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Die
Erfindung betrifft eine Fahrdynamikregelung für ein zweispuriges
Fahrzeug mit zumindest an einer Achse vorgesehenen Radmotoren, mit
denen dem jeweiligen Rad eine positive oder negative Beschleunigung
aufprägbar ist, um ein auf das Fahrzeug einwirkendes Giermoment
zu erzeugen. Zum technischen Umfeld wird beispielshalber auf die
EP 0 754 611 B1 oder
die
DE 103 61 931
A1 verwiesen.
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Dem
Fachmann sind unterschiedliche Konzepte oder Möglichkeiten
für die Fahrdynamikregelung an zweispurigen Fahrzeugen
bekannt. Zumeist gilt es dabei, einen durch eine irgendwie geartete Gierstörung
entstandenen instabilen Fahrzustand durch Aufbringen eines geeignet
entgegengerichtet zum sog. Stör-Giermoment auf das Fahrzeug
einwirkenden Giermomentes in einen stabilen Fahrzustand zu wandeln,
wobei das hierfür erforderliche Giermoment aus einer Regelabweichung
zwischen einer gemessenen Ist-Gierrate und einer anhand eines Modells
errechneten Referenz-Gierrate ermittelt und üblicherweise
durch einseitiges Abbremsen insbesondere eines Fahrzeug-Hinterrades
(im Falle eines zweiachsigen Zweispur-Fahrzeugs) erzeugt wird. Beispielsweise
in den beiden oben genannten Schriften wird alternativ zum Abbremsen – hierbei
handelt es sich um eine negative Beschleunigung – eines Fahrzeug-Rades
ein positives Beschleunigen des anderen Rades dieser Fahrzeug-Achse
mittels eines sog. Radmotors oder Radnabenmotors vorgeschlagen,
der vorzugsweise als Elektromotor ausgebildet ist. Die zweitgenannte
Schrift weist ferner darauf hin, dass ein auch sog. Elektromotor-Radbeschleuniger auch
zum Abbremsen verwendet werden kann, wenn am Rad ein dem Vorwärtsschwung
des Fahrzeugs entgegen gerichtetes Drehmoment aufgebracht wird.
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Hiermit
sollen nun Verbesserungen dieses bekannten Standes der Technik aufgezeigt
werden (= Aufgabe der vorliegenden Erfindung).
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Die
Lösung dieser Aufgabe ist für eine Fahrdynamikregelung
nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 dadurch gekennzeichnet, dass
die Radmotoren einer Achse im Bedarfsfall solchermaßen
angesteuert werden, dass eines der Räder um den im wesentlichen
gleichen Betrag positiv beschleunigt wird, wie das andere Rad negativ
beschleunigt wird, so dass das Fahrzeug hierdurch im wesentlichen
keine Beschleunigung in Längsrichtung erfährt.
Vorteilhafte Aus- und Weiterbildungen sind Inhalt der Unteransprüche.
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Grundsätzlich
ist die Erzeugung eines stabilisierend auf ein Zweispur-Fahrzeug
einwirkenden Giermomentes durch Radmotoren, die ein Rad individuell
(positiv) beschleunigen oder abbremsen und somit negativ beschleunigen,
vorteilhafter als das Abbremsen dieses Rades mit der üblichen
Bremsanlage, da letzteres den Verschleiß in der Bremsanlage und
dort insbesondere an den Bremsscheiben und Bremsbelägen
erhöht. Grundsätzlich ist ein einseitiges Abbremsen
zur Erzeugung eines stabilisierenden Giermoments nicht unter allen
Umständen erwünscht, da dieses Abbremsen auch
als negative Beschleunigung in Fahrzeug-Längsrichtung für
den Fahrer spürbar ist. Dabei kann es kann durchaus Fahrzustände
geben, bei denen zwar eine Stabilisierung durchgeführt
werden soll, bei denen jedoch der Fahrer nicht unbedingt (nämlich
durch eine genannte negative Beschleunigung) hierauf hingewiesen
werden muss, so beispielsweise bei Einwirken einer kurzen Seitenwind-Böe
auf das Fahrzeug. Wenn nun – wie hiermit vorgeschlagen
wird – die beiden Radmotoren einer Achse im Rahmen einer
Erzeugung eines gewünschten Giermoments solcherma ßen
angesteuert werden, dass die positive Beschleunigung des einen Rades
betragsmäßig im wesentlichen gleich der negativen
Beschleunigung des anderen Rades ist, so wird sich die hieraus resultierende
Gesamt-Beschleunigung des Fahrzeugs nicht ändern, d. h.
da sich die positive radindividuelle und die negative radindividuelle
Beschleunigung aufheben, wird das Fahrzeug (und somit auch der Fahrer)
durch die radindividuellen Beschleunigungen im wesentlichen keine
Beschleunigung in Fahrzeug-Längsrichtung erfahren. Vorteilhafterweise
kann durch die vorgeschlagene beidseitige Einwirkung, nämlich
durch eine positive Rad-Beschleunigung auf der einen Seite des Fahrzeugs
und eine negative Rad-Beschleunigung auf der anderen Seite des Fahrzeugs,
bereits mit betragsmäßig relativ geringen Beschleunigungs-Werten
ein betragsmäßig wesentlich höheres Giermoment
erzeugt werden, als wenn nur ein einseitiger Regeleingriff erfolgt.
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Vorteilhaft
ist es, wenn die bei einer negativen Beschleunigung eines Rades
am zugehörigen Radmotor freiwerdende Energie direkt oder
indirekt im wesentlichen vollständig dem die positive Beschleunigung
des anderen Rades initiierenden Radmotor zugeführt wird.
Vorzugsweise kann eine derartige Rekuperation mit elektrischen Radmotoren,
d. h. unter Verwendung von Elektromotoren, die auch als Generator
betreibbar sind, durchgeführt werden, wenngleich eine solche
Rekuperation grundsätzlich auch mit Hydraulikmotoren oder
anderen Motoren möglich ist. Die bremsende Kraft an dem
ersten Radmotor wird durch vorzugsweise elektrische Rekuperation
erzeugt und auf der gegenüberliegenden Seite dem zweiten
Radmotor als (elektrische) Energie wieder zur Verfügung
gestellt. Damit ist das durch die Radmotoren erzeugte Fahrzeug-Giermoment
abgesehen von Wirkungsgradverlusten in den Radmotoren und in der
zugehörigen elektrischen Steuer- und Leistungseinheit praktisch
energieneutral erzeugbar und es kann die hiermit vorgeschlagene
Fahrdynamikregelung im wesentliche ohne Zufuhr von äußerer Energie
durchgeführt werden.
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Vorteilhafterweise
arbeiten solche vorzugsweise elektrischen Radmotoren quasi berührungslos, so
dass mechanischer Verschleiß nicht oder nur in sehr geringem
Maße auftritt. Eine entsprechende Vorrichtung bzw. Anlage
benötigt somit keine verschleißbehafteten oder
den Wirkungsgrad reduzierenden Komponenten wie bspw. Getriebe oder
Kupplungen. Die Informationsverarbeitung, d. h. insbesondere die
Errechnung der benötigten Antriebs- und Bremskräfte
sowie die entsprechende Ansteuerung der Radmotoren zur die Erzeugung
der das Fahrzeug auf einer Seite antreibenden und auf der anderen Seite
abbremsenden Motormomente geschieht auf elektronischem und elektrischem
Wege. Damit ist eine sehr hohe Systemdynamik verbunden mit kurzen
Reaktionszeiten erzielbar. Dies ist insbesondere bei sehr kurzzeitig
wirkenden Stör-Giermomenten oder wenn eine besonderes schnelle
Systemreaktion gefordert ist, von Bedeutung, so beispielsweise bei böigem
Seitenwind, bei einem geplatzten Reifen oder plötzlich
auftretendem einseitig wirkendem Glatteis.
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In
einem elektronischen Regelkreis zur Erzeugung eines der jeweiligen
Fahrsituation angepassten sog. Kompensations-Giermomentes zur Kompensation
eines genannten Stör-Giermoments kann zunächst
zu jedem Taktzeitpunkt einer elektronischen Steuereinheit die Fahrzeug-Fahrgeschwindigkeit
und der aktuelle Lenkwinkel registriert werden. Bspw. ein dem Fachmann
bekanntes Einspurmodell, welches in der elektronischen Steuereinheit hinterlegt
ist, berechnet insbesondere mittels dieser genannten Eingangsgrößen
die theoretische Referenz-Gierrate des Fahrzeugs im jeweiligen Zeitpunkt. Diese
Referenzgierrate wird mit der vorzugsweise mittels eines Gierratensensors
gemessenen Ist-Gierrate des Fahrzeugs verglichen. Treten am Fahrzeug Stör-Giermomente
auf, so zeigt sich dies an der gemessenen Ist-Gierrate, jedoch nicht
an der errechneten Referenz-Gierrate. Es ist eine Regelabweichung feststellbar,
die ein Regler in eine Giermomenten-Anforderung übersetzt.
Diese Giermomenten-Anforderung wird in antreibende und bremsende
Motor-Momente an den Radmotoren umgerechnet und als Stellsignal
an die Radmotoren gesendet. Aufgrund deren entsprechender Reaktion ändert
sich die Gierrate des Fahrzeugs und wird an die vergleichende Stelle
im genannten Regelkreis zurückgeführt.
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Eine
soweit beschriebene Fahrdynamikregelung kann vorteilhafterweise
zur Erfassung der relevanten physikalischen Größen,
nämlich von Lenkwinkel, von Gierrate und von Geschwindigkeit
des Fahrzeugs auf die fahrzeugeigene und bereits serienmäßig
verbaute Sensorik zugreifen, so dass keine aufwändige zusätzliche
Messtechnik benötigt wird. Vorteilhaft ist es weiterhin,
wenn zwischen vom Fahrer als störend wahrgenommen Gierstörungen,
welche kompensiert werden sollen, einerseits, und solchen Gierstörungen,
die vom Fahrer des Fahrzeugs toleriert werden können und
toleriert werden, andererseits, unterschieden wird. Hierzu können
in Fahrversuchen als Schwellwerte bezüglich der Spürbarkeit
für den Fahrer oder bezüglich der Auswirkung auf den
Fahrer und das Fahrverhalten des Fahrzeugs sog. Sensitivitätsschwellen
der Gierrate und der Querbeschleunigung erarbeitet werden. Unter
Rückgriff auf diese Sensitivitätsschwellen für
die Gierrate und die Querbeschleunigung kann eine erfindungsgemäße
Fahrdynamikregelung erst dann korrigierend eingreifen, wenn beide
Schwellwerte, nämlich sowohl die Sensitivitätsschwelle
der Gierrate als auch die Sensitivitätsschwelle der Querbeschleunigung überschritten
werden. Damit ist sichergestellt, dass erst dann korrigierend eingegriffen
wird, wenn eine störende Fahrzeugreaktion vorliegt. In
entsprechender Weise kann eine erfindungsgemäße
Fahrdynamikregelung erst dann deaktiviert werden, wenn diese beiden
Schwellwerte unterschritten sind. Zusammengefasst gewährleistet
diese Weiterbildung einer erfindungsgemäßen Fahrdynamikregelung, dass
der soweit beschriebene Regeleingriff bei Auftreten einer Gierstörung
genau einmal aktiviert und nur einmal deaktiviert wird. Erst eine
erneute Gierstörung oberhalb der besagten Sensitivitätsschwellen führt
zur erneuten Aktivierung der vorgeschlagenen Fahrdynamikregelung
und nach Beendigung dieser Gierstörung zur einmaligen Deaktivierung.
Würde sich hingegen eine solche vorgeschlagene Regelung während
einer Gierstörung mehrmals ein- und ausschalten, so könnte
sich dies im Fahrverhalten des Fahrzeugs negativ bemerkbar machen.
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Grundsätzlich
ist ein möglichst schnelles Ansprechen einer erfindungsgemäßen
Fahrdynamikregelung auf eine auftretende Gierstörung erwünscht, um
auch hochfrequente Gierstörungen wirksam ausregeln zu können.
Um jedoch der Fahrdynamikregelung bzw. der diese durchführenden
elektronischen Regeleinheit verwertbare Sensor-Signale bereitstellen
zu können, ist es erforderlich, diese Sensor-Signale einer
Filterung zu unterwerfen, welche nachteiligerweise einen nicht unerheblichen
Zeitverzug mit sich bringt. Im Hinblick hierauf wird weiterhin vorgeschlagen,
zusätzlich zu einem Ausgangssignal der Regeleinheit, welches
aus einer weiter oben bereits genannten Regelabweichung berechnet
wird, über eine Steuerungslogik die Ausgangsgröße
der Regeleinheit zu modifizieren. Diese Steuerungslogik kann ein
von der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs abhängiges pauschales
sog. Unterstützungs-Motormoment an den Radmotoren stellen,
sobald die Fahrdynamikregelung aktiviert wird. Dieses Unterstützungs-Motormoment
kann über den zeitlichen Verlauf eines Regelungseingriffs
betrachtet aus zwei Komponenten bestehen. Zu Beginn der Aktivierung wird
eine relativ hohe Momenten-Spitze, d. h. ein höherer Spitzenwert
des Motormoments an den Radmotoren eingestellt, welche/welcher der
Fahrdynamikregelung zu einem schnellen Ansprechen verhilft. Im weiteren
zeitlichen Verlauf wird dieser Spitzenwert abgebaut und es wird
ein niedrigeres im wesentlichen konstantes Motormoment eingestellt,
welches der Fahrdynamikregelung mehr Stabilität verschafft. Dabei
kann durch Einbringen des zusätzlichen Unterstützungs-Motormoments
das Ausgangssignal der elektronischen Regeleinheit, welches aus
der Regelabweichung berechnet wird, ein zweites Mal gefiltert werden,
was ein qualitativ besseres Signal ermöglicht, ohne hierdurch
eine weitere Zeitverzögerung des gesamten Reglerausgangssignals
in Kauf nehmen zu müssen. Weiterhin wird vorgeschlagen
für die Aufbereitung der Sensor-Signale eine Kalman-Filterung
zu verwenden, um die genannte Zeitverzögerung noch weiter
zu verringern.
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In
Fahrversuchen mit einem PKW hat sich gezeigt, dass mit einer hier
beschriebenen Fahrdynamikregelung bei einer Fahrgeschwindigkeit
von 140 km/h und einer Seitenwind-Anströmung mit 80 km/h die
Gierrate des Fahrzeugs um ca. 60% reduziert werden kann, wobei noch
darauf hingewiesen sei, dass durchaus eine Vielzahl von Details
abweichend von obigen Erläuterungen gestaltet sein kann,
ohne den Inhalt der Patentansprüche zu verlassen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - EP 0754611
B1 [0001]
- - DE 10361931 A1 [0001]