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Die
vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Betrieb, insbesondere
zur Schwingungsanregung, von mikromechanischen Federbalken, sog.
Cantilever-Sensoren, ein Verfahren zum Betrieb einer solchen Vorrichtung
und eine Messeinrichtung mit derart angeregten Federbalken oder Cantilevern.
Chemisch beschichtete, mikrofabrizierte Cantilever-Sensoren weisen
eine sehr hohe Empfindlichkeit auf und werden beispielsweise zum Nachweis
von chemischen Substanzen, Biomolekülen, Viren oder Bakterien oder
zur Untersuchung von Oberflächenphänomenen
eingesetzt. Dabei werden zwei Betriebsmodi unterschieden: Im sog.
statischen Modus wird die Verbiegung eines Cantilevers als Folge
von auftretenden Kräften
(z. B. Oberflächenstress)
gemessen. Im sog. dynamischen Modus wird die Resonanz- bzw. Eigenfrequenz
des Cantilevers bestimmt und aus kleinen Frequenzänderungen
oder -verschie-bungen beispielsweise auf die angelagerte Masse geschlossen.
Für den
Betrieb im dynamischen Modus ist es notwendig, den Cantilever zu
einer Schwingung anzuregen. Dabei tritt v. a. bei Messungen in Flüssigkeiten
eine starke Dämpfung
der Schwingung auf, die eine genaue Bestimmung der Resonanzfrequenz
erschweren kann. Die erfindungsgemässe Vorrichtung und das entsprechende Verfahren
zeichnen sich durch eine effiziente Schwingungsanregung der Cantilever über einen weiten
Frequenzbereich aus, womit Messungen in Flüssigkeiten und in gasförmiger Umgebung
möglich sind.
Die Vorrichtung eignet sich insbesondere für die Auslesung der Cantileverschwingung
mittels optischer Methoden (z. B. Beam-Deflection, Interferometrie),
kann aber auch für
andere Ausleseverfahren problemlos eingesetzt werden. Eine besondere
Messanordnung verwendet die neue Vorrichtung und ermöglicht damit
ein neuartiges Multiplex-Messverfahren für derartige Cantilever-Sensoren.
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Einleitung und Stand der Technik
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Für Anwendungen
im Bereich der Biosensorik und der chemischen Analytik wird ein
meist mittels Mikrofabrikationstechniken hergestellter Cantilever als
Sensor benutzt, welcher üblicherweise
als einseitig eingespannter Federbalken ausgebildet ist und chemisch
mit einem möglichst
spezifischen "Fängermolekül" beschichtet ist.
Dieser Sensor wird typischerweise in Kontakt mit der zu analysierenden Flüssigkeit
oder dem zu analysierenden Gas gebracht. Befinden sich Moleküle der gesuchten
Substanz in der Flüssigkeit,
binden diese chemisch an das "Fängermolekül". Dabei kommt es
einerseits zu einer veränderten
Oberflächenspannung
auf dem Cantilever ("Stress"), andererseits zu
einer Zunahme der Masse auf dem Cantilever. Während der Oberflächenstress
zu einer minimalen mechanischen Verbiegung des Cantilevers führt, bewirkt
die Massenzunahme typischerweise eine Abnahme der Eigenfrequenz
des Cantilevers. Sowohl die minimale Auslenkung als auch die Änderung
des Schwingungsverhaltens können
als Indikatoren für
die zu messende Grösse
ermittelt werden.
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Prinzipiell
dient also eine mechanische Änderung
des Zustands oder Verhaltens des Cantilevers zur Detektion. Die
hohe Sensitivität
von einseitig eingespannten mikromechanischen Cantilevern sowie
die Kombination zweier komplementärer Messmethoden (statisch
und dynamisch) ist ein besonderer Vorteil, der nur schwer oder überhaupt
nicht mit anderen Methoden erreichbar ist.
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Anwendungen
im biologischen Bereich basieren in der Regel auf möglichst
hochspezifischen Bindungen, z. B. Antigen-Antikörper-Wechselwirkungen oder
Bindung zwischen komplementären DNS-Strängen. Die
Anwendung derartiger Techniken ist in der Literatur beschrieben,
wie nachfolgend beispielhaft dargestellt wird:
In der PCT-Patentanmeldung
WO 98/50773 (1997) beschreiben
D. Charych et al. die Detektion von (Bio-)Molekülen nach dem "Schlüssel-Schloss-Prinzip", d. h. über auf
dem Cantilever immobilisierte, spezifische Bindungspartner des zu
detektierenden Moleküls.
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Ergänzend beschreiben
M. K. Baller et al. in der PCT-Patentanmeldung
WO 0133226 unter dem Titel "Cantilever Sensors
and Transducers" den
Einsatz von ähnlich
funktionalisierten Referenz-Cantilever innerhalb eines Arrays. Diese
differenzielle Form der Messung – es werden Verbiegungen verschiedener
Cantilever verglichen – erlaubt
zuverlässigere und
stabilere Messungen, da durch die Differenzbildung der Signale unerwünschte Einflüsse wie
z. B. Temperaturschwankungen kompensiert werden können.
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Diese
beiden Patentschriften beziehen sich auf den statischen Modus. Messungen
im dynamischen Modus wurden vorwiegend für Analyse von Gasen eingesetzt,
da die in der Flüssigkeit
auftretende Schwingungsdämpfung
zu einer starken Reduktion der Schwingungsgüte führt und so mit den bekannten
Anordnungen eine exakte Bestimmung der Frequenz erschwert. Zusätzlich enthalten
viele Flüssigkeiten
(beispielsweise alle in biologischen Experimenten eingesetzten Pufferlösungen)
Ionen und somit elektrisch leitend. Insbesondere bei der Schwingungsanregung über ein
piezoelektrisches Element ist damit eine elektrische Isolation erforderlich.
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Im
US-Patent 4 549 427 beschreibt
E. S. Kolesar beispielsweise den Nachweis von Nervengasen mittels
beschichteter Cantilever im dynamischen Modus. Dabei wird die natürliche Eigenfrequenz
des Cantilevers ermittelt indem der Cantilever über eine elektrische Spannung
mechanisch vorgespannt wird und nach dem Ausschalten der Spannung
die abklingende Schwingung des zurückschnellenden Cantilevers
gemessen wird. Dieser Aufbau ist für Gase geeignet, nicht aber
für Flüssigkeiten.
Ausserdem erlaubt er zudem nur die Ermittlung der Grundfrequenz des
oder der eingesetzten Cantilever.
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In Sensors
and Actuators B 77 (2001), 122-131 beschreiben Battiston et al. die Verwendung eines
mit verschiedenen Polymeren beschichteten Cantilever-Arrays als "elektronische Nase". Dabei werden die
Cantilever über
einen piezoelektrischen Dickenschwinger mechanisch angeregt und
parallel das dynamische Signal mittels eines PLL (Phase Locked Loop)
und das statische Signal über
einen Tiefpassfilter bestimmt. Der dabei verwendete Aufbau zur Anregung
der Schwingung ist einerseits nicht in Flüssigkeiten verwendbar, da die
elektrische Isolation fehlt, andererseits ist er – da die
Messungen ausschliesslich in gasförmiger Umgebung mit geringer Dämpfung erfolgten – nicht
auf optimale Übertragung optimiert.
Zudem ist der Cantilever-Array fest mit der Anregungsvorrichtung
verklebt, so dass er nicht einfach ausgewechselt werden kann.
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Messungen
im dynamischen Modus in Flüssigkeiten
unter Verwendung höher
harmonischer Frequenzen des Cantilevers beschreiben Braun
et al. in Phys. Rev. E 72 031907 (2005). Dabei ist der
Cantilever-Array direkt auf einem Piezoelement angebracht, das in
Schwingungen versetzt wird, die sich auf den Cantilever übertragen.
Hierbei befindet sich das Piezoelement innerhalb der Flüssigkeit,
was nebst einer elektrischen Isolation des Schwingungsanregers auch
die direkte und damit starke Kopplung der Anregung an die Flüssigkeit
und somit an das ganze Messsystem bewirkt. Dadurch können Reflektionen
entstehen und Resonanzen angeregt werden, was die Messung erheblich
stören
kann. Ferner ist keine einfache Vorrichtung für das Auswechseln der Cantilever
vorgesehen.
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Die
Signalauslesung der Cantileverschwingung kann in allen beschrieben
Fällen
beispielsweise optisch über
die Ablenkung eines Laserstrahls (beam deflection), interferometrisch,
piezoelektrisch, piezoresistiv, kapazitiv oder auf andere, bekannte
Weise erfolgen.
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Die Erfindung
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Die
nachfolgend beschriebene Erfindung betrifft einen Aufbau zur Schwingungsanregung
mikromechanischer Cantilever für
Messungen im dynamischen Modus. Der Aufbau kombiniert eine effiziente Schwingungsanregung
mit hohem Wirkungsgrad mit der Möglichkeit,
in Gasen sowie in Flüssigkeiten über einen
weiten Frequenzbereich im dynamischen Modus zu messen. Im Gegensatz
zum Stand der Technik ist die Schwingungsanregung über ein
Piezoelement nicht direkt mit dem Cantilever verbunden, sondern
in eine sandwichartige Struktur integriert, die Bestandteil eines
Halters sein kann. Dies ermöglicht ein
einfaches Auswechseln des Cantilevers oder des Cantilever-Arrays.
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In
der erfindungsgemässen
Anordnung zur Schwingungsanregung ist ein Piezoelement vollständig mit
isolierenden Materialien, dem "Isolator", umgeben, welches
das Piezoelement sowohl gegen die Flüssigkeit als auch elektrisch
isoliert. Um die Übertragung
der Schwingung auf den Cantilever oder den Cantilever-Array effizient
zu gestalten, ist der Isolator auf der Seite des Cantilevers möglichst
dünn gehalten,
typisch 0.2 mm, und bietet eine flache, glatte Auflagefläche für die Supportstruktur
des Cantilevers. Auf der anderen Seite ist das Piezoelement über den Isolator
fest mit einer starren Unterlage verbunden. Wird nun auf der Seite
des dünnen
Isolators ein Cantilever angebracht, erfolgt die Energieübertragung optimal
auf den Cantilever, da die starre Unterlage Schwingungsenergie nur
in sehr geringem Masse aufnimmt und die flache Cantileverauflage
einen optimalen mechanischen Kontakt ermöglicht. Dies erhöht den Wirkungsgrad
des Systems signifikant und vermag die Dämpfung durch die Flüssigkeit
so weit zu kompensieren, dass Messungen im dynamischen Modus in
Flüssigkeit
gut durchführbar
sind.
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Die
vollständige
Kapselung des Oszillators sowie der zugehörigen Kontaktdrähte erlaubt
es, diese Vorrichtung unterzahlreichen Umgebungsbedingungen einzusetzen,
beispielsweise in Gasen oder Flüssigkeiten
oder sogar unter extremen Bedingungen, wie sie z. B. in einem Plasma
herrschen.
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Ein
weiterer Vorteil des Aufbaus ist, dass durch den hohen Wirkungsgrad
ein weiter Bereich von Frequenzen auf den Cantilever übertragen
werden kann, typischerweise von wenigen kHz bis einigen MHz. Dadurch
wird es beispielsweise möglich, höher harmonische
Frequenzen des Cantilevers anzuregen, Cantilever-Arrays mit Cantilevern
unterschiedlicher Eigenfrequenzen zu betreiben oder die Cantilever-Amplitude
als Funktion der Anregungsfrequenz über einen weiten Bereich zu
bestimmen.
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Bei
einer typischen Ausgestaltung der Vorrichtung wird der Cantilever
oder der Cantilever-Array mit seiner Supportstruktur an der Seite
mit dem dünneren
Isolator befestigt (z. B. verleimt oder verklebt) oder – wenn Auswechselbarkeit
gefordert ist – über eine
Klemm- oder Schraubvorrichtung dort festgehalten und so gegen den
Isolator gepresst, dass ein guter mechanischer Kontakt gewährleistet
ist.
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Speziell
kann das erfindungsgemäss
isolierte Piezoelement als Teil eines Halters ausgelegt sein, welcher
die einfache Handhabung des Cantilevers ermöglicht. Speziell kann dieser
Halter für
eine Messzelle ausgelegt sein, wie sie in der deutschen Patentschrift
DE 10 2004 046 685 beschrieben
ist. Typischerweise wird dabei die Seite mit dem dickeren Isolator
fest mit dem Halter verbunden. Der Cantilever oder der Cantilever-Array
wird üblicherweise über seine
Supportstruktur an der Seite mit dem dünneren Isolator fest oder auswechselbar
in der oben beschriebenen Weise angebracht.
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In
einer speziellen Anordnung wird als feste Unterlage für das Piezoelement
ein hartes Metall wie beispielsweise Titan verwendet und das Piezoelement
gegenüber
dem Titan mittels einer Keramikplatte elektrisch isoliert. Dabei
ist das Piezoelement fest mit der Keramikplatte und die Keramikplatte
fest mit der Metallunterlage verbunden, beispielsweise verleimt.
Die Oberseite des Piezoelements ist mit einer dünnen Isolatorschicht, typischerweise
ca. 0.2 mm dick, überzogen,
welche vorzugsweise eine flache, glatte Auflage für die Supportstruktur
des Cantilevers bietet. Der Aufbau ist zusätzlich seitlich elektrisch und
gegen das Eindringen von Flüssigkeit
isoliert.
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In
einer weiteren speziellen Ausgestaltung bestehen die seitliche Isolation
und die dünne
Isolationsschicht auf der Oberseite des Piezoelements aus einem
monolithischen Block, in welchen das fest mit der starren Unterlage
verbundene Piezoelement eingelassen ist. Dieser Block kann zusätzlich Kanäle für die Drähte enthalten,
welche zur Kontaktierung des Piezoelements benötigt werden.
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Speziell
kann es sich beim isolierenden Material um einen biokompatiblen
Kunststoff wie beispielsweise Polyetheretherketon (PEEK) oder ein
anderes, biokompatibles Material handeln.
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Eine
weitere Ausgestaltung besteht darin, dass zusätzlich sowohl auf der Unter-
als auch der Oberseite des Piezoelements Keramikplättchen befestigt
sind. Das eine Keramikplättchen
ist fest mit der Unterlage, das andere mit der dünnen Isolationsschicht verbunden.
Die Keramikplättchen
dienen einerseits als Abstandhalter zwischen dem Piezoelement und
der Unterlage bzw. dem dünnen
Isolator, andererseits werden durch entsprechende Aussparungen in
den Keramikplättchen
Kontaktierdrähte zum
Piezoelement geführt
und mit diesem verbunden werden. Durch die mechanische Härte der
Keramikplättchen
erfolgt eine optimale Schwingungsübertragung.
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Typischerweise
wird das Piezoelement zur Oszillationsanregung mit einer Elektronik
verbunden, die eine Wechselspannung erzeugt und das Piezoelement
und damit den oder die Cantilever in Schwingung versetzt.
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Dabei
können
durch Variation der Schwingungsanregung ("Frequency Sweep") und Beobachtung der Amplitude des
Signals des Cantilevers die Resonanzfre quenz oder höhere Harmonische
der Resonanzfrequenz ermittelt werden. Dies kann für einen
oder mehrere Cantilever erfolgen und mehrfach wiederholt werden,
um so eine Verschiebung bzw. Änderung
der Frequenz des oder der Cantilever als Folge einer Reaktion auf
der Oberfläche
zu ermitteln. Das Messen dieser Frequenzverschiebung erlaubt es
beispielsweise, die angelagerte Masse oder eine Veränderung
der Federkonstante des Cantilevers zu bestimmen.
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Aus
der Frequenzkurve können
weitere Grössen
wie Güte
oder Dämpfung
der Cantileverschwingung ermittelt werden. Beispielsweise kann die
Güte Q
aus der Resonanzfrequenz (Zentrum eines Peaks) und der Bandbreite
(Breite des Peaks auf der Höhe
der Amplitude dividiert durch Wurzel 2) ermittelt werden.
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Ein
Vergleich von Anregungssignal und Cantileversignal ermöglicht zusätzlich eine
Bestimmung der Phase.
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In
einer anderen Betriebsart wird die Resonanzfrequenz und/oder eine
und/oder mehrere Harmonische der Resonanzfrequenz bestimmt und die Verschiebung
dieser Frequenz über
die Zeit hinweg verfolgt, beispielsweise mittels eines Regelkreises (Phase
Locked Loop, PLL). Dabei führt
der Regelkreis die Anregungsfrequenz des Piezoelements laufend so
nach, dass die Phasendifferenz zwischen der Anregung und dem Cantilever-Signal
konstant bleibt. Die notwendige Verschiebung des Anregungssignals erlaubt
somit direkt die Bestimmung der Frequenzverschiebung des Cantilevers.
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In
einer speziellen Betriebsart werden die Frequenzverschiebungen mehrerer
Cantilever, z. B. in einem Cantilever-Array, sequenziell im sog, Zeit-Multiplex-Verfahren mit einem
PLL ausgelesen. Um hohe Signalraten zu gewährleisten, muss die Zeit bis
zum Einrasten des PLL beim Wechsel von einem Cantilever zum nächsten möglichst
kurz gehalten werden. Dies kann erreicht werden, indem der aktuelle
Zustand des PLL (z. B. Regelparameter und/oder Filterparameter)
für jeden
Cantilever nach Abschluss des Auslesezyklus für den jeweili gen Cantilever
gespeichert wird. Zu Beginn des nächsten Auslesezyklus desselben
Cantilevers wird mit Hilfe der zuvor gespeicherten Zustandsparameter
der vorgängige
Zustand des PLL für
diesen Cantilever wiederhergestellt. Dies reduziert die Einrastzeit
erheblich und erlaubt hohe Datenraten.
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Werden
zusätzlich
grosse Verschiebungen der Resonanzfrequenz zwischen zwei Auslesezyklen erwartet
(also während
die übrigen
Cantilever ausgelesen werden), kann zusätzlich jeweils die vorgängige Resonanzfrequenz
des Cantilevers gespeichert und beim nächsten Zyklus als neue Ausgangsfrequenz
(Freilauffrequenz) des PLL benutzt werden. Dies erweitert den Ziehbereich
des PLL (d. h. den Frequenzbereich, innerhalb dessen der PLL eingerastet
bleibt) auf einen grossen Bereich und verhindert so beispielsweise,
dass die Frequenz bei einer grösseren
Frequenzänderung
zwischen zwei Messzyklen nicht mehr nachverfolgt werden kann und
die Messung unterbrochen werden muss. Reicht dieses Vorgehen nicht,
um den PLL eingerastet zu lassen, kann ein "vorausschauender" Algorithmus eingesetzt werden, welcher
die erwartete neue Frequenz aus vorgängigen Frequenzverschiebungen
berechnet und die Freilauffrequenz des PLL am Beginn des Messzyklus
eines Cantilevers entsprechend anpasst. In der einfachsten Implementierung
wird die Frequenzverschiebung, die zwischen den letzten beiden Auslesezyklen
aufgetreten ist, zur Freilauffrequenz addiert und so die neue Freilauffrequenz
bestimmt. Alternativ können
komplexere Berechnungsmethoden eingesetzt werden.
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Aus
dieser Frequenzverschiebung kann dann beispielsweise die Anlagerung
auf oder der Verlust von Masse von der Cantileveroberfläche (z.
B. durch Adsorption- und Desorption von Molekülen) bestimmt werden, oder
es können
Aussagen über
die zeitliche Veränderung
der Federkonstante des Cantilevers (z. B. hervorgerufen durch eine
Strukturveränderung
der chemischen Beschichtung) gewonnen werden.
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In
einer speziellen Betriebsart kann die Frequenzverschiebung gegenüber der Ausgangsfrequenz
nicht kontinuierlich, sondern in definierten zeitlichen Abständen bestimmt
werden.
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Bei
einer weiteren Betriebsart wird die Amplitude des Cantilevers von
der Elektronik aufrecht erhalten und die dazu benötigte Energie
gemessen. Daraus lässt
sich beispielsweise die Dämpfung
der Cantileverschwingung ermitteln, womit die Viskosität der den
Cantilever umgebenden Flüssigkeit
bestimmt werden kann.
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In
einer noch weiteren Betriebsart wird parallel zur Schwingungsfrequenz
die statische Auslenkung des Cantilevers bestimmt, beispielsweis über das
Tiefpass-gefilterte Signal des Cantilevers.
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Alle
Betriebsarten können
für einen
oder mehrere Cantilever oder für
Cantilever-Arrays eingesetzt werden. Beim Einsatz verschiedener
Cantilever können
diese identisch sein oder, bedingt durch verschiedene Geometrien
und/oder Materialien, unterschiedliche mechanische Eigenschaften
und damit Eigenfrequenzen aufweisen.
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Beim
Einsatz mehrerer Cantilever können deren
Frequenzen bzw. Frequenzverschiebungen gleichzeitig oder zeitversetzt
(Zeit-Multiplexing) bestimmt werden.
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Die
Anordnung zur Schwingungsanregung kann beim Einsatz mehrerer Cantilever
so aufgebaut sein, dass alle Cantilever mit ein- und derselben Vorrichtung
angeregt werden. Alternativ kann jeder Cantilever mit einer eigenen
Vorrichtung zur Schwingungsanregung versehen sein.
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Eine
bevorzugte Ausgestaltung der Erfindung besteht darin, die erfindungsgemässe Anordnung
direkt oder auf einem Halter befestigt in einer Messzelle zu integrieren
und/oder mit einem System zur Detektion der Cantilever-Bewegung (Verbiegung, Schwingungsfrequenz)
zu kombinieren. In der bevorzugten Anordnung wird die Bewegung des
Cantilevers optisch über
die Ablenkung eines Lichtstrahls, insbesondere eines Laserstrahls,
durch den Cantilever ermittelt (Beam Deflection Method). Dabei trifft der
Strahl auf das Ende des Cantilevers und wird von dort auf einen
Detektor reflektiert, welcher die Auftreffposition des Strahls mit
hoher Genauigkeit bestimmt. Bei Verwendung mehrerer Cantilever,
z. B. eines Cantilever-Arrays, können
zur parallelen Detektion beispielsweise Lichtquelle und Detektor mehrfach
angeordnet sein oder es kann eine mehrfache Anordnung von Lichtquellen
mit einem Detektor kombiniert werden. Dabei können die Lichtquellen sequenziell
ein- und ausgeschaltet und somit die Signale der einzelnen Cantilever
nacheinander ermittelt werden. Zusätzlich können wahlweise optische Elemente
zur Fokussierung zum Einsatz kommen. In ähnlicher Weise kann eine bewegliche
Lichtquelle oder bewegliche Optik mit einem Detektor kombiniert werden,
wobei der Lichtstrahl die Cantilever abtastet oder "abrastert" und die Bewegungen
der einzelnen Cantilever sequenziell ermittelt werden.
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Die
mehrfache Anordnung von Cantilevern ermöglicht beispielsweise den parallelen
Nachweis verschiedener Substanzen oder den Einsatz von Referenzsensoren
zur Steigerung der Zuverlässigkeit der
Messung.
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In
anderen Anordnungen kann die Detektion der Bewegungen des oder der
Cantilever beispielsweise interferometrisch oder mittels eines vom
Cantilever erzeugten elektrischen Signals, z. B. bei Verwendung
eines piezoresistiven Cantilevers, bestimmt werden.
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Typischerweise
wird die erfindungsgemässe Anordnung
zum Nachweis von Massenänderungen auf
dem Cantilever eingesetzt. Damit können beispielsweise Biomoleküle wie DNS,
Proteine, Wirksubstanzen usw. in Flüssigkeiten quantitativ nachgewiesen
werden, wobei der oder die Cantilever mit unterschiedlichen, auf
die nachzuweisende Substanz abgestimmten Rezeptormole külen beschichtet
sind. Ebenso ist der Einsatz für
den Nachweis von Mikroorganismen, Viren, Reaktionen in Zellen oder
chemischen Substanzen möglich.
Sind die Sensorbeschichtungen nur teilweise spezifisch, kann durch
die Kombination eines Arrays von Sensoren unterschiedlicher Beschichtung
mit entsprechender Software eine "elektronische Nase" oder "elektronische Zunge" konstruiert werden.
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Wird
die Messung zeitaufgelöst
durchgeführt,
können
aus den zeitabhängigen
Daten Grössen
wie etwa Bindungs-, Assoziations- oder Dissoziationskonstanten bestimmt
werden.
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Weitere
Ausgestaltungen der Vorrichtung und des Verfahrens gemäss der Erfindung
können den
Patentansprüchen
entnommen werden.
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Ausführungsbeispiele
und Zeichnungen
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Nachfolgend
wird ein Ausführungsbeispiel der
Erfindung anhand der Zeichnungen näher erläutert. Die Zeichnungen zeigen
in:
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1 den
schematischen Aufbau einer erfindungsgemässen Anordnung zur Schwingungsanregung;
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2 den
Aufbau einer speziellen Ausgestaltung der Erfindung (Kombination
mit einem Halter);
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3 den
Aufbau eines Halters gemäss
der Erfindung mit einem auswechselbaren Cantilever-Array;
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4 ein
Blockschaltbild mit den verschiedenen Teilen einer erfindungsgemässen Anordnung;
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5 einen
Frequenz-Sweep, der mit dem erfindungsgemässen Aufbau erzielt worden
ist;
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6 zeitaufgelöste Messdaten,
die parallel die Verfolgung der Frequenzänderung (dynamischer Modus)
und der Verbie gung des Cantilevers (statischer Modus) zeigen;
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7 ein
Blockdiagramm eines Arbeitsprinzips der Frequenzdetektion mittels
eines PLL für mehrere
Cantilever; und
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8 das
Schema des zeitlichen Ablaufs eines Algorithmus für die Frequenzbestimmung
mehrerer Cantilever mit einem PLL.
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1 zeigt
einen schematischen Aufbau zur Schwindungsanregung gemäss der Erfindung.
Hierbei wird ein Piezoelement als zentrales Element der Schwingungsanregung
eingesetzt. Unterhalb des Piezoelements befindet sich eine starre,
feste Unterlage, mit der das Piezoelement starr verbunden ist. Handelt
es sich bei der Unterlage um ein elektrisch leitendes Material,
z. B. ein Metall, ist zwischen Piezoelement und Unterlage zusätzlich ein
Isolator, z. B. ein Keramikplättchen
angebracht. An der Oberseite des Piezoelements befindet sich ein
dünner
Isolator, welcher die Ankopplung an einen (in 1 nicht
dargestellten) Cantilever ermöglicht.
Eine Supportstruktur für
den Cantilever kann hier in einer Vertiefung auf der Oberseite des
isolierenden Materials, die eine flache, glatte Auflagefläche zur
Verfügung
stellt, angebracht werden. Der Cantilever kann dabei mit dem isolierenden
Material (Isolator) fest verbunden sein oder über eine Schraub- oder Klemmvorrichtung
in die Vertiefung gepresst werden. Das Piezoelement ist durch das
isolierende Material zudem seitlich sowohl elektrisch als auch gegen
das Eindringen von Flüssigkeit
isoliert.
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2 zeigt
einen spezielleren Aufbau, wobei die Vorrichtung zur Schwingungsanregung
in einen Halter integriert ist. Dabei ist das Piezoelement auf Ober-
und Unterseite fest mit Keramikplättchen verbunden. Diese Sandwichstruktur
ist fest mit einer starren Platte, beispielsweise einer Metallplatte
aus Titan, verbunden. Ein aus isolierendem Material gefertigter
monolithischer Block vereint die dünne, an das Piezoelement gekoppelte
Isolationsschicht zur Aufnahme des Cantilevers mit der elektrischen
Isolation sowie der Isolation gegen das Eindringen von Flüssigkeiten.
Der Cantilever ist über
seine Sup portstruktur, den Cantilever-Support, mit dem Aufbau fest oder über eine
entsprechende Schraub- oder Klemmvorrichtung auswechselbar mit der
Anordnung verbunden. Der Support des Cantilevers kann dabei exakt über dem
Piezoelement oder – wie
in 2 dargestellt – versetzt angeordnet sein.
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3 zeigt
einen Halter, wobei die Anordnung zur Schwingungsanregung in einen
monolithischen Block aus isolierendem Material integriert ist. Dieser
Block enthält
eine Aussparung zur Aufnahme des Cantilever-Arrays. Der Cantilever-Array
wird dort durch eine Klemmplatte festgehalten und gegen die Auflage
gedrückt.
Die Klemmplatte selbst wird über eine
Klemmschraube fixiert. Sowohl Klemmplatte als auch Klemmschraube
können
aus einem biokompatiblen Material gefertigt sein, z. B. PEEK oder
Titan. Diese Vorrichtung erlaubt eine einfache Auswechslung des
Cantilever-Arrays.
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4 zeigt
ein Blockschaltbild mit den verschiedenen Teilen einer erfindungsgemässen Anordnung.
Der Cantilever bzw. der Cantilever-Array liefert über die
Ablenkung von einem oder mehreren Laserstrahlen elektrische Signale,
welche die momentane Auslenkung des bzw. der Cantilever messen.
Das hochpassgefilterte Signal wird einem Frequenzdetektor zugeführt, der
die Eigenfrequenz und/oder Harmonische und/oder die Frequenzverschiebung gegenüber einer
definierten Ausgangsfrequenz bestimmt. Dabei kann es sich z. B.
um einen PLL (Phase Locked Loop) handeln. Das tiefpassgefilterte
Signal kann gleichzeitig ermittelt und zur Bestimmung der statischen
Verbiegung oder Auslenkung des Cantilevers benutzt werden. Ein Computer
mit entsprechender Software dient der Visualisierung sowie der weiteren
Verarbeitung der Signale.
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5 zeigt
das Frequenzspektrum eines Cantilevers im Bereich von 180-640 kHz
in Flüssigkeit
(destilliertes Wasser). Deutlich sind die Harmonischen als Peaks
zu erkennen. Der verwendete Cantilever hatte eine Abmessung von
100 Mikrometern × 500
Mikrometern und eine Dicke von 1 Mikrometer. Die Grundfrequenz in
Luft liegt knapp unterhalb von 40 kHz.
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6 zeigt
links die Frequenzverschiebung eines in Flüssigkeit schwingenden Cantilevers
als Folge der Anlagerung von Thiolen (Mercaptohexanol) auf der goldbeschichteten
Seite eines Silizium-Cantilevers als Funktion der Zeit. Die Frequenzverschiebung
wurde dabei ausgehend von der ursprünglichen Frequenz mit einem
PLL ermittelt. Die Anlagerung der Moleküle ab Sekunde 50 führt zu einer
Erhöhung
der Cantileverfrequenz um rund 100-120 Hz. In diesem Falle kommt
die Frequenzverschiebung durch eine Veränderung der Oberflächenstruktur
(Anlagerung von Thiolen) zustande, wodurch sich die Federkonstante
des Cantilevers erhöht.
Gezeigt sind die Kurven für
zwei Cantilever innerhalb eines Arrays. Die rechte Figur zeigt die
gleichzeitig aus dem tiefpass-gefilterten Signal ermittelte statische Verbiegung
des Cantilevers als Funktion der Zeit. Diese Verbiegung ergibt sich
als Folge der Oberflächenspannung
(Stress), welche sich bei der Anlagerung der Thiole aufbaut.
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7 zeigt
ein Blockdiagramm eines Algorithmus oder Systems zur Bestimmung
der Resonanzfrequenzen und/oder höher Harmonischer mehrerer Cantilever
mittel eines PLL im Zeit-Multiplex-Verfahren. Zu einem bestimmten
Zeitpunkt im Akquisitionszyklus k ist ein bestimmter Cantilever
i aktiv und liefert ein Signal s(t). Dieses Signal wird einem PLL
zugeführt.
Neben dem Signal s(t) hat der PLL zwei weitere Eingänge:
- • statek-1,i ist ein Satz von Parametern, welche
den Zustand des PLL am Ende des vorgängigen Zyklus k-1 beschreiben,
als Cantilever i das letzte Mal aktiv war. Dazu gehören z. B.
Filter- und/oder Regelparameter, die nötig sind, um den Zustand des
PLL zu definieren.
- • fcenter ist die Freilauffrequenz des PLL,
d. h. die Frequenz, mit welcher die Frequenz des Signal s(t) verglichen
wird, um die Frequenzverschiebung zu bestimmen. Diese Frequenz entspricht der
Resonanzfrequenz (oder höher
Harmonischen) f0,k-1,i, die für Cantilever
i am Ende des vorhergehenden Akquisitionszyklus k-1 gemessen worden
ist.
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Das
Ende jeder Akquisitionsperiode oder -zyklus für einen bestimmten Cantilever
wird durch das clock-Signal bestimmt. Am Ende der Akquisitionsperiode
eines bestimmten Cantilevers i wird die Frequenzverschiebung Δfk,i bestimmt, d. h. die Differenz zwischen
der Frequenz des Cantilevers i und der Freilauffrequenz fcenter am Ende des aktuellen Akquisitionszyklus
k. Δfk,i wird beispielsweise einem Computer zur
Visualisierung und Speicherung zugeführt. Zusätzlich wird der Satz der PLL-Parameter statek-1,i mit den aktuellen Zustandsparametern
des PLL für
den Cantilever i (statek,i) überschrieben.
Die aktuelle Resonanzfrequenz (oder höher Harmonische) des Cantilevers
i wird berechnet, indem die Frequenzverschiebung Δfk,i zur ursprünglichen Frequenz f0,k-1,i addiert wird. Der Wert f0,k-1,i wird
den mit dem neuen Wert der Frequenz f0,k,i überschrieben, um
beim nächsten
Auslesen der Frequenz von Cantilever i als Freilauffrequenz des
PLL zu dienen. Dieser Ablauf wird für alle n Cantilever wiederholt
und stellt so einen vollständigen
Akquisitionszyklus dar. Ist der Akquisitionszklus k beendet, wiederholt
sich derselbe Ablauf für
den Akquisitionszyklus k + 1 usw.
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Stehen
aus dem vorgängigen
Zyklus keine Werte für
die Freilauffrequenz und/oder andere Parameter des PLL zur Verfügung, z.
B. zu Beginn der Messung, können
Standardwerte benutzt werden oder die Ausgangswerte können aufgrund
einer alternative Bestimmung der Resonanzfrequenz (oder einer höher Harmonischen)
für jeden
Cantilever festgelegt werden.
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8 zeigt
den chronologischen Ablauf der Frequenzbestimmung mehrerer Cantilever
mit einem PLL in einem Zeit-Multiplex-Verfahren, wie es in 7 diskutiert
wurde. Der Ablauf beginnt mit dem k-ten Akquisitionszyklus kTsample. Während
des Akquisitionszyklus wird die Frequenz für alle n bestimmt. Der Vorgang
beginnt mit Cantilever i = 1 und endet mit Cantilever i = n und
läuft wie
folgt ab:
- 1. Die Parameter, welche für Cantilever
i am Ende des letzten Akquisitionszyklus (k-1) Tsample gespeichert
worden sind, werden geladen. Dazu gehören z. B. die Zustandsparameter
des PLL statek-1,i und/oder die Resonanzfrequenz
(oder höher
Harmonische) f0,k-1,i.
- 2. Nach der Akquisitionsperiode Tsample/n,
d. h. der Zeit, die benötigt
wird, um die Frequenzverschiebung Δfk,i des
Cantilevers i zu ermitteln, werden die neuen Zustandsparameter des
PLL statek,i gespeichert. Zusätzlich wird
die neue Resonanzfrequenz (oder höhere Harmonische) fk,i =fk-1,i + Δfk,i berechnet und für den nächsten Akquisitionszyklus gespeichert.
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Nachdem
dies für
alle n Cantilever erfolgt ist, ist der Akquisitionszklus k beendet,
und derselbe Ablauf wiederholt sich für den Akquisitionszyklus k
+ 1 usw.
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Die
Implementierung der beschriebenen Mess-Funktionen bereitet einer
mit dem Fachgebiet vertrauten Person keine Schwierigkeiten; für viele Teilfunktionen
ist kommerzielle Software verfügbar oder,
soweit dies nicht der Fall ist, kann solche Software ohne Schwierigkeiten
erstellt werden.