
des Fahrzeuges F mit und ohne Verstellung des Hinterachs-Lenkwinkels δHA dargestellt.
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Da
gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen
Verfahrens eine Änderungsgeschwindigkeit des Hinterachs-Lenkwinkels δHA auf eine Maximalgeschwindigkeit vmax1 oder vmax2 begrenzt
wird, sind die Fahrzustandzustandsgrößen bei der
Verwendung von zwei verschiedenen Maximalgeschwindigkeiten vmax1 und vmax2 dargestellt,
wobei die zweite Maximalgeschwindigkeit vmax2 größer
als die erste Maximalgeschwindigkeit vmax1 ist,
d. h. der Lenkwinkel δHA wird bei
der Verwendung der zweiten Maximalgeschwindigkeit vmax2 schneller
geändert als bei der Verwendung der ersten Maximalgeschwindigkeit
vmax1.
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In
der 3 ist der zeitliche Verlauf der Gierrate ψ'
dargestellt, wobei die Querstörung QS mit steigender Änderungsgeschwindigkeit
des Hinterachs-Lenkwinkels δHA zunehmend
kompensiert wird, was sich in der Verringerung der Gierrate ψ'
widerspiegelt.
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4 zeigt
den eingestellten Hinterachs-Lenkwinkel δHA bei
einer Einstellung der Änderungsgeschwindigkeit auf die
erste und die zweite Maximalgeschwindigkeit vmax1 bzw.
vmax2. Dabei wird der Hinterachs-Lenkwinkel δHA gemäß einer vorteilhaften
Weiterbildung der Erfindung vorzugsweise auf einem Maximalwert δHAmax begrenzt, um kritische Fahrzustände
zu vermeiden. Dabei ist der Maximalwert δHAmax geringer
ausgebildet, als ein maximaler Hinterachs-Lenkwinkel δHA während des störungsfreien
Betriebes.
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Der
Maximalwert δHAmax kann in einer
nicht näher dargestellten Weiterbildung der Erfindung auch
dynamisch, insbesondere in Abhängigkeit von einer Geschwindigkeit
des Fahrzeuges F, vorgegeben werden.
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Die 5 und 6 zeigen
den Gierwinkel ψ bzw. eine Spurabweichung ΔS des
Fahrzeuges F mit und ohne Verstellung des Hinterachs-Lenkwinkels δHA, wobei für die Änderungsgeschwindigkeit
gemäß den 3 und 4 die
Maximalgeschwindigkeit vmax1 bzw. vmax2 vorgegeben wird.
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Der
Gierwinkel ψ und die Spurabweichung ΔS des Fahrzeuges
F stellen dabei insbesondere die Fahrzustandsgrößen
des Fahrzeuges F dar, welche eine Güte bzw. eine Qualität
einer Kompensation der Querstörung QS mittels der Hinterachslenkung
HAL darstellen.
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Aus
dem Gierwinkel ψ und der Spurabweichung ΔS des
Fahrzeuges F leitet sich weiterhin ein benötigter Raumbedarf
des Fahrzeuges F beim Auftreten der Querstörung QS ab,
welcher in der 7 näher dargestellt
ist.
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Ohne
eine Korrektur des Hinterachs-Lenkwinkels δHA benötigt
das Fahrzeug F einen großen Raumbedarf und schwenkt im
dargestellten Ausführungsbeispiel auf eine benachbarte
Fahrspur, woraus sich gefährliche Verkehrssituationen ableiten
können.
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Mit
der Korrektur des Hinterachs-Lenkwinkels δHA,
insbesondere mit zunehmender Änderungsgeschwindigkeit des
Hinterachs-Lenkwinkels δHA, wird
dieses Schwenken des Fahrzeuges F dagegen verringert bzw. vermieden.
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In 8 ist
eine Vorrichtung 1 zum Betrieb des Fahrzeuges F dargestellt,
anhand welcher die Hinterachslenkung HAL in Abhängigkeit
von den Fahrzustandsgrößen steuerbar ist.
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Die
Vorrichtung umfasst eine erste Erfassungseinheit 1.1, mittels
welcher verschiedene Fahrzustandsgrößen des Fahrzeuges
F, beispielsweise eine Geschwindigkeit, eine Raddrehzahl, eine Längs-
und eine Querbeschleunigung und weitere Fahrzustandsgrößen
erfassbar sind. Dabei ist die erste Erfassungseinheit 1.1 vorzugsweise
Bestandteil weiterer Fahrerassistenzsysteme, wie z. B. einem elektronischen
Stabilitätsprogramm, und somit für verschiedene
Anwendungen gleichzeitig nutzbar.
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Weiterhin
umfasst die Vorrichtung 1 ein Mittel 1.2 zur Ermittlung
des Vorderachs-Lenkwinkels δVA bzw.
des Hinterachs-Lenkwinkels δHA und
einer Änderungsgeschwindigkeit des Vorderachs-Lenkwinkels δVA bzw. des Hinterachs-Lenkwinkels δHA sowie ein Mittel 1.3 zur Schätzung
eines Beladungszustandes des Fahrzeuges F.
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Sowohl
die Änderungsgeschwindigkeit des Vorderachs-Lenkwinkels δVA und des Hinterachs-Lenkwinkels δHA als auch ein Wert, welcher den Beladungszustand
widerspiegelt, werden einer zweiten Erfassungseinheit 1.3 zugeführt,
welche zusätzlich die Querstörung QS in Abhängigkeit
der dieser zugeführten Größen, d. h.
des Vorderachs-Lenkwinkels δVA und
des Hinterachs-Lenkwinkels δHA sowie deren Änderungsgeschwindigkeiten,
erfasst bzw. ermittelt.
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Bei
der zweiten Erfassungseinheit 1.3 handelt es sich beispielsweise
um einen so genannten Seitenwindbeobachter, welcher einen Seitenwind-Einfluss,
der aufgrund eines auf das Fahrzeug F wirkenden Seitenwindes erzeugt
wird, z. B. anhand einer Schätzung ermittelt. Die Schätzung
erfolgt auf der Grundlage von verschiedenen Fahrzustandswerten des
Fahrzeuges F, insbesondere auf der Grundlage eines Querbeschleunigungswerts
und der Gierrate ψ' mittels eines Fahrzeugmodells.
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Anschließend
wird der Wert der Querstörung QS einem Hochpass-Filter 1.5 zugeführt,
welcher ermittelt, ob die Querstörung QS eine konstante
bzw. stationäre Querstörung QS ist. Diese stationären Querstörungen
QS werden vorzugsweise herausgefiltert, d. h. sie werden bei einer
Einstellung des Hinterachs-Lenkwinkels δHA nicht
berücksichtigt, so dass ein stetiges Mitlenken der Hinterachse
HA vermieden wird.
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Gemäß einer
Gewinn bringenden Weiterbildung des erfindungsgemäßen
Verfahrens wird bei der stationären Querstörung
QS ein Lenkmoment einer nicht näher dargestellten Hilfskraftlenkung,
auch Servolenkung genannt, erhöht, so dass der Fahrer des
Fahrzeuges F beim Gegenlenken mittels der Vorderachs-Lenkung VAL
unterstützt wird und ein geringes manuelles Lenkmoment
notwendig ist.
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Ferner
umfasst die Vorrichtung 1 ein Mittel 1.6 zur Plausibilisierung
der mittels der ersten Erfassungseinheit 1.1 und der zweiten
Erfassungseinheit 1.4 erfassten Daten, so dass Fehleingriffe
in die Hinterachslenkung HAL vermieden werden.
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Weiterhin
ist eine Speichereinheit 1.7 zur Speicherung von Aktivierungs-
und Deaktivierungsbedingungen ADB vorgesehen, welche beinhalten, unter
welchen Voraussetzungen die Hinterachslenkung HAL deaktiviert bzw.
aktiviert und der Hinterachs-Lenkwinkel δHA verändert
wird.
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Sowohl
die ermittelte Querstörung QS, die Aktivierungs- und Deaktivierungsbedingungen
DAB und ein Plausibilisierungssignal P werden an eine Recheneinheit 1.8 übertragen,
welche ein Steuersignal X ermittelt, anhand welchem eine Steuereinheit 1.9 den
Hinterachs-Lenkwinkel δHA einstellt.
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- 1
- Vorrichtung
- 1.1
- erste
Erfassungseinheit
- 1.2
- Mittel
- 1.3
- Mittel
- 1.4
- zweite
Erfassungseinheit
- 1.5
- Hochpass-Filter
- 1.6
- Mittel
- 1.7
- Speichereinheit
- 1.8
- Recheneinheit
- 1.9
- Steuereinheit
- ADB
- Aktivierungs-
und Deaktivierungsbedingungen
- F
- Fahrzeug
- AA
- Antriebsachse
- D
- Druckpunkt
- e
- Hebellänge
- HA
- Hinterachse
- HAL
- Hinterachslenkung
- P
- Plausibilisierungssignal
- SP
- Schwerpunkt
- VA
- Vorderachse
- VAL
- Vorderachslenkung
- Vmax1
- Maximalgeschwindigkeit
- Vmax2
- Maximalgeschwindigkeit
- t
- Zeit
- QS
- Querstörung
- X
- Steuersignal
- δHA
- Hinterachs-Lenkwinkel
- δHAmax
- Maximalwert
- ΔS
- Spurabweichung
- δVA
- Vorderachs-Lenkwinkel
- ψ
- Gierwinkel
- ψ'
- Gierrate
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - DE 102004036565
A1 [0003]