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Die Erfindung betrifft ein Mikrosystem zur gesteuerten Wirkstofffreisetzung. Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich im Bereich der Regenerativen Medizin und der Biotechnologie. Durch eine Steuerung des Mikrosystems von außen sind gezielte Therapien durch Gabe von Wirkstoffen möglich, etwa in der Schmerztherapie oder in der Therapie neurologischer Defekte. Neben der rein medizinischen Wirkstofffreisetzung in raumkritischen Umgebungen ist die Verkapselung von Zellen in den Reservoiren als „Wirkstofffabriken” möglich, wobei die Freigabe des Wirkstoffs gezielt erfolgen kann. Des Weiteren ist die gezielte Freisetzung von Quantum Dots denkbar, und nach erfolgter Therapie ein gezieltes Wiedereinschließen derselben. Die Erfindung betrifft weiterhin ein medizinisches Implantat mit einem derartigen Mikrosystem.
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Die kontrollierte, lokale in vivo Freisetzung von Wirkstoffen im Körper eines Patienten hat große Bedeutung bei der Therapie von Krankheiten sowie zur Verringerung von Nebenwirkungen, die vor allem bei systemischen Medikamentengaben auftreten. Die durch die lokale, gezielte Freisetzung von Wirkstoffen vorhandene hohe Ortsdosis, bei gleichzeitig geringer Gesamtbelastung des Körpers, ist bei der Therapie bestimmter Krankheiten, z. B. der Tumorbehandlung, essentiell.
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Wichtig ist auch die Verringerung der Nebenwirkungen beim Einsatz von Implantaten. Medizinische Implantate verursachen im menschlichen Körper häufig unerwünschte Reaktionen wie beispielsweise Infektionen, die durch eine Begünstigung des Mikroorganismenwachstums, durch eine Beeinflussung der Immunabwehr oder durch kontaminierte Implantate hervorgerufen werden können. Das Risiko unerwünschter Reaktionen des Körpers kann durch den Einbau von miniaturisierten Vorrichtungen in die Implantate minimiert werden, die beispielsweise geeignete Wirkstoffe zur Vermeidung von Infektionen freisetzen.
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Implantierbare Mikrosysteme, wie das der vorliegenden Erfindung, eignen sich aufgrund ihrer geringen Abmessungen für den Einsatz zur lokalen und kontrollierten Wirkstofffreisetzung im menschlichen Körper in besonderer Weise.
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Die kontrollierte Wirkstofffreisetzung im menschlichen Körper über einen bestimmten Zeitbereich wird derzeit mit unterschiedlichen Systemen realisiert. Dazu zählen Nanopartikel, die aus verschiedenen Materialien bestehen können, wie beispielsweise aus biodegradablen Polymeren, Keramik, Mizellen, Liposomen, Dendrimeren, und sogenannten Quantum Dots. An diese Nanopartikel sind Wirkstoffe gekoppelt, die in einer bekannten Zeitspanne abdiffundieren oder durch die definierte Degradation der Nanopartikel freigesetzt werden. Dieses System ermöglicht die Wirkstoffkonzentration nach nur einer Gabe über einen längeren Zeitraum im therapeutischen Bereich zu halten.
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Einen Überblick über bekannte Systeme zur kontrollierten Wirkstofffreisetzung gibt beispielsweise der Artikel von M. Al Malyan et al. ”Novel drug delivery systems in pain therapy.”, Minerva Anestesiol. 73, 173–179 (2007).
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Es gibt jedoch eine Vielzahl klinischer Situationen, für die die Freisetzung einer zeitlich konstanten Wirkstoffmenge nicht ausreicht. Als Beispiele hierfür können die Freisetzung von Insulin bei Patienten mit Diabetes mellitus, von Antiarrhythmie-Therapeutika für Patienten mit Herzrhythmusstörungen, von Magensäure-Inhibitoren zur Geschwürbehandlung, von Nitriden für Patienten mit Angina Pectoris sowie der Einsatz zur selektiven β-Rezeptorblockade, zur Geburtskontrolle, zum Hormonersatz, zur Immunisierung und zur Krebstherapie angeführt werden. Bei derartigen Behandlungen muss die Konzentration der Wirkstoffe gezielt auf die physiologischen Erfordernisse abstimmbar sein.
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Für eine bessere Kontrolle der Wirkstofffreisetzung, insbesondere zur Realisierung einer aktiv steuerbaren Abgabe, wurden Polymere entwickelt, die sich durch äußere Einwirkungen, wie Ultraschall, elektrische oder magnetische Felder, Licht, Enzyme, pH-Wert- und Temperaturänderungen zur gesteuerten Freisetzung der darin eingebetteten Wirkstoffe ansteuern lassen. Einen Überblick über derartige Systeme gibt beispielsweise der Artikel von de Las Heras Alarcon et al., ”Stimuli responsive polymers for biomedical applications.”, Chem Soc Rev. 34, 276–285 (2005).
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Ein weit verbreiteter Nachteil dieser Polymerbasierten Systeme liegt jedoch in ihrer zum Teil mangelnden Biokompatibilität und unerwünschten Toxizität, der relativ langen Reaktionszeit auf Stimuli, der begrenzten Lebensdauer sowie einer in vielen Fallen nicht ausreichenden Reproduzierbarkeit der Wirkstoffabgabe. Weiterhin wird die Lieferung therapeutischer Wirkstoffmengen aufgrund der begrenzten Aufnahmefähigkeit der Polymere erschwert.
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In den Patenten
US 4,146,029 ,
US 3,692,027 sowie
US 4,360,019 sind Mikrosysteme zur kontrollierten Wirkstofffreisetzung beschrieben, die mechanische Mechanismen, insbesondere miniaturisierte, elektrisch angetriebene Komponenten, zur Wirkstoffabgabe aus einem Reservoir einsetzen. Gerade die Zuverlässigkeit der Wirkstofffreisetzung bei kleinen Abgabemengen bereitet bei derartigen mechanischen Systemen jedoch noch Probleme.
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In
WO 02/13671 A2 ist die direkte Freisetzung von Wirkstoffen aus elektroaktiven Polymeren beschrieben, die sich auf Elektroden befinden und dadurch angesteuert werden können. Die Wirkstoffe werden während der Polymerisation des Polymers in diesem elektrostatisch eingeschlossen. Die Freisetzung beruht dann auf den unterschiedlichen Redoxzuständen des elektroaktiven Polymers, und der dabei auftretenden Freisetzung von Gegenionen. Dieses System erlaubt aber nur die Freisetzung anionischer und kationischer Wirkstoffe. Ein weiteres Problem dieser direkten Freisetzung von Wirkstoffen liegt in den geringen Volumina, die von den elektroaktiven Polymeren gespeichert werden können.
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Ein weiterer Mechanismus zur kontrollierten Freisetzung von Wirkstoffen aus einem Wirkstoffreservoir durch funktionalisierte Poren wird in
WO 00/48669 beschrieben. In diesem Patent werden Poren mit einem elektroaktiven Polymer beschichtet, das je nach Ladung Wirkstoffe elektrostatisch an der Durchdringung der Poren hindert, und bei Ladungsänderung die Freisetzung des Wirkstoffes ermöglicht. Die kontrollierte Freisetzung auf der Basis einer Volumenänderung des elektroaktiven Polymers, die auch eine Freisetzung von ungeladenen Wirkstoffen ermöglicht, wird in
WO 00/48669 allerdings nicht beschrieben.
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Eine weitere Einsatzmöglichkeit elektroaktiver Polymere in kontrollierten Wirkstofffreisetzungssystemen wird in
WO 2004/031581 A2 beschrieben. Bei dem System wird ein elektroaktives Polymer eingesetzt, das durch eine Änderung des Redoxzustands sein Volumen ausdehnt und dabei einen Wirkstoff aus einem Reservoir herauspresst. In dieser Schrift ist allerdings kein Ventil bzw. Schließmechanismus beschrieben, das die unkontrollierte Diffusion des Wirkstoffes aus dem System verhindert.
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Der Einsatz der Volumenausdehnung eines elektroaktiven Polymers als Verschlussmechanismus eines Kanals wurde von Smela, Advanced Materials 15 (6), 481–494 (2003) und Low et al., Sensors and Actuators B 67, 149–160 (2000) beschrieben. Allerdings beinhaltet die Beschreibung nicht den Einsatz von Nanoporen (Durchmesser ≤ 1 μm) als Träger für das elektroaktive Polymer und die massive Parallelisierung von Nanoporen. Das Arbeiten mit separat ansteuerbaren Arealen von Poren, das die parallele und gerichtete Freisetzung mehrerer Wirkstoffe ermöglicht, wurde dort ebenfalls nicht beschrieben.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein Mikrosystem sowie die Ausgestaltung eines Implantates mit einem Mikrosystem anzugeben, die eine ereignisgesteuerte oder programmierte in vivo Freisetzung von Wirkstoffen auch bei Anwendungen mit sehr kritischen Platzverhältnissen ermöglichen. Des weiteren wird bei dieser Erfindung durch den parallelen Einsatz einer großen Anzahl von Nanoporen eine schnelle Freisetzung signifikanter Wirkstoffmengen und durch den Einsatz getrennt steuerbarer Arrays von Nanoporen die differenzierte Freisetzung mehrerer verschiedener Wirkstoffe möglich.
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Die Aufgabe wird mit dem Mikrosystem sowie mit dem Implantat gemäß Patentanspruch 1 bzw. 17 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen des Mikrosystems sowie des Implantates sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Das erfindungsgemäße Mikrosystem zur kontrollierten Wirkstofffreisetzung verfügt über ein oder mehrere Reservoirs, die mit einem nanoporösen Träger bedeckt sind. Die Freisetzung erfolgt durch die nanoporöse Schicht, deren Nanoporen innen mit einer leitenden Schicht und einem elektroaktiven Polymer beschichtet sind, das je nach Redoxzustand eine reversible Änderung der lateralen Ausdehnung ausführen kann und damit als Ventil wirkt.
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Durch die Kontaktierung des elektroaktiven Polymers mit der auf dem System integrierten Steuerung lässt sich der Redoxzustand des elektroaktiven Polymers ändern. Wird als elektroaktives Polymer z. B. eine Mischung aus Polypyrrol (PPy) und Dodecylbenzolsulfonsäure (DBS) eingesetzt, werden während der Reduktion des Polymers Natriumionen in das Polymer eingelagert. Diese Einlagerung von Natriumionen erzeugt eine stark laterale Volumenänderung des elektroaktiven Polymers, das damit die Poren für den Wirkstoff verschließt. Die Reversibilität dieses Vorganges ermöglicht eine kontrollierte Öffnung und Schließung der Poren und damit eine kontrollierte, wiederholbare Wirkstofffreisetzung. Über den Grad der Reduktion des Polymers ist eine partielle Volumenänderung des Polymers möglich. Die damit ermöglichten variablen Durchflussquerschnitte erlauben eine veränderbare Wirkstofffreisetzung pro Zeiteinheit. Die Redoxzustände des elektroaktiven Polymers werden über unterschiedliche angelegte Spannungen erzeugt und bei einer Abschaltung der Spannung beibehalten.
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Die Steuerung der Redoxzustände des elektroaktiven Polymers erfolgt durch eine im Mikrosystem untergebrachte Steuerungselektronik, die entweder autonom, aufgrund eines gespeicherten Programms, oder durch eine auf dem Mikrosystem aufgebrachte Sensorik fungiert oder von außen kontrolliert per Funk gesteuert wird.
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Das Trägersubstrat, auf dem die nanoporöse Schicht lokalisiert ist, besteht aus einem dünnen Silizium-Substrat oder einem flexiblen Kunststoff. Andere Materialien in Abhängigkeit von dem Anwendungszweck sind denkbar. Das nanoporöse Material wird durch Elektroden, die auf dem Trägersubstrat aufgebracht sind, mit einer Steuerelektronik verbunden. Dabei werden voneinander isolierte Areale von Nanoporen getrennt kontaktiert, um eine separate Steuerung dieser Areale zu ermöglichen.
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In einem zweiten Trägersubstrat oder einem Implantat befinden sich ein oder mehrere Reservoire, die unter den einzelnen Arealen platziert werden. Damit ist eine differenzierte Freisetzung verschiedener Wirkstoffe möglich.
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Ein derartiger Aufbau lässt sich mit bekannten Techniken der Halbleitertechnologie realisieren.
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Das nanoporöse Material besteht aus einem biokompatiblen Werkstoff. Vorzugsweise besteht das nanoporöse Material aus einer dünnen Schicht Aluminiumoxid, das bei anodischem Ätzen von Aluminium entsteht und dabei hexagonale Poren definierter Größe bildet. Als leitende Schicht wird Gold gesputtert, das eine Schicht auf dem Aluminiumoxid sowie in dessen Poren bildet. Als elektroaktives Polymer wird vorzugsweise Polypyrrol (PPy)/Dodecylbenzolsulfonsäure (DBS) eingesetzt. Dieses Polymer wird aus einer Lösung seiner Komponenten auf der Goldoberfläche der Nanoporen elektropolymerisiert.
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Das erfindungsgemäße Mikrosystem weist eine Reihe von Vorteilen auf. Die Nutzung von elektroaktiven Polymeren als Verschlussmechanismus lässt die wiederholte reversible Öffnung der Nanoporen zu. Der Einsatz der Nanoporen ermöglicht bei einer geringen lateralen Volumenänderung des elektroaktiven Polymers in einer einzelnen Nanopore eine hohe Änderung des Diffusionsquerschnitts eines Arrays von Nanoporen. Durch die partielle Öffnung der Nanoporen lässt sich eine definierte und an die speziellen Bedürfnisse anpassbare Wirkstofffreisetzungsrate einstellen. Durch die Verwendung unterschiedlicher Trägermaterialien für das Mikrosystem ist dessen Nutzung bei der Regeneration von Geweben z. B. als vorläufiger Verschluss bei Darmperforation und gleichzeitiger Stimulation der Regeneration gegeben. Der Einsatz von Nanoporen ermöglicht das Mikrosystem als „Wirkstofffabrik” mit Zellen einzusetzen, wobei eine gezielte Freisetzung der Wirkstoffe erfolgen kann, aber die Zellen im Mikrosystem verbleiben. Durch Funksteuerung des Mikrosystems von außen ist ein patientengesteuerter Einsatz in der Schmerztherapie bzw. der Therapie neurologischer Defekte gegeben. Weiterhin ist der Einsatz des Mikrosystems bei Hochrisikogruppen, z. B. Soldaten, gegeben, um von außen gesteuert eine schnelle und sichere Verabreichung von Antidots zu ermöglichen.
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Im folgenden wird das erfindungsgemäße Mikrosystem in Ausführungsbeispielen erläutert. Die zugehörigen Abbildungen zeigen in:
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die Aufsicht auf das Mikrosystem mit zwei Arrays getrennt steuerbarer Nanoporen, die Steuerung und die Referenzelektrode;
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einen Schnitt durch das Mikrosystem im Bereich der beiden Arrays von Nanoporen und einen vergrößerten Ausschnitt einer Nanopore mit dem elektroaktiven Polymer;
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die Funktionsweise der lateralen Volumenausdehnung von elektroaktiven Polymeren, im speziellen von Polypyyrol/DBS. Dargestellt sind
- a) die oxidierte, positiv geladene Form des Polypyrrols, und
- b) die reduzierte, neutrale Form des Polypyrrols, bei der positiv geladene Gegenionen in die Polymermatrix eingebettet werden und zu einer lateralen Volumenausdehnung führen;
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ein Beispiel für die Steuerung des Mikroimplantats und der Nanoporen anhand eines Blockschaltbildes;
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einen Schnitt durch das Mikrosystem im Bereich der beiden Arrays von Nanoporen und einem zweiten Träger bzw. Implantat mit integrierten Wirkstoffreservoirs;
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eine schematische Explosionszeichnung des Mikrosystems mit zwei getrennt steuerbaren Arrays von Nanoporen und einem zweiten Träger mit integrierten Wirkstoffreservoiren.
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Beispiel 1
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Das vorliegende Mikrosystem besteht, wie schematisch in von oben dargestellt, aus einem für den Wirkstoff impermeablen Trägersubstrat 1. Über dem Trägersubstrat 1 befindet sich eine Schicht aus dünnem, nanoporösem Substrat 2, das aus einem nichtleitenden Werkstoff besteht und dessen Nanoporen 3 für den Wirkstoff permeabel sind. Die Nanoporen 3 dieses Substrats 2 sind mit einem leitfähigen Material 4 beschichtet, auf dessen Oberfläche das elektroaktive Polymer 5 abgeschieden wird. Über Kontakte zwischen dem leitfähigen Material 4, dem Trägersubstrat 1 und der darauf befindlichen Steuerung 9 einschließlich der Referenzelektrode 6 werden die Redoxzustände und damit das Volumen des elektroaktiven Polymers 5 gesteuert. Die Vergrößerung des Volumens führt zum vollständigen Verschluss der Nanoporen 3 des nanoporösen Substrats 2, die Verkleinerung des Volumens bewirkt die Öffnung der Nanoporen 3 für den Wirkstoff. Weil die Reduktion bzw. Oxidation des elektroaktiven Polymers 5 partiell erfolgen kann, ist auch die Öffnung der Nanoporen 3 entsprechend partiell und stufenlos regulierbar, was wiederum die Geschwindigkeit der Wirkstofffreisetzung steuerbar macht.
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zeigt einen Querschnitt durch das Mikrosystem mit der vergrößerten schematischen Darstellung einer Nanopore 3. Das Trägersubstrat 1 besteht aus einem dünnen Silizium-Substrat. Die Leiterbahnen 7 zur Kontaktierung des leitfähigen Materials 4 werden hierbei als dünne Elektrodenbereiche auf das Trägersubstrat 1 aufgebracht und mit einer auf dem Trägersubstrat 1 aufgebrachten Elektronik zur Steuerung 9 verbunden. Ein derartiger Aufbau lässt sich mit bekannten Techniken der Halbleitertechnologie realisieren.
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Das nanoporöse Substrat 2 besteht aus einer dünnen Schicht Aluminiumoxid, die durch anodisches Ätzen von Aluminium entsteht und dabei hexagonale Poren definierter Größe bildet. Als leitende Schicht wird Gold 4 auf das Aluminiumoxid gesputtert, das eine Schicht auf dem nanoporösen Substrat 2 sowie in dessen Poren 3 bildet. Als elektroaktives Polymer 5 wird eine Mischung von Polypyyrol(PPy) und Dodecylbenzolsulfonsäure (DBS) eingesetzt. Dieses Polymer wird aus einer Lösung seiner Monomere auf der Goldoberfläche der Nanoporen 3 elektropolymerisiert.
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Durch die Ansteuerung des elektroaktiven Polymers 5 über die Leiterbahnen 7 und das leitfähige Material 4 mittels der auf das Trägersubstrat 1 integrierten Steuerung 9 lässt sich der Redoxzustand des elektroaktiven Polymers 5 gezielt ändern.
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Wird als elektroaktives Polymer 5 PPy/DBS eingesetzt, besteht das Polymer 5 aus einer Matrix aus quervernetzten positiv geladenen Polypyrrolfasern 20. Während der Polymerisation lagern sich in diese Matrix 20 negativ geladene DBS Moleküle 18 ein, die aufgrund ihrer Größe nicht aus der Matrix 20 diffundieren können und die negativ geladenen Gegenionen zur positiv geladenen Polypyrrol Matrix 20 darstellen. Bei einer vollständigen Reduktion des Polypyrrols wird dieses elektrisch neutral 21. PPy+(DBS–) + Na+ + e– ↔ PPy0(DBS– Na+)
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Um die negative Ladung der DBS Moleküle zu kompensieren, werden positiv geladene, hydratisierte Natriumionen 19 in die Matrix 21 eingelagert. Dort führen sie zu einer starken (bis zu 30%) lateralen Volumenänderung des elektroaktiven Polymers. Diese Änderung des Volumens führt zu einem Verschluss der Nanoporen 3 und verhindert die Freisetzung von Wirkstoffen ( ).
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Die Reversibilität dieses Vorganges ermöglicht eine wiederholbare, zeitlich definierte Öffnung der Nanoporen 3 und damit eine kontrollierte, wiederholte und determinierte Wirkstofffreisetzung. Über den Grad der Reduktion des Polymers ist eine partielle Volumenänderung des elektroaktiven Polymers 5 möglich. Die damit ermöglichten variablen Durchflussquerschnitte der Nanoporen 3 erlauben eine veränderbare Wirkstofffreisetzung pro Zeiteinheit. Die jeweiligen Redoxzustände des elektroaktiven Polymers 5 werden über unterschiedliche angelegte Spannungen erzeugt und bei einer Abschaltung der Spannung beibehalten.
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Die Kontrolle der Öffnung und Schließung der Nanoporen 3 mittels der Steuerung 9 kann durch unterschiedliche Komponenten getriggert werden. In einer Variante kann hierfür ein Biosensor 10 eingesetzt werden, der das Triggersignal in Abhängigkeit von der Konzentration bestimmter Signalstoffe in der Umgebung erzeugt. Weiterhin kann das Mikrosystem durch verschlüsselte Steuersignale über eine Antenne von außen gesteuert werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Steuerung anhand eines vorgegebenen Programmablaufs, der in einem auf dem Trägersubstrat 1 integrierten Programmspeicher 11 gespeichert ist. Der Biosensor 10 sowie dessen Anschlüsse und der Programmspeicher 11 können direkt auf dem Mikrosystem angebracht oder in dieses integriert sein.
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In ist die Verschaltung der einzelnen auf dem Mikrosystem vorhandenen Elemente dargestellt. Die Spannungsversorgung der Steuerung 9 kann beispielsweise drahtlos über ein induktives Verfahren mit einer körperexternen Sendespule erfolgen. Die als Antenne dienende Empfängerspule 12 kann in das System integriert oder separat ausgeführt sein. Um eine kontinuierliche Energieversorgung zu sichern und um die notwendige Energie für die Erzeugung der elektrischen Spannungen bereitzustellen, kann auch ein Energiespeicher 13 auf dem Mikrosystem vorgesehen werden. Dieser Energiespeicher 13 lässt sich beispielsweise über entsprechende Spulen kontinuierlich von außen induktiv laden, so dass er bei kurzzeitigem Energiebedarf die volle Leistung liefern kann.
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In seiner Ausgestaltung kann das vorliegende Mikrosystem an die Form von Prothesen sowie die physiologischen Platzverhältnisse im Körper angepasst werden, so dass es nur minimalen Raum erfordert. Es lässt sich leicht mit Prothesen kombinieren, ohne dass deren Funktion beeinträchtigt wird. Selbstverständlich lässt sich das Mikrosystem mit entsprechend daran angebrachten Wirkstoffreservoirs 15 auch separat, beispielsweise in Blutbahnen, einsetzen. Über einen mit der Steuerung 9 verbundenen Füllstandssensor 16 werden die Wirkstoffreservoirs 15 überwacht.
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zeigt einen Schnitt des Mikrosystems, das sich auf einem zweiten Träger bzw. Implantat 14 mit darin enthaltenen Wirkstoffreservoirs 15 befindet. zeigt eine Explosionszeichnung dieser Konfiguration.
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Das Mikrosystem eignet sich besonders für Anwendungen in Verbindung mit kleinen Prothesen, wie beispielsweise Stents (Gefäßstützen), die in Gefäße wie die Blutbahn, Herzarterien oder die Luftröhre eingesetzt werden. Gerade bei derartigen Anwendungen bereiten die bekannten Systeme des Standes der Technik aufgrund ihres nicht zu vernachlässigenden Platzbedarfs Probleme.
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Die Nanoporen 3 können durch die Steuerung 9 mittels eines Biosensors 10 aufgrund physiologischer Ereignisse gesteuert werden. Eine Fehlauslösung aufgrund externer elektrischer oder magnetischer Felder kann ausgeschlossen werden, da nur ein codiertes Triggersignal eine Öffnung der Nanoporen 3 veranlasst. Die Materialien, die die Wirkstoffreservoirs 15 beim vorliegenden Mikrosystem abdecken, gehen bei der Wirkstofffreisetzung nicht in die physiologische Umgebung über und sind vollständig biokompatibel.
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Das Trägersubstrat 1 muss nicht unbedingt aus einem Siliziumchip bestehen. Es kann beispielsweise auch aus einem Polyimidfilm gebildet werden, in den ein dünner Siliziumchip hybrid integriert ist.
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Zur Erhöhung der Verträglichkeit des Trägersubstrates 1 mit der physiologischen Umgebung kann dieses dort, wo seine Oberfläche mit dieser Umgebung in Kontakt kommt, mit einem biokompatiblen Material beschichtet werden.
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Beispiel 2
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Zur Herstellung eines Mikrosystems wie dem der vorliegenden Erfindung wird in diesem Beispiel ein Siliziumwafer als Trägersubstrat 1 eingesetzt. Auf dem Wafer werden einzelne Chips mit folgenden Elementen in Standardhalbleitertechnologie realisiert: der Steuerung als integriertem Schaltkreis 9, Leiterbahnen 7, isolierten Leiterbahnen zur Realisierung der als Empfängerspule dienenden Antenne 12 und zur Kontaktierung des elektroaktiven Polymers 5. Zur Abgrenzung der einzelnen Arrays 8 von Nanoporen 3 und für deren getrennte Aktivierung wird zwischen den Leiterbahnen 7 eine Isolationsschicht 17 aufgebracht. Nach dem Aufbringen dieser Strukturen wird der Wafer durch Ätzen der Rückseite auf etwa 80 μm gedünnt. Die Bereiche der Arrays 8 werden vollständig durchgeätzt, um die Freisetzung der Wirkstoffe durch die Nanoporen 3 zu ermöglichen, die sich später über diesen Arrays 8 befinden.
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Als Energiespeicher 13 können SMD-Kondensatoren durch Löten mit den dafür vorgesehenen Anschlussflächen auf dem Trägersubstrat 1 verbunden werden. Um die Biostabilität und Biokompatibilität der aufgebrachten Strukturen sicherzustellen, kann die Rückseite des Wafers, die mit der physiologischen Umgebung in direkten Kontakt kommt, durch Gasphasenabscheidung mit Parylen beschichtet werden.
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Das nanoporöse Substrat 2, vorzugsweise Aluminiumoxid, wird mittels anodischer Oxidation von Aluminium hergestellt. Gold als leitendes Material 4 wird im DC-Sputter-Verfahren unter Argonatmosphäre in die Nanoporen 3 des Aluminiumoxids und auf der Oberfläche des Aluminiumoxids abgeschieden. Auf dem Gold in den Nanoporen 3 wird, in einer Lösung aus Pyrrol und DBS, das elektroaktive Polypyrrol 5 elektropolymerisiert, welches DBS als Gegenion fest eingelagert hat. Die Aluminiumoxidschicht mit dem elektroaktiven Polymer 5 wird auf dem Siliziumträger 1 mit leitendem, biokompatiblem Chipkleber aufgeklebt und damit die Goldschicht 4 mit den Leiterbahnen 7 des Siliziumträgers 1 verbunden.
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Dieses Mikrosystem kann als Teil eines Implantats 14, dessen Oberfläche mit Wirkstoffreservoirs 15 versehen ist, genutzt werden oder als separates System an einen weiteren Träger 14, der mit Kavitäten als Wirkstoffreservoirs 15 versehen ist, gekoppelt werden. Die Füllung der Wirkstoffreservoirs mit dem Wirkstoff erfolgt dann nach der Sterilisation des Mikrosystems durch die geöffneten Nanoporen 3.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Trägersubstrat
- 2
- nanoporöses Substrat
- 3
- Nanopore
- 4
- Leitfähiges Material
- 5
- elektroaktives Polymer
- 6
- Referenzelektrode
- 7
- Leiterbahnen
- 8
- Isolierte Arrays von Nanoporen
- 9
- Steuerung
- 10
- Biosensor
- 11
- Programmspeicher
- 12
- Antenne
- 13
- Energiespeicher
- 14
- zweites Trägersubstrat/Implantat
- 15
- Wirkstoffreservoir
- 16
- Füllstandssensor
- 17
- Isolierschicht
- 18
- Dodecylbenzolsulfonat (DBS)
- 19
- Natriumionen
- 20
- positiv geladene Polypyrrolmatrix (PPy)
- 21
- neutrale Polypyrrolmatrix (PPy)