-
Die
Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Erfassung
und Anzeige des Werkstoffverschleißes eines Implantates
in einem menschlichen oder tierischen Organismus.
-
Vorrichtungen
zur Werkstoffverschleißuntersuchung sind bekannt aus dem
Bereich der Maschinentechnik und Entwicklung. Beispielsweise werden bei
der Radionuklid-Technik-Verschleißmessung Oberflächen
von Maschinenteilen wie Kolbenringen, Abgasventilen, Ventilsitzringen
und Lager mit Radionukliden aktiviert. Über eine Messung
der Radionuklide im Schmierstoff ist die Möglichkeit gegeben,
den Verschleiß dieser Teile zu bestimmen. Derartige Einrichtungen
haben ein Anwendungsgebiet insbesondere in der Motorentechnik und
erlauben eine berührungslose und demontagefreie Messmethode
zur Feststellung kleinster Verschleißraten mit extrem hoher
Messempfindlichkeit und Messgenauigkeit.
-
Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das Prinzip derartiger Verfahren
und Vorrichtungen mit einem Markierungsstoff weiter zu entwickeln
und ihr Einsatzgebiet auf Implantate in lebenden Organismen zu erweitern.
Die Erfindung macht in einem menschlichen oder tierischen Organismus
den Verschleiß von Implantatwerkstoffen über die
Freisetzung von im Werkstoff enthaltenen, besonders dafür geeigneten
Markierungsstoffen messbar.
-
Der
Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass die Verwendung bestimmter
Markierungsstoffe, beispielsweise natürlich in nur sehr
geringen Mengen vorkommender, stabiler Isotope und deren organischer
Verbindungen, die nach Freisetzung im Organismus zumindest gut transportierbar
und ausscheidbar sind, völlig neue Einsatzgebiete derartiger
Vorrichtungen erschließt. So kann beispielsweise im medizinisch-klinischen
Bereich der Verschleiß eines Werkstoffes in einem künstlichen
Gelenkersatz in vivo messbar werden und zur Diagnosenfindung einer
damit zusammenhängenden Krankheit beitragen. Im medizinisch-technischen
Bereich eignet sich die Vorrichtung zum in vivo Vergleich verschiedener Implantatwerkstoffe
und unterschiedlicher Implantattypen. Dadurch erschließen
sich auch wissenschaftliche Möglichkeiten einer solchen
Erfindung, die der Werkstoff- und Implantatentwicklung und -Forschung förderlich
sind.
-
Ein
besonderes Einsatzgebiet erschließt sich wenn die künstlichen
Gelenke Hüft-Endoprothesen oder Knie-Endoprothesen sind.
Bei diesen besteht die Gleitlagerkomponente beispielsweise aus dem Werkstoff
Polyethylen, welches großen Beanspruchungen ausgesetzt
ist. Ein Hauptproblem solcher Endprothesen ist eine durch Verschleißpartikel
ausgelöste lokale Gewebsreaktion des Organismus, deren
Folge ein Versagen des Implantates und Lockerung sein kann.
-
Bei
Patienten mit Knieprothesen und Hüftprothesen beispielsweise
werden aus den gelenkbildenden Polyethylenoberflächen durch
Abrieb ca. 0.3–500 μm große Partikel
freigesetzt. Da diese Partikel weder abbaubar, noch abtransportierbar
sind, verursachen sie eine Bindegewebsreaktion mit Beteiligung von
so genannten Fremdkörperriesenzellen. Bei dieser Reaktion
werden Botenstoffe frei, die wiederum den Knochenabbau um die Prothese
bewirken. Die Folge der vermehrten Auflösung der Knochensubstanz
ist ein Versagen des Implantates und Lockerung der Endoprothese
aus ihrem knöchernen Lager.
-
Dieses
durch Abrieb bedingte Versagen von Implantaten wird auch als aseptische
Lockerung bezeichnet. Für die Patienten ist die aseptische
Lockerung gleichbedeutend mit Krankheit, Krankenhausaufenthalt und
Notwendigkeit einer Operation mit komplettem Austausch der Endoprothese.
Der Polyethylenabrieb ist der wichtigste Faktor, welcher die Langzeitprognose
von Endoprothesen beeinflusst; Die wissenschaftliche Literatur belegt,
dass eine geringe Abriebrate mit längerer Standzeit der
Implantate einhergeht. Phänomene wie für den Polyethylenabrieb
sind auch für Keramik- und Metallabrieb an Gelenkbildenden
Oberflächen von Endoprothesen beschrieben. Deshalb ist
es aus medizinischer Sicht wichtig, verstärkten Abrieb
in Endoprothesen früh zu diagnostizieren, um durch entsprechenden
Austausch ausschließlich der betroffenen Komponenten die
drohende aseptische Lockerung des Implantates und eine Krankheit
des Patienten zu vermeiden. Auch bei bereits beginnender Lockerung
ist eine Diagnose im frühmöglichsten Stadium mit
besseren Bedingungen für eine komplette Wechseloperation
verbunden.
-
Die
Erfindung betrifft folglich bevorzugt Endoprothesen die aus zusammensetzbaren
Werkstoffteilen aufgebaut sind. In solchen Systemen lassen sich
die als Gleitlager dienenden, beschädigten Komponenten,
wie beispielsweise Polyethylen-Pfanneninlay bei der Hüftprothese
und Polyethylen-Inlay bei der Knieprothese, auch isoliert austauschen, ohne
dass ein kompletter Ausbau und Wechsel der Endoprothese notwendig
wäre.
-
Um
Abriebphänomene bei Endoprothesen in vivo rechtzeitig zu
erkennen, werden verschiedene Messverfahren unter Zuhilfenahme von
Röntgenaufnahmen der Gelenke angewandt. Von manuellen Messmethoden
reicht die Auswahl bis zu computergestützten Verfahren.
All diesen Methoden ist eine gewisse Ungenauigkeit gemeinsam, da
unter Zuhilfenahme von Röntgenbildern gemessen wird.
-
Auch
der Einsatz nuklearmedizinsicher Untersuchungen wie beispielsweise
der Skelettszintigraphie mit Technetium 99m oder der FDG-PET (Fluoro-Desoxy-Glucose-Positronen-Emmissions-Tomographie)
wird in der Fachliteratur zur indirekten Erfassung des Verschleißes
und der aseptischen Lockerung von Prothesen beschrieben. Diese Verfahren ermöglichen
weder spezifische Aussagen über Abriebphänomene,
noch eindeutige Aussagen bezüglich der Stärke
des Abriebs an gelenkbildenden Oberflächen an Endoprothesen.
-
Durch
eine erfindungsgemäße Vorrichtung zur Erkennung
des Abriebs können ohne vorgenannte, mit Strahlung verbundene
Verfahren, Schmerzen bei Patienten richtig bewertet, und die verschleißbedingten
krankhaften Gewebsprozesse rechtzeitig erkannt werden, bevor sie
zu einem Versagen des gesamten Implantates oder einer hierdurch
bedingten Krankheit mit Lockerung führen. Solch eine ungefährliche
Vorrichtung bildet eine zeitgemäße, einfache und
wertvolle diagnostische Hilfe bei der Abklärung schmerzhafter
Endoprothesen, indem sie Abrieb ohne Zuhilfenahme von Röntgen-
oder anderer gefährlicher Strahlung messbar macht.
-
Um
den Abrieb zu messen, weist die Vorrichtung einen im Werkstoff enthaltenen
Markierungsstoff auf, welcher aus dem Werkstoff frei wird, sobald durch
Abrieb die Werkstoffstrukturen aufbrechen: Je stärker der
Abrieb, desto größer ist die Oberfläche der
verschlissenen und somit Markierungsstoff freisetzenden Fläche.
Der Markierungsstoff wird in die Gelenkhöhle freigesetzt,
welche auf der Innenseite von der Gelenkhaut und außen
von einer Kapsel ausgekleidet ist. Die Gelenkhöhle wiederum
steht über die Gelenkhaut mit dem Blutkreislauf in Verbindung.
-
Bei
einer vorteilhaften Ausführungsform ist der Markierungsstoff
im Organismus gut transportierbar und ausscheidbar. Auf diese Weise
ist der Markierungsstoff entsprechend einfach nachweisbar. Der Markierungsstoff
kann beispielsweise im Gelenk, im Blut, im Urin, im Stuhl, im Schweiß und
anderen Körpersekreten und Exkreten messbar sein. Hierbei kann
es je nach Markierungsstoff auch dazu kommen, dass dieser im Organismus
verstoffwechselt wird. Es wird vorgeschlagen, dass solch eine mögliche
Verstoffwechselung des Markierungsstoffes ohne gesundheitliches
Risiko für den Organismus ist.
-
Vorteilhaft
ist die Integration des Markierungsstoffes im Gleitlager aus Polyethylen
oder aus technischen Keramiken. Auch eine Einarbeitung des Markierungsstoffes
in Metalle oder in den Knochenzement, welcher aus PMMA (Poly-Methyl-Meth-Acrylat)
besteht, wäre erfindungsgemäß möglich.
-
Der
Markierungsstoff kann einfach ein Atom oder aber auch ein Molekül
sein, je nachdem im welchem Werkstoff dieser enthalten sein soll.
Als Moleküle können sowohl organische als auch
anorganische Substanzen eingesetzt werden.
-
Weiterhin
wird vorgeschlagen, dass die Markierungsstoffe körpereigenen
Stoffen gleichen und auf diese Weise für den Organismus
unschädlich sind. Dies führt zu organischen Markierungsstoffen, die
sich nur durch ein seltenes stabiles Isotop von natürlichen
Körpersubstoffen unterscheiden. Als stabile in der Natur
selten auftretende Isotope kommen daher insbesondere C-13 (Kohlenstoff),
O-17 und O-18 (Sauerstoff), N-15 (Stickstoff) und H-2 (Wasserstoff) in
Frage. Solche Markierungsstoffe werden beispielsweise in der Biologie
und Biochemie eingesetzt um Stoffwechselwege zu untersuchen und
sind in diversen Ausführungen herstellbar.
-
Eine
besondere Ausführungsform sieht vor, dass der Implantatwerkstoff
Polyethylen den Markierungsstoff enthält. Es wird vorgeschlagen,
dass dieser in den Polyethylen-Polymerketten des UHMWPE (Ultra-High-Molecular-Weight-Poly-Ethylene) – ohne dabei
eine kovalente chemische Bindung einzugehen – eingelagert
ist und erst bei Bruch oder Abriss dieser Ketten im Rahmen des Verschleißes
frei wird. Solche Verfahren zur Herstellung von mit anderen Stoffen
gedoptem UHMWPE existieren bereits und sind sowohl in Patententschriften
als auch in wissenschaftlicher Literatur beschrieben. Ein Beispiel
für solche Verfahren ist ein mit dem organischen Stoff
Vitamin-E gedoptes Polyethylen [
EP 1 161 489 B1 ].
-
Eine
spezielle Ausführungsform sieht vor, dass es sich bei dem
vorrichtungsgemäßen Markierungsstoff beispielsweise
um einen mit dem Isotop C-13 markierten Harnstoff handelt. Entsprechend den
Erkenntnissen der Wissenschaft sind Harnstoffkonzentrationen in
der Gelenkflüssigkeit direkt proportional zu den Harnstoffkonzentrationen
im Serum, da der Austausch Blut-Gelenkflüssigkeit bei Harnstoff durch
eine einfache Transportform, die Diffusion geschieht. Der C-13-Markierte
Harnstoff ist somit nicht nur im vom Polyethylenabrieb betroffenen
Gelenk enthalten, sondern geht über Diffusion aus dem Gelenk
ins Blut über. Der Markierungsstoff kann dadurch im Gelenkpunktat,
aber auch im Blut nachgewiesen werden. Da der C-13-markierte Harnstoff auch
im Urin ausgeschieden wird, ist er ebenfalls hier nachweisbar. Im
Organismus kommt natürlicherweise überwiegend
C-12-haltiger Harnstoff vor, dementsprechend ist eine Aussage über
den Implantatverschleiß anhand des Gehaltes des C-13-haltigen Harnstoffs
möglich. Die Analyse des Anteils des C-13-haltigen Harnstoffs
im Gelenkpunktat, Blut oder Urin kann z. B. mit der Massenspektrometrie,
welche in den Naturwissenschaften ein breites Einsatzgebiet hat,
erfolgen. Über den Gehalt lässt sich schließlich eine
quantitative Aussage über den Polyethylenabrieb machen.
-
Mehrere
Ausführungsbeispiele sind in den Figuren dargestellt. Es
zeigt:
-
1 schematisch
eine Ansicht eines künstlichen Hüftgelenks
-
2 schematisch
eine Ansicht eines künstlichen Kniegelenkes
-
3 schematisch
eine Ansicht des einen beispielhaften Markierungsstoff enthaltenden
UHMWPE in einer Knie- und Hüftgelenks-Endoprothese mm Bereich
der größten- und einer geringeren Belastungszone.
-
4 schematisch
eine Ansicht des Weges des beispielhaften Markierungsstoffes vom
Gelenk ins Blut.
-
Die 1 zeigt
ein typisches Hüftgelenksimplantat 1, bestehend
aus einer metallischen Pfanne 2, einen Prothesenkopf 3 tragenden
Metallschaft 4 und einem dazwischen geschalteten Polyethylen-Pfanneninlay 5,
meist UHMWPE. Alternativ besteht der Prothesenkopf 3 oder
das Pfanneninlay 5 aus technischer Keramik.
-
Die 2 zeigt
ein typisches Kniegelenksimplantat 6. Dieses besteht vereinfacht
betrachtet aus einer metallischen Femurkomponente 7 (Oberschenkelteil)
und einem ebenfalls metallischen Tibiaplateau 8 (Unterschenkelteil).
Dazwischen eingelagert ist ein Gleitlager aus Polyethylen 9,
meist UHMWPE. Oft wird die Kniescheibenrückfläche
ebenfalls mit einer Polyethylengleitfläche versehen (nicht
gezeigt).
-
Das
Funktionsprinzip der Vorrichtung und entsprechend aufgebauter Implantate,
zeigt die 3 anhand eines beispielhaften
Markierungsstoffes 10, welcher im Polyethylen-Gleitlager 11 der
Hüft- 1 und Knieendoprothese 6 enthalten
ist. Bei vermehrtem Abrieb des Polyethylens 11 in der Zone
der größten Beanspruchung 12, wird der
beispielhafte Markierungsstoff 10, ein aus einem C-13-Isotop
aufgebautes Harnstoffmolekül, aus dem Werkstoff Polyethylen 11 frei,
sobald durch Abrieb 13 die Polyethylen-Polymere 14 aufbrechen.
Je stärker der Abrieb 13, desto zerklüfteter
und größer ist die Oberfläche des verschlissenen
Polyethylen 16. Je größer die Oberfläche
des verschlissenen Polyethylen 16, desto stärker
die Freisetzung des Markierungsstoffes 10 ins Gelenk. Bei
unbeschädigtem Polyethylen 17 bleibt entsprechend
dem vorgenanten Wirkprinzip der Markierungsstoff 10 in
den Polyethylenpolymeren 14 eingebettet.
-
Der
Weg des beispielhaften Markierungsstoffes wird in 4 gezeigt.
Jedes Gelenk, auch das Kunstgelenk (hier Knieendoprothese 6)
wird von einer Kapsel 23 umgeben, die auf der Innenseite
von der Gelenkhaut 18 ausgekleidet ist. Das Gelenk steht über
die Gelenkhaut mit dem außen liegenden Blutkreislauf, hier
in Form eines Kapillargefäßes 19 in Verbindung.
Der Markierungsstoff 10, der aus dem Polyethylen 11 frei
wird, ist im Ausführungsbeispiel ein C-13-haltiger Harnstoff
und verhält sich im Organismus wie der ihm gleichende,
natürlich vorkommende C-12-haltige Harnstoff. Entsprechend
den Erkenntnissen der Wissenschaft sind Harnstoffkonzentrationen
in der Gelenkflüssigkeit direkt proportional zu den Harnstoffkonzentrationen
im Serum, da der Austausch Gelenkflüssigkeit-Blut bei Harnstoff
durch Diffusion 20 geschieht. Der beispielhafte Markierungsstoff,
hier ein C-13-markierter Harnstoff ist somit nicht nur in dem vom
Polyethylenabrieb betroffenen Gelenk und der Gelenkflüssigkeit 22 enthalten, sondern
geht über Diffusion aus dem Gelenk ins Blut 21 über.
Der Markierungsstoff kann dadurch im Gelenkpunktat 22,
aber auch im Blut 21 nachgewiesen werden. Da der beispielhafte
Markierungsstoff Harnstoff C-13 auch über die Niere in
den Urin ausgeschieden wird, ist er hier ebenfalls nachweisbar (nicht gezeigt).
Schmerzen und Gewebsreaktionen im Gelenk eines fiktiven Patienten
können dank der Vorrichtung und einem entsprechend hergestellten
Implantat richtig im Sinne von Werkstoffabrieb interpretiert werden.
Das verschlissene Werkstoffteil des Implantates kann dadurch in
einem kleineren Eingriff rechtzeitig ausgetauscht werden, bevor
die Verschleißbedingten krankhaften Gewebsprozesse zu einem
Versagen des gesamten Implantates oder einer hierdurch bedingten
Krankheit des Patienten führen.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste
der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert
erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information
des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen
Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt
keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-