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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Trainieren
des Bedienpersonals einer prozesstechnischen Anlage, die einen Leitstand zum Überwachen
und Steuern des auf der Anlage ablaufenden Prozesses aufweist. Bevorzugte
Anwendungsmöglichkeiten
der Erfindung bieten sich insbesondere bei Anlagen zur Durchführung chemischer
oder physikalischer Verfahren bzw. großtechnischer Herstellungsverfahren,
beispielsweise einer Sinteranlage, einer Pelletieranlage, einer
Schwefelsäureanlage,
einer Anodenproduktionsanlage, einer Reduktionsanlage oder einer
sonstigen großchemischen
Anlage, an, die aus einem Leitstand heraus insbesondere unter Einsatz
eines Prozessleitsystems oder einer speicherprogrammierbaren Steuerung
(SPS) gesteuert, geregelt und kontrolliert werden. Unter chemischen
oder physikalischen Verfahren sind insbesondere Prozesse zu verstehen,
bei denen physikalische und/oder chemische Umsetzungen von Stoffen
erfolgen. So sind den chemischen Verfahren insbesondere auch metallurgische
Prozesse zuzurechnen.
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Im
Sinne der Erfindung wird unter Leitstand sowohl ein Bedienpult mit
Steuer- und Überwachungsfunktionen
als auch ein Prozessleitsystem oder eine speicherprogrammierbare
Steuerung verstanden, in denen Regel- und/oder Steuervorgänge für die Anlage
definiert sind. In der Praxis weist ein Leitstand neben ggf. weiteren
Bestandteilen häufig Kombinationen
der zuvor genannten Elemente auf.
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Durch
das erfindungsgemäß vorgeschlagene
Verfahren beziehungsweise die erfindungsgemäß vorgeschlagene Vorrichtung
werden in dem Leitstand gegebenen Befehle, bei denen es sich um
manuelle Befehle oder Signale aus dem Prozessleitsystem oder der
speicherprogrammierbaren Steuerung, bspw. Reg lerausgangssignale
oder Stellsignale, handeln kann, abgegriffen und einem Prozesssimulator zugeführt. Die
Ausgänge
des Prozesssimulators werden dem Leitstand, d. h. dem Bedienpult
bzw. Bedienpersonal, dem Prozessleitsystem oder der speicherprogrammierbaren
Steuerung zugeführt.
Der auf der Anlage ablaufende Prozess wird in dem Prozesssimulator
unter Berücksichtigung
insbesondere aller in dem Leitstand gegebenen Befehle oder Signale
an die Anlage, welche auch die Reaktionen des Prozessleitsystems
oder der speicherprogrammierbaren Steuerung umfassen, simuliert.
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Ein
solches Konzept ist grundsätzlich
bereits in der
JP
2004 021 180 A (Patent Abstracts of Japan) beschrieben,
die einen On-site Operation Trainingssimulator vorschlägt, der
die Bedienung des Trainingssimulators mit der auch zur Steuerung
der Anlage vorgesehenen Betriebsmonitoreinrichtung ermöglicht.
Dazu kann die Bedienungsmonitoreinrichtung wahlweise auf die zu
steuernde Anlage oder den Trainingssimulator aufgeschaltet werden.
In dem Trainings-Simulator wird das auf der Anlage ablaufende Verfahren
dann simuliert.
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Auch
die
DE 103 53 051
A1 beschreibt ein Verfahren zur Simulation einer Automatisierungsanlage,
bei der ein Kommunikationsgerät
zur Bedienung und Beobachtung der Anlage Daten mit dieser austauscht.
Ferner ist die Automatisierungsanlage in einem Anlagensimulator
nachgebildet. Zur Simulation tauscht das Kommunikationsgerät mit dem
Anlagensimulator Daten aus, wobei der Anlagensimulator zu Simulationsbeginn
durch Übertragung
sämtlicher zu
diesem Zeitpunkt vorhandenen Eingangsgrößen bzw. Zustandsvariablen
mit einem kompletten Prozessabbild der Anlage (Momentanaufnahme)
versorgt wird. Ab diesem Zeitpunkt simuliert der Anlagensimulator
dann das weitere theoretische Verhalten der Anlage aufgrund dieser
Momentanaufnahme und der in ihm vorhandenen theoretischen Modellierung
des gesamten Systems.
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Ein ähnliches
Konzept ist der
US 4,935,886 zu
entnehmen, die ein System zur Anlagensteuerung mit einem Steuerung
zum Betreiben der Anlage und einer Steuerung zur Simulation des
Anlagenbetriebs in einem Zustand beschreibt, in dem zumindest ein Teil
der Anlage offline ist. Dazu sind ein Leitstand, die Steuerung zum
Betreiben der Anlage, die Steuerung zur Simulation und die Sensoren
und Aktoren des Systems über
einen gemeinsamen Speicher miteinander verbunden, in den Aktorbefehle
und Sensorinformationen eingestellt werden.
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Bei
der Simulation komplexer Anlagen ist es in der Praxis jedoch häufig schwierig,
das gesamte Prozess- oder Anlagenverhalten mit Hilfe von expliziten
Gleichungen, wie Differentialgleichungen oder stationären Gleichungen
so abzubilden, dass der Einfluss einzelner Steuer- oder Regeleingriffe
in dem Bedienpult, dem Prozessleitsystem oder der speicherprogrammierbaren
Steuerung in ihrem Einfluss auf die reale Anlage auch tatsächlich hinreichend korrekt
abgebildet wird, da die zu Grunde liegenden Modelle nicht hinreichend
genau sind oder nur mit unverhältnismäßig hohen
Aufwand zu ermitteln oder abzubilden sind.
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Für die Modellierung
eines, insbesondere in einer großchemischen Anlage, ablaufenden
Prozesses gibt es grundsätzlich
zwei verschiedene Ansatzmöglichkeiten:
Es
gibt sogenannte „rigorose
Modelle” („first
principal based equations”),
die als formelmäßige Beschreibung
direkter kausaler und rückgekoppelter
Zusammenhänge
in einem Prozess auf Basis physikalischer, chemischer und/oder verfahrenstechnischer Beziehungen
definiert sind und durch eine oder mehrere Gleichungen parametriert
bzw. ausgedrückt
werden können.
Die Beziehungen beruhen in der Regel auf naturwissenschaftlichen
Vorstellungen oder Modellen. In der Praxis sind dies in großchemischen
Anlagen stationäre
Bilanzgleichungen mit kombinierten Zeitgliedern, dynamische Systeme
aus Differentialgleichungen oder gemischte Ansätze aus stationären und
dynamischen Gleichungskomponenten.
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Einen
anderen Ansatz bilden sogenannte ”datengetriebene Modelle”. Derartige
Modelle sind definiert als die empirische Beschreibung eines kausalen
Zusammenhangs in einem Prozess auf der Basis gewonnener Messdaten,
zum Beispiel mittels Korrelations- oder Regressionsansätzen, statistischen
Ansätzen
und/oder neuronalen Netzen. Insbesondere bieten künstliche
neuronale Netze die Möglichkeit,
auf der Basis von Messdaten aus der Anlagenhistorie ein Modell des
zugrundeliegenden Prozesses zu generieren, ohne a priori Annahmen über die
Struktur der funktionalen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen
Größen zu machen.
Solche Annahmen sind bei linearen Regressionsansätzen mit nicht linearen Ansatzfunktionen
beispielsweise teilweise notwendig. Die Einsatzschwerpunkte neuronaler
Netzwerke in der verfahrenstechnischen Industrie liegen in der Modellierung
von Verfahren und Anlagen mit dem Ziel, Betriebspunkte zu optimieren,
Messdaten zu überwachen,
Online-Fehlerdiagnosen zu ermöglichen
oder sinnvoll in Anlagenregelungen einzugreifen.
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Dies
beschreibt beispielsweise die
EP 0 756 219 B1 , die ein Verfahren zur Überwachung
der Eigenschaften von in einem Herstellungsprozess gefertigten Produkten
betrifft. Entsprechend dem offenbarten Verfahren werden die Produkteigenschaften aufgrund
von gemessenen Prozessdaten mittels eines Prog nosemodells vorhergesagt,
welches zumindest ein Prognoseintervall ausgibt. Dazu erzeugt das vorgeschlagene
Verfahren ein neuronales Netz und sammelt kontinuierlich verfügbare Prozessdaten,
um die Grenzen des Prognosemodells aufgrund von Messdaten ständig zu
erweitern und die Parameter dieses Modells ständig zu verändern und damit die Modellgüte bezogen
auf den Prozess ständig
zu verbessern.
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Insbesondere
weil ein Stelleingriff an einer Steuer- oder Regeleinrichtung des
Leitstands unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen auf verschiedenste
Prozessparameter und Bereiche des Prozesses haben kann, lassen sich
Simulationen nur schwer realisieren, die das gesamte Verfahren durch rigorose
stationäre
oder dynamische Modelle oder durch neuronale Netze alleine abbilden
und den Einfluss eines jeden Stelleingriffs auf den Prozess korrekt
erfassen und wiedergeben wollen. Hinzu kommt, dass datengetriebene
Modelle, wie neuronale Netze, häufig
nur schwer Rückschlüsse auf
systematische Schwierigkeiten in der Anlage, wie z. B. Ausfälle von Pumpen,
Ventilen oder anderen Bauteilen, zulassen, da die sich selbst konfigurierenden
Regeln zur Datenauswertung losgelöst sind von den naturwissenschaftlich-technischen
Grundlagen.
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Reine
datengetriebene Modelle können
nur die Betriebsvarianten eines Prozesses abbilden, die tatsächlich schon
vorgekommen sind. Wegen der vielen theoretischen Möglichkeiten
von Störereignissen
stehen aber niemals alle möglichen
Kombinationen zur Verfügung,
um datengetriebene Modelle an diese Möglichkeiten anpassen zu können.
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Reine
rigorose Modelle, wie Differentialgleichungen oder Bilanzgleichungen,
basieren dagegen immer auf vereinfachten Annahmen der Wirklichkeit, weshalb
sie die Wirklichkeit nur in Einzelfällen angenähert wiedergeben können. Als
Beispiel mag die Reaktionskinetik dienen: Alle Gleichungen, welche die
Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion vorherzusagen versuchen,
basieren auf vereinfachten stochastischen Stoßmodellen idealer punktförmiger Teilchen,
die es in Wirklichkeit nicht gibt, und sind daher auch nur begrenzt
genau. Weitere Beispiele für die
Anwendung rigoroser Modelle sind eine Regelung nach der
DE 102 60 943 B3 ,
in der die Temperatur in einem Ofen mit Hilfe der zugeführten Brennstoff und
Eduktmenge gesteuert wird, oder ein Verfahren zur Stabilisierung
einer Wirbelschicht in einem Röstofen
nach der
EP 1 339 881
B1 , bei dem die Zugabe einer bestimmten Sauerstoffmenge
zu einem Röstofen
berechnet wird.
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Die
EP 1 253 491 A2 beschreibt
ein Verfahren zur Bestimmung von mechanischen Eigenschaften und
Verarbeitungseigenschaften eines Spritzgießformteils mittels eines Hybridmodells,
das aus neuronalen Netzen und rigorosen Modellen besteht, die untereinander
verschaltet sind. Die rigorosen Modelle dienen zur Abbildung von
Teilmodellen, die mittels mathematischer Formeln beschreibbar sind.
Das neuronale Teilmodell dient zur Abbildung von Prozessen, deren
Zusammenhang nur in Form von Daten vorliegt, und die nicht rigoros
modelliert werden können.
Die rigorosen Modelle erhalten dabei Eingangsgrößen sowohl in Form messbarer
Parameter P als auch in Form von Vorhersagen der neuronalen Teilmodelle.
In ähnlicher
Weise beschreibt der Aufsatz Zalizawati et. al, ”Nonlinear Modelling Application
in Distillation Column” aus
der Zeitschrift ”Chemical
Product and Process Modeling” grundsätzlich die
Anwendung von Hybridmodellen am Beispiel von Destillieranlagen.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es, eine Möglichkeit zum Trainieren des
Bedienpersonals zu schaffen, die den gesamten Prozess einer Anlage
mit seinen im Leitstand gegebenen Stellmöglichkeiten so genau simuliert,
dass das Bedienpersonal keinen nennenswerten Unterschied zwischen
der tatsächlichen
Anlagenführung
und dem Trainingsfall wahrnimmt.
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Diese
Aufgabe wird durch die Merkmale der Ansprüche 1 und 10 gelöst.
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Dazu
ist bei dem Verfahren der eingangs beschriebenen Art insbesondere
vorgesehen, dass der Prozesssimulator zur Simulation bzw. Modellierung des
Prozesses in der Anlage sowohl rigorose Modelle als auch datengetriebene
Modelle verwendet und diese über
interne Schnittstellen miteinander verbindet. Durch diesen Ansatz
ist es möglich,
in dem Prozesssimulator für
viele wissenschaftlich-technisch gut aufgeklärte Zusammenhänge rigorose
Teilmodelle und für
die nicht hinreichend genau bekannten oder schwer beschreibbaren
Zusammenhänge
datengetriebene Teilmodelle zu verwenden, die dann über die
Schnittstellen zu einem Gesamtmodell zusammengesetzt werden. Die
rigorosen Modelle können
z. B. auf physikalischen Gleichungen, Bilanzgleichungen, reaktionskinetischen
Differenzialgleichungen und anderen wissenschaftlich gut aufgeklärten Formeln
oder Modellen für
bekannte oder untersuchte Zusammenhänge basieren. Bei den rigorosen
Modellgleichungen sind die Struktur der Gleichung und die Größenordnung
der Parameter dieser Gleichung in der Regel recht gut bekannt, so
dass durch diese rigorosen Teilmodelle Abschnitte der Anlage in
ihrer technischen Funktionsweise abgebildet und somit besser verstanden
werden können.
Beispiele für
gut bekannte Gleichungen sind Modelle oder Zusammenhänge für einfache
Wärmeübergänge, Massenbilanzgleichungen
und einfache reaktionskinetische Modelle (beispielsweise die Arrhenius-Gleichung oder die
Michaelis-Menten-Gleichung). Ferner lassen sich Massenströme, Volumenströme und das stochastische
Laufzeitverhalten einzelner Moleküle durch die Anlage häufig durch
rigorose Modelle mit großer
Genauigkeit beschreiben.
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Sofern
die rigorosen (Teil)Modelle nicht genau genug sind, werden datengetriebene
(Teil)Modelle verwendet, deren Parameter mit Hilfe von Prozessdaten
angepasst, also erlernt, berechnet oder gefittet werden. Für die Anpassung
(Fit) können
diverse Verfahren wie Gradientenverfahren, konjugierte Gradientenverfahren,
stochastische Verfahren (z. B. die Monte-Carlo-Methode) oder auch
genetische Algorithmen verwendet werden. Merkmal dieser datengetriebenen
Modelle ist es, dass die Struktur der verschiedenen Gleichungen
und/oder die Parameter mit Hilfe von aus der Anlage stammenden Messdaten und/oder
Laboranalysen ermittelt und die technisch-naturwissenschaftlichen
Zusammenhänge nicht
unbedingt erkennbar zusammenhängend,
also nicht explizit oder nicht als geschlossen lösbare Gleichungen, beschrieben
werden. In vielen Fällen
ist es auch sinnvoll, trotz vorhandener rigoroser Modelle auf datengetriebene
Modelle zurück
zu greifen, um eine höhere
Genauigkeit zu erreichen oder spezielle Abhängigkeiten besser abbilden
zu können.
Letztendlich ist die Verwendung vorhandener rigoroser (Teil)Modelle
oder deren Ersatz durch datengetriebene (Teil)Modelle abhängig von
der einzelnen Anlage und dem gewünschten
Simulationserfolg.
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Durch
die vorgesehenen internen Schnittstellen werden die einzelnen rigorosen
oder datengetriebenen Teilmodelle miteinander verbunden, wobei eine
Schnittstelle sowohl Übergänge zwischen
rigorosen und datengetriebenen Teilmodellen als auch Übergänge zwischen
jeweils rigorosen Modellen oder datengetriebenen Modellen umsetzt.
Charakteristikum dieser Schnittstellen kann es insbesondere sein,
dass das Ergebnis des vorangehenden Teilmodells als Ausgangspunkt
für das
folgende Teilmodell verwendet wird.
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Ein
sowohl aus rigorosen als auch datengetriebenen Modellen (Teilmodellen)
aufgebautes (Gesamt)Modell des Prozesssimulators, welches auch als
Hybridmodell bezeichnet wird, benötigt nur eine vergleichsweise
geringe Rechenzeit, da bekannte Zusammenhänge durch wenig rechenintensive
rigorose Modelle abgebildet werden und lediglich die nicht oder
nur durch großen
Aufwand durch geschlossene Gleichungen mittels Parameter darstellbaren
Prozessteile über
mit den rigorosen Modellen verbundene datengetriebene Modelle abgedeckt werden.
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Um
das vorbeschriebene Verfahren umzusetzen, ist es daher besonders
vorteilhaft, bei der Bildung des Prozesssimulators in einem ersten
Schritt kausale Zusammenhänge
innerhalb des Prozesses, die aufgrund bekannter physikalischer,
chemischer und/oder verfahrenstechnischer Beziehungen durch Gleichungen
ohne großen
Aufwand und mit der geforderten Genauigkeit beschreibbar sind, durch
ein oder mehrere rigorose(s) Modell(e) zu beschreiben und in einem
zweiten Schritt die verbleibenden kausalen Zusammenhänge zur
Abbildung des Prozesses durch ein oder mehrere datengetriebene(s)
Modell(e) umzusetzen. Auch kann es vorteilhaft sein, empirische
Stoffdatenbanken mit Hilfe datengetriebener Ansätze zu Modellgleichungen umzuwandeln oder
zu übernehmen
(z. B. angepasste Gleichungen für
Wärmekapazitäten) und
diese zu verwenden, um den rigorosen Modellen Parameter vorzugeben. Ebenso
können hierzu
z. B. Gerätekennlinien
benutzt oder umgewandelt werden, um Parameter für diese Modelle zu gewinnen.
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In
einem gesamten Anlagenprozess sind durch rigorose Modelle in der
Regel nur Teilprozesse gut beschreibbar, die den Übergang
von einem physikalischchemischen Ausgangs(zwischen)zustand in einen
physikalisch-chemischen End(zwischen)zustand beschreiben. Allerdings
ist das Erreichen diese Ausgangszustands meist durch geschlossene
Gleichungen in dem rigorosen Modell nur schlecht oder gar nicht
zu beschreiben, da zu viele Parameter in der Anlage berücksichtigt
werden müssten,
die teilweise auch konkurrierenden Einfluss haben.
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Erfindungsgemäß werden
als interne Schnittstellen zwischen den rigorosen Modellen und den
datengetriebenen Modellen physikalisch-chemisch bestimmbare oder
charakterisierbare Zwischenzustände
definiert. Das Auffinden bzw. die Bestimmung derartiger Zwischenzustände kann
durch Auswertung realer Prozessdaten erfolgen, da die Zwischenzustände häufig zu
bestimmten Zeitpunkten des Prozesses in der Anlage vorliegende,
messbare Zustände
sind. Damit definieren die internen Schnittstellen in der Anlage
bestimmbare Zwischenzustände,
die durch die Teilmodelle beschrieben werden müssen bzw. können und auch ein abschnittsweises Überprüfen der
einzelnen Teilmodelle durch Messung von Prozessgrößen in der
Anlage ermöglichen.
Diese Zwischenzustände
sind nicht zwangsläufig
chemische oder physikalische einheitliche Zustände, sondern können sich
durch verschiedene Parameter eindeutig bestimmt oder charakterisiert
werden, z. B. durch Temperatur, chemische Zusammensetzung, Verweilzeit,
Verteilung von Partikelgrößen, Dichteänderung.
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Derartige
Zwischenzustände
bieten einen idealen Ausgangspunkt zur weiteren Beschreibung des
Prozesses mittels rigoroser Modelle. Daher wird erfindungs gemäß vorgeschlagen,
alle oder einige, vorzugsweise aber viele Übergänge zwischen Zwischenzuständen, die
auf physikalisch-chemischen Reaktionen beruhen, mit rigorosen Modellen
zu beschreiben. Das Überprüfen der
rigorosen Modelle beziehungsweise der jeweiligen Modellparameter
kann dann anhand von realen, gemessenen Betriebsdaten oder durch
Laborversuche oder Technikumsversuche erfolgen. Dabei können auch
verschiedene, charakterisierbare Zwischenzustände an einem Ort zum gleichen
Zeitpunkt vorhanden sein.
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Zur
Anbindung des erfindungsgemäßen Verfahrens
an den Leitstand können
als erste externe Schnittstellen zwischen dem Leitstand und dem
Prozesssimulator die von dem Leitstand insbesondere aufgrund von
Steuerbefehlen oder automatischen Regel- oder Stelleingriffen an
die Anlage ausgegebenen Stellgrößen verwendet
werden. Die Auswirkungen dieser Stellgrößen sind in einem physikalisch-chemischen
Modell häufig
nicht geschlossen, d. h. nicht rigoros, beschreibbar.
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Daher
ist es besonders vorteilhaft, dass alle oder einige, vorzugsweise
aber viele Übergänge zwischen
einer externen Schnittstelle, d. h. beispielsweise einer aufgrund
eines Steuer- oder Regelbefehls erzeugten Stellgröße, und
einem Zwischenzustand durch ein datengetriebenes Modell beschrieben
werden.
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Als
zweite externe Schnittstellen zwischen dem Prozesssimulator und
dem Leitstand können Zustandsinformationen
der Anlage definiert werden, die dem Leitstand als Rückmeldungen
der Anlage zugeleitet werden. Hierdurch ist der Trainingssimulator in
der Lage, durch ihn simulierte Prozessdaten in Form von Sensorinformationen
in dem Leitstand anzuzeigen und dadurch eine realistische Simulation der
Anlage auch in dem Leitstand zu erreichen. Typischerweise sind derartige
Zustandsinformationen häufig
insbesondere Werte von in der Anlage befindlichen Messsensoren.
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Erfindungsgemäß ist vorgesehen,
dass der Leitstand wahlweise die Anlage oder den Prozesssimulator
steuert, wobei dies in dem Leitstand vorzugsweise nicht angezeigt
wird. Somit erscheint die Steuerung des Prozesssimulators durch
den Leitstand als eine Steuerung der Anlage und ermöglicht es,
den Trainings-Simulator
unter realen Bedingungen einzusetzen. Die bedienenden und zu trainierenden
Operateure müssen
also nicht wissen, dass sie nicht die Anlage, sondern einen Simulator
steuern. Gemäß einer
bevorzugten Ausführungsform
kann in den Trainings-Simulator dann ein zweiter Leitstand integriert sein,
der die Anlage steuert oder bspw. bei abgeschalteter Anlage aktive
Eingriffe des Trainers in den Simulator erlaubt, um ggf. besondere
Ereignisse oder Störfälle zu simulieren
und das Verhalten der Operateure zu trainieren.
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Da
durch das erfindungsgemäße Verfahren der
auf der Anlage ablaufende Prozess besonders realistisch simuliert
werden kann, weil die Steuerbefehle in dem Leitstand bei der Simulation
unmittelbar und vorzugsweise vollständig mitberücksichtigt werden, ist es besonders
vorteilhaft, den Prozesssimulator oder Teile des Prozesssimulators
gleichzeitig zur Anlagenoptimierung mit zu verwenden. Dies kann beispielsweise
durch eine prädikative
Online-Optimierung erfolgen, indem die veränderbaren Größen des
Prozesses (manipulierbare Variablen) derart geführt werden, dass gegebene technische
Schranken (Constraints) eingehalten werden und eine (meist ökonomische)
Zielfunktion maximiert oder minimiert wird, indem Auswirkungen von
Eingriffen prädiziert (simuliert)
werden. Diese prädikative
Optimierung kann im Rahmen des erfindungsgemäß vorgeschlagenen Verfahrens
deshalb so genau umgesetzt werden, weil das Modell durch die Kombination
der rigorosen und der datengetriebenen Modelle eine besonders hohe Übereinstimmung
des Gesamtmodells mit der Wirklichkeit aufweist. Auch kann es vorteilhaft sein,
den Prozesssimulator oder Teile des Prozesssimulators auch zur Verbesserung
von Regelstrategien, insbesondere deren Optimierung und/oder Test, zu
verwenden, indem bspw. Änderungen
der Konfiguration oder der Programmierung des Prozessleitsystems oder
der SPS am Prozesssimulator getestet werden, bevor diese an der
echten Anlage zum Einsatz kommen. Weiterhin kann es vorteilhaft
sein, auch Änderungen
in Anlagenteilen zuerst durch den Prozesssimulator zu überprüfen.
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Die
Erfindung bezieht sich auch auf eine Vorrichtung zum Trainieren
des Bedienpersonals einer prozesstechnischen Anlagen insbesondere
zur Durchführung
des vorbeschriebenen Verfahrens. Die Anlage ist mit einem Leitstand
zum Überwachen
und Steuern des auf der Anlage ablaufenden Prozesses verbunden.
Zur Anbindung an diesen Leitstand weist die erfindungsgemäße Vorrichtung
externe Schnittstellen zum Abgreifen der in dem Leitstand gegebenen
Befehle oder Signale und/oder zum Zuleiten von Zustandsinformationen
an den Leitstand sowie einen Prozesssimulator mit einer Recheneinheit
auf. Die externen Schnittstellen können als erste Schnittstellen
zum Abgreifen der in dem Leitstand gegebenen Befehle und zweite
Schnittstellen zum Zuleiten von Zustandsinformationen an den Leitstand
ausgebildet sein, wobei diese Schnittstellen auch zu einer gemeinsamen
Schnittstelle bzw. Schnittstelleneinheit zusammengefasst sein können. Die
Recheneinheit des Prozesssimulators ist dazu eingerichtet, den auf der
Anlage ablaufenden Prozess mittels rigoroser Modelle und datengetriebener
Modelle zu simulieren, wobei zwischen den rigorosen und den datengetriebenen
Modellen mindestens eine, vorzugsweise mehrere interne Schnittstellen
ausgebildet sind. Diese internen Schnittstellen dienen dazu, als
Teilmodelle dienende rigorose oder datengetriebene Modelle miteinander
zu verbinden, wobei erfindungsgemäß auch zwei oder mehrere datengetriebene
Modelle und/oder zwei oder mehrere rigorose Modelle über eine
interne Schnittstelle miteinander verbunden sein können. Insbesondere
stellt die Recheneinheit eine Implementierung des vorbeschriebenen
Verfahrens mittels Datenverarbeitungsprogrammen dar, auf die sich
die Erfindung auch bezieht.
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Vorzugsweise
sind die externen Schnittstellen, die die ersten und/oder die zweiten
externe Schnittstellen umfassen können, in eine zwischen dem
Leitstand und der Anlage vorgesehene Schnittstelle bzw. Schnittstelleineinheit
zwischenschaltbar. Diese kann dann so konfigurierbar sein, dass
die über
die Schnittstelle zwischen dem Leitsystem und der Anlage ausgetauschten
Daten in der externen Schnittstelle der erfindungsgemäßen Vorrichtung wahlweise
parallel abgreifbar sind oder durch den Prozesssimulator änderbar
und wieder ausgebbar sind. Auf diese Weise lässt sich einfach zwischen einem
Simulationsbetrieb und einem Regel- oder Steuerbetrieb der Anlage
umschalten, wobei auch der Prozesssimulator sämtliche Steuerbefehle, beispielsweise
in Form von Stellgrößen, und
Zustandsinformationen der Anlage, beispielsweise in Form von Sensordaten,
erhält.
Ggf. kann ein Simulations- und ein Regel- oder Steuerbetrieb auch
parallel durchgeführt
werden.
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Damit
die als Trainingssimulator ausgebildete Vorrichtung gemäß der vorliegenden
Erfindung die Anlage im Trainingsfalle unmittelbar selbst steuern kann,
kann der Prozesssimulator einen eigenen, zweiten Leitstand aufweisen,
der eine Anlagensteuerung im Falle des Trainings ermöglicht.
Dieser Leitstand kann beispielsweise als reine Softwareimplementierung
mit in die erfindungsgemäße Vorrichtung implementiert
sein. Hierdurch ist es möglich,
während
des laufenden Betriebs der Anlage plötzlich ein Trainingsfall einzubauen,
der eine kritische Anlagensituation simuliert, und die Anlage während dieses Trainingsfalls
durch den erfindungsgemäßen Trainings-Simulator
selbst weiter zu steuern. Hierdurch wird eine besonders authentische
Trainingssituation für
das Bedienpersonal beziehungsweise die Operateure einer prozesstechnischen
Anlage erreicht.
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Weitere
Vorteile, Merkmale und Anwendungsmöglichkeiten der vorliegenden
Erfindung ergeben sich auch aus der nachfolgenden Beschreibung eines
Ausführungsbeispiels
und der Zeichnung. Dabei bilden alle beschriebenen und/oder bildlich dargestellten
Merkmale für
sich oder in beliebiger Kombination den Gegenstand der vorliegenden
Erfindung, auch unabhängig
von ihrer Zusammenfassung in den Ansprüchen oder deren Rückbezügen.
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Die
einzige 1 zeigt schematisch den Ablauf
des erfindungsgemäßen Verfahrens
beziehungsweise den Aufbau der erfindungsgemäßen Vorrichtung zum Trainieren
des Bedienpersonals einer Anlage.
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In
abstrakter Form ist eine prozesstechnische Anlage 1 dargestellt,
in der ein chemischer Prozess 2, beispielsweise ein Sinterprozess
oder eine Kristallisation, abläuft.
Der chemische Prozess 2 ist schematisch durch eine Folge
von Pfeilen und Rechtecken symbolisiert, wobei die Rechtecke physikalischchemisch
charakterisierbare Zwischenzustände 3 und
die Pfeile kausale Zusammenhänge 4 des
Prozesses bei einem Übergang
zwischen den Zwischenzuständen 3 darstellen.
Die kausalen Zusammenhänge
können
beispielsweise durch chemische Reaktionen oder physikalische Gesetzmäßigkeiten
hervorgerufene Übergänge zwischen
zwei Zwischenzuständen,
d. h. jeweils einem Ausgangszustand und einem Endzustand, sein.
Grundsätzlich
ist die Art der kausalen Zusammenhänge jedoch beliebig und nicht auf
diesen typischen Fall beschränkt
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Die
Anlage 1 ist über
erste externe Schnittstellen 5 und zweite externe Schnittstellen 6 mit
einem Leitstand 7 verbunden, über den Bedienpersonal (Operateure)
den auf der Anlage 1 ablaufenden Prozess 2 steuern
und überwachen
können.
In dem Leitstand 7 sind Regler 8 vorgesehen, die
Stellgrößen über die
ersten externen Schnittstellen 5 an die Anlage liefern.
Diese Stellgrößen beeinflussen
Anlagenparameter, wie Druck, Temperatur oder dgl., in bestimmten
Anlagenteilen und dadurch die kausalen Zusammenhänge 4 in der Anlage 1.
Dies hat Auswirkungen auf die Zwischenzustände 3 in der Anlage 1. Diese
Zwischenzustände 3 sind
vorzugsweise so definiert, dass sie mit einem definierten physikalisch-chemischen
Zustand der Anlage korreliert sind, die beispiels weise mittels einem
oder mehreren Sensoren oder Hilfsgrößen in den Zwischenzuständen 3 erfasst
werden können.
Diese Sensoren übertragen ihre
Sensorwerte über
die zweiten externen Schnittstellen 6 an den Leitstand 7,
in dem die Sensorwerte in Displays 9 zur Charakterisierung
des Anlagenzustands dargestellt werden.
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Für eine solche
Anlage 1 soll dem Bedienpersonal beziehungsweise den Operateuren
ein Werkzeug zur Verfügung
gestellt werden, um den Einstieg in die Bedienung des auf der Anlage 1 ablaufenden
Prozesses 2 zu erleichtern und das Bedienpersonal auch
während
des Betriebs der Anlage 1 laufend zu schulen.
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Hierzu
ist es grundsätzlich
notwendig, die reale Anlage 1 für den Operateur möglichst
genau abzubilden, so dass im idealen Fall für das Bedienpersonal am Leitsystem 7 kein
Unterschied zwischen der realen prozesstechnischen Anlage 1 und
ihrer Simulation ersichtlich ist. So können der Normalbetrieb der
Anlage 1 und Gefahrensituationen beziehungsweise Betriebszustände durch
einen Trainer realistisch vorgegeben werden. Hierzu ist es notwendig, den
auf der Anlage 1 ablaufenden Prozess 2 in einem Prozesssimulator 10 (Trainingsimulator)
unter Berücksichtigung
vorzugsweise aller in dem Leitstand 7 gegebenen Befehle
zu simulieren. Dazu ist der Prozesssimulator 10 in eine
Vorrichtung 11 zum Trainieren des Bedienpersonals einer
prozesstechnischen Anlage 1 mit ersten Schnittstellen 5 zum
Abgreifen der in dem Leitstand 7 gegebenen Befehle und
zweiten Schnittstellen 6 zum Zuleiten von Zustandsinformationen
an den Leitstand 7 integriert. Zur Simulation des Prozesses 2 weist
der Prozesssimulator 10 eine Recheneinheit auf, die dazu
eingerichtet ist, den auf der Anlage 1 ablaufenden Prozess 2 mittels
rigoroser Modelle 12 und datengetriebener Modelle 13 zu simulieren,
wobei zwischen den rigorosen Modellen 12 und den datengetriebenen
Modellen 13 interne Schnittstellen 14 ausgebildet
sind. Diese Schnittstellen 14 können insbesondere den festgelegten
oder charakterisierbaren Zwi schenzuständen 3 des Prozesses 2 entsprechen
und somit definierte chemischphysikalische Zustände angeben.
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In
dem Prozesssimulator 10 wird ein in dem Leitstand 7 durch
einen Regler 8 gegebener Befehl als Stellgröße in einer
der ersten externen Schnittstellen 5 durch den Prozesssimulator 10 abgegriffen und
steht als Eingangsgröße für den Simulator
zur Verfügung.
Dies gilt für
alle durch Regler 8 erzeugte Stellgrößen. Ferner können in
den Leitstand 7 Prozessleitsysteme und speicherprogrammierbare
Steuerungen integriert sein, die ihrerseits Befehle und Signale
erzeugen, die als Stellgrößen in den
ersten externen Schnittsellen 5 abgreifbar sind.
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Ferner
sind die Teile des Prozesses 2 identifizierbar, die aufgrund
bekannter physikalischer, chemischer und/oder verfahrenstechnischer
Beziehungen durch parameterbehaftete Gleichungen beschreibbar sind.
Diese Gleichungen beschreiben in der Regel Übergänge zwischen definierten, technisch
gut charakterisierbaren und messbaren Zwischenzuständen 3,
die in dem Prozesssimulator 10 als interne Schnittstellen 14 realisiert
werden. Solche mit rigorosen Modellen 12 beschreibbaren Übergänge sind
als Pfeile mit Doppelstrich dargestellt.
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Die
durch rigorose Modelle nicht einfach beschreibbaren oder beschriebenen
Teilprozesse in der Anlage 2 werden dann durch datengetriebene
Modelle 13 beschrieben, die zur Beschreibung des gewünschten
kausalen Zusammenhangs in dem Prozess 2 auf der Basis von
Messdaten ein empirisches Modell ermitteln oder aus anderen Anlagen
oder Versuchen übernehmen,
das mittels eines Regressionsansatzes, statistischen Ansätzen und/oder
künstlichen
neuronalen Netzen umgesetzt werden kann. Insbesondere werden die
in den externen Schnittstellen 5 abgegriffenen Stellgrößen mittels
datengetriebener Modelle mit den internen Schnittstellen 14 verbunden,
wobei in dem dargestellten Beispiel die Stellgröße a des Reglers 8 Einfluss
auf die Zustände
A, B und C der internen Schnittstellen 14 hat. Die Stellgröße b beeinflusst
die Zustände
A und C der Schnittstellen 14. Die Stellgröße c schließlich beeinflusst
die Zustände
B und D der internen Schnittstellen 14. Der unmittelbare
Einfluss der Regler 8 auf die Zustände der Anlage lässt sich
meist nur schlecht mittels rigorosen Modellen 12 beschreiben,
die typischerweise eher für
den physikalisch-chemischen Verfahrensablauf Anwendung finden.
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Es
gibt jedoch auch physikalisch-chemische Verfahrensabläufe, die
besser durch datengetriebene Modelle 13 simuliert werden,
wie bei dem Übergang
zwischen den Zuständen
C und D der internen Schnittstellen 14 angedeutet. Die
datengetriebenen Modelle 13 sind als Pfeile mit gekringelter
Linie dargestellt.
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Wie
der Gesamtdarstellung des Prozesssimulators 10 zu entnehmen
ist, wird durch das erfindungsgemäß vorgeschlagene Verfahren
also ein Netzwerk zwischen internen Schnittstellen 14 gebildet,
die jeweils durch rigorose Modelle 12 und/oder datengetriebene
Modelle 13 miteinander verbunden sind. Diese Netzwerke
können
natürlich
wesentlich komplexer aufgebaut sein als in dem Beispiel vereinfacht
dargestellt.
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Im
Gegensatz zu bisher verwendeten Trainingssimulatoren, die auf einer
Prozesssimulation mit mathematisch dynamischen Modellen basieren und
klassisch programmiert wurden, wird erfindungsgemäß vorgeschlagen,
ein konventionelles Leitsystem mit einem Prozesssimulator 10 auszustatten,
der als Gesamtmodell ein Hybridmodell aus verschiedenen rigorosen
und datengetriebenen Teilmodellen 12, 13 zusammenfasst.
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Die
klassischen dynamischen Modelle konnten aufgrund mathematisch nur
schwer erfassbarer oder beschreibbarer Zusammenhänge häufig nur eine ungenaue Abbildung
der Realität
geben. Außerdem
war es notwendig, die Gleichungen alle manuell anzupassen, so dass
bei der Erstellung des dynamischen Modells sehr hohe Kosten entstanden
sind.
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Die
erfindungsgemäß vorgeschlagenen
Hybridmodelle setzen nun die einfach rigoros beschreibbaren Zusammenhänge oder
Modelle mit bekannten Gleichungen um, meistens in Form stationärer Bilanzgleichungen
und kombinierter Zeitglieder. Die komplexen Modellteile, die auf
einem nur schwer geschlossen mathematisch darstellbaren Modell beruhen,
werden mit datengetriebenen Teilmodellen umgesetzt, wobei die datengetriebenen
Teilmodelle insbesondere auch selbstkonfigurierende künstliche neuronale
Netze umfassen können.
Diese können zwar
auch eine komplizierte und komplexe Struktur aufweisen, generieren
sich jedoch aus in der Anlage gewonnenen und beispielsweise über die
externen Schnittstellen 6 eingespeisten Daten selbst und
können
in dem Prozesssimulator 10 zur Konfiguration der datengetriebenen
Modelle 13 gespeichert und ausgewertet werden. Diese Methoden
sind dem Fachmann bekannt und müssen
daher nicht näher erläutert werden
(siehe z. B. Chemical Engineering und Processing 44 (2005), Seite
581–592
oder S. 855–868).
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Wesentlich
für den
vorgeschlagenen Prozesssimulator 10 ist, dass die rigorosen
Modelle 12 und die datengetriebenen Modelle 13 über die
internen Schnittstellen 14, über die sie miteinander kommunizieren,
ein Hybrid-Gesamtmodell der Anlage 1 erzeugen. Die Kommunikation
zwischen dem Prozesssimulator 10 beziehungsweise der Vorrichtung 11 und
dem Leitstand 7 erfolgt dabei über ein die externen Schnittstellen 5, 6 enthaltendes
Interface. Dieses Interface kann beispielsweise als OPC-Interface ausgebildet
sein, welches ein standardisiertes Interface zur Kommunikation zwischen
der Hardware des Leitstands 7 und der Recheneinheit des
Prozesssimulators 10 darstellt. Somit ist es möglich, den
Prozesssimulator 10 über
die Schnittstellen 5, 6 unmittelbar an den Leitstand 7 anzukoppeln.
Das trainierte Bedienpersonal erkennt so keinen Unterschied zu einem
realen System, d. h. der Anlage 1.
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Um
einem Trainer die Möglichkeit
zu geben, in den Prozesssimulator 10 einzugreifen, ist
dieser ferner mit einer Ein- und Ausgabeeinheit 15 verbunden.
Die Bedien- und Beobachtungseinrichtungen 8, 9 des
Leitstands 7 können
so von einem Trainer wahlweise auf die echte Anlagensteuerung oder
aber auf den Trainingssimulator selbst gelegt werden. Idealerweise
ist so eine Trainingssituation möglich,
die von dem Bedienpersonal beziehungsweise den Operateuren nicht
als solche erkannt wird und daher eine besonders realistische Möglichkeit
zur Schulung und dem Training von Gefahrensituationen bietet. Um während des
Trainings im laufenden Betrieb die Anlage 1 weiter betreiben
zu können,
kann an den Prozesssimulator 10 ein eigener, zweiter Leitstand 16 angeschlossen
sein, mit dem der Trainer oder anderes Bedienpersonal die Anlage 1 steuert,
wenn der Leitstand 7 zu Trainingszwecken verwendet wird.
Der zweite Leitstand 16 und die Ein- und Ausgabeeinheit 15 können als
eine gemeinsame Einrichtung ausgebildet sein, da insbesondere ein
zweiter Leitstand 16 es dem Trainer auch ermöglicht,
eine beliebige Trainingssituation in der Anlage vorzugeben, auf
die das trainierte Bedienpersonal an dem Leitstand 7 dann reagieren
muss.
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Da
die Prozesssimulation unter Verwendung rigoroser Modelle 12 und
datengetriebener Modelle 13 neben bekannten technisch-naturwissenschaftlichen
Zusammenhängen
gleichzeitig vorhandene Prozessdaten einer Anlage verwendet, ist
die Genauigkeit des in dem Prozesssimulator 10 realisierten
Trainingssimulators erheblich besser als bei herkömmlichen
Simulatoren, die ausschließlich
ein rigoroses Modell oder ein datenbetriebenes Modell verwenden,
insbesondere weil es möglich
ist, den Einfluss jedes Steuerelementes des Leitstands 7 genau zu
charakterisieren.
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Aufgrund
seiner hohen Genauigkeit kann der Prozesssimulator auch zur Prognose
von zukünftigen
Betriebszuständen
verwendet werden. Diese Prognose kann zur Optimierung der bestehenden Anlage,
zum Test z. B. alternativer Einsatzmaterialien, veränderter
Anlagenteile oder neuer Betriebszustände genutzt werden. Dies ist
möglich,
weil der Prozesssimulator 10 über die externen Schnittstellen 5, 6 Zugang
zu den aktuellen Prozessdaten des in der Anlage 1 ablaufenden
Prozesses 2 erhält.
Da diese Schnittstellen 5, 6 einen parallelen
Abgriff der Signale erlauben, kann der als Trainingssimulator dienende
Prozesssimulator 10 daher parallel zum laufenden Betrieb
auch als Optimierer für
die Anlage eingesetzt werden, der genaue Vorschläge für Einstellungen bestimmter
Steuerelemente des Leitstands 7 gibt.
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Konkrete
Beispiele solcher Systeme sind Trainingssimulatoren für Sinter-
oder Pelletieranlagen. Für
die Erstellung des Trainings- bzw. Prozesssimulators 10 wird
aus den Betriebsdaten der Anlage 1 zunächst das Zeitverhalten berücksichtigt
oder entfernt, so dass die Datensätze stationäre Zustände beschreiben, die insbesondere
die charakterisierbaren Zwischenzustände 3 bzw. die internen
Schnittstellen 14 bilden. Dann werden bei dem Auffinden
rigoroser Modelle 12 bekannte stationäre Gleichungen zwischen den
Datensätzen
eingesetzt. Beispielsweise besteht in einer Sinteranlage ein solcher
rigoros beschreibbarer Zusammenhang zwischen der Schichthöhe eines
Sinterbandes, der Dicke des Erzgemisches, der Bandgeschwindigkeit
und der Menge des aufgegebenen Erzgemisches. Unbekannte Zusammenhänge, wie
beispielsweise die Temperaturverteilung des Sinterprozesses über die
gesamte Länge
der Sintermaschine in Abhängigkeit
von der Rezeptur der Erzmischung und der Bandgeschwindigkeit, werden
mit datengetriebenen Modellen 13, beispielsweise künstlichen
neuronalen Netzen, abgebildet. Entsprechendes gilt für die Steuer-
und Regeleingriffe an dem Leitstand 7. Dazu ist es manchmal
nötig,
die Daten oder die daraus generierten datengetriebene Modelle entsprechend
der äußeren Umstände zu korrigieren
oder anzupassen, um bestimmte Einflüsse auszuschalten, z. B. Messungenauigkeiten
oder systematische Fehler bei Messungen.
-
Auf
diese Weise werden auch die Resultate des Prozesses, beispielsweise
der Anteil des Rückgutes,
als wichtiger Qualitätsparameter
insbesondere durch datengetriebene Modelle mit abgebildet, so dass
der Trainingssimulator 10 gleichzeitig als Optimierer dienen
kann. Beispielsweise kann das den Anteil des Rückgutes beschreibende Teilmodell
verwendet werden, um den Anlagenfahrer bei der Führung des Prozesses zu unterstützen und
einen optimalen Prozessablauf zu gewähren.
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- 1
- prozesstechnische
Anlage
- 2
- chemischer
Prozess
- 3
- charakterisierbare
Zwischenzustände
- 4
- kausale
Zusammenhänge
- 5
- erste
externe Schnittstelle
- 6
- zweite
externe Schnittstelle
- 7
- Leitstand
- 8
- Regler
- 9
- Display
- 10
- Prozesssimulator,
Recheneinheit
- 11
- Vorrichtung
- 12
- rigorose
Modelle
- 13
- datengetriebene
Modelle
- 14
- interne
Schnittstelle
- 15
- Ein-
und Ausgabeeinheit
- 16
- zweiter
Leitstand